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W
Hi!

Als neu Dazugekommener in diesem Forum wollte ich mit einer positiven Geschichte starten, da ich mich in so vielen Geschichten hier wiedergespiegelt fühle.

Kurz zu meiner Vorgeschichte, dem einzig negativen hier in diesen Zeilen: Meine Diagnosen von sogenannten Ärzten reichen von Agoraphobie über typisch klinische Depression und Angststörung nach Dro. bishin zu Bipolare Störung.
Ich habe ein gutes Dutzend Kassenärzte und ein halbes Dutzend Präparate durch, die alle (wenn überhaupt) nur kruzzeitig eine mildernde Wirkung hatten: Doxepin, Amitriptylin, sowie 2 Neuroleptika und 2 Antidepressiva, deren Namen ich gerade vergessen habe.

Meine Beschwerden sind noch nicht ganz vorrüber, werden sie vielleicht auch nie, aber inzwischen ist mir das egal - ich lebe mein Leben, mit und ohne Angst, je nachdem wie es kommt. Ich bin so wie ich bin. Und alle, die meinen ich spiele ihnen nur das Leiden Christi vor, was vor allem in den ersten Jahren meines Leidens vorkam, sind mir inzwischen egal.

Ich kann wieder rausgehen, ich kann einkaufen gehen, ich kann sogar ins Freibad und ab und an ins Kino, oder auf eine Party - ich kriege ab und an noch Rückfälle, die ich aber lieber als Ausgleichschwankungen meiner Seele bezeichne.
Ich arbeite hart und weich an mir, da ist es nicht verwunderlich, wenn einen die konditionierten, alten Angst-Gedanken manchmal überfallen.
Ich habe allerdings inzwischen das Glück, Menschen um mich versammelt zu haben (nicht viele, aber dafür gute!), die mich in meinem Leben stützen und schätzen und dich ich im Gegenzug stütze und schätze.

Es war ein langer Weg dorthin, aber ich bin noch hier, immer noch, ich bin nicht umgefallen, und wenn, dann habe ich mich immer weitergschleppt - ich denke, das gilt für fast jeden hier, deswegen: Seid stolz auf euch, ihr seid weitergekommen als die meisten, die diese Ängste niemals aushalten würden, auch wenn sie sie nicht kennen, so wie wir Betroffenen.

Wie gesagt haben mir die ganzen Neuropharmaka mehr geschadet als geholfen, was ich aus einer 2 1/2 jährigen Erfahrung im Dro. mir selbst schon gedacht hatte - aber ich vertraute den Ärzeten damals noch. Es hätte mir klar sein müssen, dass der Satz zu jemandem wie mir, einem Exjunkie gesprochen: Sie können davon nicht abhängig werden. eine glatte Lüge der Halbgötter in Weiss waren.
Meine Fortschritte durch Meditation und eigener Froschung rund um den Angst- und Psycho-Bereich herum gaben mir kleine Fortschritte, manchmal auch größere.

Jedoch, die Ängste blieben, auch wenn sie milder und kleiner wurden. Ab und zu stürmt es noch.
Da ich viel lese, kam ich irgendwann in einem Buch von R.A. Wilson zu dem Satz Gegen Angst und Depressionen hilft Kung-Fu - garantiert! (vielleicht nicht wörtlich genau, aber diese Phrase bleib bei mir hängen.)

Meine Freundin, die mich wie oben schon erwähnt ebenfalls sehr verständnisvoll unterstützt, macht seit einigen Jahren Ving-Tsun (eine weiche Kung-Fu-Variante, die mit verschiedenen Gesundheitslehren verknüpft ist: Tai-Chi, Qi Gong, Nei Gong, I Ging etc.) und meine Neugier rang unter einigen Problemen meine Angst nieder. (Wir trainieren in einer Turnhalle und ich hasse Turnhallen, weil ich mal in einer misshandelt wurde - zu den Details will ich hier vorerst nichts weiter sagen.)

Um es kurz zu machen: Diese Form der Körperertüchtigung, -ordnung und -heilung, denn die Chinesen glauben daran, diese Kampfkunst könne tatsächlich Krankheiten heilen oder zumindest mildern, hatte mich von der ersten Sekunde an gepackt.
Tatsächlich flossen Energien in mir plötzlich los, die lange blockiert waren - was nicht ganz unproblematisch war. Nach dem Training, wurd ich - entgegen meiner sonstigen Art - plötzlich auf der Autofahrt nach Hause aggressiv, was mich natürlich erschreckt hat.

Trotzdem setzte ich meine mir selbst verordnete Behandlung weiter fort, ich versuchte dabei möglichst sanft mit mir umzugehen. Meine Sihe, meine Trainerin und einige andere aus unserem Kurs sind ebenfalls über mich im Bilde, denn ich bin seit meiner ersten Diagnose darum bemüht möglichst offen mit meiner Krankheit umzugehen.

