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S
Hallo,

zu meiner Person. Ich bin 24 Jahre alt, habe vor 3 Wochen meinen Beruf als Industriemechaniker aus Gesundheitlichen Gründen (Hautprobleme) gekündigt und habe zum 1. September, also vor 2 Tagen eine Umschulung zum Fachinformatiker in einem Krankenhaus begonnen.

Einen Tag vor beginn der Ausbildung, hatte ich ein Informationsgespräch mit anderen Umschülern bei dem zuständigen Vorbereitungskurs. Dort musste ich etwas auf einen Zettel schreiben und dies an ein Clipboard vor der Klasse (7 Personen) anheften und vorlesen. Bei dieser Aktion habe ich eine Panikattacke (Herzrasen, Schweißausbruch, Sehstörung Gleichgewichtsverlust, Atemnot) bekommen. Seitdem geht es mir miserabel und die ersten 2 Tage der Ausbildung Stande ich dauerhaft unter Stress, Angst und Anspannung. Selbst bei dem Vorstellen von meiner Person mit Namen und Alter, bekam ich Herzrasen, Schwindel, einen trockenen Mund und Schnappatmung.

Bei dem Erkunden des Geländes mit den Kollegen musste ich dauerhaft darauf achten beim laufen nicht zu Wanken, zu stolpern und meine Füße richtig zu heben. Ich musste an diesen Tagen zwanghaft darauf achten, wie ich :

laufe
meine Hände beim sitzen ablege
meine Hände/Arme beim laufen bewege
welchen Gesichtsausdruck ich mache, dass ich auf andere nicht komisch wirke
Wo ich hinschaue wenn jemand eine Präsentation mit einem Projektor hält
ob meine Stimmalge passt
wie ich stehe
Diese Dinge mache ich nicht intuitiv, sondern müssen innerhalb kürzester Zeit überlegt werden.

Dies hatte zur Folge, dass ich trotz 10h schlaf an den Tagen davor, nach knapp 3-4h in den Sekundenschlaf gefallen bin und dauerhaft gähnen musste.

Ich war schon vor ungefähr 3 Jahren bei einer Therapeutin wegen Problemen/Anstrengungen mit sozialer Interkation. Ich bekam selbst Schnappatmung und Stress wenn mir ein Auto entgegen kam, Ich musste dann auf mein Handy schauen bis das Auto/Person vorbei lief.

Die Probleme wie z.B Einkaufen, Telefonate führen, öffentliche Verkehrsmittel benutzen oder einfach nur laufen ohne auf das Handy zu schauen, habe ich in den Griff bekommen. Bis vor 3 tagen habe ich mich gut gefühlt und war sehr positiv gestimmt. Referate bzw. kurze Vorträge habe ich in der 1. Ausbildung und Schule grundsätzlich gemieden, da es mich in Panikattacken ähnliche zustände versetzt hat. Was aber an diesem Tag im Vorbereitungskurs passiert war hatte ich in diesem ausmaß noch nie.

Nun stehe ich komplett neben der Spur und weiß nicht was ich machen soll. Ich fühle mich in der neuen Stelle komplett unwohl und bin dauerhaft Angespannt und gestresst. Ich weiß nicht ob ich den Ausbildungsberuf als Fachinformatiker, welcher mein Traumjob damals war, unter diesen Problemen weitermachen kann. Es ist ein sehr sozialer Betrieb , und Interkation mit anderen wird der an der Tagesordnung sein.

Noch etwas zu meiner Person:

- Jahrelanges Mobbing (~5 Jahre, psychisch und körperlich) in der Schule und außerhalb der Schule durch verschiedenste
Personengruppen
- sehr introvertiert
- keine Interesse an anderen Menschen
- kein intuitives Handeln und dauerhafte Anspannung in sozialen Interaktionen

Das ich erneut in Therapie muss, ist mir klar. Nur weiß ich nicht ob beides gleichzeitig förderlich ist.

Vielen Dank fürs lesen

04.09.2022 12:33 • 12.09.2022 #1


10 Antworten ↓


D
Vielleicht hilft es Dir, wenn Du Deine Ausbildung als das siehst, was sie ist. Eine Ausbildung. Du wirst also lernen, sowohl das fachliche, als auch den zwischenmenschlichen Umgang mit den Menschen in Deinem Umfeld. Neue Umgebungen machen mir auch Stress, daher versuche ich mir erstmal keinen zusätzlichen damit zu machen, dass ich gleich versuche alles "richtig" machen zu wollen. Du wirst das schon packen und auch wieder entspannter werden.

