Ich war 22, hatte davor auch schon dies und das erlebt, aber nichts Sensationelles, Vater Alk. (lebt noch, inzwischen trocken, ich glaube seine Zwanghaftigkeit rettete ihn), Mutter überfordert und nur um sich und eingebildete Erkranungen kreisend, lebt noch, ist noch immer so. Tod eines eben noch besten Freundes, mit 16. Endgültige Realisierung, dass es mit meinem Jugendschwarm nichts wird. Flucht ins Nachtleben und austesten einiger Grenzen. In dem Moment lief das Fass wohl über. Hatte eine Art Zusammenbruch, der mit Stunden der Todesangst einher ging.
Im Vorfeld war Angst in der Schule, vor dem Vorlesen, besonders, wenn dies Reih um ging und ich abzählen konnte, wann ich dran war. Herzrasen, die Angst im Mittelpunkt zu stehen und bei einer einfachen Aufgabe - ich hatte keinerlei Probleme vorzulesen - zu versagen. Das hatte ich damals aber so nicht gesehen und es gelang mir, diese Situationen, die nicht mehr oft waren, zu vermeiden, was man ja nicht tun soll.
Danach Herzneursoe XXL, Panikattacken, Reduzierung des Lebens auf zu Hause, konnte nur in Begleitung das Haus verlassen, nicht allein zu Hause sein (Handys gab es noch nicht, zum Glück die ersten Autotelefone, meine verlängerte Nabelschnur), ich erkannte das aber nicht als Angst, sondern suchte natürlich den verborgenen Herzfehler, den auch bei mir keiner fand.
Der Weg zurück ins Leben begann mit Psychotherapie, einer großen Liebe und dann kam so eines zum anderen. Alles auf etwas krummen Wegen, aber ich liebe das. Ich erlebe mein Leben als reich, ich bin dankbar, vermutlich hat mich meine Angst gerettet, mein Lebensstil damals war nicht überragend, ich hätte nie gelernt, was ich durch die erzwungene Beschränkung lernte.
Ich entdecke gerade ein breiteres oder tieferes Gefühlsspektrum neu. Das ist verwirrend für mich, weil ich
einige Gefühle für längere Zeit wegsperren musste, ich lasse es einfach geschehen, es bleibt mir glaube auch nichts übrig. Ein Mischung aus Sehnsucht, Liebe, Abschied und Melancholie.
30.11.2022 06:58 •
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