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Hi,
wie im Thread von panicchief geht es auch bei mir um Redeangst.

Ich bin 24 Jahre alt und studiere Maschinenbau an einer angesehenen deutschen Fachhochschule.
Ich gehöre dort zu den wenigen Leuten, die es überhaupt bis ins dritte Semester schaffen, ohne Verfehlungen zu haben. Ich hab also bisher alles bestanden, was es zu bestehen galt, aktuell bin ich im 4. Semester.

Auf privater Seite ist ebenfalls alles in bester Ordnung. Ich hab eine tolle Freundin, eine super Wohnung und insgesamt ein Leben, um das mich viele Leute in meinem Alter beneiden würden. Das kommt auch daher, dass mein Vater recht erfolgreich ist und zumindest was das Geld angeht ich keine Sorgen habe.

Zu meinen Charakterzügen:
Ich bin ein offener Mensch, gehe eigentlich direkt auf Leute zu und habe keine Probleme mit Smalltalk. Trotzdem, dass ich - was meine Körperfülle angeht - ziemlich voluminös bin ( ) habe ich einfach kein Problem, mich anderen Leuten zu öffnen und bin für meine Hilfsbereitschaft beliebt. In meinem Studium hab ich daher auch einen ziemlich großen Freundeskreis, ab und zu geht man mal was trinken etc.
Darüber hinaus jedoch bin ich auch ein tiefgründiger Mensch. Ich grüble viel und denke über die wenigen Probleme, die ich habe, sehr viel nach.
Zudem bin ich sehr kritisch mit mir selbst und lege mir selber meine Probleme offen dar:
Ich bin sehr an Materiellem interessiert, nutze das als Erfolgsmesser
Ich MUSS immer besser sein, als Andere. Sei es bei den Noten, oder eben bei irgendwelchen Besitztümern.
Gleichzeitig ist der Erfolg meines Vaters für mich als Einzelkind jedoch auch ein großes Problem. Ich stelle an mich selber extrem hohe Erwartungen. Das kommt eben daher, dass ich schon in jungen Jahren einfach kämpfen musste, um mich gegen andere Leute, die Witze auf meine Kosten machten, zu behaupten.
Denen konnte ich es dann zeigen, wenn ich in einer Arbeit einfach besser war, als sie.
Ich habe also einen Hang zum Perfektionismus, durch den ich mir oft selbst im Weg stehe.


So viel zur Einführung. Ich hoffe das erleichtert es, euch ein Bild von mir zu machen.

Zu meinem Problem:
In der Zeit zwischen der 5. und 7. Klasse auf dem Gymnasium wurde ich mal extrem gehänselt, damals wegen meiner Figur. Bei Mädchen hingegen war ich immer beliebt
In der 7. Klasse ist mir dann am Anfang des Unterrichts dauernd schlecht geworden. Das hörte nicht auf, ich musste ständig den Unterricht verlassen und bin dann nach Hause gefahren. Das führt natürlich zu Problemen in der Schule. Der Hausarzt hat es auf Kreislaufprobleme zurückgeführt, ich hab dann so ein Zeug bekommen, das natürlich nicht angeschlagen hat.
So habe ich also die Zeit von der 7. bis 10. Klasse mit extremen Fehlzeiten doch noch irgendwie rumgekriegt, bis man mich fast von der Schule schmeissen wollte. Mündliche Mitarbeit 6, Schriftlich jedoch immer 1-2. Ich war also eigentlich nie schlecht, ich konnte nur einfach nicht im Unterricht sitzen.
Ich hab dann selber abgebrochen und bin auf ein Berufskolleg gegangen, wo ich ein ganz normales Abitur (eben dreijährig) mit einem LK Maschinenbau machen konnte. Dort auch heftige Fehlzeiten, aber am Ende habe ich ein super Abitur hingelegt.
Probleme mit Vorträgen hatte ich dort eigentlich nicht so, da das meist als Gruppenreferat gemacht wurde.

