Sie sahen Daten, denen zufolge Patienten, die mit Neuroleptika behandelt worden waren, häufiger wegen Rückfällen wieder ins Krankenhaus mussten. Mit anderen Worten: Die Dauermedikation erschwert offenbar die Genesung.
Das gleiche Bild ergab sich, als Forscher verglichen, wie Menschen mit Schizophrenie in armen und reichen Ländern behandelt werden. In den USA und sechs anderen Industriestaaten erhielten 61 Prozent von ihnen Neuroleptika. In Indien, Kolumbien und Nigeria waren es nur 16 Prozent. Dennoch - oder gerade deshalb - verlief die Krankheit bei den Patienten aus den armen Ländern deutlich glimpflicher.
Die US-amerikanische Psychiaterin Nancy Andreasen wiederum hat das Gehirn von mehr als 200 Schizophreniepatienten im Kernspintomografen untersucht - und stellte fest,
das deren Gehirn geschrumpft war. Dabei galt: Je mehr Medikamente sie genommen hatten, desto schlimmer der Schwund. Im vergangenen Jahr bestätigte eine Studie mit 965 schizophrenen Menschen das Ergebnis. Die Autoren konstatieren: Patienten, die Medikamente bekamen, hatten häufiger strukturelle Anomalien in bestimmten Gehirnregionen.
Dieser Verlust von Nervengewebe scheint die Kognition der Betroffenen einzuschränken. Sie werden also nachweislich dümmer, und ihre schizophrenen Anwandlungen werden sie nicht los. Ist es da in bestimmten Fällen nicht besser, auf die Medikamente zu verzichten?
Eine Langzeitstudie vom University of Illinois College of Medicine in Chicago legt dies nahe. 15 Jahre nach der schizophrenen Episode waren 46 Prozent der Patienten, die dauerhaft Medikamente bekommen hatten, ohne Symptome. Bei Patienten, die auf Medikamente verzichtet hatten, lag dieser Wert bei 72 Prozent.
Solche Befunde, von Robert Whitaker in Berlin ganz unaufgeregt präsentiert, sorgen in der Fachwelt für Aufregung.
29.07.2015 22:25 •
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