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M
Ich habe noch eine Frage

In der Stillzeit war ich völlig beschwerdefrei. Kann sich das irgendjemand erklären? Keine Psychosomatik, keine Angst! Ob das wohl die Hormone waren? In der Schwangerschaft selbst ging es mir aber unverändert. Oder war es dieses gute Gefühl, geschafft zu haben, was andere, normale Frauen auch schaffen und ein wundervolles Kind zur Welt gebracht zu haben? Ich habe es öfter erlebt: Wenn ich was geschafft habe, wie zB die Op, dann ging es mir eine zeitlang besser.

28.07.2011 13:33 • #41


Christina
Zitat von miaflorentine:
Wie soll man das als Laie nun beurteilen, ohne Fachkenntnisse oder entsprechende Kompetenzen?! Man hat ja keine andere Möglichkeit, als sich auf die Medien und Ärzte zu verlassen.
Ich habe eine Freundin, die seit einigen Monaten Proxetin (?) nimmt, keinerlei Nebenwirkungen hatte- außer Müdigkeit und jetzt seit Wochen angstfrei ist. Für sie hat ein völlig neues Leben begonnen. Dafür lohnt es sich ja eigentlich, einiges in Kauf zu nehmen. Andererseits habe ich schon genug Menschen getroffen, die all diese Medis zu Hauf einwerfen und dennoch in der Klinik sitzen. Wenn es sie nicht angstfrei macht, warum bekommen sie diese Medis dennoch in astronomischen Höhen?
Ja, als Laie ist es wirklich schwer. Das ist für mich ein weiterer Grund, sehr spezielle Medikamente wie eben Psychopharmaka nur vom Facharzt verschreiben zu lassen und den vorher mit Fragen zu löchern. Aber ein Restrisiko bleibt... Es ist schon so, dass SSRI und ähnliche ADs bei Angsterkrankungen und Depressionen erfahrungsgemäß helfen. Die verbreitete Erklärung ist falsch bzw. unzureichend, aber die Wirkung erwiesen. Nicht bewiesen ist, dass irgendjemand ADs aus hirnstoffwechseltechnischen Gründen nehmen muss bzw. welcher Art diese Hirnstoffwechselvorgänge denn sein sollen. Ich nehme Trevilor und es hat mir sehr geholfen. Es ist keine Wunderpille, tut aber, was es soll: die Angst grundsätzlich abmildern, die negative Gedankenspirale durchbrechen, die Depressivität lindern. Nach den Einschleichwirkungen (Übelkeit! Matschbirne, Hitzewallungen...) vertrage ich es gut, habe keine weiteren Nebenwirkungen.

Zitat von miaflorentine:
Das hat mich vor einem Jahr so unglaublich fertig gemacht: Ich war in einem anderen Angstforum angemeldet und wurde auf einmal damit konfrontiert, dass es auch Angstkranke gibt, die aufgegeben haben. Die sagen sie hätten alles versucht- aber nichts hätte geholfen. Das hat mich in ein schwarzes Loch der Hoffnungslosigkeit gerissen, als motivierte, kämpfende Angstkranke, die bisdahin der Überzeugung war, Angst wäre heilbar. Ich konnte an nichts anderes denken als Du hast es seit deiner Kindheit. Du bist so. Du gehörst zu denen, denen nichts helfen kann! Da sich dass auch mit meiner derzeitigen Erfahrung deckte, erschien mir dass auf einmal wie die traurige Erleuchtung. Auch in der Tagesklinik: An einem Tag haben wir noch Leute verabschiedet und mit den besten Wünschen in die Welt geschickt, zwei Tage später waren sie wieder da. Bis dahin hatte ich die naive Vorstellung: in der Klinik wird man gesund. Zumindest gesünder. Und die Medikamente nehmen die Angst.
Ich habe immer noch Angst, dass ich das alles durchstehe, mit den Medikamenten und dann dafür, dass ich merke: ich gehöre zu den Menschen, denen sie nicht helfen. Dann würde ich in völlige Panik ausbrechen. Denn so kann ich wenigstens denken: Wenn es gar nicht mehr geht, dann musst Du eben Medis nehmen.
Christina und Crazy (und gern alle anderen, falls noch Jemand mitließt) Was meint ihr: Ist Angst heilbar? Haben sich die Leute, die sich damit abfinden vorschnell aufgegeben, oder gibt es die schweren Fälle, denen nicht zu helfen ist? Wenn ja- könnten die nict einfach Benzos nehmen, weil eine Abhängogkeit das kleinere Übel ist, zumindest theoretisch? Wenn nein- wie kann es sein, dass es ihnen trotz vieler KLinikaufenthalte und Medis nicht besser geht?
Das Bild, das Foren bieten, ist niemals repräsentativ. Dort sind mehrheitlich frisch Erkrankte unterwegs oder eben die schweren Fälle. Die Mehrheit der Geheilten schließt mit diesem Kapitel ab und wendet sich wieder dem normalen Leben zu. Lass dir von Forenberichten möglichst keine Angst machen. Das ist wie mit den Medikamenten: Darüber schreiben auch fast nur diejenigen, die besonders schlechte Erfahrungen gemacht haben, und schon meint man als Außenstehender, dass die Nebenwirkung, die eigentlich nur bei 0,01 % auftritt, die Regel wäre.

Und ja, Angst ist i.d.R. heilbar. Vielleicht wird da immer ein Schwachpunkt bleiben, vielleicht kommt es zu Rückfällen, aber ganz grundsätzlich ist die Sache heilbar und ich kenne auch einige Geheilte. Wenn seit der Kindheit Ängste bestehen, ist es sicher schwieriger, man muss überlegen, ob vielleicht eine Persönlichkeitsstörung mit rein spielt, an der natürlich nicht vorbeitherapiert werden sollte. Auch zusätzliche Depressionen machen es nicht leichter, weil da u.U. der Antrieb fehlt, überhaupt irgendwas zu machen. Dann braucht man gute Therapeuten, die nicht nur 08/15 kennen. Und das kann eben ein Problem werden, das einen ganzen Rattenschwanz von Folgeproblemen hinter sich her zieht. Eine fehlgeschlagene Therapie verzögert ja nicht nur die Heilung, sie verschlimmert i.d.R. das Problem, es werden Weichen falsch gestellt und Hoffungen (eine wichtige Therapievoraussetzung) zunichte gemacht. Mein Eindruck - aus meiner Kenntnis von Misserfolgsberichten - ist außerdem, dass man sehr genau hinterfragen muss, was denn alles unternommen wurde, wie lange das jeweils ausprobiert wurde und woran/unter welchen Umständen die Maßnahme gescheitert ist. Dazu muss man die Diagnosen kennen und einschätzen können. Auch nichts für Laien!