Während der ganzen Zeit war es aber schon so, dass ich in Situationen ohne subjektiven Ausweg, Panik gekriegt habe. Ein Klassenraum mit 30 Schülern und nur einer Tür ? Geht nicht. Mir wird übel, ich denke, dass ich mich gleich übergeben muss. Irgendwann muss ich einfach raus.
Dann bin ich meist abgehauen, weil rausgehen, wieder reinkommen und irgendwann wieder rausgehen ist ja peinlich.
Gleiches bei Zugfahrten. Ich kann nicht im Zug bleiben, wenn ich weiss, dass ich eigentlich nicht aussteigen kann. Also meinetwegen fährt der Zug in die Stadt, ich muss zum Unterricht, also kann ich ja nicht aussteigen, ohne den Unterricht dadurch zu verpassen.
Dadurch entsteht Druck -- Panik -- Flucht.

Dies setzte sich dann auch in meinem jetzigen Studium fort. Vorlesungen mit 200 Leuten in einem relativ kleinen Raum, nur eine Tür. Effektiv besuche ich 0 Vorlesungen, gehe nur zu den Praktika, weil dort Anwesenheitspflicht besteht und wir eben im Labor auch rumlaufen und uns frei bewegen können.
Trotzdem habe ich diese guten Noten, ich lerne fleissig zuhause und habe ein tierisch schlechtes Gewissen, wenn ich nicht zu Vorlesungen gehe. Dadurch lerne ich noch mehr.
Gleichzeitig ist es aber auch teilweise einfach Unfug, die Vorlesungen zu besuchen. In diesem Semester haben wir ein Fach, das wir erst im nächsten Semester schreiben und andere Fächer, in denen die Vorlesungen einfach mies sind.
Zu meiner FH muss ich entweder 40 Minuten mit dem Zug, oder 25 Minuten mit dem Auto fahren. Wenn ich an einem Tag nur 2 Stunden Vorlesung habe, dann lohnt es sich also einfach nicht, überhaupt loszufahren.

Letztes Semester kam noch ein neuer Kurs hinzu: Kommunikationstraining. Großartig. Den Kurs brauche ich in dem neuen Bachelorsystem zudem, um mein Studium überhaupt abschließen zu können. Die Prüfung in dem Fach ist ein Abschlussreferat von 15 Minuten.

Inhalt des Kurses war es also, Vorträge zu halten. Klingt nach dem perfekten Kurs für mich. Anfangs bin ich mit Begeisterung hingegangen, weil ich dachte, dass mir das mit Sicherheit bei meiner Angst hilft. Die ersten beiden Male hat das geklappt. Da mussten wir uns nur vor dem Kurs vorstellen, beim zweiten Termin ein 3-Minuten Referat halten, was ich mit Ach und Krach über die Bühne gebracht habe.

Beim dritten Termin war es ein fünfminütiges Referat. Ich konnte Tage davor nicht mehr schlafen, habe Schweißausbrüche gekriegt. Als ich dann letztendlich vorne stand bin ich fast ohnmächtig geworden. Kein Scherz, ich dachte, ich kippe jeden Moment um. Meine Zunge war so trocken, dass ich überhaupt kein Gefühl mehr darin hatte und kaum richtig Reden konnte.

Danach hab ich das Gespräch mit meiner Professorin gesucht, die mir zur Wiederholung des Kurses im 5. Semester und der zwischenzeitlichen Therapie bei einem Facharzt riet.
Damit habe ich sofort begonnen, bin nun bei einem recht guten Psychotherapeuten in Behandlung. Ich übe mich also im Autogenen Training. Zusätzlich habe ich Frisium bekommen, das sind Beruhigungsmittel, die nicht den Nebeneffekt haben, dass man völlig Matsche in der Birne wird, sondern noch klar denken kann.

Heute war ein Gruppenreferat angesagt... Ich habe vorher Frisium genommen, war trotzdem so nervös wie eh und je. Meine Zunge taub... Gott sei Dank musste ich während des Gruppenreferates nicht viel sagen.

Trotzdem fühle ich mich jetzt gelinde gesagt besch... ich dachte, das Medikament und das Autogene Training würden mir sehr gut helfen. Anscheinend ist jedoch der Effekt gleich Null.