04.09.2022 12:43 • x 1 #2


A


Umschulung und Psychische Probleme

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Antiope
Hallo @SIDK
vielen Dank für diesen Forenbeitrag! Es tut mir leid zu hören, dass du in der letzten Zeit so viele unangenehme Erlebnisse hattest. Also erstmal muss ich sagen, wie beeindruckend ich es finde was du alles geschafft hast und dass du dich diesen Situationen trotzdem gestellt hast. Natürlich ist es aber nicht schön wie sehr du darunter gelitten hast und auch noch weiterhin leidest. Weißt du warum du dich bei der neuen Stelle so unwohl fühlst? Diese Informationsgespräche sind aber auch auch furchtbar. Alles ist neu, man kennt niemanden, man muss Sachen präsentieren, sich vor Fremden vorstellen. Das ist eine Situation in der Stress eine normale Reaktion ist. Die wenigsten bleiben da entspannt und für Leute die Panikattacken o.ä. haben ist so eine Situation natürlich nochmal stressiger. Ich hatte auch schon ein paar Mal in solchen Situationen und mit Publikum Panikattacken. Höchst unangenehm. Was meinst du damit, dass es ein sehr sozialer Betrieb ist? Meinst du dass z.B. immer wieder Small Talk ansteht? Ich empfinde es immer wieder als sehr hilfreich die Situationen zu identifizieren an denen es mir zu sozial wird und mir eine Reihe von vorgefertigten Antworten zurechtzulegen und diese dann immer wieder leicht angepasst in diesen Situationen zu nutzen. Das Schöne an so Small Talk und ähnlichen Unterhaltungen bei der Arbeit ist ja, dass sie meist recht oberflächlich sind. Da kann man die Interaktionen eine Weile beobachten, sich die wiederkehrenden Themen merken und sich die passenden Standardantworten zurechtlegen. Das ist natürlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein aber vielleicht kann es den Stress ein wenig verringern.

04.09.2022 19:08 • x 2 #3


S
Danke für die positiven Worte.
Mit sozialen Betrieb meine ich ein KH der Diakonie. Das mit dem Smalltalk habe ich in meinem letzten Beruf auch 3 Jahre hinbekommen. Sobald ich die Leute ein wenig kenne, geht das. Meine Probleme treten in verschiedenen Situationen auf. Zum Beispiel einen Gang entlang laufen und Leute kommen mir entgegen, mich vorstellen, präsentieren, jemanden zuhören.
Ein weiteres Beispiel: Ich muss in die Kantine laufen, auf dem Weg dorthin denke ich nur daran wie ich zu laufen habe, wo ich meine Hände platziere oder wo ich hinschaue.. das ist das einzige was ich in solchen Situationen in Kopf habe.

04.09.2022 22:43 • #4


Meteora
Zitat von SIDK:
kein intuitives Handeln und dauerhafte Anspannung in sozialen Interaktionen


Das habe ich auch, deswegen hat man mir vor kurzem Autismus diagnostiziert. Deshalb frage ich mich, ob das auch bei dir der Fall sein könnte. Hast du das schon immer? Wenn nicht, könnte es auch eine Soziale Phobie sein. Ich habe auch eine Geschichte von schwerem jahrelangem Mobbing und denke, dass das dazu beiträgt. Man hat immer Angst, dass es wieder losgeht. Aber jetzt bist du woanders. Es kann anders werden. Ich wünsche dir einen sehr, sehr toleranten Arbeitgeber, denn den hatte ich bisher noch nicht und bin wegen meiner sozialen Interaktionsprobleme schon zweimal gekündigt worden. Vielleicht geben sie dir die Chance zu lernen, ich hoffe es zumindest, da es ja eine Ausbildung ist und man da noch lernen darf. Am ersten Tag ist natürlich noch alles neu und stressig. Ich habe nach meinem ersten Tag in meinem jetzigen Job auch eine Panikattacke bekommen, weil ich zu einer Kollegin eingeteilt wurde, die sich immer furchtbar mit allem beeilt. Aber danach ging es. Jetzt habe ich gar keine Panik mehr (nur noch die Angst, dass ich bald gekündigt werde, weil ich irgendwas falsch gemacht haben könnte, aber das ist bei meiner Geschichte ja zu erwarten). Gib dir also Zeit, dich einzugewöhnen.