Wenn nichts hilft, halte ich eine Benzodiazepinabhängigkeit übrigens für das kleinere Übel. Es gibt auch genug Menschen, die Benzos über Jahre nehmen können, ohne die Dosis steigern zu müssen. Und abgesehen vom Abhängigkeitspotential sind Benzos nicht nur die verträglichsten Psychopharmaka, sondern so ziemlich die verträglichsten Medikamente überhaupt.

Zitat von miaflorentine:
Zitat:
Nein, ich hatte GsD relativ wenig sehr körperlich empfundene Ängste. Wobei ich es auch nicht so weit kommen lasse, mich stundenlang mit Ängsten zu quälen. Da nehme ich lieber früher als später ein Benzodiazepin (was mir auch ärztlicherseits als sinnvoll bestätigt wurde).


Warum, um den Körper nicht so zu belasten?
Nein, damit sich die Angst nicht so ins Hirn einbrennt. Deswegen bedaure ich es, nicht früher mit Trevilor angefangen zu haben. Es gibt ein paar Angst- und Depressionserlebnisse, zu denen es dann wahrscheinlich gar nicht gekommen wäre, die jetzt aber einen festen Platz in meinen Katastrophenszenarien haben. Um meine körperliche Belastbarkeit mache ich mir da keine Gedanken, habe eh relativ niedrigen Blutdruck...

Zitat von miaflorentine:
Nun ja, mal kann man dass ja auch machen, aber wenn ich täglich Angstzustände habe, kann ich die nicht täglich einwerfen. Ich weiß aus sicherer Quelle, dass der Entzug schlimmer ist, als der von Dro.. Mir kommen die soooo mächtig vor. Und die docken an irgendwelchen Gabba Rezeptoren an, die machen was an meinem Gehirn Ich weiß nicht, ob das irgendjemand nachvollziehen kann, aber ich hab auch Angst, dass wenn ich erst mal einknicke und es selbst nicht mehr aushalte und deswegen zu diesen Benzos greife, es mir noch viel schwerer fällt, es dann ohne zu ertragen.
Der Entzug ist anders und - wegen möglicher Krampfanfälle - gefährlicher als der von Dro.. Benzos dürfen deshalb wie Alk. niemals kalt entzogen werden. Aber schlimmer kann man nicht sagen, weil man das sowieso nicht vergleichen oder messen kann. Überhaupt: Normal ist das Ausschleichen nach einer längerfristigen Behandlung, wenn Benzos tatsächlich längerfristig täglich genommen wurden. Abhängigkeit ist nicht die Regel! Dann kommt es darauf an, in welcher Dosis man welches Benzo genommen hat usw.

Alprazolam ist übrigens das Benzo, das sogar eine Indikation für eine längerfristige Einnahme hat (m.W. drei Monate). Finde ich persönlich zwar nicht angebracht, aber nur so als Info... Ob deine Angst berechtigt ist, nach der Einnahme eines Benzos gar nicht mehr ohne zu können, kannst natürlich nur du beurteilen. Die meisten Angstpatienten sind aber solche Kontrollfreaks, dass sie derlei Versuchungen eher nicht nachgeben. Und meine Erfahrung ist, dass Ängste weniger schlimm werden bzw. seltener auftreten, wenn ich weiß, dass ich ja etwas dagegen tun kann. Bei vielen wirken Benzos ausschließlich dadurch, dass man sie in der Tasche dabei hat für den Fall der Fälle. Anders als bei der Geburt brauchst du ja auch nicht auf das Narkoseteam zu warten, sondern entscheidest selbst.

Zitat von miaflorentine:
Ich habe das Gefühl, mir schon die erste Frage nicht beantworten zu können. NEIN, ich will so nicht mehr weiter leben. JA, ich will die Angst loswerden. Aber ich habe keine Vorstellungskraft von dem, was dann kommt. Und ich muss ehrlicherweise zu geben, dass ich einen großen sekundären Krankheitswert habe. Andererseits droht mein Mann mich zu verlassen und kann ich nicht die Mutter sein, die ich möchte, lebe ich isulliert, ohne viel Freude. Wenn alles einem Angst macht, ist es schwer diesen Willen zu entwickeln, obwohl der Leidensdruck groß ist. Hat vielleicht auch etwas mit Kraft zu tun, die man nicht hat.
Oder mit Depressionen (= nicht wollen können)... Wenn du Krankheitsgewinne erkennen kannst, lohnt es sich, sich damit zu beschäfitigen. Der Begriff des Kranheitsgewinns ist immer so unglücklich, weil man damit gerne assoziiert, dass Kranke es sich auf Kosten ihrer Umgebung bequem machen. Aber das ist ja nicht so, sondern es sind Dinge, die man auf gesundem Wege nicht erreichen kann. Da muss man schauen, welche Bedürfnisse (Sicherheit, Anerkennung, Fürsorge z.B.) oder welche Ängste (vor Konflikten, Selbstbehauptung etc.) dahinter stecken und wie man denen auf gesunde Weise gerecht werden kann.

Zitat von miaflorentine:
Zitat:
2. Vorbereitung: Infos über die physiologischen Vorgänge bei Angst sammeln und verstehen, sich klar machen, dass die Sache ungefährlich ist und dass Tod und Wahnsinn am Gipfel der Angst nur Phantasieprodukte sind.


Ich weiß ja, warum jedes einzelne Symptom da ist etc. etc. Was soll ich sagen, wenn die Angst kommt hilft es mir nicht. In gewissen Situationen ist es leichter, denn ich weiß ja: ich kann sie verlassen. Aber zu Hause? Zu Hause kann ich nicht davon laufen.
In der Angstsituation hilft das wirklich nicht viel, ist aber notwendig, um die Entscheidung zur Konfrontation zu treffen.

