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Lese hier öfter mal das einige Zwangsgedanken haben nach dem Motto: wenn ich X tue oder nicht tue passiert etwas. Kann man sich da nicht irgendwie selbst überlisten und sich das Gegenteil einreden?

Bin selber nicht davon betroffen aber würde mich mal interessieren, ob das funktionieren kann.

Also wenn ich mir denke: Ich darf jetzt keine Schokolade essen sonst passiert was Schlimmes könnte ich doch versuchen mir selbst zu sagen: Moment, vielleicht ist es genau andersrum, was wenn gerade etwas passiert, wenn ich jetzt nicht die Schokolade esse? Und mir das so lange einreden bis mich das (auch) überzeugt, so dass ich sozusagen keine Wahl habe und bei beiden Varianten was passieren könnte und ich wieder frei entscheiden kann was ich tue ohne die Zwänge?

31.01.2018 20:55 • 01.02.2018 #1


8 Antworten ↓


kalina
Das Problem ist eher, was steckt hinter den Zwangsgedanken.

Da steckt ja oft eine sehr tief verwurzelte Angst und Unsicherheit dahinter, die man nicht mit Vernunft wegdiskutieren kann. Der Zwangsgedanke hat dann mehr eine Funktion, soll Sicherheit herstellen, wo keine ist. Wirkliche Sicherheit wird damit sowieso nicht hergestellt, weil das ein Fass ohne Boden ist.

Und wenn ein Zwangsgedanke erfolgreich bekämpft wurde, dann sucht sich die Angst und Unsicherheit einfach einen anderen Zwangsgedanken. Die zugrundeliegende Angst muss angegangen werden, und das ist alles andere als leicht.

31.01.2018 21:11 • x 2 #2


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Frage zum Thema Zwangsgedanken

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@kalina, ja stimmt meist wissen die Leute wohl auch, dass es irrationale Gedanken sind, oder?

Wobei ich dachte vielleicht kann man dieses Gefühl ich muss was tun, damit ich Sicherheit oder Kontrolle hab damit austricksen, dass man sich versucht das Gegenteil von dem einzureden, was einem der Zwang normalerweise vorgibt um zumindest temporär wieder handlungsfähig sein zu können und sich auf Dauer damit vielleicht zu beweisen, dass man seine Gedanken beliebig verändern kann ohne die Außenwelt dadurch zu verändern.

Man erlebt ja auch oft im Alltag, dass die Dinge ganz anders kommen als man meint und das ein bestimmtes Tun oder auch ein Nichttun auf ganz verworrene Art und Weise seine Konsequenzen zeigt, so dass man letztlich egal was man macht nie genau weiß wofür es gut ist oder was am Ende dabei rauskommen könnte. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf wird ja die vermeintliche Sicherheit die der Zwang erzeugen soll, in Frage gestellt, oder? Das allein ist natürlich nicht die Lösung aber ich dachte mir vielleicht kann es helfen bestimmte Muster ein wenig aufzubrechen und auf wackligere Füße zu stellen.

Die Angst, dass etwas passieren könnte, kann man so natürlich nicht wegbekommen, aber vielleicht ein wenig das Gefühl, dass man darauf besonderen Einfluss hätte.

Sind aber wie gesagt nur sehr unsortierte Gedanken von mir.

31.01.2018 21:37 • #3


kalina
Ich glaub man kann das schon versuchen, aber ob es funktioniert, ich weiß es nicht.

Die meisten wissen schon, dass es irrational ist, aber Hauptsache es beruhigt auf irgendeine Weise. Ist halt ein Versuch, Kontrolle über Situationen zu bekommen, die Angst machen. Das Gefühl des Kontrollverlust ist für viele Menschen beängstigend.

Man muss einsehen, dass es letztendlich keine Kontrolle über das Leben und unvorhersehbare Ereignisse oder Krankheit oder Tod gibt.

Aber ich glaube, bei Ängstlern oder Zwänglern sitzt diese Angst teilweise viel tiefer als eine allgemeine Angst vor dem Tod oder so. Das sind oft Ängste, die in der frühen Kindheit entstanden sind, die früher vielleicht berechtigt waren.

