Pfeil rechts

J
Salut,

ich war schon mal in Therapie, allerdings, weil ich einen Tinnitus bekommen hatte und daraufhin ein bisschen depressiv geworden bin. Ich hatte ein bisschen bei mir aufzuräumen, aber es hat mir echt geholfen.

Seitdem geht es mir auch gut, aber manchmal habe ich diese bescheuerte Angst: ich habe Angst vor psychischen Krankheiten und halt davor, eine zu bekommen. Ich bin mir sicher, dass ich völlig normal bin und nicht krank, aber ich habe halt Angst, es zu werden. Eigentlich völlig übertrieben und bekloppt. Das weiß ich ja auch...
Am Anfang, vor meiner Therapie, hatte ich einfach teilweise das Gefühl, mich nicht selbst zu kennen. Diese Gefühlsausbrüche von jetzt auf gleich, waren super schwierig für mich. Damals hatte ich manchmal echt Angst, ich würde vom Balkon springen oder so. Ich habe es nie ernsthaft in Erwägung gezogen, aber ich hatte Angst, dass ich sozusagen nicht ich selbst bin, wie ferngesteuert. Irgendwann habe ich das dann abgetan, weil ich merkte, dass es mehr eine Angst davor war, als der Wille es selber zu tun. Manchmal hatte ich das Gefühl, mich selber provozieren zu wollen.
Jedenfalls habe ich dieses Wochenende einen Film gesehen, wo so ein psychisch-kranker Massenmörder irgendwelchen Quark über einen seiner Morde erzählt hat. Da hatte ich irgendwie mit einer Mischung als Ekel und Faszination. Ich schätze mal, dass das genau das ist, was Horrorfilme für die meisten so aufregend macht. Ich gucke allerdings keine solchen Filme, weil ich eben Angst vor sowas habe. Als ich mich jedoch bei diesem Ekel-Faszinations-Gedanken erwischte, habe ich mich total erschrocken und überlegt, ob ich sowas auch machen würde?! Ich weiß, dass alles klingt völlig übertrieben.
Als ich 13 war wollte ich unbedingt Das Schweigen Der Lämmer sehen, habe ihn aber nicht fertig geguckt, weil ich sozusehr Angst hatte. Ich habe das Gefühl, dass mir dieser Film immernoch sehr zu schaffen macht. Auch, dass meine Oma kurz vor ihrem Tod schizophren war, macht mir Angst, weil sowas ja wohl vererbar.

Hat schonmal gut getan, alles aufzuschreiben. Habe nicht das Gefühl, dass das ein Thema ist, was man mal eben mit seinen Freunden bespricht. Wahrscheinlich prallt auch gerade zu viel auf mich ein: Klauren, Heimweh (bin gerade im Auslandssemester) und PMS.
Danke schonmal im Voraus für Eure Hilfe
Gruß
Julia

14.01.2008 01:10 • 17.01.2008 #1


1 Antwort ↓

B
Hallo Salut,

schön zu hören, dass Du von Deiner Psychotherapie profitiert hast.

Ich denke, dass Du das, was Dir am meisten Angst macht, ziemlich am Schluss genannt hast - die psychiatrische Erkrankung Deiner Oma. Da ist es schon verständlich, wenn Du Dir darüber Gedanken machst.

Zusammen mit Deiner persönlichen Erfahrung, als es Dir selbst psychisch nicht gut ging, kann das manchmal wie eine ständige Drohung über einem stehen. Zusätzlich machst Du Dir viele Gedanken - oder besser gesagt: Du grübelst viel darüber. Der Unterschied ist, dass sich Gedanken machen sinnvoll ist, um Probleme zu lösen oder sich auf Aufgaben vorzubereiten.
Grübeln dagegen bedeutet meist: immer das gleiche, überwiegend negative und irrationale Denken über das immer gleiche Thema.

Damit trainierst Du Dein Gehirn, sehr schnell auf bestimmte auslösende Gedanken mit Angst und unangenehmen anderen Gefühlen zu reagieren.

Ich denke also, dass es für Dich am wichtigsten ist, zu einem rationaleren Denken zurück zu finden und das Grübeln immer mehr zu unterbinden. Wie geht das am besten? Hierzu einige Tipps:

Mache einen Stuhl zum Grübelstuhl - nur darauf darfst Du täglich maximal 15 Minuten grübeln- alle Gedanken aufschreiben
danach aufstehen (den Stuhl nur zum Grübeln benutzen!) und Dich gezielt mit anderem beschäftigen - kommt das Grübeln wieder - immer innerlich STOPP-Signal geben
überprüfe die aufgeschriebenen Gedanken auf ihren Wahrheitsgehalt - verändere sie in rationale Gedanken
(Hilfestellung bekommst Du z.B. in dem Buch: Merkle/Wolf, Gefühle verstehen, Probleme bewältigen aus dem PAL Verlag)

Diesen Ablauf immer wieder üben - denn nur durch häufiges Anwenden wird Dein Gehirn umlernen. Und denke daran: zuerst ändern sich Gedanken und Verhalten, Gefühle brauchen länger, um sich dann dem neuen Denken anzupassen. Deshalb : Ausdauer und Geduld!

Versuche es mal auf diese Weise. Wenn Du nicht weiterkommst damit, hast Du immer noch die Möglichkeit, Dich erneut an Deinen Therapeuten von früher zu wenden, um noch einmal gezielter an Deine Probleme zu gehen.

Zum Schluss noch eine Anmerkung zur Vererbung bei Schizophrenie. Das ist grundsätzlich richtig, aber das genetische Geschehen ist so komplex, dass die Formel: Oma hatte es - ich bekomme es auch sicher nicht stimmt. Die Wahrscheinlichkeit ist innerhalb einer Familie zwar erhöht, aber die Wahrscheinlichkeit, daran nicht auch zu erkranken, ist dagegen um ein Vielfaches größer. Mache Dir das immer wieder klar.

Herzlichen Gruß

Bernd Remelius

17.01.2008 14:26 • #2





Ähnliche Themen

Hits

Antworten

Letzter Beitrag