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Hallo zusammen,

in diesem Beitrag möchte ich gerne berichten, wie es mir bei meiner Angststörung ergangen ist und wie ich auf einem sehr guten Weg bin, mit dieser gut leben zu können.

Zu meiner Person:

Mein Name ist Andreas und ich bin 25 Jahre alt.

Meine Angststörung fängt schon sehr früh an. Ich muss dazu sagen, ich hatte eine schöne Kindheit und mir hat es an nichts gefehlt.
Als Grundschulkind war ich eher zurückhaltend und schüchtern und war immer wie erstarrt, wenn der Lehrer mich etwas fragte (dies waren die ersten Anzeichen, so weiß ich jetzt, meiner Angststörung).
Hinzu kamen fast täglich Kopfschmerzen. In meiner Familie wurde nie über Probleme gesprochen, Streitigkeiten wurden immer totgeschwiegen. Und so lernte ich nie mit Konflikten umzugehen.

Und so ging das dann erst einmal weiter. Ich hielt mich immer aus allen Streitigkeiten raus, weil ich das so von zu Hause aus lernte. Wenn ich kritisiert wurde, dann habe ich das einfach geschluckt und das getan was andere wollten, aber niemals das was ich wollte (des guten Friedens wegen).

Als ich dann 16 war hatte ich meine ersten Panikanfälle. Ich konnte nicht einschlafen und manchmal hatte ich Angst eine Krankheit zu haben...
Aber diese Attacken waren eine eher seltene Angelegenheit (außer mein Erstarren, welches ich öfter hatte).

Mit 18 fing dann alles an:

Meine Oma starb an einem Herzinfarkt und ich sah sie am Todesbett. Dieser Anblick war schrecklich. Ein paar Wochen vergingen und ich regte mich stark über etwas auf. Ich steigerte mich so in diese Sache, dass mein Herz raste. Ich konnte mich einfach nicht beruhigen. Meine Mutter fuhr dann mit mir ins Krankenhaus. Dort sagte man mir zum ersten Mal etwas von 'Panikstörung', doch das wollte ich nicht hören. Ich wusste ja noch nicht einmal etwas darüber.

Irgendwie bekam ich dann, nachdem ich noch ein paar weitere Panikattacken hatte, Betablocker verschrieben. Doch diese schlugen meinen Blutdruck so in die Tiefe, dass ich nachts kaum noch schlafen konnte, PANIK war jetzt doch recht oft vorhanden. Ich überprüfte meinen Puls und Blutdruck mehrmals täglich. Sobald ein Wert erwas erhöht war, dachte ich ich würde gleich jeden Moment sterben. Und abends hatte ich dann so einen niedrigen Blutdruck (Betablocker?), dass ich wieder Panik bekam. 1x musste ich von der Arbeit abgeholt werden vor Panik, 1x beim Spazierengehen. Was war denn auf einmal los mit mir? Langsam und mit kleinen Schritten hat mich diese Krankheit immer mehr in Besitz genommen. Dann kam ich ins Krankenhaus für 3 Tage, wo ich von Kopf bis Fuß untersucht wurde, alles ohne Befund (Puh Gott sei Dank). Doch dann wurde es etwas besser. Dass ich nicht smit dem Herzen habe, beruhigte mich. Ich lernte meine jetzige Frau kennen. Wir zogen zusammen und waren glücklich.

Doch dann ging es erst richtig los.

2 Jahre, nachdem wir zusammen gezogen waren, wollte ich eine Weiterbildung machen (2x 2 Wochen). Anschließend wollten wir umziehen in eine andere Stadt und mir einen neuen Job suchen, weil es in meinem alten Job nicht mehr so gut lief.

Die Weiterbildung fing an. Ich muss dazu sagen, vor lauter Angst, dass ich mit den anderen nicht mithalten kann, lernte ich ca. 1 Jahr lang aus allen möglichen Büchern im vorraus. Das war zu anstrengend. Im Sommer schon lernte ich, währenddessen sich andere im Schwimmbad vergnügten. Auf jeden Fall war die erste Woche sehr anstregend und viel Stoff. Und am Wochenende war bekam ich die grausamste Panikattacke von allen.