11.09.2022 18:56 • x 1 #5


S
Guten Abend,

erstmal danke, dass du auch so offen über diene Probleme redest. Ich habe nach langer Überlegung über das Wochenende am Montag gekündigt bzw. das Ausbildungsverhältniss beendet. Ich war das ganze Wochenende komplett unter Spannung und hab alles in Frage gestellt. Für mich ist mehr oder weniger eine Welt zusammengebrochen, als ich gemerkt habe das ich nicht dazu in der Lage bin. Mittlerweile fühle ich mich wieder wie im alter von 18 wo meine Probleme am Höhepunkt waren. Der Arbeitgeber war sehr tolerant und hat mir angeboten die Ausbildung im nächsten Jahr anzufangen, falls ich dann noch möchte und es mir besser geht.
Mir ist selbst bewusst, dass die ersten Tage stressig sind und man sich unwohl fühlt. Doch das war kaum auszuhalten.

Ich habe ein kleines psychologisches Gutachten meines Ausbildungsträgers bekommen, in dem steht, dass ich aufgrund sozialer Überforderung zur Zeit nicht integrationsfähig bin, und so fühl ich mich auch. Ich suche am Montag meinen Hausarzt auf und dann werde ich weitere schritte einleiten bezüglich Therapie o.ä.

Nun zu dem Thema Autismus / Sozial Phobie

Als ich mit 18 Jahren bei einem Psychologen der Caritas war, wurde mir gesagt ich hätte eine Sozialphobie. Dieser Psychologe war aber nicht wirklich Vertrauenswürdig und aufgrund meiner Interaktion mit anderen schien das auch für mich nicht sinnig.
Ein paar Jahre später war ich bei einer Heilpraktikerin / Therapeutin welche mir gesagt hat ich hätte sicher keine Sozialphobie und das ich nur sehr introvertiert bin. Dort war ich alle 2 Wochen zum reden und das hat ganz ok geholfen.

Nach all diesen Jahren und Übungen hatte ich immer noch diese Anstrengungen und Probleme und kam vor knapp 1 Jahr auf den Gedanken, dass ich eventuell Asperger haben könnte. Mit diesem Gedanken bin ich zu einer Heilpraktikerin für Psychotherapie gegangen die sich mit Asperger auskennt. Diese war nicht der Meinung und ging davon aus ich hätte unverarbeitete Traumata aus der Kindheit/Jugend und bot mir eine EMDR-Lichttherapie auf eigene Kosten an. Wie du sehen kannst ist das ein ziemliches Kuddelmuddel und ich bin immer noch nicht schlauer.

Wie bist du denn zu der Diagnose gekommen ? Hat dich der Hausarzt überwiesen oder wurden Tests von deinem Psychologen gemacht ?

11.09.2022 20:47 • #6


Flame
Zitat von SIDK:
dass ich eventuell Asperger haben könnte

Ich kann mir vorstellen,Du leidest wie ich lediglich unter ängstlich -vermeidendem Verhalten,das sich durch Deine Mobbing Geschichte in erster Linie auf den Kontakt zu anderen Menschen bezieht.
Das hat Parallelen zu einer leichten sozialen Phobie,ist deswegen aber noch lange keine.

Ich bin auch gemobbt worden und mir geht das auch nicht anders,ich lebe recht zurück gezogen und ich habe oft Angst vor Ablehnung und vermeide tendenziell den Kontakt zu Menschen auch wenn mir mehr Kontakt vermutlich sogar gut täte.
Zudem strengt mich Kontakt zu Menschen sehr an,weil meine Antennen sehr sensibel sind und die Anspannung dann hochtourig läuft,deswegen würd ich an Deiner Stelle probieren,einen Job zu finden,bei dem die Interaktion mit Menschen nicht so sehr im Vordergrund steht.
Sonst kommst Du womöglich immer wieder in die Überforderung und verlierst irgendwann ganz die Motivation,etwas Neues zu beginnen.

Zitat von SIDK:
Mit diesem Gedanken bin ich zu einer Heilpraktikerin für Psychotherapie gegangen die sich mit Asperger auskennt. Diese war nicht der Meinung und ging davon aus ich hätte unverarbeitete Traumata aus der Kindheit/Jugend

Ich finde,das passt zu Deiner Geschichte und Deinen Symptomen.

Die Beschwerden zu hundert Prozent loszuwerden ist unrealistisch.
Wir sind gut so,wie wir sind,das steht schonmal an allererster Stelle.

Im Alltag gilt es,die Lebensbedingungen an die eigenen Bedüfnisse und Belastungsgrenzen anzupassen,dadurch sinkt das innere Stresslevel auf ein Minimum,so dass es gut handlebar wird und wir trotz unserer Einschränkungen ein glückliches und zufriedenes Leben leben können.
Selbstakzeptanz spielt dabei auch eine grosse Rolle,mitfühlend mit sich selbst umgehen.