Zitat von miaflorentine:
Zitat:
3. Bei der Konfrontation wird die Angst voraussichtlich nicht nur einen Peak erreichen, sondern ein Plateau, und das muss man irgendwie überstehen. Wenn man darauf nicht vorbereitet ist, können sich die Katastrophengedanken verselbständigen, so dass man das Angstplateau damit aufrecht erhält. Selbst wenn man dann die Konfrontation nicht abbricht, wird sie eher zur Verschlechterung als zur Verbesserung beitragen. Es gibt verschiedene Tricks, dieses Plateau zu überstehen, ohne sich abzulenken und ohne in Katastrophengedanken zu geraten: Umgebungscheck, Realitätscheck, Körpercheck, Bauchatmung, Bewegung, evtl. 10-Sekunden-Regel... Das sollte man alles vorher mal geübt haben. Und: Das sind keine Tricks, die Angst wegzukriegen, sondern Dinge, die helfen sollen, die Angst auszuhalten ohne sich (übermäßig) ausgeliefert zu fühlen.


Kannst Du mir diese Dinge erklären? Oder sollte ich das lieber nicht ohne Fachmann einüben?
Kann ich machen, muss dich dafür aber um ein wenig Geduld bitten.

Zitat von miaflorentine:
Zitat:
4. Entschlossenheit, sich der Angst zu stellen. Also keine Haltung, hoffentlich überleb' ich das oder hoffentlich wird die Angst nicht so schlimm etc., sondern der Willen, Angst zu haben, notfalls zu provozieren. Man muss den inneren Rubicon überschreiten und bereit sein, die Konsequenzen zu tragen.


Die habe ich nur, bis die Angst wieder stark wird. Dann knicke ich ein, wie ein Streichholz. Diese Panik ist so abartig schrecklich.
Deshalb haben deine Übungen wohl nicht so viel gebracht...

Zitat von miaflorentine:
Nein, das schlimmste beim Magnesium kann sein, dass ich sie einwerfe und Pnaik bekomme.
Und Pulver?

Zitat von miaflorentine:
Zitat:
Übrigens nehmen Ärzte selbst am liebsten entweder Diazepam oder Bromazepam...


Warum nehmen die Ärzte diese Medis am liebsten? Valium Och ne, lieber nicht.
Wahrscheinlich, weil sie am verträglichsten und trotzdem hochwirksam sind. Was spricht gegen Valium (außer der langen Halbwertzeit und dass es bei häufiger Einnahme daher ungünstig ist)? Das wirkt immerhin sehr schnell und ist eigentlich das Standardbenzo.

Zitat von miaflorentine:
Könntest Du vielleicht zusammen fassen

Zitat von miaflorentine:
In der Stillzeit war ich völlig beschwerdefrei. Kann sich das irgendjemand erklären? Keine Psychosomatik, keine Angst! Ob das wohl die Hormone waren?
Wieso nicht? Andere kriegen 'ne postpartale Depression, du bist beschwerdefrei... Hättest es machen sollen wie die Frau von Jürgen Drews... Und vielleicht hatten sich einfach die Prioritäten verschoben. Aber du siehst: Es geht offensichtlich auch bei dir ohne Angst.

Liebe Grüße
Christina

28.07.2011 15:32 • #42


A


Stundenlange Angstzustände- der Panik davon laufen?

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M
Zitat:
Ja, als Laie ist es wirklich schwer. Das ist für mich ein weiterer Grund, sehr spezielle Medikamente wie eben Psychopharmaka nur vom Facharzt verschreiben zu lassen und den vorher mit Fragen zu löchern. Aber ein Restrisiko bleibt... Es ist schon so, dass SSRI und ähnliche ADs bei Angsterkrankungen und Depressionen erfahrungsgemäß helfen. Die verbreitete Erklärung ist falsch bzw. unzureichend, aber die Wirkung erwiesen. Nicht bewiesen ist, dass irgendjemand ADs aus hirnstoffwechseltechnischen Gründen nehmen muss bzw. welcher Art diese Hirnstoffwechselvorgänge denn sein sollen. Ich nehme Trevilor und es hat mir sehr geholfen. Es ist keine Wunderpille, tut aber, was es soll: die Angst grundsätzlich abmildern, die negative Gedankenspirale durchbrechen, die Depressivität lindern. Nach den Einschleichwirkungen (Übelkeit! Matschbirne, Hitzewallungen...) vertrage ich es gut, habe keine weiteren Nebenwirkungen.


Nur, dass eben Ärzte oft was anderes sagen. Fachärzte wären dann ja Neurologen. Mit denen habe ich keine guten Erfahrungen gemacht. Da routieren eine Menge Patienten, die mit Medis versorgt werden, während sie auf eine weitere Behandlungen in Kliniken, oder bei Therapeuten warten. Die Neurologen haben es daher nicht leicht und müssen innerhalb von Minuten entscheiden, ob ihr Gegenüber evtl. Selbsttötungsabsichten hat, oder allgemein eine Gefahr für sich, oder sein Umfeld darstellt. Worauf ich hinaus will ist schlicht: Die sind in dieser Hinsicht ziemlich abgestumpft. Klar, wenn man den ganzen Tag über Medis verschreibt. Die Psychotherapeuten wiederum haben alle eine andere Meinung. Der eine behandelt nur ohne Medis, der zweite findet Medis sind unumgänglich, der dritte verschreibt nur ein bestimmtes. Überhaupt- wie soll ich entscheiden, welcher Therapeut der richtige ist. Das ist so schwer. In den fünf Probestunden ist es mir jedenfalls jetzt das zweite Mal vielleicht nicht gelungen. Und ehe es einem dämmert, ist das Krankenkassenkontingent aufgebraucht. Und dann? Zwei Jahre warten? Ich habe die Hälfte der Stunden bereits aufgebraucht....

Zitat:
Das Bild, das Foren bieten, ist niemals repräsentativ. Dort sind mehrheitlich frisch Erkrankte unterwegs oder eben die schweren Fälle. Die Mehrheit der Geheilten schließt mit diesem Kapitel ab und wendet sich wieder dem normalen Leben zu. Lass dir von Forenberichten möglichst keine Angst machen. Das ist wie mit den Medikamenten: Darüber schreiben auch fast nur diejenigen, die besonders schlechte Erfahrungen gemacht haben, und schon meint man als Außenstehender, dass die Nebenwirkung, die eigentlich nur bei 0,01 % auftritt, die Regel wäre.


Du hast Recht! Das war mir nicht so bewusst. Was wäre die Definition eines schweren Falles? Hat ein schwerer Fall eine unbehandelbare Stoffwechselerkrankung, oder gehört er zu denen, bei denen alles Ads wirkungslos bleiben, oder hat er die Angst zu lange verschleppt?

