Pfeil rechts
17

DavidS
Hallo liebe Forum Mitglieder,
ich bin neu hier und habe mich nach einer Weile stillem Mitlesen nun entschieden, mich anzumelden und selbst einen Beitrag zu verfassen. Der Grund dafür ist, dass es mir gerade sehr schlecht geht. Ich leide seit Jahren unter Zwangsgedanken mit vorübergehenden, heftigen Schüben, die von extremer Angst begleitet werden. Die letzten zwei Jahre ging es mir relativ gut. Seit einigen Wochen bin ich aber in der schlimmsten Angstphase meines Lebens gefangen.
Ich beschäftige mich viel mit Philosophie und habe dann beim Laufen über das Wesen der Realität nachgedacht. Das hat mich letztendlich so verstört, dass ich in eine schlimme Angstphase gerutscht bin. Mit darauf bezogenen Gedanken und panischer Angst sowie Depression hatte ich dann zwei Wochen zu kämpfen, bevor es etwas besser wurde. Als ich dachte auf dem Weg der Besserung zu sein, kamen aber neue Gedanken. Nun geht es darum, dass ich Angst davor habe, kontrolliert / gesteuert zu werden bzw. keinen freien Willen zu haben. Dies kenne ich schon aus vergangenen Phasen. Dieses Mal kommt dazu ein vermeintlicher Kontakt zu Gott, was mir furchtbare Angst macht. Seit 4-5 Tagen kann ich kaum noch irgendeine Arbeit im Haus verrichten. Ich bin gar nicht bewusst da und habe ständig heftige Angst und meine Gedanken kreisen um die Echtheit dieser Vision und Auswirkungen auf mich.
Ich schreibe das deshalb, weil ich mich mit den Bildern, die Leute mit Zwangsgedanken schildern, normalerweise nicht ganz identifizieren kann und jemand suche, der Ähnliches erlebt und vielleicht Ratschläge für mich hat.

Liebe Grüße
David aus Bayern

28.02.2022 14:21 • 17.03.2022 x 1 #1


15 Antworten ↓


E
Lieber David.

Das hört sich für mich als Laien als eine beginnende Psychose an.

Wie gesagt, ich bin nur Laie, aber ich würde dir raten, mit einer psychiatrischen Klinik Kontakt aufzunehmen.

28.02.2022 16:45 • #2


A


Angst und Zwangsgedanken Freier Wille, Realität

x 3


D
Hallo

Zwangsgedanken haben nichts mit einer Psychose zu tun.
Mit solchen Äußerungen sollte man vorsichtig sein. Könnte noch mehr verunsichern.

28.02.2022 17:03 • x 3 #3


E
Zitat von Die:
Hallo Zwangsgedanken haben nichts mit einer Psychose zu tun. Mit solchen Äußerungen sollte man vorsichtig sein. Könnte noch mehr verunsichern. ...


Ich schrieb ich als Laie und habe empfohlen sich an eine Klinik zu wenden.

Triggern wollte ich ganz sicher nicht.

28.02.2022 17:04 • #4


DavidS
Kein Problem. Ich bin für jede Antwort dankbar. Mehr als eine Diagnose suche ich aber Erfahrungswerte von anderen

28.02.2022 17:22 • #5


M
Hey,
wie gehts dir heute?

17.03.2022 09:20 • #6


hereingeschneit
Zitat von DavidS:
Dieses Mal kommt dazu ein vermeintlicher Kontakt zu Gott, was mir furchtbare Angst macht.

Warum? Was für einen Gott kennst du, dass du ihn fürchten musst?


Zitat von DavidS:
Nun geht es darum, dass ich Angst davor habe, kontrolliert / gesteuert zu werden bzw. keinen freien Willen zu haben.

Vielleicht passiert aber gerade auch genau das Gegenteil. Bisher wurdest du gesteuert von der Moral und Vorstellungen der Welt und jetzt kommst langsam du selbst zu dir durch und willst dich führen, weil du merkst, dass die Welt keine Ahnung von dir hat?

17.03.2022 10:02 • #7


M
Ich kann dir erstmal sagen, dass ich ab und zu ähnliche Gedanken habe wie du, sprich wie entsteht Wille, woher kommen unsere Entscheidungen, die wir treffen.
Bei mir ist es die Angst vorm Kontrollverlust und ich denke das gleiche ist es bei dir.
Wir können halt einfach vieles schlicht und ergreifend nicht wissen und diese Kontrolle müssen wir abgeben.
Ich denke allein, dass man sich hinterfragt ist ein Zeichen, dass ja irgendwas da sein muss, jemand der gesteuert ist, würde das nicht tun, denke ich mal.
Ich sehe das ganze eher philosophisch und nicht psychotisch.

