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Hallo ihr Lieben,

Ich bin neu hier. Ich bin irgendwie auf der Suche nach etwas was mich vielleicht noch weiterbringen könnte. Ich habe eine lange Geschichte hinter mir. Ich hoffe, dass mir hier vielleicht jemand einen Tipp geben kann, wie ich aufhören kann, mir selbst im Weg zu stehen.
Ich bin 24 und Jurastudentin. Viele Menschen mögen mich auf Anhieb, ich habe aber inzwischen einen derart dicken Panzer aufgebaut, dass ich inzwischen das Gefühl habe vor Einsamkeit bald einzugehen. Ich erzähle einfach mal wie es mir geht. Das tu ich sonst nicht.
Ich bin seit ich klein war mental ziemlich durch den Fleischwolf gedreht worden. Ich habe als Kind durch meine Mutter extreme Demütigungen erfahren und bin täglich Zuhause gemobbt und auch geschlagen worden.Dazu kamen viele andere Dinge innerhalb der Familie, auf die ich jetzt nicht näher eingehen will.Ich hatte damals aber noch gute Freundinnen und hatte auch noch weniger Probleme mit Menschen. Ich hatte meinen Weg zu entkommen, indem ich immer irgendwo anders war, dort gegessen habe etc.

Ich war in der Schule immer schlecht, im Sport bin ich regelmäßig umgekippt weil ich nie genug zu Essen bekommen habe. Ich konnte mich nicht konzentrieren und bin aufgrund meiner Dummheit auch von anderen Mitschülern fies behandelt worden, von den Lehrern genauso, immer schön vorgeführt worden. Ich habe mich nie richtig gewehrt, weil ich selbst nicht solche Sachen sagen wollte. Mit 13 bin ich dann in der Stadt rumgezogen, habe 19 Jährige Chatfreunde getroffen und andere verrückte Dinge gemacht (ist zum Glück nichts passiert aber ich war sehr naiv). Ich bin sitzengeblieben und meine Freunde und Ich haben und aus den Augen verloren. Ich habe neue Freundinnen gefunden, ich war immer sehr loyal zu Freunden. Und meine Freundin hat mir ein Messer in den Rücken gestochen, in dem sie durch Lügen unsere andere Freundin gegen mich aufgebracht hat. Mir hat noch nie jemand in die Augen gesehen und so dreist über mich gelogen. Ich habe mich bis heute nicht erholt. Ich war dann allein, habe mich an Kerle gewandt.

Ich hatte damals schon mit 16, 17 Maße von 92 58 86 um den Dreh und war ein sehr hübsches Mädchen. Ich habe die Jungs an sich verachtet, brauchte aber jemanden, der mich liebt. Und ich habe oft nicht die Menschen geliebt, sondern wollte sie nur dazu bringen, mich zu lieben. Ich weiß auch nicht. Ich brauchte auch einen Ort an dem ich schlafen konnte. Ich habe jahrelange Beziehungen geführt, sehenden Auges wie mich Männer wie Dreck behandeln und habe mich nicht getrennt. Ich hatte Angst. Vor dem Alleinsein. Alleine würde ich sowieso immer sein. Auch dort, ich habe nie betrogen, war immer liebevoll.
Mein Kopf tickt so anders, als von all den Menschen, die ich getroffen habe. Ich habe mir über jeden Menschen damals schon Gedanken gemacht. Habe ich den alten Mann gerade verletzt, in dem ich nicht gelächelt habe als er mich durch die Tür gelassen hat? Warum ist es nachts so magisch draußen? Was könnte der Grund gewesen sein, warum die Frau an der Kasse heute so ungeduldig war? Ich weiß es ist nicht normal, dass man sich über alles und jeden Gedanken macht , aber so bin ich. Ich ertrage andere Menschen nicht mehr, wegen ihrer Oberflächlichkeit. Ich bin eigentlich ziemlich kaputt. Ich habe das Gefühl, in meinem Kopf so eingesperrt zu sein. Habe auch ein Bild von Liebe, das eigentlich nicht mehr realisierbar ist. Weil ich immer jemanden gesucht habe, der so fühlt wie ich. Der die Bedeutung hinter Worten hört, nicht immer die Schlüsse zieht, die als die einfachsten auf der Hand liegen.