Zitat:
Und ja, Angst ist i.d.R. heilbar. Vielleicht wird da immer ein Schwachpunkt bleiben, vielleicht kommt es zu Rückfällen, aber ganz grundsätzlich ist die Sache heilbar und ich kenne auch einige Geheilte. Wenn seit der Kindheit Ängste bestehen, ist es sicher schwieriger, man muss überlegen, ob vielleicht eine Persönlichkeitsstörung mit rein spielt, an der natürlich nicht vorbeitherapiert werden sollte. Auch zusätzliche Depressionen machen es nicht leichter, weil da u.U. der Antrieb fehlt, überhaupt irgendwas zu machen. Dann braucht man gute Therapeuten, die nicht nur 08/15 kennen. Und das kann eben ein Problem werden, das einen ganzen Rattenschwanz von Folgeproblemen hinter sich her zieht. Eine fehlgeschlagene Therapie verzögert ja nicht nur die Heilung, sie verschlimmert i.d.R. das Problem, es werden Weichen falsch gestellt und Hoffungen (eine wichtige Therapievoraussetzung) zunichte gemacht. Mein Eindruck - aus meiner Kenntnis von Misserfolgsberichten - ist außerdem, dass man sehr genau hinterfragen muss, was denn alles unternommen wurde, wie lange das jeweils ausprobiert wurde und woran/unter welchen Umständen die Maßnahme gescheitert ist. Dazu muss man die Diagnosen kennen und einschätzen können. Auch nichts für Laien!


Ja, davor habe ich auch Angst, dass ich mich überwinde in diese Klinik zu gehen und vielleicht an einen unmotivierten/ unerfahrenen Arzt gerate.
Alles hinterfragen- macht einen zum schwierigen Patient. Nicht nur für den Arzt, sondern auch für sich selbst. Weißt Du, was ich meine? Ich bin so kritisch. Ich wünschte, ich wäre von meinem Therapeut restlos überzeugt, denn mit Überzeugung geht vieles leichter. Ich gehöre zu denen, die zuviel denken und wenig vertrauen können. Ich kann es nicht lassen, wenn ich vor einem Arzt sitze, diesen innerlich auseinander zu nehmen und vieles anzuzweifeln. Nicht, dass, was logisch erscheint. Aber sobald etwas fragwürdig erscheint, kann ich dem Arzt komplett nicht mehr abnehmen, dass er kompetent ist.

Zitat:
Wenn nichts hilft, halte ich eine Benzodiazepinabhängigkeit übrigens für das kleinere Übel. Es gibt auch genug Menschen, die Benzos über Jahre nehmen können, ohne die Dosis steigern zu müssen. Und abgesehen vom Abhängigkeitspotential sind Benzos nicht nur die verträglichsten Psychopharmaka, sondern so ziemlich die verträglichsten Medikamente überhaupt.


Das wäre eine Frage: steigt nicht ständig die Dosis? Würde man dies und evtl. sogar eine Abhängigkeit verhindern, wenn man es nur alle 3 Tage einnimmt. Damit hätte man dann ja schon ein Drittel Lebensverbesserung.

Apropo niedriger Blutdruck, den habe ich auch. Schlagen Benzos da nicht auch ziemlich drauf? Muss ich mir Gedanken machen, wenn ich die nehme, dass ich umkippe?

Und kann es sein, dass mein Körper sich an die Angst gewöhnt? Mein RR schießt nämlich nur in die Höhe, wenn ich diese ganz akute und kurzweilige Panik habe. Während der Angstzustände ist er wundersamerweise gleichbleibend niedrig. Nicht mal der Puls geht erwähnenswert in die Höhe. Ziemlich absurd, wenn man sich fühlt, als würde man auf der Autobahn auf ein Stauende zu rasen und das Herz bleibt ruhig.

Zitat:
Alprazolam ist übrigens das Benzo, das sogar eine Indikation für eine längerfristige Einnahme hat (m.W. drei Monate). Finde ich persönlich zwar nicht angebracht, aber nur so als Info... Ob deine Angst berechtigt ist, nach der Einnahme eines Benzos gar nicht mehr ohne zu können, kannst natürlich nur du beurteilen. Die meisten Angstpatienten sind aber solche Kontrollfreaks, dass sie derlei Versuchungen eher nicht nachgeben. Und meine Erfahrung ist, dass Ängste weniger schlimm werden bzw. seltener auftreten, wenn ich weiß, dass ich ja etwas dagegen tun kann. Bei vielen wirken Benzos ausschließlich dadurch, dass man sie in der Tasche dabei hat für den Fall der Fälle. Anders als bei der Geburt brauchst du ja auch nicht auf das Narkoseteam zu warten, sondern entscheidest selbst.


Du hast in allem Recht.

Zitat:
Oder mit Depressionen (= nicht wollen können)... Wenn du Krankheitsgewinne erkennen kannst, lohnt es sich, sich damit zu beschäfitigen. Der Begriff des Kranheitsgewinns ist immer so unglücklich, weil man damit gerne assoziiert, dass Kranke es sich auf Kosten ihrer Umgebung bequem machen. Aber das ist ja nicht so, sondern es sind Dinge, die man auf gesundem Wege nicht erreichen kann. Da muss man schauen, welche Bedürfnisse (Sicherheit, Anerkennung, Fürsorge z.B.) oder welche Ängste (vor Konflikten, Selbstbehauptung etc.) dahinter stecken und wie man denen auf gesunde Weise gerecht werden kann.


Ja, ich habe wohl Angst, dass man mich verlassen könnte und irgendwie in meinem Kopf, mit einem Schwachen, Kranken würde man es nicht tun. Ausserdem fällt es mir schwer, für mich einzustehen. Die Angst könnte also auch hier einen Nutzwert haben. Ach, ich bin wohl einfach der typische Angstkranke. Ich habe immer viel Druck bekommen und gespürt. Darunter bin ich einfach zusammen gebrochen.

Zitat von miaflorentine:
Nein, das schlimmste beim Magnesium kann sein, dass ich sie einwerfe und Pnaik bekomme.
Und Pulver?[/quote]
Leider das selbe, genau wie mit Saft

Zitat:
Wahrscheinlich, weil sie am verträglichsten und trotzdem hochwirksam sind. Was spricht gegen Valium (außer der langen Halbwertzeit und dass es bei häufiger Einnahme daher ungünstig ist)? Das wirkt immerhin sehr schnell und ist eigentlich das Standardbenzo.