Ein Kind benötigt für seine Entwicklung nicht nur Nahrung. Sondern unbedingt auch Zuwendung, Sicherheit und Geborgenheit. Das ist eine sehr wichtige Voraussetzung um sich gesund zu entwickeln. Das alles ist wichtig, lange bevor Vernunft und Verstand entsteht. Wenn es da Defizite gibt oder Störungen in dieser frühkindlichen Entwicklungszeit, dann prägen diese emotionalen Defizite den Menschen. Diese Erinnerungen kann man nicht auslöschen. Auch wenn man vielleicht jahrelang davon nichts gemerkt hat, können diese Störungen jederzeit wieder aktiv werden.

Die Verhaltenstherapie arbeitet ja bei Ängsten und Zwängen damit, dass man, so ähnlich wie Du es vorgeschlagen hast, die Angstgedanken oder Zwangsgedanken aufschreibt und die jeweiligen Gefühle dazu und sich dann versucht alternative Gedanken aufzuschreiben, die Ängste auf ihren Realitätsgehalt zu prüfen. Das ist schon hilfreich. Allerdings muss man das immer und immer wieder wiederholen, eigentlich täglich, damit es was bringt. Und manchmal hilft das trotzdem nicht. Entspannungsübungen sind auch hilfreich.

31.01.2018 23:36 • x 1 #4


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lieben Dank für die ausführliche Erklärung

01.02.2018 15:02 • x 1 #5


kalina
Gern geschehen. Sind aber nur meine Gedanken und Erfahrungen die ich Laufe von Therapie, Gruppentherapie usw. mitbekommen habe. Ohne Garantie

Vielleicht mag noch jemand anderes was dazu schreiben.

Es gibt bestimmt viele Hintergründe für Zwangsgedanken, nicht nur das, was ich geschrieben habe.

Was ich noch erfahren habe: die Übergänge von normalen Zwangsgedanken oder Ritualen (die auch oft Gesunde haben, z. B. in

Krisenzeiten oder in der Pubertät, so ne Art magisches Denken) bis hin zu krankhaften, behandlungsbedürftigen Zwängen sind oft

fließend. Das heißt, bis zu einem gewissen Grad kann das noch normal sein. Nur wenn es extrem wird und der Betroffene sehr darunter

leidet, wird es behandlungsbedürftig. Und Zwangsgedanken sind oft nicht leicht wegzubekommen.

01.02.2018 20:29 • x 1 #6


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Lieben Dank für deine Ergänzung! Ja, einen Teil der Gedanken wie ich guck nochmal schnell, ob das Bügeleisen aus ist oder so hat wahrscheinlich jeder ab und an.

Wo liegt denn eigentlich der Unterschied zwischen Zwang und Angst? Wenn ichs richtig verstehe entstehen Zwangshandlungen oder -gedanken ja auch irgendwie aus einer Angst heraus, oder?

Wenn man sich jetzt also zB dauernd die Hände wäscht, weil man Angst davor hat krank zu werden, ist das dann eine Angststörung oder ein Zwang?

01.02.2018 20:34 • #7


kalina
Ja, soviel ich weiß entstehen Zwänge auch durch Ängste. Aber bestimmt gibt es noch andere Ursachen. So genau weiß ich das auch nicht.

Es gibt ja auch Phobien. Was da jetzt genau der Unterschied zum Zwang ist weiß ich leider auch nicht genau.

Also wenn man sich ständig die Hände wäscht, dann kommt es vielleicht drauf an, warum man das tut. Hat man Angst vor Bakterien, Keimen? Oder was anderes? Sind die Ängste begründet, weil man vielleicht mit Kranken Kontakt hatte oder so? Welche Gedanken hat man dabei?

Was dabei dann genau eine Phobie vor Bakterien ist oder ein Zwang, das kann ich Dir leider auch nicht genau sagen.

Händewaschen wenn man von draußen reinkommt ist okay, normalerweise aber nur kurz und fertig und vor allem ohne weiterhin Angstgedanken zu haben.

Am besten mal einen Therapeuten fragen.

01.02.2018 20:53 • #8


E
Danke das mit dem Händewaschen sollte nur ein Beispiel sein und betrifft mich nicht persönlich.

Hatte mich vorallem gefragt ob man manche Gedanken nicht irgendwie austricksen und überlisten kann, fand aber deine Erklärung, dass man auch die Hintergründe und Ursachen bearbeiten musst, sehr logisch.

Die menschliche Psyche und das menschliche Gehirn sind schon zT erstaunlich komplex und verwirrend.

01.02.2018 21:11 • #9





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