Neben den enstpannenden Atemübungen und dem Aufeinandertreffen der anderen Kursteilnehmer, den ordnenden Bewegnungen, die man erlernt, kam noch etwas anderes hinzu, was lächerlich anklingen mag, aber ich selbst immer in meinen Ängsten übersehen hatte - ich konnte mich nun endlich verteidigen. Wie oft habe ich mich in all den Jahren hilflos, ja unfähig gesehen mich anderen gegenüber zu behaupten.
Das soll natürlich nicht heissen, dass ich mich jetzt unbesiegbar fühle und jeden Abend besoffen durch die Kneipen ziehe, nur um jemand Schwächeren zu finden, dem ich eins draufgeben kann.
Was ich meine ist, ich habe eine neue Form von Selbstbewusstsein an mir entdeckt.
Ich kann etwas, was ich vorher nicht konnte und doch in jedem Kung-Fu-Film immer bewundert habe, ich finde meine Bewegungen inzwischen ästhetisch, ich bin schneller und geschmeidiger geworden. Und ich weiss durch das Ving-Tsun, dass Kraft und Stärke gar nichts bedeuten!
Wie gesagt ist meine Sihe eine Frau und obwohl ich einen Kopf größer bin als sie und wesentlich mehr Muskelmasse besitze, hätte ich nicht den Hauch einer Chance gegen diesen inspirierenden Menschen.

Mein zweites Plus ist dann noch meine sehr begabte Gestalttherapeutin, die meine Kasse natürlich nicht zahlt, die aber besser ist, als jeder verkorkste Kassenmedizinstudent, denen ich mich bisher ausgeliefert hatte - auch wenn ich als Berufsverbotener mit Hartz-IV dann noch mehr rechnen muss im Monat, DAS ist es mir wert.

Der gute Herr Wilson hatte in seinem Buch also tatsächlich recht - ich hatte es kaum glauben wollen, aber es hilft so gut, dass ich (Vorsicht, Paradoxie und Witz in einem! ) beinahe schon Angst bekomme, ich könnte irgendwann vollständig geheilt sein!
Eine unbekannte aber angenehme Angst, die ich bis dato nicht kannte.

Meine große erste Prüfung steht in einigen Tagen an - mit mehreren hundert Menschen über 8 Stunden eine Marathonprüfung zu absolvieren in einer riesigen Turnhalle, um meinen ersten Schülergrad zu erringen.
Ich werde vor Angst und Nervosität viel schwitzen, aber der Vorteil ist, dass man beim Sport ja sowieso schwitzt - gut wenn das ganze Angstgift ausgeschwitzt wird, das weiss ich inzwischen.

Diese Schreibe also als meine erster, kleiner Versuch in diesem Forum etwas bei zu tragen - vielleicht fühlt sich ja der/die eine oder andere ja inspiriert.
Ich wünsche Euch allen ganz viel Kreativität, Kraft und Licht auf euren Wegen.

Namaste!

Der Wanderer

08.09.2012 17:35 • 09.09.2012 #1


4 Antworten ↓


A
Oh hallo
Toll ... Hört ich sehr gut an.
Ich selbst habe unter starken angstzuständen gelitten , vermischt mit Depression und noch einigen anderen Wörtern ... Die ich hier aber nicht so breit treten mag.
Seit ich mich mit quantenheilung, Reiki und Meditation beschäftige, habe ich Fortschritte gemacht seelisch und körperlich, die ich mir, nach immerhin 16 Jahren Krankheit , schon gar nicht mehr so vorgestellt habe. Ich muss dazu sagen, meine Therapie wird auch durch Medikamente und eine tiefenpsychologische Therapie noch begleitet. Und ich habe mit sehr vielen Menschen den Kontakt abgebrochen. Hab zwar jetzt nur noch 3 Freunde, aber das reicht völlig aus.n
Ich hab mich lange nicht über Wochen bzw bald Monate so ausgeglichen gefühlt.

Lieben Gruß von mir und herzlich Willkommen

08.09.2012 20:35 • #2


A


Kung-Fu als Form der Selbsthilfe/-Therapie?