Ich weiss, dass ich dem Autogenen Training Zeit geben muss und es auch ständig üben muss. Geschockt hat mich jedoch, dass das Medikament einfach nicht hilft.


Nun sehe ich natürlich alles zerbrechen. Mein Studium könnte an einem lächerlichen Referat scheitern, für das ich im Endeffekt 3 Punkte bekomme. Für ein Semester braucht man 30 Punkte.
Den Kurs irgendwie zu umgehen habe ich versucht, der Prüfungsausschuss hat aber erstmal darauf bestanden, dass ich mich der Situation wie jeder andere Student auch stelle.


Ich kann also effektiv schonmal nicht in Vorlesungen sitzen. Mir wird schlecht, ich kann mich dann natürlich nicht auf die Vorlesung konzentrieren. Das Ganze steigert sich bis zum Siedepunkt. Entweder ist es dann schlagartig in Ordnung (hört sich doof an, aber ich muss dann einfach rülpsen und die Anspannung aus dem Bauch weicht... dann ist alles OK. Bis dahin leide ich aber Höllenqualen), oder ich muss die Flucht ergreifen. Über die Jahre hat sich da einfach eine Vermeidungshaltung eingestellt und ich geh schlicht und ergreifend gar nicht erst hin.
Eine Steigerung davon stellt die Vortragssituation dar, in der ich regelrechte Panik bekomme.

Ich möchte hier einfach in Erfahrung bringen, ob andere Leute auch solche Probleme haben.. vielleicht hat ja der ein oder andere Tipps, wie man sowas bewältigen kann.

17.06.2009 15:31 • 30.12.2010 #1


8 Antworten ↓


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Anscheinend kann ich meinen Beitrag nicht editieren, daher noch dieser Einschub:

Vor schriftlichen Prüfungen habe ich keine Angst. Es ist eher Anspannung, die ich dann in positivem Sinne nutzen kann.
Ich habe also eigentlich keine Versagensangst, es ist eher eine Angst, in einer Situation zu sein, in der es keinen Ausweg gibt.

Während einer Vorlesung dauernd rauszurennen ist so eine Sache. Bei einem Vortrag kann ich aber wohl kaum sagen Sorry, ich muss ma kurz um die Ecke... gleich wieder da.

17.06.2009 15:34 • #2


A


Soziale Angst, Panik bei Vorträgen

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Sorry, noch ein Einschub...

Ich sprach das Frisium an. Einige Leute behaupten ja, dass sowas stark Suchtgefährdend ist.

Ich rühre das Zeug nur an, wenn ich wirklich in Stresssituationen komme. Ich hab vor 2 Monaten eine Packung mit 10 Tabletten á 10mg gekriegt, ich hab heute noch 3 1/2 über.
Ich gehe insgesamt mit Medikamenten sparsam um, sei es Antibiotika oder Schmerztabletten.
Ich bin körperlich völlig gesund, bis auf mein Übergewicht. Ich seh aber auch nicht aus, wie eine Qualle, sondern einfach wie einer, der das Essen genießt.

Jeder dicke Mensch, der mir sagt, er fühle sich pudelwohl, der lügt aus meiner Sicht. Pudelwohl fühlt man sich damit nie.
Ich hab mir jedoch ein gewisses Selbstbewusstsein aufgebaut und scheue mich keinesfalls wegen meiner Figur, vor Leute zu treten. Die haben mich so zu akzeptieren, wie ich bin.

Ich habe übrigens das Problem auch nicht im Restaurant oder so. Ich hab auch schon Silvester vorm Brandenburger Tor gestanden, mit einer Million Menschen. Es ist nicht die reine Angst vor Menschen, sondern eher die Angst davor, im Mittelpunkt zu stehen.

Alle anderen Bereiche meines Lebens kriege ich prima gemeistert. Wo mich meine Angst einschränkt ist eben das Besuchen von Vorlesungen und das Halten von Vorträgen.