Naja, für mich so ziemlich alles, aber aus gesunder Sicht hast Du sicher Recht

Zitat von miaflorentine:
Könntest Du vielleicht zusammen fassen

Zitat:
Wieso nicht? Andere kriegen 'ne postpartale Depression, du bist beschwerdefrei... Hättest es machen sollen wie die Frau von Jürgen Drews... Und vielleicht hatten sich einfach die Prioritäten verschoben. Aber du siehst: Es geht offensichtlich auch bei dir ohne Angst.


Hey, Du hast Recht! So habe ich es noch nie gesehen! Danke für diesen Gedankenansatz.

Vielen Dank- drück Dich!

28.07.2011 21:13 • #43


Christina
Zitat von miaflorentine:
Zitat:
3. Bei der Konfrontation wird die Angst voraussichtlich nicht nur einen Peak erreichen, sondern ein Plateau, und das muss man irgendwie überstehen. Wenn man darauf nicht vorbereitet ist, können sich die Katastrophengedanken verselbständigen, so dass man das Angstplateau damit aufrecht erhält. Selbst wenn man dann die Konfrontation nicht abbricht, wird sie eher zur Verschlechterung als zur Verbesserung beitragen. Es gibt verschiedene Tricks, dieses Plateau zu überstehen, ohne sich abzulenken und ohne in Katastrophengedanken zu geraten: Umgebungscheck, Realitätscheck, Körpercheck, Bauchatmung, Bewegung, evtl. 10-Sekunden-Regel... Das sollte man alles vorher mal geübt haben. Und: Das sind keine Tricks, die Angst wegzukriegen, sondern Dinge, die helfen sollen, die Angst auszuhalten ohne sich (übermäßig) ausgeliefert zu fühlen.


Kannst Du mir diese Dinge erklären? Oder sollte ich das lieber nicht ohne Fachmann einüben?
Guckst du schon mal hier: Nach der 10-Sekunden-Regel entscheidet man immer wieder, ob man die Angst weitere 10 Sekunden aushalten kann.

Zitat von miaflorentine:
Zitat:
4. Entschlossenheit, sich der Angst zu stellen. Also keine Haltung, hoffentlich überleb' ich das oder hoffentlich wird die Angst nicht so schlimm etc., sondern der Willen, Angst zu haben, notfalls zu provozieren. Man muss den inneren Rubicon überschreiten und bereit sein, die Konsequenzen zu tragen.


Die habe ich nur, bis die Angst wieder stark wird. Dann knicke ich ein, wie ein Streichholz. Diese Panik ist so abartig schrecklich.
Ich bezweifle, dass du gut vorbereitet warst. Du hast die Panik ja nun schon oft genug erlebt und du weißt theoretisch, dass dir nichts passieren kann. Trotzdem siegen im Ernstfall die Angstphantasien. Die musst du als Trockenübung durchgehen, die schlimmsten Katastrophen zu Ende denken und auf ihren Realitätsgehalt und ihre Wahrscheinlichkeit hin überprüfen. Und zwar konkret, nicht nur allgemein, dass PAs ungefährlich sind. Wenn du Angst hast, durchzudrehen: Wie würde Durchdrehen aussehen? Was würde dem folgen? Ist das eine realistische Vorstellung? Auch bei den Medikamenten kommt die Panik ja niemals ohne Befürchtungen. Versuch' mal, die konkreter zu fassen als nur als Angst vor Kontrollverlust. Nehmen wir als Beispiel Magnesium, das mit Sicherheit harmlos ist. Du nimmst es ein und es wirkt in deinem Körper. Was genau macht dir Angst? Ist es einfach nur das Gefühl der Hilflosigkeit? Falls ja, was könnte passieren? Dass du die Hilflosigkeit nicht mehr aushälst? Falls ja, wie würde sich das äußern und welche Folgen hätte es? Würdest du durchdrehen? Falls ja, wie würde sich das äußern...? Gehe deine Befürchtungen bis ins Detail durch, gerne auch schriftlich. Und dann stell' sie in Frage, trenne realistisch von unrealistisch und wahrscheinlich von ziemlich abwegig. Mach' dir einen Spickzettel, damit du im Falle einer PA die realistischen Sichtweisen unmittelbar vor Augen hast. Wenn du das alles durch hast, kannst du dich mit der Angst konfrontieren. Magnesium wäre übrigens klasse, um zu üben... Du musst allerdings vorher wissen (und wollen), dass du Angst bekommen wirst, und zwar starke Angst. Das ist erwünscht und fühlt sich sch.... an - leider. Aber du wirst von der Angst nicht überfallen, sondern du provozierst sie. Du hast also deinen Spickzettel parat und noch einen zweiten Zettel mit den Punkten Umgebungscheck, Körpercheck etc. An diesem Punkt heißt Entschlossenheit allerdings auch, dass es kein Einknicken geben wird, denn du stellst eine Situation her, in der du garantiert Angst bekommst. Das ist in deinem Fall sogar einfach: Du schluckst die Magnesiumpille und wartest auf die Angst. Anfangs vielleicht, wenn dein Mann in der Nähe ist, später allein.

Als ich in Bad Dürkheim war, waren dort zwei Patientinnen, die Angst davor hatten, allein zu sein. Die ließen sich jeweils allein für knapp zwei Stunden in einen Kellerraum einschließen (natürlich nach Absprache und mit Vorbereitung). Sie wussten, wenn die Tür zu war, dann mussten sie diese Zeit durchstehen, denn da gab's kein Handy, kein Telefon, keine Beruhigungspillen und auch niemanden vor der Tür, der auf Rufen reagiert hätte. So wie man beim Flugzeug weiß, wenn die Tür zu ist und der Flieger startet, kommt man da nicht raus. Als ich erstmals wieder allein mit dem ICE gefahren bin, war es auch so. Am schlimmsten war die Zeit, in der ich noch hätte aussteigen können. Da habe ich immer wieder überlegt, dass ich ja nicht mehr vor der nächsten Haltestelle (1,5 Stunden) raus kann, wenn das Ding erstmal fährt. In gewisser Weise muss man da mit seinem Leben abschließen und sich sagen, egal, was jetzt kommt oder wie schlimm es auch wird, ich mache das jetzt. Weniger Entschlossenheit reicht nicht, deswegen ist auch die Motivation so wichtig. Wenn dir deine Motivation nicht klar ist oder du keine (eigene!) Motivation aufbringen kannst, dann leg' die Konfrontation vorläufig auf Eis.

