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Perle
Hallo, ich muss mir etwas von der Seele schreiben, was mich gerade sehr beschäftigt und ängstigt.

Ich arbeite seit 20 Jahren in einem großen Konzern. Vor ca. 15 Jahren hatte ich im Team eine jüngere Kollegin, die viel über mich gelästert hat und Kommentare über mich, auch über private Dinge, abgegeben hat. Viele im Team mochten sie, obwohl sie so viel lästerte und launisch war. Warum sie so gut ankam, war mir immer befremdlich. Ich konnte mich damals nicht gut wehren, war sehr stark in mich gekehrt und einsam. Ich fühlte mich auch gemobbt von ihr.

Ihr befristeter Vertrag wurde dann nicht verlängert und ich konnte endlich durchatmen. Eine Last fiel von mir. Sie heiratete dann einen Kollegen, der heutzutage in meinem Team ist. Sie bekamen Kinder und sie fand woanders eine Anstellung.

Und nun kommt es: Aufgrund massiver Umstrukturierungen und Abfindungsangebote haben wir personelle Probleme und finden kaum jungen Nachwuchs. Jetzt wurde diese ehemalige Kollegin von ihrem Nocharbeitgeber frei gekauft und kommt in absehbarer Zeit zu uns zurück - nach 15 Jahren! Ich habe sie kürzlich schon zufällig beim Gespräch mit unseren beiden Führungskräften gesehen und bin fast nach hinten gekippt.

Die beiden Führungskräfte sind zwar lange bei uns, waren zu ihrer Zeit aber noch nicht bei uns, kennen diese Geschichte also gar nicht und freuen sich einfach, dass sie jemanden gefunden haben.

Ich bin absolut fassungslos um nicht zu sagen verzweifelt. Ich kann kaum schlafen, bin unruhig und weine viel. Ich habe es in den ganzen Jahren geschafft, von meinen Kolleg:innen akzeptiert zu werden, daran habe ich sehr gearbeitet.

Ich habe sehr große Angst, weiß gerade nicht wie ich reagiere, wenn sie plötzlich vor mir steht. Es ängstigt mich die Vorstellung, dass sich das Geschehen von damals wiederholt und sie Kollegen:innen auf ihre Seite zieht und ich wieder alleine da stehe. Ich möchte am liebsten schreiend weglaufen, komme mir dabei kindisch vor, denn inzwischen bin ich 55 Jahre alt. Ich möchte souverän damit umgehen aber ich fühle mich wie gegen eine Wand gedrückt.

Vielleicht mag mir jemand seine Gedanken dazu mitteilen?

LG Perle

04.05.2023 18:57 • 07.05.2023 x 2 #1


13 Antworten ↓


Coru
Das kann ich mir vorstellen, dass das für dich eine schwierige Situation ist.

Es sind 15 Jahre vergangen und du bist wie du schreibst gut in das Team integriert. Die Kollegen kennen dich und deine Arbeit. Die andere Kollegin ist neu. Hast du Vertrauen zu deinen Führungskräften? Sollte es zu Mobbing kommen würde ich das melden. Keiner schätzt eine Kollegin die über andere Kollegen lästert. Die Chance, dass sie sich unbeliebt macht ist größer.

04.05.2023 19:39 • x 1 #2


A


Angst vor Kollegin

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Perle
Vielen Dank für Deine Antwort @Coru.

Die Kollegin ist neu und irgendwie aber auch nicht neu. Sicher, Abläufe, Programme und Strukturen haben sich geändert aber viele von den damaligen Kolleg:innen sind auch heute noch in meinem Team und, ja, es wurde bereits Freude geäußert und es sind vereinzelt auch private Freundschaften mit ihr vorhanden und das schwächt mein Standing.

Ich konnte meinen Führungskräften lange Zeit vertrauen aber das hat sich leider auch etwas verändert. Dadurch, dass der Konzern im knallharten Umwandlungsprozess ist, haben sich alle Menschen, auch ich, verändert. Manchmal möchte ich spontan alles hinschmeißen, mich in die Natur setzen und nur noch in den Himmel gucken. Mir ist alles so egal geworden und ich habe Kolleg:innen, die Ähnliches äußern.