17.06.2009 16:04 • #3


L
Hallo ,
ich könnte deinen text fast eins zu eins übernehmen, wenn ich meine situation und meinen charakter beschreiben würde.

ich habe exakt das gleiche problem wie du!
ich bin so ein offener und fröhlicher mensch und gehe gern auf menschen zu, aber ich kann einfach keine vorträge halten (nichtmal gruppenreferate!)

ich bin 25 jahre alt und studiere auch!
habe finanziell keine probleme, eine super familie, alles bestens, nur dieses eine problem macht mir das leben zur hölle:(

ich hab wirklich schon überlegt mein studium zu schmeissen...

würde mich sehr freuen, mich weiterhin mit dir zu unterhalten, da ich auch nicht mehr weiter weiß!

evtl findet sich ja eine selbsthilfegruppe in der man diese situationen üben kann und dieses somit positiv verankert im kopf!

iebe grüße
eve

25.07.2009 18:19 • #4


P
Willkommen hier!

Für mich wirkt es so, als sei deine Angst vor Vorträgen ganz eng mit der Platzangst verbunden. Denn du sagst ja, dass du in Räumen, wo du dich frei bewegen kannst, dich wohl fühlst, aber in einem Raum mit nur einer Tür oder in Zügen geht es gar nicht.
Daran solltest du arbeiten, denk ich.
Also bewusst Zug fahren, bewusst Aufzug fahren, bewusst Orte aufsuchen, die du normal meiden würdest.

Das autogene Training muss man echt sehr genau nehmen und auch viel üben, mein Therapeut meinte zu mir, mindestens zweimal am Tag zwei Monate lang, dann hat man eine gute Basis, aber das ist noch lange kein Garant, dass es immer hilft. Wie lange übst du denn schon?

Ich denke, dass du immer noch an den Vorträgen scheiterst, ist die Tatsache, dass du es nie geschafft hast, dich deiner Angst zu stellen und ein Erfolgserlebnis damit zu verknüpfen.
Okay, du hast Tabletten und das mentale Training -das sind zwei Krücken, aber du zweifelst immer noch an dir selber, und daher schaffst du es auch nicht.

Ich litt auch an Panikattacken, allerdings kamen sie bei mir immer, mehrmals am Tag, immer, wenn ich Angst hatte oder negative Gedanken hatte, nicht bloß in bestimmten Situationen. Und ich hatte oft negative Gedanken, denn ich war 3 Monate vorm Abi und mein Papa war plötzlich verstorben. Ich war also echt am Ende.
Hatte auch vom Arzt Beruhigungstabletten fürd en Notfall bekommen und mentales Training gemacht -half Beides nichts. Die Tabletten eh nicht, die hab ich zweimal genommen und danach nie wieder, da wurde ich davon total emotionslos, da war es mir dann lieber, Todesängste auszustehen, als einfach gar nichts zu fühlen.

Und das mentale Training hatte ich noch nicht lange genug geübt, um gut darin zu sein. Das Einzige, was mir half, war, vor jeder Angstsituation (Referat, Vortrag, normale letzte Abschlussprüfung, Abiprüfung, etc.), einmal tief durchzuatmen draußen, bis 10 zu zählen, mir zu sagen, dass das jeder Depp schafft, also ich auch -und reingehen und es durchziehen, egal, wie viel Angstschweiß und Herzrasen und Panikattacken ich dabei hatte.
Ich hab mich dabei nie wohl gefühlt, es war die Hölle, ich hatte echt Todesängste, dachte, ich krepier vor der Klasse, so schlecht ging es mir.
Ich hatte Herzrasen, bekam keine Luft, meine Stimme versagte, der Schweiß tropfte mir quasi von der Stirn -mir gings hundeelend dabei.
Aber ich habs einmal gepackt, mit nem 20-Minuten-Referat.
Danach die ganzen 8 Nicht-Abi-Prüfungen Prüfungen durchgezogen, teilweise während dem Abi 6 Stunden lang diese Todesängste ausgestanden.
Und dann am Ende eine 60-Minuten-Präsentation vom Feinsten gehalten und 1,0 drauf bekommen.