Zitat von miaflorentine:
Fachärzte wären dann ja Neurologen.
Nein, Psychiater. Gut, das ist oft so ziemlich dasselbe, denn bis 2003 durften sich Psychiater und Neurologen fast automatisch Nervenarzt nennen und waren dann für Hirn und Psyche gleichermaßen zuständig. Worauf ich hinaus will: Es sollte schon jemand sein, dessen Schwerpunkt auf der Psychiatrie liegt. Außerdem sind Frauen meist sorgfältiger (jedenfalls i.d.R. weniger von sich überzeugt). Und dann sollte die Chemie stimmen... Das wird die Suche nach der Nadel im Heuhaufen, wenn man sich keinen guten Arzt empfehlen lässt - z.B. von einer Selbsthilfegruppe oder von einem psychologischen Psychotherapeuten.

Zitat von miaflorentine:
Überhaupt- wie soll ich entscheiden, welcher Therapeut der richtige ist. Das ist so schwer. In den fünf Probestunden ist es mir jedenfalls jetzt das zweite Mal vielleicht nicht gelungen. Und ehe es einem dämmert, ist das Krankenkassenkontingent aufgebraucht. Und dann? Zwei Jahre warten? Ich habe die Hälfte der Stunden bereits aufgebraucht...
Es besteht immer die Gefahr, daneben zu greifen. Allerdings ist das mit dem Krankenkassenkontingent und den zwei Jahren Pause rechtlich nicht ganz astrein. Da kann man z.B. über den VdK evtl. klagen oder mit einer Klage drohen. Beim Verfahrenswechsel wäre die Pause eh hinfällig und Klinikaufenthalte zählen nicht dazu. Ambulante Behandlungen in Krankenhausambulanzen auch nicht. Da kann man schon so einiges machen. Übrigens gibt es in Hamburg ein Ausbildungszentrum für Schematherapie (eine Richtung/Weiterentwicklung der VT für chronische Verläufe) und daher in der Umgebung so einige Therapeuten, die das schon anbieten. Ob man dann weitere Stunden bekommt, hängt von der Begründung ab.

Zitat von miaflorentine:
Ja, davor habe ich auch Angst, dass ich mich überwinde in diese Klinik zu gehen und vielleicht an einen unmotivierten/ unerfahrenen Arzt gerate.
Alles hinterfragen- macht einen zum schwierigen Patient. Nicht nur für den Arzt, sondern auch für sich selbst. Weißt Du, was ich meine? Ich bin so kritisch. Ich wünschte, ich wäre von meinem Therapeut restlos überzeugt, denn mit Überzeugung geht vieles leichter. Ich gehöre zu denen, die zuviel denken und wenig vertrauen können. Ich kann es nicht lassen, wenn ich vor einem Arzt sitze, diesen innerlich auseinander zu nehmen und vieles anzuzweifeln. Nicht, dass, was logisch erscheint. Aber sobald etwas fragwürdig erscheint, kann ich dem Arzt komplett nicht mehr abnehmen, dass er kompetent ist.
Wenn du weißt, dass du dazu neigst, das Kind mit dem Bad auszuschütten, kannst du gegensteuern. Du kannst das zu Beginn der Therapie auch thematisieren (und solltest das auch). Es ist wichtig, auch da einen realistischen Mittelweg zu finden. Therapeuten sind schließlich auch Menschen, die Fehler machen. Das ist okay, es kommt eben darauf an, wie sie damit umgehen und ob die Fehler aus mangelnder Sorgfalt entstehen. Bad Bramstedt bildet übrigens Therapeuten aus, von daher wirst du mit einer gewissen Sicherheit an jemanden geraten, der noch nicht sehr erfahren ist. Dafür werden die (angehenden) Therapeuten dort aber sehr eng supervidiert, es gucken immer auch der leitende Psychologe (oder Oberarzt) und das Team drauf. Und sie sind motiviert, machen sehr viel mehr als Dienst nach Vorschrift.

Zitat von miaflorentine:
Zitat:
Wenn nichts hilft, halte ich eine Benzodiazepinabhängigkeit übrigens für das kleinere Übel. Es gibt auch genug Menschen, die Benzos über Jahre nehmen können, ohne die Dosis steigern zu müssen. Und abgesehen vom Abhängigkeitspotential sind Benzos nicht nur die verträglichsten Psychopharmaka, sondern so ziemlich die verträglichsten Medikamente überhaupt.


Das wäre eine Frage: steigt nicht ständig die Dosis? Würde man dies und evtl. sogar eine Abhängigkeit verhindern, wenn man es nur alle 3 Tage einnimmt. Damit hätte man dann ja schon ein Drittel Lebensverbesserung.
Es kann sein, dass man die Dosis steigern muss, die Regel ist es nicht, nur kann man es im individuellen Fall nicht vorhersagen. Und wenn man ein Benzo mit kurzer Halbwertzeit nimmt (wie Lorazepam oder Alprazolam z.B.) ist man mit einer Einnahme alle zwei Tage auf der sicheren Seite, was die körperliche Abhängigkeit angeht - vorausgesetzt, man nimmt keine Elefantendosis. Vor einer psychischen Abhängigkeit schützt das natürlich nicht, aber das finde ich jetzt nicht so schlimm.

Zitat von miaflorentine:
Apropo niedriger Blutdruck, den habe ich auch. Schlagen Benzos da nicht auch ziemlich drauf? Muss ich mir Gedanken machen, wenn ich die nehme, dass ich umkippe?
Klares nein.

Zitat von miaflorentine:
Und kann es sein, dass mein Körper sich an die Angst gewöhnt? Mein RR schießt nämlich nur in die Höhe, wenn ich diese ganz akute und kurzweilige Panik habe. Während der Angstzustände ist er wundersamerweise gleichbleibend niedrig. Nicht mal der Puls geht erwähnenswert in die Höhe. Ziemlich absurd, wenn man sich fühlt, als würde man auf der Autobahn auf ein Stauende zu rasen und das Herz bleibt ruhig.
Vielleicht war es nie anders. Die meisten, sogar als extrem empfundenen Körperreaktionen von Angstpatienten sind nicht objektivierbar. Das wird subjektiv regelmäßig überschätzt.

Zitat von miaflorentine:
Zitat:
Wahrscheinlich, weil sie am verträglichsten und trotzdem hochwirksam sind. Was spricht gegen Valium (außer der langen Halbwertzeit und dass es bei häufiger Einnahme daher ungünstig ist)? Das wirkt immerhin sehr schnell und ist eigentlich das Standardbenzo.