Beruhigende Medikamente können zusätzliche Entlastung bringen.
Hochdosiertes Baldrian z.B. kann unterstützend wirken.

12.09.2022 05:47 • x 1 #7


E
Ich würde dir raten, diese Auszeit von einem Jahr zu nutzen um therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Da gibt es ja viele Möglichkeiten:
Ambulant.
Teilstationär (Tagesklinik)
Stationär (Klinik)

Eigene Diagnosen bringen nichts, dies sollte man den Fachleuten überlassen und dann gemeinsam daran arbeiten.

Ein Antidepressiva kann dabei unterstützend helfen.

Alles Gute

12.09.2022 08:14 • #8


Meteora
Zitat von SIDK:
Wie bist du denn zu der Diagnose gekommen ? Hat dich der Hausarzt überwiesen oder wurden Tests von deinem Psychologen gemacht ?

Ich wurde dazu gezwungen. Ich wollte Lehrvikarin werden (also die praktische Ausbildung zur Pfarrerin machen), und da ist aufgefallen, dass meine Wahrnehmung in sozialen Situationen anders ist und ich anders kommuniziere. Deshalb wurde vermutet, dass ich Autismus habe, und ich musste einen Termin zur Diagnostik machen. Gleichzeitig musste ich zugeben, dass ich Borderline habe (ist auch noch mal mit diagnostiziert worden), und deswegen hat man mich gezwungen, Therapie zu machen, sonst dürfte ich das Vikariat nicht weitermachen. Und selbst mit Therapie sei ich nicht zu einem Vollzeitvikariat fähig, weshalb ich in Teilzeit hätte gehen müssen und vier Jahre lang die Ausbildung machen müsste.
Letztendlich musste ich kündigen, weil die mich nicht mehr haben wollten. Meine Diagnose habe ich kurz danach erhalten in so einer Früherkennungssprechstunde. Autismus war 2017 schon mal eine Überlegung in der Therapie, aber die wurde wieder mit dem Argument verworfen, dass es erlernte Verhaltensweisen sind, die mich anders machen, sowie Nachwirkungen des Traumas durch das schwere Mobbing (es gab körperliche Gewalt).
Dass ich kündigen musste, weil ich auch dort gemobbt wurde (also diskriminiert wegen Borderline und Autismus), hat mich schwer getroffen. Ich verarbeite diesen Schmerz meines verstorbenen Karrieretraums immer noch. Der Diagnostiker musste entscheiden, ob ich fürs Pfarramt geeignet bin oder nicht, und er sagte, das ist nur was für psychisch Gesunde. Und meine Lehrpfarrerin sagte dasselbe.

Daher kann ich nachempfinden, wie es dir geht. Es tut mir sehr leid, was du durchgemacht hast und jetzt wieder durchmachen musst. Ich erlebe dasselbe. Ich bin sprichwörtlich von der Pfarrerin zur Tellerwäscherin gekommen, weil ich jetzt Küchenhilfe bin. Gleich habe ich noch Vorgespräch für ein Programm namens Supported Employment, wo psychisch Kranke und Menschen mit Behinderung in Berufsfindung und Einarbeitung unterstützt werden. Falls ich reinkomme, berichte ich gerne mehr darüber.

12.09.2022 16:32 • #9


S
Du hast es auch nicht einfach. Schonmal mit dem Arbeitsamt über eine Erwerbsminderungsrente o.ä gesprochen?
Ich war heute bei meiner Hausärztin, welche mir einen Überweisungsschein für einen Psychotherapeuten gegeben hat. Nun beginnt die suche und das warten.

12.09.2022 18:41 • #10


Meteora
Viel Glück bei der Suche.
Erwerbsminderungsrente kommt für mich überhaupt nicht infrage! Selbst wenn alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind, gibt es immer noch Behindertenwerkstätten. Ich kann schließlich arbeiten, sogar mehr als 8 Stunden pro Tag! Und ich will es auch. Arbeit bedeutet mir alles und gibt meinem Leben Sinn. Ich habe ja auch zurzeit Arbeit. Und ich komme ins Supported Employment rein. Vielleicht darf ich irgendwann was machen, was besser für meinen kaputten Rücken und meinen Geldbeutel ist. Als nächstes muss ich einen Schwerbehindertenausweis beantragen, das hilft, dass man nicht ständig gefeuert wird. Mit Autismus kriegt man wohl mindestens 50%.

12.09.2022 23:00 • #11


A


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