17.03.2022 10:29 • x 1 #8


moo
Servus (ebenfalls aus Bayern) und willkommen David,

Zitat von DavidS:
Ich beschäftige mich viel mit Philosophie und habe dann beim Laufen über das Wesen der Realität nachgedacht. Das hat mich letztendlich so verstört, dass ich in eine schlimme Angstphase gerutscht bin.

Das kenne ich gut...es war eine spirituelle Krise, die meine erste Angstperiode ausgelöst hat. Heute verstehe ich, dass das wirklich existenzielle Nachdenken über das, was wir leichthin als Realität bezeichnen, ja eigentlich Angst machen muss! Denn was erkennen wir denn beim genauen Hinschauen (oder besser: was erkennen wir nicht)? Bestenfalls bringen uns derlei Einsichten von unseren bisherigen Pseudoüberzeugungen ab und führen zu einer direkteren Sicht.

Ein wichtiger Aspekt ist dabei m. E. jedoch zu bedenken: Es ist eine Seite der Medaille, etwas wirklich Existenzielles zu begreifen und die andere, das auch zu verkraften! Einleuchtenderweise sind wir Ängstler, Zwängler, Depressive etc. sehr oft nicht mit oberflächlichen Lebensentwürfen abzuspeisen - wir zweifeln! Wir zweifeln an uns, an der Menschheit, am Leben, am Tod, an der Realität, an Gott, an Himmel Hölle etc. Auch in meinem Fall war der Zweifel geradezu existenziell (sic!). Gleichzeitig leiden wir an diesem Zweifel, denn wie das Wort so schön versinnbildlicht, sind wir sozusagen ent-zweit und nicht ver-eint.

Zitat von DavidS:
Mit darauf bezogenen Gedanken und panischer Angst sowie Depression hatte ich dann zwei Wochen zu kämpfen, bevor es etwas besser wurde.

Mich würde interessieren, welche Gedanken Dir hier durch den Kopf gingen, die Dich so verängstigt haben?

Zitat von DavidS:
Nun geht es darum, dass ich Angst davor habe, kontrolliert / gesteuert zu werden bzw. keinen freien Willen zu haben. Dies kenne ich schon aus vergangenen Phasen.

Wir Zwängler (und auch in vielen Bereichen die Ängstler) kreisen ständig um das Kontrollthema. Ich gehe davon aus, dass ich Dir da nichts Neues sage!? Hinzu kommt der Glaube (der gleichzeitig auch die Angst davor beinhaltet), unser Denken bzw. Handeln könnte irgendeinen wirkmächtigen Einfluss auf das objektive Geschehen (die Welt) haben.

Der freie Wille ist ja ein Kernthema der Philosophie. Ich persönlich bin der Meinung, das ein Ich jeglichen freien Willen verunmöglicht. Ein Ich, ein Selbst muss immer Vorlieben und Abneigungen folgen. Ein Ego besteht aus nichts anderem als aus diesem Wollen und Nichtwollen. Zu dem Wollen gehört,

a) dass es die Kontrolle haben will und
b) dass es nicht kontrolliert werden will.

Der freie Wille, so wie ich ihn verstehe, wäre Selbst-los und deshalb letztendlich hinfällig (s. o.).

Zitat von DavidS:
Dieses Mal kommt dazu ein vermeintlicher Kontakt zu Gott, was mir furchtbare Angst macht.

Tja, eine Altlast aus unserer monotheistischen Erziehung bzw. Kultur. Ich kenne das sehr gut aus meiner Pubertät. Diese innere, göttliche Stimme, die alles was ich denke, sage oder tue auf seine Reinheit, Tugend und natürlich Schlechtheit und Sündhaftigkeit hin kommentiert, kann einen wirklich in den Wahnsinn treiben. Sie bietet (und bot auch in meinem Falle) einen sehr weitverbreiteten Nährboden für Zwänge, die sich bis ins Unaushaltbare steigern können. Ich bin damals durch fast alle Stadien gegangen.

Du musst hier bedenken: Geist ist immer nur Geist! Selbst ein Gott (sofern vorhanden) ist letztendlich nur Geist. Du wirst kein Ich hinter Deinem Geist finden, ebensowenig einen Geist hinter einem Gott. Ich habe seinerzeit in tiefster Verzweiflung verstanden, dass der ganze dualistische Mist (Gott/Teufel, Himmel/Hölle etc.) ein absoluter Irrweg ist. Stattdessen sah ich keine andere Wahrheit sondern der Irrweg löste sich lediglich auf!