Naja, für mich so ziemlich alles, aber aus gesunder Sicht hast Du sicher Recht
Wobei Diazepam das Benzo ist, das man nicht alle zwei bis drei Tage nehmen sollte - wegen der langen Halbwertzeit und den aktiven Metaboliten. Da ist man dauerbreit und rutscht unbemerkt in die Abhängigkeit.


@ crazy:

Ich wünsche dir, dass das mit dem Trazodon klappt. Würde ich auch so machen, es dann nehmen, wenn man nicht allein ist. Deine Leidensbereitschaft hätte ich übrigens nicht. Ich habe ja schon häufig Kopfschmerzen (primär hormonell bedingt), aber tägliche Kopfschmerzen sind m.E. ein sehr heftiges, extrem einschränkendes Leiden - selbst wenn die Schmerzen nicht irre stark sind.

Und es gibt natürlich viel schlimmere Medikamente als ADs. Mein Vater (78) muss z.B. Immunsuppressiva nehmen, außerdem etwas potentiell sehr Leberschädigendes wegen dem Herzen und Medikamente gegen Parkinson. Da nahm sich das AD, das er zwischenzeitlich wegen einer Gürtelrose nehmen musste, schon fast wie ein Bonbon aus. Aber: Es geht ihm gut, das ganze Zeug macht ein bisschen müde und das war's. Er lebt ganz normal, fährt Auto, macht Gartenarbeit, geht mit dem Hund spazieren... Auch das hat meine Einstellung verändert.


Liebe Grüße
Christina

28.07.2011 22:10 • #44


C
Hallo Christina.

Ja, manchmal verstehe ich selbst nicht, warum ich mir die Kopfschmerzen schon über 2 Jahre antue und dann auch noch fast täglich. Wahrscheinlich ist die Angst vor Medikamenten größer, aber sie schwindet, weil es einfach langsam reicht. Es muss was geben und funktionieren.

Bei meinem Vater ist es auch so, er ist 72, hat eine künstliche Herzklappe und muss daher schon fast 15 Jahre Medikamente nehmen. Falithrom (Blutverdünner), Blutdrucktabletten und Betablocker. Gerade die Falithrom haben auf lange Sicht z.T. doch enorme Nebenwirkungen. Aber mein Vater kommt gut klar, macht sehr viel (Garten, Rad fahren etc.) und ist auch sonst enorm aktiv. Mehr als ich.
Er kann also durch die Medikamente gut leben und überleben, der Kardiologe (Prof.) sagt immer, mein Vater kann so locker 90 werden.

Vielleicht ist es bei mir auch die Situation, dass das immer noch so geht. Ich hab halt nichts zu versorgen und wenn es mir schlecht geht, ok, dann ist das eben so und ich richte mich dann mal danach, mache an dem Tag dann wenig, nur mit Hündin Gassi. Mit Job, Familie und vielleicht 2 Kinder, da würde es wahrscheinlich anders aussehen, weil die Leute eben doch dann oft die Tendenz haben, funktionieren zu wollen. Da nimmt man vielleicht eher Medikamente.

Ich mache das mit den Trazodon so und wenn ich merke, aber dann auch erst nach Wochen, es bringt nichts, dann gibt es noch Alternativen. Einzige Bedingung bei mir, ein Medikament darf nicht dick machen. Ich hab in 1,5 Jahren gerade 20 kg abgenommen und das soll auch so bleiben. Herz/Kreislauf sollte auch nichts so sehr beeinflusst werden. Und schon fallen einige Wirkstoffgruppen aus.

28.07.2011 22:49 • #45


M
Zitat:
Es gibt verschiedene Tricks, dieses Plateau zu überstehen, ohne sich abzulenken und ohne in Katastrophengedanken zu geraten: Umgebungscheck, Realitätscheck, Körpercheck, Bauchatmung, Bewegung, evtl. 10-Sekunden-Regel... Das sollte man alles vorher mal geübt haben. Und: Das sind keine Tricks, die Angst wegzukriegen, sondern Dinge, die helfen sollen, die Angst auszuhalten ohne sich (übermäßig) ausgeliefert zu fühlen. Guckst du schon mal hier: Nach der 10-Sekunden-Regel entscheidet man immer wieder, ob man die Angst weitere 10 Sekunden aushalten kann.


Vielen Dank, ich habe es gelesen und werde es mir merken. Aber ich denke, dass für mich erst einmal andere Dinge im Vordergrund stehen, zB meine übersteigerte Körperwahrnehmung und die generalisierte Angst, die hier zu Hause zur Panik wird. Ich will jetzt im Moment lieber nicht auf eigene Faust anfangen, mich mit irgendwelchen Situationen zu konfrontieren- am Ende mach ich es nich schlimmer Aber irgendwann werden Deine Tips sicherlich helfen.

Zitat:
Ich bezweifle, dass du gut vorbereitet warst. Du hast die Panik ja nun schon oft genug erlebt und du weißt theoretisch, dass dir nichts passieren kann. Trotzdem siegen im Ernstfall die Angstphantasien. Die musst du als Trockenübung durchgehen, die schlimmsten Katastrophen zu Ende denken und auf ihren Realitätsgehalt und ihre Wahrscheinlichkeit hin überprüfen. Und zwar konkret, nicht nur allgemein, dass PAs ungefährlich sind. Wenn du Angst hast, durchzudrehen: Wie würde Durchdrehen aussehen? Was würde dem folgen? Ist das eine realistische Vorstellung? Auch bei den Medikamenten kommt die Panik ja niemals ohne Befürchtungen. Versuch' mal, die konkreter zu fassen als nur als Angst vor Kontrollverlust. Nehmen wir als Beispiel Magnesium, das mit Sicherheit harmlos ist. Du nimmst es ein und es wirkt in deinem Körper. Was genau macht dir Angst? Ist es einfach nur das Gefühl der Hilflosigkeit? Falls ja, was könnte passieren? Dass du die Hilflosigkeit nicht mehr aushälst? Falls ja, wie würde sich das äußern und welche Folgen hätte es? Würdest du durchdrehen? Falls ja, wie würde sich das äußern...? Gehe deine Befürchtungen bis ins Detail durch, gerne auch schriftlich. Und dann stell' sie in Frage, trenne realistisch von unrealistisch und wahrscheinlich von ziemlich abwegig. Mach' dir einen Spickzettel, damit du im Falle einer PA die realistischen Sichtweisen unmittelbar vor Augen hast. Wenn du das alles durch hast, kannst du dich mit der Angst konfrontieren. Magnesium wäre übrigens klasse, um zu üben... Du musst allerdings vorher wissen (und wollen), dass du Angst bekommen wirst, und zwar starke Angst. Das ist erwünscht und fühlt sich sch.... an - leider. Aber du wirst von der Angst nicht überfallen, sondern du provozierst sie. Du hast also deinen Spickzettel parat und noch einen zweiten Zettel mit den Punkten Umgebungscheck, Körpercheck etc. An diesem Punkt heißt Entschlossenheit allerdings auch, dass es kein Einknicken geben wird, denn du stellst eine Situation her, in der du garantiert Angst bekommst. Das ist in deinem Fall sogar einfach: Du schluckst die Magnesiumpille und wartest auf die Angst. Anfangs vielleicht, wenn dein Mann in der Nähe ist, später allein.


