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H
Lieber Bernd!


Seit 2 Monaten mache ich eine Psychotherapie (Existenzanalyse) und bekomme Shiatsu-Massagen. Seit 13 Jahren nehme ich Seroxat 20 mg. Vor 13 Jahren hat alles mit einer Tunnelpanik angefangen und mangels Geldes hab ich mich dann „selbst“ therapiert und aus dem Schlamassel gezogen. Heuer im Oktober dann ein totaler Rückschlag. Jetzt habe ich das Geld für die Therapie gehe auch regelmäßig und es gefällt mir wirklich. Meine Kindheit war eine einzige Katastrophe witzigerweise hab ich aber nie darunter gelitten. Ich hab mich immer so stark gefühlt dass ich an dieser Kindheit nicht gescheitert bin und meine Panikattacken auch nie an die Kindheit geknüpft. Egal – jetzt fahr ich wieder durch Tunnels und würde auch sofort mit Flugzeuge fliegen und es wäre schöner an Pas zu leiden als an dem Gefühl dass mich jetzt beherrscht: Das „Bauchgefühl“. Es ist unbeschreiblich…mein Therapeut hat mich heute schon gefragt mit was dieses Gefühl verbunden ist und ich kann es nicht wirklich sagen. Ich schätze mal Verzweiflung … Auf alle Fälle ist es mein typisches Angstgefühl. Der Bauch schmerzt (also das Sonnengeflecht) und strahlt brennende Gefühle über meinen Körper aus. Ich spüre meine einzelnen Nervenbahnen in den Oberschenkeln, im Nacken ja sogar um den Mund. Das hält so 15 Sekunden an flaut wieder ab kommt wieder. Der Puls erhöht sich nur geringfügig was mich auch nicht stört. Mir ist dann schlecht und wenn ich an was trauriges und negatives Denke fang ich an zu weinen wie ein Schlosshund – bittere tiefe Tränen. Hab heut schon den ganzen Tag geweint weil ich das Gefühl nicht mehr aushalte und mir Sorgen mache nicht mehr raus zu kommen. Meine Atmung ist normal, mein Körper fühlt sich stark an ich hab keine konditionellen Probleme und bin auch nicht wirklich erschöpft. Nur habe ich schon Bauchkrämpfe von diesem Gefühl – die schmerzen ungemein und wenn ich an was positives denke verfliegen diese Gefühle und wenn ich mich ablenke auch irgendwie. Aber dann sind sie wieder da und die Sache geht von vorne los – das seit 4 Tagen! Ich arbeite zwar normal, steh in der Früh auf erledige mein Tagwerk (Arbeit, Uni, Therapie, geh um 7 außer Haus und komm meist um 7 abends heim) hab aber immer dieses Bauchgefühl. Meine Shiatsu-Therapeutin hat gemeint dass sind u.a. Gefühle die gefühlt werden wollen, die ich so lange unterdrückt habe (und damit hat sie eindeutig recht weil ich immer die harte unzerstörbare gemimt habe). Ich soll aber selbst entscheiden wie viel Energie ich diesen Gefühlen schenken möchte. Mein Therapeut meint dass ich auf alle Fälle das Bauchgefühl/Angst nicht ignorieren soll und nicht bekämpfen sondern soweit es mir möglich ist das Gefühl willkommen heißen und beobachten. Das gelingt mir auch ganz gut. Schaffe es sogar mir das Gefühl in guten Zeiten ganz sehnlichst und von ganzem Herzen zu wünschen damit es dann doch nicht kommt (Ausbruch aus dem Kreislauf der Angst). Jetzt häng ich aber drinn und kann mir nix wünschen weils e schon so grausam ist. Und was für eine Frage hab ich jetzt? Geht dieses Bauchgefühl jemals wieder weg? Soll ich es wegkämpfen oder warten bis es von alleine geht (falls es geht)? Halte ich das ein Leben lang durch? Hab mich schon irgendwie damit abgefunden dass es für immer da ist oder alle 5 Wochen kommt aber das hilft alles nichts. Ich bin so tief verzweifelt und traurig (Depression ist sicher auch dabei – keine Frage). Bitte mach mir irgendwie Mut dass ich da wieder rauskomme. Morgen ist es der fünfte Tag und ich bin schwer am überlegen ob ich meine verhassten Tolvon nehmen soll (die das Gefühl eine halbe Stunde total verstärken bevor es dämpft und ich in Watte gebettet einschlafen kann um dann am nächsten Tag wie auf Dro. zu leben). Die Bauchkrämpfe sind dann auf alle Fälle weg nach den Tolvon aber wenn ich dann nicht rauskomme kann ich die Teile jeden Tag nehmen und davor hab ich ganz sicher Angst. Da ziehts mir jetzt wieder die Magennerven zusammen.
Ich bin tottraurig und total verzweifelt.