Zitat von DavidS:
Seit 4-5 Tagen kann ich kaum noch irgendeine Arbeit im Haus verrichten. Ich bin gar nicht bewusst da und habe ständig heftige Angst und meine Gedanken kreisen um die Echtheit dieser Vision und Auswirkungen auf mich.

Das ist in fortgeschrittenen Zwangs(gedanken)stadien völlig normal. Hier hilft m. E. sehr, sich regelmäßig zu erden. Selbstberührungen (z. B. einen Daumen mit der anderen Hand umschließen), Metta-Meditation uvm. währen akute Möglichkeiten, zu Dir zu kommen. Du brauchst tatsächlich ein gewisses Maß an Selbst-Sicherheit um die Unsicherheit des Selbst erkennen und v. a. verkraften zu können. Dann allerdings kann die Befreiung sehr zügig vonstatten gehen. Vielleicht kann @Flame noch ein paar Gedanken hierzu äußern?

Zitat von DavidS:
weil ich mich mit den Bildern, die Leute mit Zwangsgedanken schildern, normalerweise nicht ganz identifizieren kann

Zwänge und Zwangsgedanken haben viele Gesichter und jeder erlebt sie ganz individuell. Die unterschiedlichen Klassifizierungen bieten nur begrenzte Unterstützung bei der Behandlung. Viel wichtiger im eigentherapeutischen Kontext ist, dass Du die tieferliegenden Ursachen suchst und nicht die Zwangsinhalte überinterpretierst.

17.03.2022 11:50 • x 1 #9


Flame
Zitat von moo:
Vielleicht kann noch ein paar Gedanken hierzu äußern?


Gerne!

Dass man sich verloren fühlen kann,wenn man begreift,dass das ICH eine Illusion ist und die Realität eine stark eingefärbte Wahrnehmung der Wirklichkeit ist absolut nachvollziehbar.
Alles das,worüber man sich bisher definiert und vielleicht auch geklammert hat,löst sich quasi in Wohlgefallen auf.

Aber an diesem Punkt ist man zugleich der Erlösung (Freiheit) am nächsten,zurück kann man nicht mehr weil das Licht (die Erkenntnis) sich nicht wieder zurück zieht und das ist auch gut so!

Wir befinden uns quasi im Abschied vom Ego und das erzeugt erstmal einen tiefen Schmerz,war es doch alles,woraus unsere Handlungen resultierten.
Mein Ego kommt heute noch oft genug durch und ich trauere manchmal ,wenn ich es wieder loslasse,es war einmal mein Motor und deshalb ist die Trauer berechtigt.

Also ist es normal,dass es einem nicht gut geht,wenn man die Dro. Ego aufgibt.
Es überdeckt den Schmerz nicht mehr.

Ich würde diesen Schmerz als Geburtsschmerz der Freiheit bezeichnen und immer wenn er kommt,weisst Du,dass Du nun auf dem Weg der Gesundung und in die Freiheit bist.
Eckhart Tolle drückt es so aus: Der Schmerz ist das Tor zum Sein.

Heilung tut immer auch weh aber diesen Schmerz dürfen wir begrüssen als Zeichen der Heilung.
Gäbe es ihn nicht,wären wir taub und würden nicht bemerken,dass wir seelisch oder psychisch immer weiter abbauen,wie gut also,dass er da ist!

Keine Sorge,nichts ist verloren war je verloren oder kann verloren gehen.
Deine Seele wird das bald verinnerlichen und dann kehrt Ruhe ein und Gelassenheit.
Was nicht heissen soll,dass es einem dann immer nur gut geht.
Es heisst,dass wir darauf vertrauen können,dass der Weg sich beim Gehen zeigt und wenn jeder mal zurück blickt auf das eigene Leben: Wie könnte es anders sein?
Und wir wissen auch,dass Leid vorübergehend ist und wir es ertragen können und damit umgehen.


Ein paar ganz einfache und praktische Tips hab ich auch noch:

Auf die Atmung achten (wenn man sie als angenehm empfindet,ist sie gut),ausreichend Wasser trinken und viel frische Luft sowie regelmässige Mahlzeiten (sich aber niemals zu etwas zwingen).

Also Selbstfürsorge hochschrauben,alles ,was gut tut,ist erlaubt.
Gefühle möglichst fliessen lassen,weinen ist super oder die Anspannung in Bewegung umsetzen.

Den inneren Fokus auf Konstruktives richten und ich würd mir immer auch Hilfe in Form von Verhaltenstherapie und ggf. medikamentöse Unterstützung holen.
Alles ist erlaubt,wir sorgen auf allen Ebenen gut für uns und das gibt Sicherheit.

