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P
Hallo zusammen!

Ich schreibe normalerweise mehr ins Angstforum, bin aber hier auf einige Beiträge gestoßen, in denen ich mich sehr wiedergefunden habe...
Ich möchte einfach mal meine Geschichte schildern.
Ich bin 21 und leide seit 2 Jahren an Ängsten Panikattacken.
Ich war wie vielleicht die meisten hier schon immer eine eher in sich gekehrte, sensible und schüchterne Person. Soweit ich zurückdenken kann, fühle ich mich benachteiligt anderen gegenüber und bin unzufrieden mit mir. Ich war schon immer pummelig und hatte früher sehr stark Neurodermitis, weswegen ich in der Realschule oft gemobbt und nicht akzeptiert wurde. Durch meine enorme Zurückhaltung war es dann noch zusätzlich schwer, Freunde zu finden. Ich hatte immer nur 1-2 Freunde in meiner Klasse.
In der 9. Klasse fand ich endlich eine Clique, in der ich mich super wohl fühlte, nach der 10. zerbrach diese aber und mein Freundeskreis beschränkte sich immer mehr auf 3 Personen.

Aus jugendlicher Naivität oder keine Ahnung warum, habe ich mir nie groß Gedanken über meine berufliche Zukunft gemacht, was dazu führte, dass ich nach der mittleren Reife überhaupt keinen Plan hatte, was ich machen sollte und das erst beste nehmen musste - das war ein Praktikum im Altenpflegeheim.
Während dieser Zeit entwickelte ich meine Angst vor Krankheiten und dem Tod und brach wegen der enormen psychischen Belastung nach 6 Monaten ab.
Ich war dann 6 Monate ohne Beschäftigung und begann dann eine rein schulische Ausbildung.
Im Frühjahr 2006 (2. Sem. meiner Ausbildung) wog ich knapp 100kg und fasste den Entschluss abzunehmen. Ich hungerte mir viel zu schnell und zu radikal 40kg runter und entwickelte durch diese extreme Diät eine Essstörung. Im Herbst 2006 erlitt ich dann einen schweren Kreislaufzusammenbruch. Schon in den Monaten vorher hatte mich die Diät immer mehr Kräfte gekostet und ich war immer mehr in Depressionen und Angstgedanken verfallen. Der Kollaps war dann quasi noch der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Seitdem habe ich Panikattacken.