Diese immer wiederholten Erfolgserlebnisse, also, dass ich trotzdem es mir schei. geht das einfach durchgezogen hab, das hat mir am Ende geholfen.
Nicht die Tabletten und auch nicht das Training.
Sondern die Erkenntnis, dass es geht, obwohl es mir schei. dabei geht.
Die Gewissheit, dass ich es trotzdem durchziehen kann, immer und immer wieder, egal, wie es mir dabei geht.
Wohl auch, weil ich mir gesagt hab: Es GIBT keine zweite Chance, das ist das ABI, da MUSS ich durch!

Meine Angst war riesengroß, aber meine Motivation war größer.
Und am Ende hab ich das Abi trotz Panikattacken und Papas Tod mit 2,2 bestanden.
Man kann es schaffen. Aber Tabletten und Entspannung hilft dir Alles nichts, solange du nicht selber weißt, dass du es kannst.
Und das kannst du nur kapieren, indem du dich durchbeißt, indem du eben nicht, wie du es immer gemacht hast, vor Situationen fliehst, die dir unangenehm sind, sondern nur, indem du die Pobacken zusammen kneifst und es einfach mal durchziehst
Und danach wieder und wieder und immer wieder, bis du die alten Verhaltensweisen, die du antrainiert hast, mit der Flucht, durchbrechen kannst und dein Körper versteht, dass nichts passiert, auch, wenn er panische Angst hat.

Denn das Einzige, was zwischen dir und dem Erfolg steht, ist deine Angst.
Und der Weg aus der Angst führt immer durch die Angst -es geht nicht anders.
Du kannst dir die Angst auch als Bild vorstellen, hat mir geholfen.
Zum Beispiel als dunklen Nebel, durch den du rennen musst, um ans Licht zu kommen.
Bei mir war die Angst immer ein Monster, das aber nie was Böses wollte, sondern bloß irgendeine Message aus dem Unterbewusstsein bringen wollte. Ein Bote also nur, nix Böses.
Ein User hier nennt seine Angst Fritz -egal was, Hauptsache, man nimmt sie nicht mehr ganz so ernst, wie du es tust.

Man muss sie so oft es geht durchstehen, man darf nicht mehr vor ihr davon laufen, man muss sich durchbeißen. Und dann kapiert man, dass die angst einem nix anhaben kann und man es trotzdem schaffen kann.
Und dann ist man gesund

Alles Gute,
Pilongo

25.07.2009 19:38 • #5


E
Hier nochmal ein Update von mir.

Leider hat sich nicht viel verändert. Aufgrund von Streß im Studium bin ich bisher nicht dazu gekommen, mich meinen Ängsten großartig zu stellen.
Immer, wenn sich die Möglichkeit bot, zumindest meine Platzangst auf die Probe zu stellen, habe ich sie genutzt. Letztes Wochenende zum Beispiel während einer Taufe.
Ich habe festgestellt, dass es mit Benzos (Alprazolam) und Betablockern (Metoprolol 50mg) recht gut auszuhalten ist.

In Redesituationen (Sei es auch nur, dass ich mich kurz vor einer Gruppe vorstelle) explodiert mein Herz jedoch nach wie vor regelrecht, wenn ich nichts genommen habe. Ich merke einfach, dass sich das Problem mit der Angst vorm Reden vor Leuten eher ausweitet, natürlich auch dadurch, dass ich diese Situationen bisher meide.

Nun will ich diesen Mist endlich richtig angehen, ab dem 1. Dezember habe ich genügend Zeit dazu.
Ich möchte Coachings machen und einfach oft in Redesituationen kommen. Dabei will ich aber vom Kleinen zum Großen kommen, also erst am Ende eines Seminares einen richtigen Vortrag halten.
Ich habe einfach die Befürchtung, dass sich meine Angst beim Versagen in einem richtigen Vortrag, bei dem ich ohne Vorlauf ins kalte Wasser springe, noch weiter vertieft.

Wonach suche ich da (z.B.) bei Google am besten ? Könnt ihr mir noch nützliche Tipps geben, ob es vielleicht Clubs von Leuten mit ähnlichen Problemen gibt ? Sowas wie eine Selbsthilfegruppe vielleicht.

