Bei mir war es, nachdem ich 4 Jahre lang unter Volldampf immer noch mein Leben voll durchziehen wollte, ohne zu bemerken, dass ich schon lange nicht mehr konnte und selbst mein Körper schon versucht hatte, die Reißleine zu ziehen. Ich war schon in Therapie (bin damals durch einen Todesfall, den ich nicht überwinden konnte, in Therapie gekommen), also schon angeschlagen, und bin dann in eine Phase geraten, in der ich überhaupt kein Gefühl mehr dafür hatte, wie es mir eigentlich ging. Es war mir auch egal, ich bin vor meinen persönlichen Problemen weggelaufen: Ich habe Vollzeit gearbeitet, meine Karriere vorantreiben wollen (auch durchaus mit Erfolg), habe 6-7 Tage die Woche gearbeitet, zwischen 10 und 12 Stunden täglich, nebenbei ist nach und nach meine ganze Familie verstorben (5 Todesfälle in kurzer Folge), ich musste mich um alles kümmern, hatte auch immer wieder pflegerische Aufgaben mit zu erledigen, musste auch das ganze Organisatorische regeln, habe irgendwann in der Zeit quasi direkt zwischen 2 Todesfällen meine MS-Diagnose bekommen, konnte mich aber nicht mal zu dem Zeitpunkt darum kümmern (musste ja die Beerdigungen organisieren), habe es ignoriert, bin vollgedröhnt mit Kortison aus dem Krankenhaus raus und habe einfach weitergemacht, mich kaputtgearbeitet in einem Job, der vom Arbeitspensum einfach nicht mal theoretisch machbar war, das Sterben in meiner Familie ging immer weiter, mein Körper hat mich angeschrien, endlich die Bremse zu ziehen, ich habe es ignoriert, immer weitergemacht...
Und dann, ungefähr 2 Jahre nach der MS-Diagnose, ging von einen Tag auf den anderen gar nichts mehr. Einfach so. Von 180 km/h auf null...
Ich dachte zuerst, ich hätte nur eine Erkältung, aber meine Ärztin hat damals schon gesehen, was passiert war. Ich wurde mehrere Wochen krankgeschrieben (wogegen ich mich sehr heftig gewehrt habe, der Job wollte ja erledigt werden), ich habe den Weg zurück zur Arbeit nicht geschafft. Ich war mehrere Monate krankgeschrieben, bin dann zum erstmal für mehrere Monate in eine psychosomatische Klinik gekommen, in der dann das ganze Ausmaß meiner psychischen Erkrankung ans Licht kam (das Problem war nicht die eben beschriebene schwierige Lebensphase, sondern die
Trigger
massiven frühkindlichen Traumatsierungen, die sich durch meine komplette Kindheit und Jugend gezogen haben
.
Mein Leben bis dahin war quasi nur ein riesiger Kompensationsversuch, diese Kompensationsversuche funktionieren aber oftmals nur für eine gewisse Zeit. Irgendwann bricht oftmals alles wie ein Kartenhaus zusammen. Und mein Kartenhaus
ist eingestürzt. Und zwar komplett.
Die ganze komplexe Trauma-Symptomatik ist wie ein Vulkan in mir explodiert, als meine äußeren Lebensumstände einen gewissen Belastungsgrad überstiegen hatten. Der psychische Druck in meinem Körper und meiner Seele war schon seit Jahrzehnten viel zu hoch, aber ich konnte es für eine lange Zeit verdrängen und ignorieren. Bis es halt zu diesem Bruch-Punkt kam.
Der Weg führte mich in die Klinik, nicht zurück zur Arbeit. Es folgten Jahre der Therapie (ich habe nach der Klinik die Therapieform gewechselt), auch immer wieder stationär. Ausgang ungewiss....
LG Silver