Für die Musik etwas so persönliches ist, weil sie Gefühle ausdrückt, dass man sie nicht mit anderen hören möchte. Ich habe oft darüber nachgedacht, mich umzubringen. Ich habe schlimme Phasen. Ich weiß nicht wann es bei mir so geworden ist. Ich habe eine Maske auf, den ganzen Tag. Ich bin super höflich, immer am Lachen.Dabei will ich nicht umarmt werden, will nicht mehr mit Menschen zutun haben. Von Berührungen kriege ich Ekelgefühle. Manchmal verlasse ich 2, 3 Tage nicht das Haus, weil ich von einer Begegnung mit Menschen so müde bin. Ich schlafe nachts nicht weil ich die ganze Zeit nachdenke über Menschen, dann lieber am Tag, wenn draußen Leute rumlaufen. Ich denke immer wenn ich vielleicht wieder einen solchen Verrat, Demütigung, Verletzung ertragen muss, dann stehe ich das nächste mal nicht wieder auf. Ich war 2 Jahre in Therapie, habe Antidepressiva bekommen. Aber selbst in der Therapie habe ich immer strahlend gelächelt. Ich konnte selbst der Therapeutin nicht vertrauen. Außerdem hatte ich Angst, dass ich die Tür dann nicht mehr schließen kann. Ich bin inzwischen schon leicht paranoid. Ich deute jedes Verhalten von Menschen als potentiell negativ oder habe Angst, dass ich die andere Person irgendwann wieder enttäusche und sie mich verlässt. Gerade bei Männern... ich sehe viele nur noch als triebgesteuert an. Fühle mich in Gegenwart eigentlich immer unwohl.In die Augen sehe ich am liebsten gar nicht. Ich habe das Bedürfnis, mir selbst sofort weh zutun wenn der Druck von außen zu groß wird. Ich reiße mich dann zusammen. Lächel weiter und guck dann flüchtig am Gesicht der Person vorbei.

Ich sehe nur noch Abschaum. Ich ekele mich so extrem vor meiner Umwelt. Ich war als Kind immer extrem aggressiv Zuhause, inzwischen bin ich ruhig. Ich habe irgendwie mein Abitur geschafft und mich ins Jurastudium gemogelt, bin nun im Examen und eine verdammte Streberin, es läuft alles super. Aber mit Menschen werde ich wohl nie können. Ich sagte sie mögen mich auf Anhieb... Ja.. weil ich ihnen immer so schön nützlich bin, weil sie denken wenn ich lächle merke ich nicht, wie man mich ausnutzt. Ich bin 24 und kämpfe schon jetzt jeden Tag mit mir selbst.

Was hilft , die Menschen nicht mehr wegzustoßen? Ungesunde Beziehungen mit Männern habe ich schon seit etwa 4 Jahren nicht mehr, seitdem habe ich mich eben in so ein krasses Gegenteil verwandelt was das betrifft. Lieber gelernt. Irgendwie voran gekommen. Aber dann gehe ich raus und eine blöde Begegnung verdorben mir die nächsten 2 Tage. Echte Freunde habe ich nicht mehr, ich kann ihnen ja nichts anvertrauen. Aber auch liebe Menschen. Meinen Freund. Aber auch er ist im Vergleich zu dem was in meinem Kopf wirklich vorgeht, ein Fremder für mich. Er ist der liebste Mensch den ich je getroffen habe. Aber auch er lebt auf einer anderen Ebene der Wahrnehmung als ich. Er sieht vielleicht nicht einmal ein Drittel von dem , was ich wirklich bin. Und ich merke dass ich mich auch hier und vor neuen Freunden nach und nach mehr einigele. Wie komme ich da wieder raus?

LG chainsmoker92

03.09.2017 01:57 • 04.09.2017 x 1 #1


2 Antworten ↓


Niinii
Hi.. also erstmal finde ich, dass das ein super gut geschriebener Text ist, der einen ziemlich genau verstehen lässt was in dir vor geht. Bei deinen Erlebnissen ist es auch kein Wunder dass du Angst vorm verlassen und verletzt werden hast.
Ich finde mich in vielen, sogar fast allen deiner Punkte wieder und kann sehr gut nachvollziehen warum du so fühlst. Meine Lebensgeschichte ist ähnlich wie deine und ich bin auch unglaublich gut darin meine Therapeutin oder andere Menschen anzulächeln und zu sagen: klar, mir geht's gut. Das hilft dir am Ende ja nur leider nicht weiter. Sogar das sitzen bleiben, Abi irgendwie schaffen und studieren hab ich geschafft. Danach habe ich mich 3 Jahre lang in meine Arbeit gestürzt. 7 Tage die Woche, weil ich mich so auch mit niemandem mehr auseinandersetzen musste. Das ging auf Dauer leider nicht gut und ich hatte irgendwann einen totalen Zusammenbruch.
Ich kann dir leider absolut keine Antwort auf deine Frage geben, aber ich wollte dir sagen, dass es Menschen gibt, die genau so denken wie du!
Ich versuche wieder langsam den Menschen vertrauen zu schenken. Ich glaube auch, dass meine Erwartungen in Menschen oder Freunde niemals so erfüllt werden können wie meine Wunschvorstellung immer war. Je mehr Erwartungen man in Menschen steckt, desto mehr kann man am Ende auch enttäuscht werden. Das habe ich selbst oft genug erlebt. Man gibt alles und erwartet das auch von anderen. Ich denke du solltest als erstes versuchen nicht zu viel zu erwarten. Versuche dich an kleinen Dingen einer Freundschaft oder deiner Beziehung zu erfreuen und den Moment zu genießen.
Nicht alle Menschen sind oberflächlich oder schlecht. Es gibt definitiv ein paar gute.
Auch wenns dir schwer fällt, versuche ehrlich zu sein und auch mit deinen Freunden oder wenn du jemanden kennenlernst darüber zu reden was du fühlst. Nicht sofort alles, aber du wirst schnell merken wer wie reagiert. Ich habe inzwischen viele positive Erfahrungen dadurch gesammelt. Und wer kein Bock darauf hat der passt eh nicht zu mir