Ehrlich gesagt glaube ich, dass es meinen Führungskräften egal wäre, was ich fühle. Es ist alles erkaltet.

04.05.2023 20:08 • x 3 #3


Coru
Ich verstehe gut was du meinst. Die Arbeitwelt ist einfach hart und abgestumpft. Oft entsteht das Gefühl, dass der Wert als Mensch nicht wichtig ist und nur noch die Leistung zählt. Bei schwierigen Situationen im Team wird gerne auch mal weggeschaut oder die Kollegen sollen es einfach unter sicher klären was manchmal nicht geht.

Hast du die Möglichkeit dich versetzen zu lassen? Das ist sicher nicht optimal. So hättest du das als Notlösung.

04.05.2023 20:16 • #4


Perle
Tatsächlich hat meine direkte Führungskraft vor einem Jahr versucht, mir einen anderen Bereich in der Firma schmackhaft zu machen. Das hat mich damals sehr gekränkt, ich hatte das Gefühl, man wolle mich loswerden, weil ich zu empfindsam und nicht belastbar genug bin. Sie meinte hierzu kürzlich, sie hätte mich nur schützen wollen, weil ich in dem anderen Bereich freier hätte agieren können.

Wenn ich ehrlich bin, dann habe ich zu viel Angst vor Veränderung und davor, dort zu versagen. Ich habe auch nicht mehr so viel Kraft mich wieder auf Neues einzulassen, die verschiedenen Bereiche habe auch Personalmangel und arbeiten am Anschlag.

Ich hatte mir vorgenommen, auf die nächste Umstrukturierung und Abfindungsphase zu warten und auf einen Weggang mit 60, also in 5 Jahren, zu hoffen. Das kann klappen oder schiefgehen. Ja, es ist Angst die mich lähmt, mein Leben aktiv anzugehen. Es ist ja auch einfacher, auf seinem Bürostuhl zu sitzen und zu leiden.

In mir sind so viele unterschiedliche Gefühle, die ich im Moment nicht mehr steuern kann. Ich fahre sozusagen 24 Stunden lang Achterbahn.

04.05.2023 20:36 • x 1 #5


Perle
Ich habe mich entschieden, unseren hausinternen Psychologen aufzusuchen und mit ihm die Situation zu besprechen. Er wird mir sicher Tipps geben können wie ich mit der Kollegin am besten umgehen und mich dabei dennoch schützen kann.

Das ist das Gute, wenn man in einem Großkonzern arbeitet. Da sind die Mitarbeiter so kaputt, dass man eigene Psychologen auffährt (sorry Ironie).

05.05.2023 10:25 • x 2 #6


Reconquista
Heiße sie persönlich herzlich willkommen und helfe ihr beim Zurechtfinden nach15 Jahren. Sei souverän. Dann wird sie dankbar sein und sich gut verhalten. Auch sie wird in 15 Jahren viel gelernt haben. Gehe davon aus. Wenn du dich jetzt schon kleinmachst, erzeugst du selbst etwaige Probleme.

05.05.2023 15:09 • #7


Perle
Herzlich Willkommen heiße ich sie sicher nicht aber mit der Souveränität und dem sich selber klein machen stimme ich Dir absolut zu.

05.05.2023 18:15 • x 1 #8


Reconquista
Zitat von Perle:
Herzlich Willkommen heiße ich sie sicher nicht aber mit der Souveränität und dem sich selber klein machen stimme ich Dir absolut zu.

Wenn Du Ihr positiv und nicht nachtragend gegenübertrittst, k a n n sie dir nichts negatives mehr antun oder zumuten.

