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S
Hallo zsm,

bin ab morgen in einer psychosomatischen Klinik. Mir graut es schon davor um ehrlich zu sein. Bin schon jetzt total ruhelos und haltlos. Feuchte Hände und eine unterschwelliges Gefühl der Angst steigen in mir hoch.

Ich weiß auch nicht wie ich es ohne meine Freundin aushalten soll, sie gibt mir viel Halt und Struktur im Alltag.

Bei mir ist es auch so, dass wenn es mir nicht gut geht in der Klinik, dass ich am liebsten weg rennen möchte/würde. Und keine Ruhe finde.
Ich weiß nicht wie ich das alles hinbekommen soll.

P.S. Es ist mein erster Aufenthalt in einer psychosomatischen Klinik.
Bisher war ich nur ambulant und in einer Tagesklinik.

Lg

27.11.2016 19:20 • 28.11.2016 #1


6 Antworten ↓


M
Guten Abend @Sheep2016

das war 1998 bei mir genauso und ich wusste nicht ob ich diese Zeit überstehe. Ich kam dann am Vormittag dort an und von da an war bei mir schon alles etwas anders, sogar die Verhaltensweise und meine Gefühle. Ich war damals in einer 12 Schritte Klinik (Rastede) und ich hatte mich auch erst gewundert was dort verlangt wurde. Keine Angst, ist heute nicht mehr so und bei dir wird es bestimmt anders zugehen. Mir selber hat es aber geholfen was da auf mich zu kam und später war ich dankbar dafür gewesen.

Soziopsychosomatische Fachklinik Rastede, gibt es heute (leider) nicht mehr. Zwei Wochen Kontaktsperre, keine Medikamente und kein Rauchen, Alk./Dro. sowieso nicht, kein Fernsehen/Radio/PC, kein Telefon in den ersten zwei Wochen, ich wurde einem Therapeuten zugeteilt und bekam eine Gruppe bestehend aus zirka 10 Personen. Am Morgen in der früh um 06:00 aufstehen und 20 Minuten Meditation, danach 30 Minuten Waldlauf und anschließend 30 Minuten Chi Gong. Duschen und danach Frühstück, gegen 09:00 beginn der Gruppentherapie, gegen 12:30 Mittagessen. Bis 15:00 Pause und danach Sport und Ergotherapie im psychosomatischen Bereich wie.:


Wahrnehmen und Äußern von Gefühlen, Bedürfnissen und Grenzen, Stärkung des emotionalen Ausdrucks und des Selbstwertgefühles, Antiperfektionismustraining, Förderung der Wahrnehmungs,- sozialen und handwerklichen Kompetenzen, Förderung kreativer Ressourcen, Aufbau positiver Aktivitäten, Umlenkung der Gedanken, Erprobung der Belastbarkeit, Umgang mit Schmerzen und körperlichen Handicaps.

18:00 Abendessen, danach bis 21:00 Gruppentreffen wie AA Al-Anon etc. Info.: https://de.wikipedia.org/wiki/Zw%C3%B6l ... e-Programm

Montag bis Samstag, und der Sonntag war der einzige vollkommen freier Tag. Ich war 8 Wochen dort in Reha und habe heute nur gute Erinnerungen! Ich wünsche dir alles gute und du wirst es schaffen!

27.11.2016 20:22 • x 1 #2


A


Ab morgen in psychosomatischer Klinik - habe Angst davor

x 3


E
Hallo Minos,
wärst du so freundlich und kannst die nennenswertesten Aktivitäten kurz näher ausführen?
Es interessiert sicher einige die sowas noch nicht erleben durften.
Danke schön.

27.11.2016 22:33 • #3


F
@minos wow, Rastede klingt super! Warst du dort 1998?

@Sheep2016 ich kann deine Angst voll gut nachvollziehen. Ich war im August 2015 in einer Privatklinik (Schützen in Rheinfelden). Der Tag der Ankunft und die erste Nacht dort waren schwierig für mich. Am liebsten wäre ich geflüchtet. Aber ich hab mir dann gesagt, nein, du kannst nicht ewig vor dir davonlaufen, jetzt bleibst du da, nix is mit Köfferchen wieder packen. Auch später im Verlauf des Aufenthalts gab es immer wieder Momente, wo ich am liebsten mein Köfferchen gepackt hätte. Aber ich tat es nicht, aus obig erwähnten Gründen.

Dann habe ich einen Wochenplan bekommen, wo alle Therapien darin standen. Es gab Pflichtprogramme (2mal die Woche Einzelgespräch, einmal Gruppentherapie (auch so ungefähr 10 Leute), nordic Walking, Körperwahrnehmung) und Therapien, die man sich aussuchen konnte, wie z.B. Yoga, Achtsamkeit, Kunst- oder Musiktherapie, die 5 Tibeter, ein Kurs Psyche und Arbeit und noch weitere. In die Ergo konnte man immer, irgendwas basteln aus Ton oder Tücher bemalen.

