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Ich muss das hier einfach schreiben, da ich mir nach nun mehr als vier Jahren nahezu permanent bestehender Angstgefühle nicht mehr anders zu helfen weiß und ich allmählich ans Ende meiner Kräfte gelange.
Kurz zu mir: Ich bin 30 Jahre alt, männlich und leide seit ich denken kann unter einer generalisierten Angststörung mit stark ausgeprägten hypochondrischen Anteilen. Die Hypochondrie hatte eigentlich immer mich im Fokus – bis vor circa 4 Jahren…

Vor über 8 Jahren lernte ich meine Partnerin kennen. Ich nahm sie damals als naturverbundene und taffe junge Frau wahr. Die ersten vier Jahre unserer Beziehung verliefen in Bezug auf meine Ängste mehr oder weniger unspektakulär. Mir fiel zwar auf, dass meine Freundin hin und wieder unter Urtikaria sowie gelegentlichen Gelenkschmerzen litt, jedoch widmete ich den genannten „Problemchen“ nicht allzu viel Beachtung. Hinzu kam, dass meine Freundin eine soziale Phobie diagnostiziert bekam, welche sich jedoch „lediglich“ in ihrem Arbeitsleben bemerkbar machte und sie dank Therapie nun soweit gut im Griff hat.

Vor vier Jahren allerdings änderte sich unsere Beziehung in Bezug auf mein Angsterleben schlagartig, indem sich meine immer weniger präsente Hypochondrie auf die Gesundheit meiner Freundin übertrug in sich in voller Stärke ausbreitete – bis heute!

Auslöser war ein Hautarztbesuch meiner Partnerin aufgrund von Akne. In Zuge dessen wurde ihr ein wirklich obsoleter Wirkstoff namens Chloramphenicol verschrieben, der aufgrund seines ungünstigen Nebenwirkungsprofils heutzutage eigentlich nur noch in äußersten Ausnahmefällen zur Behandlung schwerster Infektionen zum Einsatz kommt. Da meine Freundin unglücklicherweise mit einer allergischen Hautreaktion auf das verschriebene Präparat reagierte, googelte ich selbstverständlich und fuhr mit ihr noch am selben Abend in die Notfallambulanz der Hautklinik. Meine Freundin wurde mit Kortison behandelt und nach wenigen Wochen war der Ausschlag verschwunden. Meine Angst blieb jedoch und über 2 Jahre machte ich mir die schlimmsten Sorgen drüber, dass die – zwar äußerst seltene und schwerste – dosisunabhängige und zeitlich verzögerte lebensbedrohliche Nebenwirkung des besagten Medikaments (Aplastische Anämie) eintreten könnte und meiner Freundin das leben kosten würde. Ich las nahezu alle Studien zu Chloramphenicol und errechnete mir Wahrscheinlichkeiten, ob und wann meine Freundin nun schwer erkranken könnte.

Seit diesem Ereignis dreht sich meine Angst ausschließlich und permanent um den Gesundheitszustand meiner Freundin. Und damit nicht genug: seit der Fokus meiner Krankheitsängste auf meiner Partnerin liegt, kehre auch wirklich keine Ruhe ein und es nimmt kein Ende. Denn permanent leidet meine Freundin unter diversen – teilweise seltenen – Gebrechen.

Um eine bessere Behandlung ihrer Akne zu erhalten, suchte meine Freundin erneut die Hautklinik auf. Dort verwies man sie jedoch an einen niedergelassenen Hautarzt, da die Behandlung von Akne nicht in ihren Zuständigkeitsbereich fiele. ABER: „Wenn Sie nun schon einmal hier sind. haben Sie denn sonst irgendwelche körperlichen Beschwerden?“ Da erwähnte meine Freundin ihre immer wieder auftretenden Gelenkschmerzen, die sie seit frühster Kindheit plagten. Meine Freundin erhielt somit eine äußerst umfassende Blutuntersuchung mit einem positiven Autoantikörpernachweis (für die Experten unter euch: ANA positiv / ENA negativ). Eine mögliche Erklärung für die Gelenkbeschwerden war also gefunden und meine Freundin wurde an eine Rheumatologie überwiesen.