Auch ich mache mir viele Gedanken, manchmal ein paar Tage, über andere und ob sich der andere schlecht fühlt weil ich nicht gelächelt habe oder mal die Tür nicht aufgehalten habe, weil ich es einfach zu spät gesehen habe. Dann stelle ich mir die Frage, würde es mir schlecht gehen weil mich jemand nicht angelächelt hat? - eigentlich nicht.
Du bist nur für dich selbst verantwortlich! Das passt zwar auch nicht ganz in meine Ansicht der Welt, aber es ist eine Tatsache.
Wenn du dich nur zurück ziehst kannst du auf jeden Fall keine neuen positiven Erfahrungen machen und das führt wiederum dazu, dass du dich noch mehr zurück ziehst.

03.09.2017 17:47 • x 1 #2


Hotin
Hallo chainsmoker,
Zitat:
Ich bin irgendwie auf der Suche nach etwas was mich vielleicht noch weiterbringen könnte.


Nachdem ich Deinen Text gelesen habe finde ich, es gibt einiges, was Dich deutlich voran
bringen kann. Deine Sensibilität ist da ein großer Vorteil.
Zitat:
Ich hoffe, dass mir hier vielleicht jemand einen Tipp geben kann, wie ich aufhören kann, mir selbst im Weg zu stehen.


Du solltest Dein selbst gebautes Weltbild nach und nach einmal komplett überprüfen.
Ich befürchte, Du hast da einige Ansichten eingebaut, die Dich total blockieren.
Wie offen gegenüber, bist Du anderen Sichtweisen? Wie gehst Du damit um, wenn ich Dir empfehle, in Teilbereichen
anders zu denken und einige alte Ansichten zu verschrotten?
Zitat:
Ich erzähle einfach mal wie es mir geht. Das tu ich sonst nicht.


Hier beginnt es schon. Jeder Mensch spielt zwar eine bestimmte Rolle im Leben. In dieser Rolle fühlt man sich sicher.
Allerdings ist es wichtig, dieses Rollenspiel so oft wie möglich zu verlassen und über sich selbst und seine Gefühle
offen zu reden. Dazu traust Du Dich im Alltag aber nicht.
Dies führt dazu, dass es große Schwierigkeiten in der Kommunikation zwischen Dir und Deinen Mitmenschen gibt.
Du spielst ihnen überwiegend etwas vor. Und sie reagieren und antworten auf das, was Du ihnen vorspielst.
Bis dahin ist das für mich logisch. Dich machen die Antworten aber sehr unzufrieden, weil Du findest, andere müssten
Dich durchschauen, wie Du wirklich hinter Deiner Maske bist. Dies funktioniert aber nicht.
Zitat:
Mein Kopf tickt so anders als von all den Menschen. Ich ertrage andere Menschen nicht mehr, wegen ihrer Oberflächlichkeit.


Was Du beschreibst finde ich völlig normal. Dein Kopf tickt wie meiner und auch wie der von vielen anderen Menschen.
Auch dass Dich die Oberflächlichkeit vieler Menschen stört, verstehe ich. Allerdings ist es wichtig, dass Du das, was Du
für Dich herausgefunden hast, dann auch zu Deinem Vorteil nutzt.
Wenn Du wirklich Menschen so gut einschätzen kannst und zwischen den Zeilen lesen kannst, was andere wirklich wollen,
dann solltest Du gerade häufig Kontakt zu anderen haben. Schließlich bist Du vielen dann überlegen.
Zitat:
Ich denke immer wenn ich vielleicht wieder einen solchen Verrat, Demütigung, Verletzung
ertragen muss, dann stehe ich das nächste Mal nicht wieder auf.


Ob und wie weit es zu Demütigungen und Verletzungen kommen wird, bestimmst Du weitgehend mit. Durch kluges Denken
und Handeln kannst Du Dich davor bestimmt gut schützen.
Zitat:
Was hilft, die Menschen nicht mehr wegzustoßen?


So etwas kannst Du lernen. Es geht darum, herauszufinden, wie wir Menschen miteinander
umgehen, wie wir kommunizieren. Je besser Du verstehst, wie wir das machen, umso weniger wirst Du
andere zurückstoßen.
Lernen und das Gelernte umsetzen kannst Du ja, wie Du schreibst.
Nur ob Du nach einer positiven Veränderung noch so eine verdammte Streberin sein willst,
das bezweifele ich fast.
Hier solltest Du deshalb vorher entscheiden, was Dir lieber ist. Persönliche Zufriedenheit oder hauptsächlich
beruflicher Erfolg.
Falls Du Dich in erster Linie für Zufriedenheit entscheidest, dann lege los.

Viele Grüße

Bernhard

04.09.2017 21:15 • #3





Dr. Reinhard Pichler