Ich wachte Samstag auf und mir ging es schon nicht gut. Und plötzlich überfällt sie mich: Schwindel, Atemnot und Panik. Ich legte mich ins Bett. Dort atmete ich immer schneller und die Panik steigerte sich ins Unermässliche. Meine Frau, auch voller Panik, rief den Krankenwagen. In meinen Gedanken spielten sich Abschiedsgedanken und Todesängste ab. Hyperventilation. Meine Atmung war so schnell, meine Hände kribbelten so extrem. Ich fragte mich, wann kommt denn jetzt der extreme Schmerz, den die Patienten bei einem Herzinfarkt immer haben? Der Notarzt kam, sah mich.....und setzte sich ganz entspannt auf einen Stuhl neben mich. Ich dachte: Warum macht der nix? Der ist ja wohl verrückt geworden! Ich sterbe hier gleich.

Doch dieser wusste bereits, dass ich 'nur' hyperventiliere. Diese machten ein paar Tests, alles in Ordnung. Und so plötzlich wie die Panik gekommen war, war sie auch wieder weg. Mir gings viel besser auf eimal. In den darauffolgenden Tagen hatte ich mehrere Panikattacken. Und dann vertraute ich mich meiner Frau an und sagte ich, dass ich wohl eine Angststörung habe (nach Internetsuchen).

Als der Lehrgang dann zu Ende war, heirateten wir uns zogen um. Die Panik immer noch im Schlepptau. Ich hatte Gefühlte wie: Extremer Schwindel, Übelkeit, Durchfall, neben sich stehen, Zittern... besonders dieses neben sich stehen fand ich extrem schlimm.

Der Sommer kam und ich lag abends im Bett...
Ich konnte nicht einschlafen. Ich habe alles versucht, ich konnte einfach nicht einschlafen, ich war wirklich die ganze Nacht wach. Als der Wecker klingelte, war ich immernoch wach.

Und das war der ausschlaggebende Punkt wo ich keine Kraft mehr hatte. Ich bin zur Arbeit gefahren und war garnicht wirklich bei mir. Als ich dann früher nach Hause gefahren bin, bin ich zum Arzt, der mir aber nciht weiterhelfen konnte.

Als ich dann abends im Bett lag, konnte ich wieder nicht schlafen (ich musste doch schlafen, schließlich war ich die ganze Nacht wach!)
Und da wusste ich, dass ich ein riesengroßes Problem haben muss, aus dem ich selbst nicht mehr rauskomme.

Wieder zum Arzt.

Dieser legte nach einem Gespräch seine Brille auf den Tisch, guckte mich an und sagte: Ich weiß, was sie haben. Depression!
Das war wie ein Schlag ins Gesicht. Depressiv? Ich?
Auf dem nach Hauseweg dachte ich nach, es war so schrecklich. Wieso nur ich? Die Leute machen sich doch darüber lustig. Depression, Burnout usw. wird nicht anerkannt und wird nicht ernst genommen. Bin ich jetzt labil?

Der Umzug kam, die neue Arbeitsstelle hat begonnen. 1 Woche war ich da, immer mal wieder sperrte ich mich im Klo ein, weil ich nicht mehr unter Gesellschaft sein konnte. Ständig war mir schwindelig und ich hatte Angst umzukippen.

Irgendwann war all meine Nerven verschwunden. Ich fuhr nach der Arbeit nach Hause und dann musste meine Frau wieder den Krankenwagen rufen. Inzwischen überprüfte ich ca. 50 Mal am Tag meinen Puls oder guckte in den Spiegel ob mein Mundwinkel schief ist (Schlaganfall) oder grübelte vor mich hin. Ich konnte weder einkaufen fahren, noch in den Zoo. Im Krankenhaus wurden wieder alle Untersuchngen gemacht, wieder alles ohne Befund. Dort traf ich zum ersten Mal einen Psychiater. Ich hatte mcih damit abefunden, dass ich ein psyschiches Problem habe.

Der verschrieb mir Cipralex. Diese nahm ich dann und suchte mir gleichzeitig einen Therapieplatz. Diesen bekam ich auch realtiv schnell (nach einigen Wochen schon, nicht wie bei anderen bis zu einem Jahr).

Die Nebenwirkungen der Tabletten machte mich fertig. Totmüde, große Angstzustände, Glücksgefühle, kein Hungergefühl, es war das reinste Chaos. Die Therapie hatte begonnen. Ich glaubte nicht wirklich, dass es mir helfen würde. Doch es war meine letzte Chance. Ich konnte so nicht weiterleben.