Aufgrund meiner Hypochondrie las ich mich selbstverständlich in alle möglichen rheumatischen Erkrankungen ein und ging nun also davon aus, dass sie unter einer der schlimmsten und vor allem tödlichsten Formen von Rheuma leiden müsse. Meine Freundin ist nun einmal jährlich zum Check-Up beim Rheumatologen, aber bisher konnte keine eindeutige Diagnose gefunden werden. Sie leidet – vor allem bei Wetterumschwung – seit nun 25 Jahren unter Gelenkbeschwerden, aber bisher sind glücklicherweise keine Gelenkschäden oder Organschäden festzustellen und auch keine eindeutige Diagnose zu finden.

Aber damit nicht genug. meine Freundin wurde innerhalb der letzten 4 Jahre an beiden Knien operiert (Plica Syndrom), hatte erhöhten Augeninnendruck, musste zum Endokrinologen, hatte (wohl) psychisch bedingtes Herzrasen, geschwollene Füße nach langem Sitzen, gelegentliche Missempfindungen im rechten Daumen (MRT wurde gemacht), einen immer wiederkehrenden begrenzen Ausschlag am Ellenbogen und ganz aktuell wurde sie aufgrund einer Narbenbildung am Nerv in Höhe des Fußgelenks (vermutlich Folge der einseitigen Belastung der Knie-OP) operiert. Nun hat sich die OP-Wunde etwas infiziert, weswegen meine Partnerin unter starken Schmerzen leidet. Ich also wieder mit ihr jetzt an Ostern in die Notaufnahme. Dort wird ihr ein Antibiotikum verschrieben. Meine Freundin reagiert mit einem Ausschlag am ganzen Körper auf das Antibiotikum und liegt nun zur Beobachtung in der Klinik. Ich habe natürlich Sorge, dass sie unter der schlimmsten Form einer Medikamentenallergie leiden könnte, die potentiell tödlich ist (Steven-Johnsen-Syndrom).

Leute, ich kann nicht mehr! Natürlich tut es mir für meine Freundin auch wirklich leid, das steht außer Frage. Aber meine Hypochondrie bekommt durch diese Frau permanent Futter. Ich bin nervlich wirklich mehr als am Ende. Und die körperlichen Beschwerden meiner Freundin nehmen auch überhaupt kein Ende. Ich frage mich mittlerweile wirklich, womit ich das als Hypochonder verdient habe, dass ich eine Partnerin an meiner Seite habe, die permanent meine größten Ängste triggert. Und sie kann ja nicht einmal etwas dafür. Ich frage mich ernsthaft, was denn mit diesem Menschen körperlich nicht stimmt und ob ich nun derjenige bin, der das „Puzzle“ zusammensetzen muss. Dabei bin ich weder Arzt, noch habe ich besonders viel Ahnung von Medizin. Ich bin Hypochonder und mehr nicht…

In meinen Gedanken ist meine Partnerin schon etliche Male gestorben. Ich malte mir aus, wie ich sie zu Grabe tragen musste und auf ihrer Beerdigung eine Rede halte.

Seit zwei Wochen bin ich auch wieder in Therapie…

Danke für's Zuhören

Gestern 22:26 • 22.04.2025 #1


5 Antworten ↓


Hallo Angsthase,

willst Du nicht endlich mal beginnen, etwas gegen Deine heftige Angststörung zu unternehmen?

Zitat von Angsthase94:

Leute, ich kann nicht mehr!

Was glaubst Du, was Du alles noch kannst?

Zitat von Angsthase94:
Aber meine Hypochondrie bekommt durch diese Frau permanent Futter.

Bitte bewerte das alles doch einmal sachlicher und deutlich ruhiger.
Deine Ängste bekommen doch gar nicht immer neues Futter.
Und bitte nenne das, was Du da fühlst nicht mehr Hypochondrie. Nenne es einfach so, wie es ist.
Es ist Deine Angststörung. Immer bekommst Du gleich Angst, dass ein Proble
m nicht gelöst
werden kann.
Das ist alles.
Aber jedesmal wird ein Problem wieder gelöst. Unser Leben besteht darin dass wir fast täglich
irgendwelche Probleme zu lösen haben.
Also darfst Du nicht immer gleich Angst haben. Warte immer erst einmal ganz ruhig ab.

