Pfeil rechts
2

T
Liebes Forum,

ich (23, M, Student) leide seit ca. 2 Jahren an Zwangsgedanken, die sich mittlerweile gegen alles richten, was ich nicht möchte. Es fing an, mit der Angst vor Kontrollverlust und z.B. aus dem Fenster oder vor die Bahn zu springen. Mittlerweile denke ich mir in jeder Alltagssituation: was könntest du jetzt dummes machen?. Wenn ein Messer in der Nähe meiner Freundin liegt, wenn ich über eine Brücke gehe, wenn ich Auto fahre… ich überlege aktuell in jeder Situation wie ich alles, was mir viel wert ist (mein Leben, meine Liebsten etc) mit einem Knopfdruck sozusagen zerstören könnte. Ich bin seit einem Jahr in Verhaltenstherapie, in der ich schon einige Expositionsübungen gemacht habe (am offenen Fenster stehen etc, lasse mich grundsätzlich nicht von meinen Ängsten vereinnahmen und vermeide keine Situation im Alltag auch wenn es noch so schwer fällt. Aber irgendwie würde ich nicht nur gern richtig handeln, sondern auch richtig denken und fühlen. Ich nehme außerdem seit Mitte Februar Fluoxetin und spüre bereits eine Verbesserung meiner somatischen Beschwerden (chronische Müdigkeit, Kopfdruck), aber verschwinden möchten diese Gedanken einfach nicht.

Außerdem habe ich große Angst, schizophren/paranoid zu werden. Ich habe einen Freund, der unter Schizophrenie litt und habe mich so mit dem Thema genauer beschäftigt. Seit längerer Zeit überlege ich mir oft wie es wäre, Verfolgungsangst zu haben, sodass ich mich so stark reinsteigere, dass ich dann wirklich denke, bereits verrückt zu sein. Ich bilde mir oft ein, dass in der Ecke meines Sichtfeldes eine Person steht, aber weiß ganz genau, dass dort niemand ist. Als ob das ein niemals endendes Gedankenspiel ist. Ich weiß auch, dass ich mich im hier und jetzt befinde und kriege alle meine Pflichten erledigt. Aber es ist so, dass mit der Zeit meine Ängste sich stauen und nicht weniger werden. Jeder negative Gedanke bleibt in meinem Hirn hängen. Ich nehme keine Dro., trinke keinen Alk. und in meiner Familie gab es nie Psychosen/Schizophrenie, sodass ich (vorallem durch mein selbstreflektieres Denken) mir ständig einreden muss, dass ich eigentlich nichts habe.

Das ist alles so dermaßen bescheuert. In meinem Leben läuft gerade alles nach Plan, teilweise so dass ich mir denke, dass es perfekt im Hier und Jetzt ist, ich aber Angst davor habe, dass es teilweise so gut läuft. Ich bin nämlich vor kurzem Lasten losgeworden, die ich seit 13 Jahren mit mir rumgetragen habe und habe das Gefühl, dass seitdem, trotz dass alles nun so perfekt ist, ich eine unüberwindbare Leere habe und dass das mein Leben so weitergehen wird. Als ob es immer gut laufen kann, aber ich in mir drin diesen inneren Kampf spüre. Vielleicht ist es auch die harte Erfahrung des Erwachsenwerdens, immer ins ich selbst gefangen zu sein.

Von außen würde niemandem auffallen, dass ich diese Probleme habe, weil ich immer schaffe, mich sehr souverän zu geben und dann doch richtig zu funktionieren (meine engsten Vertrauten wissen natürlich darüber weil ich auch drüber rede).

Hat jemand einen Rat?

Lieben Gruß,
Tino.

15.04.2017 00:09 • 15.04.2017 #1


3 Antworten ↓


Plumbum
Willkommen im Forum Tino!

Mein Rat? LEB ENDLICH DEIN LEBEN! Alles was Du da beschreibst, zeichnet für mich das Bild eines fremdbestimmten Menschen. Meine Pflichten bekomme ich geregelt. -- super aber was willst DU eigentlich? Dein Studium z.b. war das Deine Wahl oder die z.b. Deiner Eltern? Kann es sein, dass Dein Leben lang eine ziemlich dominante Person bei Dir rumpfuscht?
Wie ich darauf komme? Weil es bei mir früher nicht anders war. Man verleugnet sich solange selbst, bis man garnicht mehr weiß wer man eigentlich ist? Und dann kommen diese Gedanken Was wäre wenn ich jetzt austicken würde? Wenn ich dies oder jenes verbocke? Du hast dich selbst verloren...Würdest Du dich kennen, kämen solche hanebüchenen Gedankengänge garnicht auf. Weil Du dann genau wüsstest wozu Du fähig bist und wozu nicht.

Zu Deiner Last: Die Leere die Du verspürst, sagt nichts anderes aus, als das diese Last Dein bisheriges Leben sehr bestimmt hat. Und nun ist sie weg. Das is völlig normal, dass Du sie vermisst. Mach Dir da keinen Kopf. Das geht mit der Zeit alles vorbei. Du musst Dich nur erst daran gewöhnen sie los zu sein. Das ist nicht anders als mit neuen Schuhen, die muss man ja auch erst eintragen.

Begib Dich auf die Expedition Tino Finde heraus, wer Du wirklich bist. Dann wirst Du dich auch nicht mehr in Dir selbst gefangen fühlen.

Alles Liebe für Dich
Plumbum

15.04.2017 09:09 • #2


A


Angst vor Allem, was ich nicht möchte

x 3


kopfloseshuhn
Schöner Beitrag @Plumbum
Und ich stimme dir zu. Ich lese da auch nur Pflichte geregelt und funktionieren.

Wir können aber alle nicht nur funktionieren.
Wir müssen auch leben!

Für michklingt das alles auch sehr eingeschränkt und sehr leblos.

Wie wäre es also mit Hobbys? Mit Leben? Mit fühlen?
Wer bin ich und was will ich?

Liebe grüße

15.04.2017 17:59 • x 1 #3


T
Danke für eure Beiträge.

Ich habe durch mein Studium so viel Zeit für meine Hobbies, dass es daran wirklich nicht mangelt. Die eigentliche Work-Life Balance ist schon sehr Hobby/Life-lastig wenn man so will (zumal es in meinem Studium darum geht, mein Hobby zum Beruf zu machen). Auch dabei achte ich darauf, nicht wie früher überehrgeizig und verkrampft zu werden, sondern auch noch Spaß in meinem kreativ-künstlerischen Feld zu haben. Habe eine Partnerin, die ich sehr liebe und 100% hinter mir steht, genau so wie ich hinter ihr. Nur eben seit ich auch Fluoxetin nehme und diese eine schwere Last auf einmal weg ist und ich sehr viel Freizeit habe, fühlt sich das an wie ein neues Leben, mit dem ich offensichtlich erstmal klarkommen muss. Ich fühle mich, als ob sich Ketten in mir gelöst haben und nun muss ich erstmal mit dem neuen Leben zurecht kommen muss. Wenn man über 10 Jahre Jahre lang einen klapprigen VW Polo gefahren ist, heißt das ja nicht, dass man dann unfallfrei sofort einen neuen Ferrari fahren kann. Vielleicht alles eine Sache der Gewöhnung in meinem Fall.

Lieben Gruß,
Tino.

15.04.2017 18:52 • x 1 #4





Dr. Matthias Nagel