Danke, dass sind tolle Hinweise. Ich habe meistens Angst zu sterben- auch und vor allem zu Hause (hier verbringe ich ja auch meine Zeit fast ausschliesslich) und generell, dass die Schmerzen eskalieren, nicht mehr aufhören. Und einfach davor, wieder auszuhalten, was mein Körper mir antut. Eine ganze Nacht mit Brechreiz, oder starken Bauchschmerzen, oder heftiger Panik, oder, oder, oder.

Zitat:
Als ich in Bad Dürkheim war, waren dort zwei Patientinnen, die Angst davor hatten, allein zu sein. Die ließen sich jeweils allein für knapp zwei Stunden in einen Kellerraum einschließen (natürlich nach Absprache und mit Vorbereitung). Sie wussten, wenn die Tür zu war, dann mussten sie diese Zeit durchstehen, denn da gab's kein Handy, kein Telefon, keine Beruhigungspillen und auch niemanden vor der Tür, der auf Rufen reagiert hätte. So wie man beim Flugzeug weiß, wenn die Tür zu ist und der Flieger startet, kommt man da nicht raus. Als ich erstmals wieder allein mit dem ICE gefahren bin, war es auch so. Am schlimmsten war die Zeit, in der ich noch hätte aussteigen können. Da habe ich immer wieder überlegt, dass ich ja nicht mehr vor der nächsten Haltestelle (1,5 Stunden) raus kann, wenn das Ding erstmal fährt. In gewisser Weise muss man da mit seinem Leben abschließen und sich sagen, egal, was jetzt kommt oder wie schlimm es auch wird, ich mache das jetzt. Weniger Entschlossenheit reicht nicht, deswegen ist auch die Motivation so wichtig. Wenn dir deine Motivation nicht klar ist oder du keine (eigene!) Motivation aufbringen kannst, dann leg' die Konfrontation vorläufig auf Eis.


Ja, schrecklich, solche Situationen in denen Flucht unmöglich ist. Das hab ich auch hier zu Hause. Die Panik kommt und ich weiß keine Lösung. Notarzt rufen? Der will mir nur etwas zur Beruhigung spritzen. Mich in eine KLinik bringen lassen? Noch schlimmer, als hier zu Hause zu liegen. Und so sitze ich hier dann zusammen gekrümmt und weiß nicht weiter, ausßer zu hoffen, dass die Erschöpfung mich endlich gnädig einschlafen lässt.

Zitat:
Es besteht immer die Gefahr, daneben zu greifen. Allerdings ist das mit dem Krankenkassenkontingent und den zwei Jahren Pause rechtlich nicht ganz astrein. Da kann man z.B. über den VdK evtl. klagen oder mit einer Klage drohen. Beim Verfahrenswechsel wäre die Pause eh hinfällig und Klinikaufenthalte zählen nicht dazu. Ambulante Behandlungen in Krankenhausambulanzen auch nicht. Da kann man schon so einiges machen. Übrigens gibt es in Hamburg ein Ausbildungszentrum für Schematherapie (eine Richtung/Weiterentwicklung der VT für chronische Verläufe) und daher in der Umgebung so einige Therapeuten, die das schon anbieten. Ob man dann weitere Stunden bekommt, hängt von der Begründung ab.


Was ist Schematherapie? Meine Krankenkasse ist immer sehr kulant. Wenn es eine Möglichkeit gibt, würde ich sie dort durchsetzen können. Wenigstens was.

Zitat:
Wenn du weißt, dass du dazu neigst, das Kind mit dem Bad auszuschütten, kannst du gegensteuern. Du kannst das zu Beginn der Therapie auch thematisieren (und solltest das auch). Es ist wichtig, auch da einen realistischen Mittelweg zu finden. Therapeuten sind schließlich auch Menschen, die Fehler machen. Das ist okay, es kommt eben darauf an, wie sie damit umgehen und ob die Fehler aus mangelnder Sorgfalt entstehen. Bad Bramstedt bildet übrigens Therapeuten aus, von daher wirst du mit einer gewissen Sicherheit an jemanden geraten, der noch nicht sehr erfahren ist. Dafür werden die (angehenden) Therapeuten dort aber sehr eng supervidiert, es gucken immer auch der leitende Psychologe (oder Oberarzt) und das Team drauf. Und sie sind motiviert, machen sehr viel mehr als Dienst nach Vorschrift.


Ja, das werde ich sagen, Du hast Recht. Und gut zu wissen, was Du über Bad Bramstedt sagst! Danke!

Zitat:
Es kann sein, dass man die Dosis steigern muss, die Regel ist es nicht, nur kann man es im individuellen Fall nicht vorhersagen. Und wenn man ein Benzo mit kurzer Halbwertzeit nimmt (wie Lorazepam oder Alprazolam z.B.) ist man mit einer Einnahme alle zwei Tage auf der sicheren Seite, was die körperliche Abhängigkeit angeht - vorausgesetzt, man nimmt keine Elefantendosis. Vor einer psychischen Abhängigkeit schützt das natürlich nicht, aber das finde ich jetzt nicht so schlimm.


Ebenfalls gut zu wissen!

Zitat:
Vielleicht war es nie anders. Die meisten, sogar als extrem empfundenen Körperreaktionen von Angstpatienten sind nicht objektivierbar. Das wird subjektiv regelmäßig überschätzt.


Da könntest Du Recht haben!

Liebe Christina, woher hast Du eigentlich dieses imense Wissen? Danke, dass Du in meinem Thread schreibst

29.07.2011 17:45 • #46





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