Zitat von Angsthase94:
In meinen Gedanken ist meine Partnerin schon etliche Male gestorben. Ich malte mir aus, wie ich sie zu Grabe tragen musste und auf ihrer Beerdigung eine Rede halte.

Du schaffst es einfach nicht, Dir nur Gedanken über das zu machen was gerade ist?
Warum denkst Du Dir immer gleich eine Geschichte aus, die so ausgeht, dass Du einen
Nachteil hast?
Wenn Du Deine Geschichte mit Nachteil weiterdenkst. Dann dreh es doch mal beim nächsten mal um.
Dann denkst Du Dir das Ende mit gutem Ausgang aus. Es steht Dir doch frei, wie Du Deine
Geschichte mit den Ängsten jeweils weiter zu Ende denkst.
Dann bleibst Du doch ruhiger.

A


Partnerin im Fokus meiner Ängste

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Lieber @Hotin ,

Vielen Dank für deine Antwort auf meinen Beitrag. Ich gebe dir in all deinen genannten Punkten recht, jedoch fällt es mir aktuell noch unglaublich schwer, die von dir genannten Tipps umzusetzen. Mir ein gutes Ende auszudenken lässt meine Angst einfach nicht zu, da mich meine Angst aufgrund dieser nahezu permanenten körperlichen Gebrechen meiner Partnerin bereits eingeredet hat, dass meine Freundin klein, krank und ein absoluter Spezialfall ist und ich mit dieser Ar***Karte nun einfach leben muss, wenn ich sie nicht verlassen.

Meine Partnerin sieht das Ganze lang nicht so dramatisch wie ich, aber sie sagt von sich selbst, dass sie wesentlich mehr körperliche Probleme hat als andere in ihrem Alter.

Lieber Angsthase,

danke für Deine Antwort. Was ich geschrieben habe sollte zunächst erst einmal so etwas wie eine
Beschreibung sein. So ein richtiger Tipp war das noch gar nicht.

Zitat von Angsthase94:
Mir ein gutes Ende auszudenken lässt meine Angst einfach nicht zu,


Natürlich lässt Deine Angst so etwas zu. Unsere Angst ist ja nur ein Gefühl. Und ein Gefühl
darf keine völlige Macht über Dich haben. Sonst bist Du ja wie jemand der im Gefängnis sitzt.
Fühlst Du Dich auch jeden Tag gefangen und nicht frei?
Deine Gefühl dürfen sich nicht so verhalten, wie ein Aufpasser im Knast.

Es scheint so, dass Deine Freundin schon mal schneller krank ist. Aber wenn ich Dich richtig
verstanden habe, fühlt sie sich freier als Du, eher nicht wie in einem Gefängnis.

Natürlich wissen fast alle Menschen. Unsere Angst ist einziemlich lautes Gefühl.
Das schreit immer gleich rum. Irgendwie nervt das oft.
Andere Gefühle sind Hunger, Durst, Schmerz, Freude und viel viele mehr.

Verhindern die anderen Gefühle in Dir auch dass Du dann nicht mehr klar denken kannst?
Wenn Du Durst hast. Trinkst Du dann immer gleich 3 Liter Wasser?
Wenn Du Hunger hast, isst Du dann immer, bis nichts mehr reinpasst? Wiegst Du 160 Kg?
Ich will damit sagen. Deine Gefühle haben nicht so viel Macht über Dich, dass Du
nicht mehr frei und ruhig denken kannst.

Das solltest Du Dir bitte einmal überlegen.



Viele
Grüße Bernhard

Lieber Bernhard,

Vielen Dank für deine eindringlichen Beschreibungen und die gelungenen Vergleiche. Ich werde versuchen, das von dir Geschriebene zu verinnerlichen.

Danke für Deine Antwort.
Ich bin sehr darauf gespannt, mal wieder bald von Dir etwas zu hören.

Viel Erfolg wünsche ich Dir.
Und lass Dich von Deinem Angstgefühl bitte zukünftig nicht mehr so sehr erschrecken.




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Dr. Matthias Nagel
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