Die Tabletten brauchten bei mir 6 Wochen Zeit, bis sie angefangen habne zu wirken. Ich merkte, wie es mir langsam besser ging. In der Therapie wurden meine Ängste (auch die, die man garnicht mehr wahrnimmt) besprochen und daraus Lösungen erarbeitet. Ich muss dazu sagen, ich habe wirklich NICHTS verheimlicht und konnte mich komplett öffnen. Anfangs ging alles sehr schleppend voran. Doch irgendwann war der Zeitpunkt bekommen für meine Meinung zu kämpfen. Ich musste lernen, meinen Willen durchzusetzen, erst auf der Arbeit, dann im privaten Leben. Das ist mir sehr schwer gefallen. Doch ich habs einfach durchgezogen, mit zittrigen Beinen. Doch damit habe ich gelernt, dass es einem irgendwann besser geht.

Mittlerweile bin ich ca. 1 Jahr in Therapie, nehme seit kurzem nur noch die Halbe Dosis. Ich sage direkt meine Meinung, ohne Angst zu haben, kämpfe für meine Interessen und habe kaum noch Blockaden. Ich kann wieder rausgehen und bin viel offener geworden. Wenn mir etwas nicht passt, dann sage ich das. Ich verstecke mich nicht mehr und gehe offen mit meiner Krankheit um. Ich sage es jedem der es wissen möchte. Ja und? Ich habe so viel gelernt über dieses Thema. Doch das interessante ist, dass fast allen denen ich gesagt habe, dass ich Angstzustände habe, diese selbst auch psyschiche Probleme haben. Zwar in einem sehr kleinen Ausmaß, aber dennoch damit konfrontiert sind. Und deshalb fällt es mir auch überhaupt nicht schwer, das zuzugeben. Und ich wurde deshalb nicht aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Wenn sie hinter meinem Rücken darüber reden, das ist mir ziemlich egal. Es wird auch genügend über andere geredet. So ist da snunmal. Ich habe jedem offen zugegeben, dass ich ca. 50x am Tag den Blutdruck gemessen habe.

Es befreit sehr viel, wenn man die Krankheit nicht noch verstecken muss (zb wie gedanken: hoffentlich merkt das keiner oder was könnten die anderen denken?).


Zum Schluss möchte ich noch sagen, dass ich nicht geheilt bin. Natürlich habe ich noch manchmal Schwindelanfälle oder Übelkeit oder Sonstiges. Aber ich muss sagen: Die Krankheit ist nicht zu 100% heilbar. Aber so wie ich mich jetzt fühle so fühle ich mich gesund. Man kann sehr gut mit den Symphtomen umgehen. Wenn mir heute schwindelig wird, weiß ich, dass es nur wieder die Angst ist. Und vor allem weiß ich, dass ich nicht Ohmmächtig werde. Rückschläge gehören ebenfalls dazu. Ich hatte etliche, aber das wichtigste ist: MAN FÄNGT NIE WIEDER AM ANFANG AN!


Der Text ist sehr lang geworden, doch ich wollte euch damit zeigen, dass der Weg nicht einfach ist. An alle, die noch am Anfang stehen: Ich stand genauso da wie ihr, hatte keine Hoffnung auf Besserung, war kurz vor dem Verrücktwerden. Doch kämpfen lohnt sich. Lasst euch nicht unterkriegen, man lebt nur einmal, also genießt das Leben. schei. auf die Angst und macht trotzdem das, was euch spaß macht.


Gute Besserung euch allen!

15.12.2015 19:46 • 04.03.2016 x 4 #1


4 Antworten ↓


H
Hey,

ich finde mich an vielen Stellen deiner Ausführungen wieder...hier meine Geschichte mit der Hoffnung auf Austausch (hab sie mal zusammenkopiert aber der Verlauf sollte erkennbar sein)


Ich bin Mitte 30 und war im Sommer 2014 auf einer Bergtour (Bergsteigen). Als ich an einer Hütte auf 3000 Metren ankam und mich ausruhen wollte, Pakte mich eine extreme innere Unruhe und Rastlosigkeit. Ich zitterte am ganzen Körper und hatte Atemnot. Mit diesen Symptomen habe ich die Nacht verbracht und bin am nächsten Morgen abgestiegen. Wieder auf 800 Metern angekommen, ging es mir wieder besser, wobei ein Gefühl blieb, dass ich als den Moment nachdem man erschreckt wurde bezeichnen würde. Dies hielt so 2 Tage an und war dann verschwunden. Ich habe es damals als Höhenangst abgetan.

Nach einiger Zeit hatte ich immer wiederkehrende Schwindelattacken. Hab mir da noch nichts bei gedacht, bin dennoch mal zum Arzt. Er meinte, dass es wohl Verspannungen im Nacken sei. Also bin ich zur Physiotherapie und habe Mass. und Übungen gemacht. Der Schwindel war kurzfristig besser.