05.05.2023 20:18 • x 1 #9


Nicci95
Ich fühle sehr mit dir und kann mich in deine Gefühlslage zu 100% reinversetzen. Ich denke du hast PTBS aufgrund dieser Erlebnisse und diese Angst geht nie weg. Du kannst ihr auf jeden Fall erstmal freundlich begegnen; direkter Augenkontakt, durchatmen. Du musst dir immer im Kopf vorsagen, dass allgemein Lästern oder dieses Kleinmachen von Menschen immer zeigt, dass derjenige selber massive Probleme mit seinem Selbstwert hat, denn er braucht die Bestätigung anderer. Und irgendwann ab einem bestimmten Alter - meiner Meinung nach - ist das einfach nur noch peinlich un zeigt, dass die Person geistig iwo mit Anfang 20 stehen geblieben ist. Sollte sich die Situation wiederholen, dann konfrontiere sie, am besten vor anderen und nicht den Blick senken, das ist peinlicher für sie als für dich, denn es zeigt dich hat es stärker gemacht und sie ist Kind geblieben.

05.05.2023 20:54 • x 2 #10


Schlaflose
Zitat von Perle:
Herzlich Willkommen heiße ich sie sicher nicht aber mit der Souveränität und dem sich selber klein machen stimme ich Dir absolut zu.

Sie hat sich doch bestimmt im Laufe der letzten Jahre geändert und ist reifer geworden. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass manche Personen in ihrer Jugend unerträglich waren und als man sie Jahre später wieder getroffen hat, ganz anders geworden sind.

06.05.2023 11:52 • x 1 #11


Perle
Ich hoffe es! Es wird noch eine Weile dauern, bis sie wieder bei uns anfängt und gestern habe ich erfahren, dass sie nicht in mein Team kommt, sondern in das Nachbarteam. Sehen werde ich sie natürlich trotzdem.

Vielleicht muss der Schmerz, den ich damals erfahren habe, noch einmal so viele Jahre später hochgeholt werden, damit ich ihn endlich verarbeiten kann. Es könnte sein, dass eine Art Heilungsprozess beginnt. Wer weiß? Fortsetzung folgt ....

06.05.2023 14:40 • x 1 #12


Nicci95
@Perle na immerhin, dann erfolgt das Aufeinandertreffen ja erstmal mit einem gewissen Abstand und du hast Zeit dich daran zu gewöhnen, dass sie wieder da ist und kannst ja dann mal schauen ob sie sich gebessert hat in ihrem Verhalten Ich wünsch es dir

07.05.2023 09:25 • x 1 #13


Hoffnungsblick
Es gibt sicher unterschiedliche Strategien, sich gegen Mobbing zu wehren. In meinen Berufsjahren habe ich mich im Laufe der Jahre erfolgreich mit zwei Strategien gewehrt:

1. Detailliertes Gedächtnisprotokoll. So habe ich mir die Sache von der Seele geschrieben. Mobbing verjährt nicht, zumindestens habe ich das damals (?) in einem entsprechenden Seminar gelernt. Wenn jemand also in Folge von Mobbing seine Arbeit verliert, dann kann man mit Hilfe dieser Protokolle Hilfe suchen, vielleicht vor dem Arbeitsgericht oder zumindest beim hauseigenen Psychologen.

2.Unfreundlichen oder mobbenden Kollegen setzte ich mit dem Notizblock nach. Ich habe sie genau befragt, wie sie eine entsprechende Sache sieht und alles detailiert vor ihren Augen aufgeschrieben, scheinbar, um alles in ihrem Sinne richtig zu machen. Irgendwann ging ihr das dermaßen auf die Nerven, dass sie aufgab. Außerdem war sie womöglich durch meine Notizen verunsichert.

Vielleicht findest du auch andere Strategien. Mobbende Kollegen sind schwache Persönlichkeiten, denn sonst hätten sie unlautere Methoden nicht nötig. Wer sich seiner Sache sicher ist, arbeitet mit anderen, nicht gegen sie.
Wenn es geht, gib ihr nicht so viel Gedankenenergie. Gib sie dir. Schicke dir in ihrer Anwesenheit gute Gedanken und bleibe unter allen Umständen heiter. So wird sie für dich eine Quelle der Bereicherung.
Alles Gute dir!

07.05.2023 14:48 • x 1 #14


A


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