Sehr interessant, was ihr schreibt, und auch sehr schlimm - der Körper signalisiert einem schließlich, dass das Leben bedroht ist, und mit diesem Zustand muss man erst mal umgehen ... Als Kind stelle ich mir das besonders furchtbar vor! Ich weiß jetzt nach einem Jahr, in dem das Symptom mein ständiger Begleiter war und ist, dass man nicht daran stirbt, hatte zu Beginn aber teilweise fast Todesangst und war wahnsinnig verzweifelt, zumal ich eben immer nur die Aussage bekam, dass ich gesund sei.
Ja, flow87, es ist ein ständiger und quälender Drang, mehr Luft zu holen - zu Beginn war es bei mir auch so, dass ich diesen Punkt, wo man eine Erleichterung empfindet, nicht erreichen konnte. Man atmet tiefer und es fühlt sich nur total überbläht an. Komischerweise kann ich diese Blockade mittlerweile zwar hin und wieder überwinden und es stellt sich ein kurzes erleichtertes Gefühl ein, aber gleich danach ist es wieder wie vorher. Es ist tatsächlich eher hilfreich, wenn ich versuche, weniger tief zu atmen - das wurde hier ja auch schon erwähnt und es gibt sogar eine bestimmte Atemtechnik (Buteyko), die sowas empfiehlt.
Das mit dem Gähnen ist nach allem, was ich gelesen habe, ganz typisch für chronische Hyperventilation und hängt wohl damit zusammen, dass der Körper (das Atemzentrum?) fälschlicherweise von einem Sauerstoffmangel (oder CO2-Überschuss) ausgeht und versucht, gegenzusteuern. Bei mir war es komischerweise genau umgekehrt: Ich konnte bzw. musste monatelang überhaupt nicht gähnen. Mir ist es aber erst aufgefallen, als ich das erste Mal wieder gegähnt habe. Zurzeit ist das wieder ziemlich normal bei mir.
Es begann bei mir eher schleichend - zuerst waren da Kribbel- und Taubheitsgefühle und ein seltsames Gefühl des Unwohlseins und der Unruhe. Die Atmung ist mir zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht aufgefallen, vielleicht war sie aber auch schon gestört. Ich hatte ein paar Wochen/Monate vorher ein stressiges und belastendes Erlebnis gehabt und dachte, das sind eben Nachwehen der Nerven, das wird schon wieder. Ich sollte zum Neurologen, um MS oder andere Nervenkrankheiten ausschließen zu lassen, der Termin wäre dann aber erst Monate später gewesen. Dann kam plötzlich die Atmung dazu (zumindest ist sie mir plötzlich aufgefallen), und dann ging ich auf Rat des Hausarztes in die Klinik/Neurologie - hier haben sie sich vor allem auf das Kribbeln fokussiert und diverse Tests gemacht, alle unauffällig. Ich bin 42 Jahre alt und wäre damit noch so halb in dem Alter gewesen, in dem sich MS typischerweise das erste Mal zeigt, daher haben sie die Symptome glücklicherweise ernst genommen. Lunge und Herz haben sie dann netterweise auch untersucht, weil ich mir immer größere Sorgen wegen der Atmung gemacht habe und der Atemhunger - so nenne ich es - immer schlimmer wurde. In der Klinik bekam ich dann auch zweimal eine Art Panikattacke, man stellte eine Hyperventilation fest und gab mir ein Beruhigungsmittel, darauf ist man dann aber nicht weiter eingegangen - nur eine Ärztin, die eigentlich nicht für mich zuständig war, meinte, dass die Taubheitsgefühle auch von der Hyperventilation kommen könnten.
Ich war dann noch bei vielen anderen Ärzten und habe mir gleich eine Therapeutin gesucht, seitdem mache ich die Therapie und sie half und hilft mir sehr, mit der Situation umzugehen (mit Entspannungstechniken, Muskelrelaxation, Bodyscan, ...). Aber hinter die Ursache, falls sie denn psychisch sein sollte, sind wir bisher nicht gekommen. Es gibt eben auch keine wirklichen Stressoren in meinem Leben, ich habe eine sehr glückliche Beziehung, einen entspannten Job und viele Interessen, daher ist es schwer, hier anzusetzen. Außerdem nehme ich ein Mittel gegen Angst und psychosomatische Beschwerden, das ich jetzt immer weiter runterfahre - es hat mir aber vor allem zu Beginn gut gegen die Angst geholfen, die - meinem Empfinden nach - erst durch das Symptom entstanden ist.
Jedenfalls habe ich diesen Atemhunger - der letzte Neurologe nannte es erhöhten Atemantrieb - ständig, nur beim Schlaf nicht und auch noch beim Aufwachen nicht, erst beim Aufstehen und Wachwerden. Zu Beginn war es aber gerade beim Einschlafen sehr schlimm - in dem Moment bin ich mit Schnappatmung hochgeschreckt und häufiger auch in der Nacht. Jetzt kann ich sagen, dass ich den psychischen Überbau halbwegs im Griff habe, das Symptom bleibt aber und ist tage- bzw. wochenweise mal sehr schlimm und mal weniger schlimm. Es hat schon auch irgendwie Einfluss auf meine Kondition und ich bekomme bei größerer Anstrengung Herzstolpern, allerdings bin ich zu fit, um ernsthaft herz- bzw. lungenkrank zu sein. Ich meine auch, dass das Asthma eher nichts damit zu tun hat. Das Gefühl beim Reizgastest war tatsächlich ein ganz anderes, mehr, als ob die Lunge einfach zugeht - das war sehr krass bei mir, aber eben anders. Mein aktueller Lungenarzt meinte auch im Gegensatz zu den anderen, die mich mit Medikamenten vollgepumpt haben, dass mein Asthma zu schwach sei, um diese starken Symptome zu erklären, und hat mich wieder zum Neurologen geschickt. Und schließlich haben die Medikamente quasi gar nichts bewirkt, nur aufgeputscht. Es gibt wohl auch Asthmaformen bzw. Lungenerkrankungen, bei denen die Medikamente nicht anschlagen, trotzdem denke ich, das Asthma ist nicht die Ursache und vielleicht sogar eher die Folge des Atemhungers bzw. der Hyperventilation. Ich habe wie du ein Pulsoxymeter und meistens 99-100% SPO2, das ist dann ein Hinweis auf zu viel Sauerstoff bzw. zu wenig CO2 - das hatte ich bisher nur vermutet, jetzt aber auch in einem seriös wirkenden Artikel im Internet gelesen.
Bei mir gibt es aktuell noch eine Spur, die ich erwähnen wollte, nämlich die (weiblichen) Hormone - bei mir wurde da eine Störung festgestellt und ich denke, es könnte einen Zusammenhang geben (aber auch hier ist dann wieder die Frage nach Henne und Ei). Ich weiß nicht, ob das bei Männern auch eine Rolle spielen könnte, aber schließlich bestimmt der Hormonstoffwechsel ja eine ganze Menge Vorgänge im Körper. Eine Schilddrüsenunterfunktion habe ich auch schon lange, aber die ist angeblich nicht die Ursache.
Viele Grüße an dich und die anderen und danke für eure Beiträge!
01.05.2020 12:38 •
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