Alles ist gut auch unsere Schwierigkeiten sind gut,sie befreien uns und lassen uns wachsen,begrüssen wir sie!

17.03.2022 17:25 • x 3 #10


Flame
@DavidS

Was ich Dir gerne noch an´s Herz legen würde ist ein Notfallmedikament.
Perazin zum Beispiel,das beruhigt sehr gut oder auch Amitriptylin (beides ohne Abhängigkeitspotential).
Es ist einfach gut zu wissen,dass man es im Notfall nehmen kann auch wenn man es nicht braucht.

Zur allgemeinen Stabilisierung kann ich Baldrian Nacht 700mg empfehlen,täglich eingenommen beruhigt es überreizte Nerven und die Gedanken kommen auch etwas zur Ruhe.
Gibt es bei Rossmann oder online:
https://www.docmorris.de/kneipp-baldria...gJIGfD_BwE

Ebenfalls beruhigend (und nebensei sehr gut für den Magen-Darm-Trakt):Melissenmischung von Messmer:
https://www.messmer.de/melissen-mischun...gIg2PD_BwE

17.03.2022 18:09 • x 3 #11


M
@Flame wird Perazin nicht für Psychosen eingesetzt?

17.03.2022 18:25 • #12


Flame
Zitat von Mentalhealth:
wird Perazin nicht für Psychosen eingesetzt?


Ja,es wird auch für Psychosen eingesetzt.

Früher sagte man dazu Neuroleptikum ,heutzutage (allgemeiner) Antipsychotikum.
Aber nur weil der Wortteil ...psychotikum... mit drinsteckt,bedeutet das nicht,dass ein Medikament ausschliesslich für Psychosen eingesetzt wird.
Neuroleptika bzw. Antipsychotika eignen sich sehr gut dafür,starken Erregungszuständen (wie Ängste und Zwänge sie hervorrufen können) entgegen zu wirken.
Quietiapin wird zum Beispiel sehr häufig eingesetzt oder auch Promethazin.
Sind auch beides Antipsychotika.

Unabhängig davon werden manche Medikamente auch im Off-Label-Useverordnet.
Perazin ist auf jeden Fall nebenwirkungsarm,wirkt schon nach ca. 20 Minuten beruhigend (auch das Gedankenrasen/kreisen hört auf) und führt nicht zu einer Abhängigkeit.
Viel mehr kann man von einem Medikament nicht erwarten,mir hat es seinerzeit gut geholfen.

17.03.2022 19:05 • x 1 #13


DavidS
Wow, danke für die vielen Rückmeldungen. Mir geht es inzwischen ein bisschen besser. Die Gedanken sind zwar noch immer sehr intensiv, die Angst hat jedoch abgenommen. Ich nehme seit zwei Wochen Quetiapin und bekomme nun noch ein anderes Medikament dazu (weiß jetzt gerade den Namen nicht).
Tatsächlich gibt es mir ein bisschen Sicherheit zurück, wenn ich lese, dass andere ähnliche Gedanken kennen. Das Thema Kontrolle und Kontrollverlust ist bei mir auf jeden Fall ganz essentiell und taucht mit verschiedenen Gesichtern seit Jahren immer wieder in meinen Ängsten auf. Das mit dem Göttlichen hab ich vielleicht nicht gut genug erklärt. Um moralische Vorstellungen geht es dabei eher weniger. Vielmehr hat auch das mit dem Kontrollaspekt zu tun: etwas nicht gedanklich erfassen zu können, weil es sich uns einfach grundsätzlich entzieht oder unendlich ist und die Angst, das nicht zu ertragen oder dadurch wahnsinnig zu werden.

17.03.2022 22:27 • x 3 #14


M
Darf ich fragen in welche Richtung deine Diagnose geht, wenn ich dir damit nicht zu nahe trete.

17.03.2022 22:43 • #15


DavidS
Ich habe ehrlich gesagt beim Psychiater nicht direkt nach einer Diagnose gefragt, sondern ihm einfach meine Ängste und Gedanken erzählt. Seit Jahren lautet die Diagnose bei mir allerdings Zwangs- und Angststörung. Ich war deswegen auch schon mehrfach in Therapie. Die Diagnose dürfte jetzt die gleiche sein.
Ergänzend zum Thema Medikamente: Ich nehme seit einigen Jahren morgens 60mg Paroxetin. Das soll nun langsam abgesetzt werden und ich bekomme ein anderes Medikament stattdessen (zusätzlich zu Quetiapin eben).

17.03.2022 23:01 • x 1 #16


A


x 4