x 3


E
hallo,
dann gleich ein doppeltes Willkommen. Zum Einen hier im Forum, zum
anderen in der Kung-Fu-Familie. Der Schreibweise deiner Wing Tsun-Art nach
gehört ihr auch nicht zur EWTO. Ich selber bin auch seit vielen Jahren dabei,
habe ursprünglich einen anderen Kung-Fu-Stil gelernt und bin nun seit fast
7 Jahren im Avci-WT-Verband, wo ich den 9. Schülergrad habe. Du hast natürlich
völlig Recht damit, was das Körper- und Geist-Gefühl angeht, gegen solche Ängste
wie du sie hast, wird es wohl auch eine ganz große Hilfe sein. Bei mir ist es so, dass
ich noch nie mangelndes Selbstbewußtsein hatte, mich schon immer durchsetzen konnte,
verbal, aber auch sonst, wenn unbedingt nötig. Aber wie du siehst, ist nicht mal das
eine Garantie dafür, um völlig vor Ängsten und Panik verschont zu bleiben. Auch, wenn
sich alle, die mich kennen wundern, wie gerade jemand wie ich an so etwas erkranken
kann. Naja, ich denke einfach viel zuviel, bin nostalgisch und melancholisch veranlagt,
was mir viele schlaflose Nächte eingebracht hat, wodurch meine Ängste entstanden
sind. Gut, richtig Panik kommt bei mir nicht mehr auf, seit ich weiß, dass es sich bei
rasendem Puls nicht um einen beginnenden Herzinfarkt handelt. Und vielleicht liegt
es bei mir auch wirklich an meiner insgesamt mehr als 20jährigen Kampfsport-
und Kampfkunst-Erfahrung, dass ich doch recht gut damit umgehen kann.
Übrigens noch eine Gemeinsamkeit teilen wir: In den frühen 90ern war ich eben-
falls eine ganze Zeit lang in der Dro., lehne auch mit aus diesem Grund
Psychopharmaka ab. Damals bin ich, auch wenn das unglaublich klingt, alleine
und ohne Therapie vom Dro. weggekommen, nach 1,5 Jahren Konsum,
gek. habe ich allerdings noch etliche weitere Jahre. Aber: So wie ich das alles
bewältigt habe, bin ich nunmal überzeugt davon, dass man alles schaffen kann,
asiatische Philosophie und eben Kampfkunst sind ein guter Wegweiser diesbezüglich
In diesem Sinne: Alles Gute, viel Spaß mit der ersten Form und Pak Sao,
später Dan-Chi, bzw. Chi-Sao und Cham-Kiu. Die Schreibweisen sind natürlich
von Verband zu Verband verschieden, sowie auch die Ausführungen voneinander
abweichen können. Habt ihr eigentlich auch Bodenkampf-Techniken in euren
Stil mit aufgenommen?

09.09.2012 09:38 • #3


W
@ Amy: Reiki finde ich auch sehr interessant, die Mutter meiner Freundin macht das und hat mir mal einen fetten Fieberschub beschert während einer schlimmen Grippe - nach diesem letzten Schub klang die Krankheit tatsächlich aus.
Auch hier bin ich wieder mal überrascht, was man mit Körperenergien alles machen kann.

@Eddie: Na, da stehe ich noch ziemlich am Anfang - mache das erst knapp über 1 1/2 Jahre. Soweit ich weiß, haben wir auch Bodentechniken, auch wenn ich so weit noch nicht eingeweiht werde. Ja, Begriffe wie Pak-Sao, Gan-Sao und Fok-Sao sind mir ein Begriff - und mit erste Form denke ich meinst Du das, was bei uns erster Satz genannt wird.
Tatsächlich habe ich die allgemein geläufige Schriftform genommen - statt die aus unserem Verband TCAA (Traditional Chinese Arts Association), ehemals SWCC (Shaolin Wing-Chun Chuan) - dort wird es eben Wing-Chun geschrieben, soweit ich weiß.

Jedenfalls schön hier Gleichgesinnte zu treffen, mit denen man sich nicht nur über Symptomatiken austauschen kann.
Ich denke ebenfalls, dass das Arbeiten mit dem eigenen Körper (Meditation, Yoga, Sport egal in welcher Form, Achtsamkeit etc.) durchaus begünstigend auf die seelische Verfassung wirken KANN. (nicht muss^^)

Interessant ist für mich auch die Synchronizität zu deiner Sucht - ich habe 2 1/2 Jahre auf der Überholspur gelebt, mit diesen ganzen gefährlichen Mischdrogen - daß da Schore drin war, habe ich etwas spät bemerkt - zum Glück nicht zu spät. Habe auch kalt entzogen vor knapp über 10 Jahren, und bis auf eine ambulante Anlaufstelle, die ich einmal die Woche besucht habe auch auf den meisten Kitsch verzichtet, den man mir andrehen wollte.
Nicht, dass es leicht gewesen wäre, aber es hat sich gelohnt.

In diesem Sinne,

Namaste!

Wanderer

09.09.2012 17:00 • #4


A
Ich denke jede Art des in sich gehen innehalten, still sein, fühlen und sich bewusst werden .. Ist wertvoll.
Früher war mir das auch zu doof, aber nachdem ich gemerkt habe, Was man damit bewirken Kann, habe ich mich darauf eingelassen und bin zufrieden.

09.09.2012 20:29 • #5





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Univ.-Prof. Dr. Jürgen Margraf