Wer kann mir dazu Tipps geben?

09.11.2010 19:05 • #6


N
Hallo estikei und alle anderen Mitleser.

Auch ich kann mich absolut in Deinen Aussagen wiederfinden.
Ich möchte mich an diesen Beitrag anhängen, da Du anscheinend die gleichen Probleme siehst (hast), wie ich.

Die Lernzeit habe ich schon ne ganze Weile hinter mir. Ich bin 35 Jahre, lebe in einer glücklichen Beziehung, bin finanziell abgesichert und habe einen guten Job. Ich besitze nahezug grenzenlose Freiheiten bei meiner Arbeit und ebenso bei meiner Anwesenheit in der Firma.
Hört sich toll an, was?

Genau die Ängste, die Du beschreibst habe ich auch.
Redeangst, Mund wird trocken, Herz gallopiert, Hirn leer.
Auch ich hatte einen riesen Freundeskreis und immer Kontakt zu sehr vielen Menschen
und bin beliebt. (Ich schrieb hatte, da ich, je älter ich werde, immer mehr selektiere - alleine schon wegen der zur Verfügung stehenden Zeit).

Bis heute habe ich diese Ängste nicht überwunden. Ich habe schon Vorträge im Hotel gehalten, habe jahrelang Schlungen(! - das muss man sich mal vorstellen) gehalten, Kundengespräche, Meetings und weiß der Teufel wie viele Situationen und Prüfungen hinter mir.

Trotzdem ist das Problem immer noch existent. Meinen Ängsten habe ich mich ständig gestellt - je mehr Angst ich hatte, desto mehr habe ich mir gesagt: Da musst du durch ... und dann bin ich durch.

Gebracht hat es aber nichts. Für mich liegt die Ursache darin, dass ich keine Lust auf Meetings habe, dass ich keine Lust auf (das geben von) Schulungen habe, dass ich keine Lust auf Vorstellungsrunden habe und keine Lust darauf habe, im Mittelpunkt zu stehen.

Ich stelle mir also die Frage: Ist es ein Defizit, dass ich keine Lust darauf habe, dass mir mist bei Meetings auf die Nerven geht oder dass ich bestimmte Dinge nicht kann und nicht mag? Was ist mit den Menschen, die übertriebene und nicht zu erfüllende Erwarungshaltungen stellen und was ist mit den vielen Empathie-unfähigen Menschen? Müssten nicht die in eine Therapie oder etwas an ihren Verhaltensmustern ändern.

Bevor ich jetzt aber eine Grundsatzdiskussion beginne - wieder zurück zum Thema.

Estikei - möchtest Du denn gerne Vorträge halten können oder ist Dein Primärziel das bestehen des Studiums?

Eine elementare Frage, die sich mir nämlich stellt, ist:
Welche Methoden gibt es, eine Angst vor etwas zu überwinden, auf das meine Keine Lust hat.

Noch ein Beispiel: Ich leide unter Höhenangst und habe eine Antipathie gegen Achterbahnen. Vor ein paar Jahren war ich mit Freunden im Europa-Park und habe mich spontan entschlossen, mich meiner Angst zu stellen und bin 3 Achterbahnen hintereinander gefahren. Resultat: Nix - genau - nämlich nichts hat es mir gebracht. Mir macht es nach wie vor keinen Spaß und ja, ich könnte es - aber nein: Ich will es nicht.

Estikei - kennst du das / kenn ihr das? Schonmal versucht?

Das Ganze ist aber irgendwie frustrierend: Du hast das Erfolgserlebnis - du stellst Dich deinen Ängsten (regelmäßig) und du magst und willst es trotzdem nicht.

Entschuldigt bitte nochmal, dass ich mich hier dranhänge - ein eigener Thread wäre aber meines Erachtens nicht sinnvoll gewesen, da meine Probleme sehr gut hier rein passen.

Vielleicht kann man sich darüber ja ein wenig austauschen - gerade über Ideen zu Methoden.