Nach einiger Zeit kam er jedoch wieder und die Zeitabstände zwischen den einzelnen Attacken wurden kürzer. Hinzu kam Kurzatmigkeit, innere Unruhe und Radtlosigkeit. Ich bin manchmal bis zu 10 Stunden durch die Wohnung gelaufen, weil ich das Gefühl hatte nicht ruhig sitzen oder liegen zu können. In Ruhepositionen wurden die Symptome schlimmer.

Dies ging dann eine Zeit lang so weiter, bis sich bei mir ein Dauerschwindel einstellte, der 3 Monate lang anhielt. Ärtztemarathon und alles ohne Befund.
Es gipfelte darin, dass ich vor 8 Wochen eine so hälftige Attacke hatte, dass ich ins Krankenhaus musste. Die haben mich für sechs Tage dortbehalten und unzählige Untersuchungen durchgeführt. Auch der Besuch bei einer Schindelambulanz brachte keine Ergebnisse.

Der Frage nachgehend, ob es etwas psychisches ist, meinte mein Hausarzt, dass ich ansonsten sehr stabil wirke und er nicht der Meinung ist, dass ich psychologische Hilfe benötige. Ich solle es mit autogenem Training und Johanniskraut (Laif 900) versuchen.

Auf Hinweis einer Bekannten, bin ich zu einer Heilpraktikerin, die meinte, dass ich eine Überproduktion an Stresshormonen habe. Die spagyrischen Mittel, die sie mir verschrieben hat, haben echt gewirkt, obwohl ich selbst immer kritisch dem gegenüber stand. Zudem erhalte ich ayuwedische Mass..

Was soll ich sagen, der Dauerschwindel ist weg...doch haben sich bei mir die Kurzatmigkeit und die extreme innere Unruhe manifestiert, besonders in Situationen, aus denen ich nicht so schnell raus komme. Autofahrten auf der Autobahn, Konferenzen auf der Arbeit, Essen in Lokalen mit Freunden etc. ich meide diese Situationen trotzdem nicht, weil ich mich nicht einschränken lassen will.

Hallo, ich bins mal wieder...
Habe seit ca. fünf Wochen weder hier im Forum noch woanders nach irgendeiner Hilfe oder Austausch gesucht. Nicht zuletzt um mich selbst runter zu bringen. Mittlerweile bin ich weg von der Schulmedizin und hin zu einer Heilpraktikerin. Sie hat nach einem Bioresonanzscan festgestellt, dass ich ein Überschuss an Cortisol und Adrenalin habe, sie hat es durch verschiedene Präparate und ayuwedische Mass. Geschäft, dass mein Dauerschwindel weg ist! Es bleibt aber diese Atemnot und die extreme innere Unruhe. Was mir dabei komisch vorkommt ist, dass ich mich dabei zwar unwohl fühle, aber keinerlei Angst verspüre, ich weiß ja, dass bei mir organisch alles ok ist...vor allem wenn ich mal was getrunken habe, sind die Symptome am nächsten Tag sehr heftig...ich weiß selbst nicht, ob ich hier nun Hilfe, Rat für das weitere Vorgehen suche, oder mich einfach mal auskotzen (Sry. Für die Wortwahl, aber es trifft es am besten) möchte... Beste Grüße Hwel

Ach ja, derzeit nehme ich morgens und abends lasea und l-tryptophan...ich merke es schon, es ist wie ne Schranke, die die Symptome nur bis zu nem gewissen Punkt kommen lassen...

15.12.2015 20:14 • x 1 #2


A


Mut zur Angst - wie ich meine Angststörung bekämpfe

x 3


Vergissmeinicht
Hey Andi,

sehr gut be- und geschrieben. Letztlich hattest Du Glück im Unglück. Sprich, wohl das richtige Medi, relativ schnell einen Thera und Ehrlichkeit zu Dir selber.

Meinen Glückwunsch

15.12.2015 20:31 • #3


B
Zitat von Hwel:
Sie hat nach einem Bioresonanzscan festgestellt, dass ich ein Überschuss an Cortisol und Adrenalin habe, sie hat es durch verschiedene Präparate und ayuwedische Mass. Geschäft, dass mein Dauerschwindel weg ist!


Wo kann man sowas alles machen lassen?

04.03.2016 15:41 • #4


H
Bei einer Heilpraktikerin...

04.03.2016 16:10 • #5





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