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Ihr Lieben,

mir schwirrt vom Grübeln der Kopf, vielleicht helfen mir ein paar fremde Denkanstöße.

Die berühmte Angst vor der Angst verhagelt mir das Reisen. Vor ein paar Wochen noch, habe ich mich so gefestigt gefühlt, dass ich zugestimmt habe zu verreisen. Ich hatte lange keine PA mehr, nehme seit über einem Jahr keine Medikamente und komme mit meinem Alltag gut zurecht. Mein Freund und ich haben also gebucht, gleich zwei Reisen. Eine kurze Städtereise, dann eine Woche Strandurlaub/Familienbesuch. Die Städtereise endete - bevor sie bekommen hatte - im Desaster. Ich konnte nicht fliegen, ich konnte mich noch nicht einmal auf den Weg zum Flughafen machen.
Da war ein innerer Widerstand, der einfach nicht zu überwinden war.

Diese Problematik kenne ich von mir schon. Es gibt Phasen, in denen ich mich überwinden kann. Dann gibt es wieder Phasen, in denen ich es nicht schaffe. Weil ich mich eben kenne, habe ich mit meinem Hausarzt gesprochen und er hat mir Promethazin-Tropfen zur Beruhigung aufgeschrieben. Soweit ich das beurteilen kann, hat das Promethazin die körperlichen Symptome einer PA abgefangen. Ich hatte weder Herzrasen, noch Muskelzuckungen oder andere Symptome, die ich sonst normalerweile bei einer PA habe. Ich war im Grunde ruhig, aber ich KONNTE es trotzdem nicht.
Medikamente in einer solchen Situation habe ich immer als meinen Notnagel angesehen. Frei nach dem Motto: Dann nehme ich eine Tablette, dann kann ich das. Pustekuchen.

In wenigen Wochen steht nun der Strandurlaub vor der Tür. Ich muss dazu sagen: Der Flug ist weit, ca. 4 Stunden. Mein Freund hat Verwandte vor Ort. Mir ist der Ort vertraut, wir sind schon mehrmals zusammen dort gewesen. Trotzdem: Alle Vorfreude (meinerseits) ist dahin. Ich quäle mich mit Selbstzweifeln, spiele geistig ständige verschiedene Szenarien durch und komme nicht wirklich zur Ruhe. Gestern ist mir aufgefallen, dass ich positive Szenarien nicht zulassen kann. Zu denken, dass ich den Urlaub genießen könnte, dass ich mich vor Ort wohl fühlen werde, kommt mir meistens gar nicht erst in den Sinn. Wir haben uns darauf geeinigt, dass mein Freund auch alleine fliegt. Er hat Familie dort, die er natürlich sehen möchte.

Ich habe zwei Optionen. Entweder ich fliege oder ich fliege nicht. Es einfach zu machen erscheint mir manchmal wie ein richtiges Risiko. Was, wenn ich tief falle? Die letzte PA, die ich hatte, hat mein Leben vollkommen durcheinander geworfen und ich habe lange gebraucht um mich wieder aufzurappeln. Davor habe ich Angst. Wenn ich nicht fliege, werde ich enttäuscht sein von mir selbst. Mein Freund wird enttäuscht sein. Ich quäle mich seit Tagen mit dieser Entscheidung. Die Staffelung mit den Stornokosten liegt vor mir und ich setze mich zusätzlich unter Druck mit dem Gedanken an das ich immer mehr Geld verliere, je weiter ich die Entscheidung herausschiebe.

Ich schaffe es nicht mich positiv einstellen, es klappt einfach nicht. Und wenn, dann nur für 5 Minuten. Ich habe überlegt, ob ich es mit Opipramol versuchen soll. Zwei Wochen vorher mit der Einnahme beginnen und es nach dem Urlaub wieder ausschleichen. Opipramol habe ich mal für eine ganze Weile genommen, ich habe es gut vertrage und es hat mich stabilisiert. Ich könnte auch noch mal mit meinem Hausarzt sprechen, der sagte, wenn ich mit Promethazin nicht zurecht komme, solle ich noch einmal wiederkommen. Aber möchte ich das? Wieder Medikamente nehmen? Ist es das wert? Ein andere Möglichkeit sind die berühmten Babyschritte. Erst einmal in Deutschland für zwei, drei Tage wegfahren und langsam darauf aufbauen. Vielleicht würde es gehen, wenn ich sehe, dass ich auch über mehrere Tage in fremder Umgebung (aber mit Nähe zu meinem gewohnten Umfeld; vielleicht 2 Zugstunden entfernt) stabil sein kann? Das wird nur vor dem großem Urlaub nicht mehr klappen ...

Ich will keinesfalls aufgeben, irgendwann will ich reisen können (so wie ich es schon einmal konnte), ich weiß nur nicht, für wie viel die Kraft im Moment ausreicht.

09.09.2015 11:12 • 09.09.2015 #1


7 Antworten ↓


Vergissmeinicht
Liebe Vivian,

ich weiß auch nicht inwiefern Deine Kraft momentan ausreicht. Wenn die damalige PA Dich so aus der Bahn geworfen hat, würde ich mir auch überlegen zu fliegen. Mein Mann stellte mich ja damals auch vor die Wahl und wäre alleine gefolgen. 4 Std. Flug nach Fuerteventura. Ich sagte ja, sprach aber fortan kein Wort. Ich hatte noch obendrein Pech. Der Luftraum war zu und wir flogen mit 4 Stunden Verspätung. Die Wartezeit war der Horror. Als ich dann im Flieger saß war der Spuk vorbei.

Es ist Deine Entscheidung; kann Dir dazu nichts raten.

09.09.2015 11:40 • #2


A


Zwiespalt - Fliegen ja oder nein

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V
Du hast recht, Vergissmeinnicht. Ich kann es nur selbst wissen. Dieses Hadern macht die Sache nicht gerade besser.