10.12.2008 21:22 • 12.12.2008 #1


1 Antwort ↓

B
Hallo happy,

Dein Pseudonym drückt für mich sehr gut aus, was Du Dir eigentlich wünschst. Und jetzt fühlst Du Dich wie das Gegenteil. Vielleicht muß man manchmal durch ein solches Tal gehen, um auf einen ersten Hügel zu kommen.

Du hast geschildert, dass Du selbst schon einmal dafür gesorgt hast, dass es Dir in einer Krise wieder besser ging. Du siehst also, dass dies möglich ist und da dies auch durch Dich selbst geschah, kannst Du hieraus doch viel Vertrauen schöpfen - oder ? Was hast Du damals gemacht, gedacht, gefühlt, damit es Dir wieder besser ging? Gibt es dabei Strategien, die Dir wieder helfen könnten?

Ich denke schon, dass die Therapie, die Du machst, einiges ausgelöst hat, was Du jetzt zuerst körperlich verarbeitest, es schmerzt also sozusagen. Das könnte dadurch auch zur Brücke werden, an wichtige psychische Abläufe zu kommen, die dann auch zu einer Besserung führen. Das erfordert sicherlich auch, dass Du etwas Geduld mit Dir hast, auch wenn das schwer ist.

Was mir aber wichtig ist: Du solltest nicht Deine Gefühle, die Du jetzt erlebst, als das Problem ansehen ! Sie sind unser Signalsystem und können uns Hinweise geben, stellen aber nicht das eigentliche Problem dar. Je mehr Du Dich aber auf sie konzentrierst und nur noch als einziges Ziel hast, sie wegzukriegen, um so mehr müssen sie sich noch stärker melden, weil ihr Signal ja noch nicht verstanden wurde. Die Ursachen, die sich in Einstellungen, Gedanken und Verhaltensmustern zeigen, werden durch die Konzentration allein auf Deine Gefühle nicht sichtbar. Zudem sorgt die ständige Aufmerksamkeit darauf, dass sie dadurch ständig wieder ausgelöst werden und gar keine Chance besteht, dass sie sich abbauen.
Nimm sie also für den Moment an, unterdrücke sie nicht, auch nicht mit Medikamenten, sondern nutze sie als Signal, nachzuforschen, welche Gedanken und Vorstellungen damit verbunden sind und was Du dadurch über Dich erfahren kannst. Tu das aber immer nur begrenzt für eine festgelegte Zeit und schreibe Dir alles auf, was Du entdeckst - wie ein Art Tagebuch. Dann brauchst Du aber auch wieder ein Stück Normalität, auch wenn es schwerfällt: geh spazieren, geh joggen, bewege Dich auf jeden Fall viel, unternimm etwas für Dich, vielleicht würde zusätzlich zur Mass. gut sein, wenn Du ein aktives Entspannungstraining erlernst, um Dich selbst aktiv positiv beeinflussen zu können. Ich empfehle Dir dafür die Muskelentspannung nach Jacobson - entweder durch einen Kurs (Krankenkasse oder VHS) oder selbst über eine CD (z.B. im PAL Verlag). Ein weiterer Tipp zur Arbeit mit Gedanken: Merkle/Wolf, Gefühle verstehen, Probleme bewältigen - ebenfalls PAL Verlag.

Wenn Du merken solltest, dass Du mittelfristig aber nicht aus Deinen Automatismen rauskommst, empfehle ich Dir unbedingt eine stationäre Therapie - möglichst in einer verhaltenstherapeutischen Klinik zur Ergänzung Deines jetzigen Therapieansatzes. Dabei denke ich auch daran, dass Du mal aus Deiner üblichen Umwelt rauskämst und Dich ganz allein um Dich und Dein Wohlergehen kümmern könntest. Auch mal erholen wäre dabei wichtig.

Ich hoffe, dass ich Dir einige Anregungen geben konnte und es Dir bald besser geht. Und wenn ich nicht überzeugt wäre, dass Du Deinen Weg finden wirst, hätte ich Dir sicherlich nicht so ausführlich geantwortet - denke daran !

Herzliche Grüße

Bernd Remelius

12.12.2008 18:31 • #2





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