Während meiner ganzen Jugend hatte ich nie einen Freund, war immer nur unglücklich verliebt oder wurde von den Typen verarscht. Ich hatte mich schon richtig als ewige Einzelgängerin abgestempelt und gedacht, ich werde nie jemanden finden, der mich mag wie ich bin und zu mir passt.
An Weihnachten 2006, also gerade auf meinem absoluten Tiefpunkt, lernte ich dann völlig unverhofft einen wundervollen Mann kennen. Es war mehr als ich mir je erträumt hatte und alles so schön, dass ich gar nicht glauben konnte, dass gerade mir das passiert.
Leider war mir auch dieses Glück nicht richtig gegönnt, weil es ja da gerade erst richtig los ging, mit meiner Angsterkrankung. In den kommenden Monaten ging es mir immer schlechter- Essstörung, Panikattacken, körperliche Symptome ohne organische Ursachen, Agoraphobie... Die richtige Diagnose wurde erstmals im Mai 2007 gestellt.
Trotz allem schaffte ich es irgendwie meine Ausbildung im Juli 2007 mit super Ergebnissen abzuschließen.
Nach dem Abschluss nahm ich mir vor, erstmal wieder gesund zu werden, bevor ich mir einen festen Job suche. Und das war glaube ich ein großer Fehler.
Ich ließ mich von meiner Krankheit immer mehr zuhause einsperren und verlor völlig den Bezug zum realen Leben.
Anfang dieses Jahres war ich dann 2 Monate in einer psychosomatischen Klinik. Der Aufenthalt dort hat mich ziemlich wachgerüttelt und einige gute Erkenntnisse eingebracht.
Als ich aber von der Klinik wieder zuhause war, ging es mir sehr schnell wieder schlecht, ich wurde wieder mehr von Angstzuständen geplagt. Ich ärgerte mich, dass man mich mit dem Urteil arbeitsfähig entlassen hatte, weil ich mich immer noch so schwach und krank fühlte. Ich bin immer noch arbeitslos und wohne bei meinen Eltern.
Inzwischen weiß ich, dass ich eigentlich Angst vor dem Schritt in die Selbstständigkeit habe und ich mich wohl unbewusst davor drücken möchte, indem mein Körper diese ganzen Symptome produziert.
Ich weiß jetzt, dass der einzige Weg, meine Krankheit zu besiegen, ist, endlich aus mir raus zu gehen und mein Leben in die Hand zu nehmen. An der Umsetzung hapert es aber trotz allem total.
Es ist, als würde ich in mir eine tiefsitzende Blockade spüren, die ich nicht lösen kann.
Die Jobsuche fällt mir schwer und ich finde überall Argumente, um mich doch nicht zu bewerben oder zögere es so lange hinaus, bis die Stelle besetzt ist. Ich will doch eigentlich endlich etwas aus mir machen, doch ich weiß nicht was mich so blockiert.
Ich weiß momentan einfach nichts mit meinem Leben anzufangen, ich weiß nicht recht was ich will und was meine Zukunft bringen soll. Alles in allem fühle ich mich noch genauso planlos wie nach meinem Realschulabschluss. Obwohl ich einen großen Lebenstraum habe, leide ich unter totaler Antriebslosigkeit in Bezug auf alles. Es gibt 2 Dinge, die ich richtig gut kann - diese sind hungern und singen. In allem anderen fühle ich mich nutzlos und unfähig.
Es macht mir kaum mehr etwas Spaß, außer singen, weil das meine Leidenschaft ist. Aber ansonsten fehlt mir das Pflegen meiner sozialen Kontakte unendlich schwer. Meine 3 besten Freunde sehe ich höchstens 1x im Monat. Ich gehe an Wochenenden nie weg und fühle mich jetzt schon so alt und ausgelaugt, als wäre ich 70... Ich habe das Gefühl, das Leben zieht draußen an mir vorbei und es ist mir nicht vergönnt, daran teilzunehmen. Der einzig stetige Lichtblick ist mein Partner, mit dem ich nun knapp 2 Jahre zusammen bin. Er hat mir durch die ganze schwere Zeit geholfen und ist immer für mich da. Ich wüsste nicht, wie ich die letzten 2 Jahre ohne ihn durchgestanden hätte. Obwohl ich ihn habe fühl ich mich oft einsam und ungeliebt, brauche unheimlich viel Bestätigung von ihm.
Da wir eine Fernbeziehung führen und er von seinem Wohnort nicht weg möchte, will ich bald zu ihm ziehen.
Das macht mir widerrum auch Angst, weil ich dort niemanden kenne und ich befürchte, dass ich mich dann noch mehr auf meinen Freund fixiere. Er ist für mich die große Liebe und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich mein Leben mit ihm verbringen möchte.
Doch ich kann mir einfach nicht vorstellen wie es werden soll, wenn ich in der fremden Stadt wohne ohne Bezugsperson außer meinem Freund. Ich weiß auch nicht, was mir momentan so die Sicht vernebelt...
Das schlimmste Gefühl ist, nicht zu wissen, was ich wirklich will - jobmäßig und so. Und ich weiß nicht, warum ich so antriebslos bin und mich zu allem zwingen muss. Und wenn ich mich überwinde und zb. zwinge auf ne Party zu gehn, wo ich eingeladen bin, dann fühl ich mich da so unwohl und fehl am Platz... und schau dauernd auf die Uhr, wann ich endlich abhauen kann....

Oh, mann, das alles klingt gegen Ende jetzt sehr chaotisch und sicher schwer nachvollziehbar. Danke an alle, die sich die Mühe machen, es zu lesen. Vielleicht seht ihr ein paar Parallelen und wir können uns austauschen...

Glg, Pinxi

14.11.2008 21:05 • 15.11.2008 #1


6 Antworten ↓


W
Hi Pinxi,
leider kenn ich mich überhaupt nicht aus mit Angsterkrankungen.
Aber wie du es beschreibst, find ich es gut nachvollziehbar und verständlich.
ich selber denke manchmal auch das lieber alles so bleiben soll, weil da weiß man was man hat. Auch wenn man es hasst.
Man hat Angst mit veränderungen alles noch schlimmer zu machen , und es gibt auch bestimmt ein Beispiel wo man etwas verbessern wollte, und dann war es schlechter als vorher. Deswegen bleibt man lieber zuhause, wartet bis der Job weg ist, oder hat Angst Leute anzusprechen.Sie könnten sich über ein lustig machen und dann fühlt man sich noch schlimmer als vorher.
Aber mit vielen veränderungen kommt oft auch der Erfolg
Ich glaube das es das richtige ist zu deinem Freund zu ziehen.
Und deine Freunde regelmässig besuchen zu fahren...
Gib dich nicht völlig deinem Freund hin, sondern versuch mit dem Ortswechsel einen Neuanfang. Dann wirst du Selbstbewusstsein und motivation bekommen können.Dein Freund wird dich dabei unterstützen und ihr könnt gemeinsam alles verändern.....
Das denke ich....
Aber ich bin auch kein Experte. Ich weiß aber das manchmal ein guter Partner auch so eine Art Therapie mit einem machen kann.....das wird auf entfernung nicht klappen können.....
LG -wladimir-