In der Klinik gab es keine feste Aufstehzeit (in anderen schon, da ist dann Morgenrunde, wo alle Informationen des Tages verklickert werden). Verboten war Alk. und alle Dro., auch Autofahren (Versicherungstechnisch wegen der Medikamente). Es hatte einen Aufenthaltsraum mit einer kleinen Küche, einem grossen Tisch, Sofa und Fernseher. Ausgehen durfte man bis 22:00 Uhr, musste sich aber vorher bei der Pflege abmelden. Essen gab es immer zur selben Zeit im Essraum. Wenn es einem aber überhaupt nicht gut ging, konnte man auch im Zimmer essen.

Eine Person der Pflege wurde einem als Bezugsperson zugeteilt. Diese kümmerte sich ein bisschen um mich, zeigte mir alles. Einmal die Woche gab es auch ein Gespräch mit ihr. Die Medikamente wurden bei mir neu eingestellt (einmal die Woche ein Gespräch mit der Psychiaterin).

Es war sehr intensiv. Mit den Mitpatienten hatte ich ein gutes Verhältnis. Es tat soooooooo gut mal einfach so zu sein wie man sich grad fühlt und sich nicht verstecken zu müssen, es tat gut, dass mich jemand verstand und ich mich weder rechtfertigen noch erklären musste.

27.11.2016 23:20 • #4


M
Guten Morgen @Ex-Mitglied

für mich war das die Gruppentherapie in der auch noch die Familienaufstellung praktiziert wurde, heute aus Kostengründen von den Kassen komplett heraus genommen, man setzt da wohl mehr auf Medikamente in Zusammenhang/Kombination mit Therapie. Für mich war es auch sehr lehrreich mal zu erkennen sich nur auf seine Therapie zu konzentrieren und nicht abgelenkt durch Fernsehen/Radio/Handy/PC, auch dass Rauchverbot war hilfreich wenn auch sehr schwer, keiner sollte sich hinstellen und seine Probleme weg rauchen. Was komisch (am Anfang) drüber kam war die Tatsache das man gebeten wurde zu denunzieren, also einen Verstoß zu melden um der Betroffene Person zu helfen. Wer beim Rauchen/Trinken von Alk. oder am Handy erwischt wurde musste sich der Gruppe gegenüber verantworten und erklären. Ich selber kam nicht so damit klar und habe mich da zurück gehalten mit.

Dennoch bin ich überzeugt das man einem Alk. mehr damit helfen kann indem man ihn nach einer Verfehlung meldet anstatt einfach weg zu schauen und machen lässt. Ebenso lässt sich dies auf das Rauchen und anderes übertragen, jedem war damals bekannt dass es diese Verbote gibt und jeder der in Rastede therapiert werden wollte hat dies zu Beginn akzeptiert. Hinterher konnte man in den Wald gehen und heimlich Rauchen, was ich auch tat, wischte mir danach mit Brillenputztüchern die Hände sauber und putzte mir die Zähne. Eigene Gefahr die jeder für sich bewerten musste, beim Rauchen erwischt hätte ich einen Tag die Cafeteria machen müssen. Aber später hatte ich kaum noch Zeit für das Rauchen.

Der Zusammenhalt in den Gruppen war ausgesprochen gut, jeder hat sich um den anderen gekümmert und keiner war alleine. Man konnte auch in der Nacht zu Merle gehen, die saß jede Nacht im Schwesternzimmer und passte auf. Tagsüber war immer jemand da wenn es einem schlecht ging, außerdem hatte man sein Programm und war nie alleine. Die Ärzte und Therapeuten waren damals auch echt klasse und jeder war per Du. Innerhalb der Gruppe gab es regelmäßig auch Einzeltherapie sogar mit dem Chefarzt Fide.

Alles in allem waren wir eine große Familie, sogar Geburtstage wurden gefeiert. Und am Ende die Verabschiedung war sehr Zeremoniell...

28.11.2016 09:28 • #5


M
Hallo @Freisein

Ja ich war 1998 für 8 Wochen Reha dort. Gibt es aber nicht mehr und die es aufgezogen haben betreiben heute eine Privatklinik, weil man zu viel Streichung und Einmischung durch gesetzlichen Krankenkassen nicht aufhalten konnte.

http://www.privatklinik-zwischenahn.de/ ... ikleitung/

Das waren/sind die beiden denen ich ganz viel zu verdanken hatte, und meinem Arzt Christoph Meyer der leider um 1999/2000 an einem Hirntumor verstarb. Nur noch ganz wenige 12 Schritte Kliniken in Deutschland so wie das Bad Herrenalber Modell von Dr. Walther H. Lechler, meist private Träger und nicht leicht dort einen Therapieplatz zu ergattern und/oder zu behalten, weil man sich da wirklich um 360 Grad bewegen muss.

28.11.2016 12:35 • #6


petrus57
Zitat von minos:
Was komisch (am Anfang) drüber kam war die Tatsache das man gebeten wurde zu denunzieren, also einen Verstoß zu melden um der Betroffene Person zu helfen. Wer beim Rauchen/Trinken von Alk. oder am Handy erwischt wurde musste sich der Gruppe gegenüber verantworten und erklären.



Erinnert ich irgendwie an die chinesische Kulturrevolution. Damit meine ich jetzt aber das Denunzieren.

28.11.2016 12:48 • #7





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