Grüße
nonick

21.11.2010 12:00 • #7


E
Hi,

interessanter Beitrag, nonick.

Deine primäre Frage war ja, ob ich überhaupt Lust darauf habe, zu reden.

Die Antwort lautet: JA. Ich hab richtig Lust, gute Vorträge zu halten und möchte meine Zuhörer begeistern. Aus der Vergangenheit weiß ich, dass ich gute Vorträge halten und mich im Gespräch auch sehr gut ausdrücken kann.
Ich bewege mich da auf einem Territorium, das mir gehört. In jeder Runde bin ich eigentlich der, der sich am eloquentesten ausdrücken kann und auch den seriösesten Eindruck macht.

Ich möchte wirklich Vorträge halten, ich kann aber irgendwie nicht. Es fühlt sich für mich nahezu an, wie eine Behinderung. Man nimmt mir etwas, das ich gerne tun würde.

Zudem stellt sich für mich das Problem: Wie kann ich üben ?

Ich kann hier schlecht jeden Tag 5 oder 6 Leute zusammentrommeln, die mir zuhören. Ich bin auch sonst recht viel allein, wenn ich den ganzen Tag für irgendwelche Klausuren lerne (das geht ja in Klausurphasen 6 und mehr Wochen so). Da trifft man eben keine Freunde, trinkt kein Bierchen, geht auch nicht feiern.

Also: wie kann ich gezielt üben ? Mich vor eine Kamera stellen und den Vortrag halten, mich gezielt unter Menschen begeben und genau in die Situationen bringen, die ich hasse (z.B. voller Bus... voller Saal).
Ich hab's schon zu einem Kollegen hier geschrieben. Eine einfache Möglichkeit, soziale Ängste wie Raumängste zu trainieren ist, sich in eine Kirche zu begeben. In einem Dom werden jeden Tag Messen abgehalten, die voll mit Rentnern besetzt sind. Dort kann man den Schwierigkeitsgrad beliebig erhöhen.

Ich kann nur nicht gezielt an meinem eigentlichen Problem arbeiten: der Redeangst. Ich weiß, dass ich hier irgendwelche Tabletten habe, die mich beruhigen werden. Ich weiß, dass ich mich gut ausdrücken kann und ich weiß, wie ich auf andere Menschen wirke (nämlich seriös und sympathisch).

Ich habe aber keinerlei Anhaltspunkte, mein Können zu überprüfen. Ich hab nicht - wie bei Klausuren - eine Musterklausur mit Musterlösung.

Ich kann die Situation selber schlecht nachstellen, das ist auch ein großer Teil des Problems. Ich gebe in dieser Situation komplett die Führung ab, weil ich mich in etwas hineinbegebe, was ich vorher noch nicht durchspielen konnte. Das, obwohl ich sonst immer alle Fäden in der Hand habe.

30.12.2010 10:11 • #8


E
Mich wundert es einfach nur.. ich kann mit fremden Menschen sofort ins Gespräch kommen, habe mit sowas eigentlich überhaupt kein Problem. Erst gestern bin ich draussen meinem Hobby nachgegangen und wurde dabei angequatscht.. Dabei kam eine halbstündige Unterhaltung heraus, wunderbar !

Ich habe eine Blockade, die sich Angst vor der Angst nennt. Ja, mir ist es mal passiert, dass ich keine Luft gekriegt habe und fast umgekippt bin. Aber auch diesen Vortrag habe ich aber beendet, nur richtig unangenehm. Ich hab auch früher schon immer Schiss davor gehabt, was in der Klasse zu sagen, oder einen Text vorzulesen.
Seitdem habe ich Panik vor diesen Situationen und vermeide sie. Bestandteil des Problems ist aber eben auch, dass ich keine Zwischenstufe finde. Es gibt nur entweder Vermeiden oder Durch.

Ich finde einfach keine Möglichkeit, eine Zwischenstufe zu trainieren. Kann mir dabei vielleicht wer Tipps geben ?

30.12.2010 10:18 • #9





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Dr. Reinhard Pichler