14.11.2008 22:02 • #2


A


Ängste & Antriebslosigkeit-meine (lange) Geschichte ;-)

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M
Hallo Pinki,

du schreibst, fühle ich mich benachteiligt, bin unzufrieden mit mir, meine enorme Zurückhaltung, eigentlich Angst vor dem Schritt in die Selbstständigkeit habe, endlich aus mir raus zu gehen und mein Leben in die Hand zu nehmen, um mich doch nicht zu bewerben, fühl ich mich oft einsam und ungeliebt. Damit hast Du im Grunde schon erkannt, daß Du Dich selbst blockierst und das ist eine äußerst wichtige Erkenntnis. Lies doch mal hier ein bisschen nach, wenn Du magst:

Du singst gerne? Dann such Dir doch gleich nach dem Umzug einen Chor, in dem du dieses Talent nutzen kannst, dann hast Du auch schon mal erste Kontakte.
Du bist momentan in so einer Art Lähmung. Die kannst Du nur selbst durchbrechen. Nimm einfach alle Kraft zusammen und werde in kleinen Schritten aktiv. Lobe Dich für kleine Schritte und mach Dir diese kleinen Erfolge zunutze, indem Du darauf aufbaust und danach den nächsten kleinen (oder großen) Schritt machst. Du kannst dich bewußt dafür entscheiden, Deinem Leben eine Richtung zu geben und wie wladimir schreibt, kommt mit vielen Veränderungen auch der Erfolg. Er schreibt auch: gib Dich nicht völlig deinem Freund hin, sondern versuch mit dem Ortswechsel einen Neuanfang. Das finde ich auch.
Du wirst Dich bestimmt besser fühlen, wenn Du aus der elterlichen Abhängigkeit in die finanzielle Unabhängigkeit gehst, indem Du Dir eine Arbeitsstelle suchst. Versuche einfach aktiv zu werden und die Verantwortung für Dich und Dein Leben zu übernehmen.
Pippi Langstrumpf hat ja schon gesungen:Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt, und davor haben wir meistens Angst - die Verantwortung zu übernehmen und unser Leben nach unseren Wünschen zu gestalten.

MissErfolg

15.11.2008 08:05 • #3


C
Die Links sind wirklich gut!
Und nun noch in die Praxis umsetzten *schwiiiiiiiitz*

15.11.2008 14:04 • #4


P
hallo zusammen danke euch für die Antworten!

Die Links sind super, danke! Ja, dass ich mich selbst blockiere, habe ich mittlerweile schon rausgefunden, das stimmt. Aber diese Blockade endlich einzureißen, da hängt bei mir das Problem und ein riesengroßes Fragezeichen! Ich kann meine ganzen Missstände immer super analysieren, sehe meistens sogar wo meine Fehler sind und was die Lösung. Allerdings kann ich mich einfach trotzdem nicht daraus befreien und die Lösung umsetzen.
Ich weiß, warum ich eine Angststörung habe, ich weiß warum ich eine Essstörung habe, ich weiß, dass ich mich nur von anderen ungeliebt und nicht geachtet fühle, weil ich mich selbst nicht liebe und achte - und trotzdem ändern all diese Erkenntnisse nichts. Ich weiß, dass ich bei Panikattacken nicht sterbe und habe jedes Mal wieder die gleiche Hysterie und Todesangst.
Ich denke in meinem Unterbewusstsein sitzt noch irgendwas, das da nicht hingehört und noch nicht aufgearbeitet wurde. Anders kann ichs mir nicht erklären. Auf die Gründe und Lösungen meiner Probleme komme ich immer, aber die Umsetzung... dazu fühle ich mich schlichtweg nicht mächtig genug. Es ist als hätte ich da überhaupt keine Kontrolle über mich und mein Handeln...

Lg, Pinxi

15.11.2008 15:32 • #5


C
Da gibt es ein Buch über Lebensfallen
Vieleicht steckst du in einer drin?
Also, das Buch heisst: Sein Leben neu erfinden und ist von Young Kloso
Verlag Junfermann

15.11.2008 16:13 • #6


W
Es ist richtig,,
erstmal ist es erleichternd zu wissen das man nicht alleine auf der Welt ist mit den Problemen, dann lernt man sich selber kennen und weiß warum man so ist wie man ist.
Aber da jetzt etwas dran zu verändern, das ist richtig schwer.
Ich bin leider auch sehr ungeduldig, und möchte alles sofort an Problemen gelöst haben, das ist echt blöd, weil es halt sehr lange dauert bis sich wirklich was ändert im Kopf. Ich muß auch mehr an meinen eigenen Erfolg glauben......... harte Arbeit.
Aber irgendwie wirds ja auch ganz langsam besser.......
Es gibt ja wirklich die Möglichkeit das alles Gut wird...... dauert halt.....
LG -wladimir-

15.11.2008 17:27 • #7






Dr. Reinhard Pichler