Ich hänge immer noch den Gedanken an Tabletten als eine Art Krücke nach. Kennt sich dort jemand aus?
Wie groß ist der Unterschied zwischen Promethazin und Tavor (also Lorazepam)? Nimmt ein stärkes Mittel vielleicht nicht nur die körperlichen Symptome sondern auch diesen starken inneren Widerstand?

09.09.2015 14:18 • #3


Vergissmeinicht
Hey Vivian,

ich hatte damals auch meine Medis mit (Alprozolam) und nahm sie auch und dann war es ok.

09.09.2015 14:39 • #4


Icefalki
Hey Vivian,

Wir werden immer Probleme haben. Auch wenn es uns gut geht. Selbst ich, wir fliegen am Sonntag in die Türkei, bin nicht mehr so gelassen wie sonst. Und mir geht es soweit sehr gut.

Ok, ich habe es so gemacht. Früher, vorher wieder mit dem AD angefangen, ich habe da keine Schwierigkeiten die einzunehmen und auch wieder abzusetzen. Dann noch ein Benzo, für alle Fälle. Hab es nie gebraucht.

Ich bleibe im hier und jetzt. Dazu gehören Rituale. Im Duty Free Shop, Parfum shoppen. Zig. kaufen. Da lasse ich mir Zeit. Im Flieger habe ich den DVD Player, also abtauchen in meine Lieblingsserien. Oder lesen, oder wieder im Bordjournal lesen und überlegen, was ich mir kaufen könnte. Sprich, ich lenke mich ab.

Wichtig ist noch der Sitzplatz. Wir machen immer Reservierungen und schauen, ob wir die XL Plätze bekommen, da hat man größere Beinfreiheit. Kann man im Internet buchen.
Wenn es 3er Reihen sind, bekommen wir einen Nachbar. Ist es eine Frau, setze ich mich in die Mitte und beginne zu quatschen. Lenkt hervorragend ab. Ist es ein Mann, muss mein Mann in die Mitte. Also ist der Flug schon mal einigermaßen unter Kontrolle.

Wichtig ist auch, zu wissen, dass Reisen aufregend sind. Auch für normale Menschen. Und für uns ängstler sowieso, müssen wir doch ständig auf der Hut sein. Aber aufgeregt sein, das ist durchaus normal.

Der Urlaub selbst, schon wieder unbekanntes. Und unbekanntes ist aufregend und wir wollen keine Aufregung, kann man ja leicht verwechseln.

Und so bleiben wir daheim hocken und es kotzt uns an. Oder wir lassen uns auf das Wagnis ein und WISSEN, dass es uns vorher schlechter geht und nehmen das in Kauf.

Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Sterben kann man auch daheim..

09.09.2015 14:56 • x 1 #5


V
Hallo Icefalki,

vielen Dank für deine aufmunternden Worte! Was du schreibst, ist interessant, denn ich glaube tatsächlich, dass ich sehr, sehr schlecht mit normaler Aufregung umgehen kann und diese sich deshalb sofort in Panik steigert. Ich habe mal versucht das meiner Therapeutin zu erklären, sie konnte das aber nicht nachvollziehen. Ich habe das Gefühl, entweder bin ich locker und entspannt, oder gleich panisch.

Wenn ich mich getraut habe, hat sich meine Angst bisher immer irgendwo zwischen Zugfahrt und Duty-Free-Shop verflüchtigt. Fast immer, um der Wahrheit die Ehre zu geben. Einmal musste mein Koffer wieder aus dem Flugzeug geholt werden. Wir saßen am Terminal, ich hatte mich gerade gefangen und die Panik war weg, da sagt meine Begleitung: Hoffentlich landet unser Gepäck auch im richtigen Flieger. Da war die Panik zurück. Und ich konnte mir nicht vorstellen mit dieser Panik ins Flugzeug zu steigen. Dabei war der Flug damals sehr, sehr kurz.

Ich überlege tatsächlich mit dem Opipramol wieder anzufangen. Vielleicht schaffe ich es so den inneren Widerstand zu überwinden. Opipramol nimmt ja Ängste und wirkt stimmungsaufhellend. Dann werde ich mit meinem Hausarzt über Tavor für den Notfall sprechen. Auch wenn ich einen riesigen Respekt vor diesen Mitteln habe.

Ich wünsche dir auf alle Fälle einen schönen Urlaub!

09.09.2015 18:10 • #6


Icefalki
Wünsch ich dir auch, wenn's klappt. Mach das mal. Tavor im Handgepäck, was kann dann noch passieren. Wie gesagt, ich habe nie gebraucht.

Der Therapeut kennt das halt nicht. Aber normale Aufregung lässt doch auch das Herz schneller schlagen, man wird unruhig usw. Der normale Mensch, dem ist alles klar, bei uns können das aber Vorboten der Panik Angst sein. Die fängt ja bekanntlich auch so an, aber ohne erkennbaren Grund.

Bin gespannt, wie du dich entscheidest.

09.09.2015 18:24 • #7


Leen
Ich bin gestern erst aus meinem Urlaub zurückgekommen. Zwei Kurzstreckenflüge jeweilg hin und auch zurück. Hatte irrsinnige Angst vorm Fliegen. Mein Arzt hat mir Psychopax verschrieben, die ich bei Bedarf nehmen sollte. Habe sie nicht gebraucht, es war alles halb so wild.
Vor Jahren bin ich schon mal geflogen und hab davor Psychopax genommen. Hat mir sehr geholfen, während dem Flug war mir alles komplett egal und ich war entspannt.
Vielleicht fragst du deinen Arzt einmal nach dem Medikament?

09.09.2015 20:48 • #8





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