
Mittnacht
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Hallo ihr Lieben, ich habe seit einiger Zeit nicht mehr hier geschrieben, aber immer fleißig mit gelesen. Ich habe mich gefragt, ob es unverschämt ist, jetzt wieder mit Mimimi um die Ecke zu kommen, aber ich kann mit niemandem drüber reden und muss das mal los werden, sonst knalle ich noch durch. Ich entschuldige mich auch direkt, der Text wird etwas länger werden.
Eigentlich ging es mir nun längere Zeit ganz okay. Nicht immer super, aber man kennt das Theater: Es ist ein Auf und Ab. Nachdem ich schon seit einigen Jahren auf der Arbeit ziemlich überfordert war, weil ich fünf Abteilungen gleichzeitig bedient habe, dann letztes Jahr auch noch Corona zugeschlagen hat und mein Arbeitgeber wirtschaftlich sehr in Schieflage geraten ist, viele Kollegen gegangen sind und ich angefangen habe, meinen Job zu hassen, habe ich mich nach etwas Neuem umgesehen. Soweit ganz normal. Mit dem Prozess habe ich mich etwas schwergetan, weil meine Kollegen eher wie Freunde für mich waren. Jeder bei uns wusste über die Probleme des anderen Bescheid und es war immer jemand zum Reden da. Ich habe mich sehr gut aufgehoben gefühlt in diesem Kollegium, die schlechten Tage, an denen ich mit Angst auf der Arbeit saß, kann ich an einer Hand abzählen. Aber wenn alles andere nicht mehr stimmt und man weiß, dass der Laden kurz vor der Insolvenz steht, dann hilft es nichts, man muss einen neuen Weg einschlagen. ich habe mich also umgehört und hatte wirklich viel Glück, denn durch meine beste Freundin bin ich an einen neuen Job gekommen, der sehr gut bezahlt wird und wesentlich stressfreier ist als mein alter Beruf. Ich muss halt sehr viel neu lernen und fühle mich die meiste Zeit über dumm und überflüssig und habe das Gefühl, dass ich die in mich gesetzten Erwartungen nicht erfüllen kann. Noch dazu arbeite ich nun mit meiner besten Freundin in einer Abteilung und obwohl das eigentlich kein Problem darstellt, macht mein Kopf die ganze Zeit folgendes: du darfst auf keinen Fall versagen, weil sie dann schlecht dastehen könnte. Du darfst sie nicht enttäuschen, weil du ihr schließlich unter die Arme greifen sollst. Du solltest dich von ihr ein wenig zurück ziehen, damit sie nicht bald die Schnauze voll hat von dir. Und so weiter und so fort. Dazu kommt, dass ich nun einen längeren Arbeitsweg habe von circa anderthalb Stunden pro Strecke und meine Agoraphobie lacht sich ins Fäustchen, weil sie so richtig aufdrehen kann während der Zugfahrten. Das alles ist furchtbar anstrengend und schon in der ersten Arbeitswoche Anfang Mai habe ich nach vielen Monaten Ruhe wieder die ersten schlimmen Panikattacken bekommen. Einmal hat mich dabei die komplette Kraft im Körper verlassen und ich bin in der Straßenbahn vom Sitz gerutscht, was mir eine Anfahrt eines Krankenwagens eingebracht hat inklusive extrem vieler neugierige Blicke.
Seit diesem Erlebnis habe ich nun fast täglich wieder mit Panikattacken zu kämpfen. Wenn ich Glück habe, sind es zwei Tage in der Woche, an denen es mir ganz okay geht, den Rest der Zeit kämpfe ich gegen meine inneren Dämonen. Neulich war es so schlimm, dass ich 15 Minuten lang unter meinem Schreibtisch gesessen habe, auf allen Vieren, und einfach nur versucht habe, weiter zu atmen.
Vor etwa zwei Wochen hat mir meine Nachbarin erzählt, dass sie Ende Juli aus der Wohnung über mir ausziehen werden, was mich noch zusätzlich geschockt hat. Ich lebe in einer Stadt, in der ich außer meinen Nachbarn niemanden kenne und zu wissen, dass dieser Anker nun auch bald weg ist, hat mir für zu Hause irgendwie den Boden unter den Füßen weggezogen. Vermutlich klingt das total komisch, aber man muss dazu wissen, dass ich schon sehr lange alleine bin und fast keine sozialen Kontakte mehr habe. Die waren sowieso nie besonders üppig, durch Corona sind sie aber fast auf null zusammen geschrumpft.
Das Schlimmste an der ganzen Sache ist, dass sich meine Ängste nicht nur auf mich beziehen, sondern dass ich regelmäßig wegen meiner Haustiere durchdrehe. Heute Abend zum Beispiel habe ich unglaubliche Angst davor, dass mein Kater schwer krank sein könnte und sterben muss. Ich kann nicht aufhören ihn zu beobachten und Dinge in sein Verhalten zu interpretieren, was mich extrem stresst und mich in eine Angstspirale nach der anderen treibt.
Die Kombination aus funktionieren müssen, Erwartungen erfüllen zu müssen, niemanden enttäuschen und gemocht werden zu wollen, einsam zu sein, immer alles allein schaffen zu müssen, die Panik aushalten zu müssen und nicht aufgeben zu wollen ist so überfordernd für mich, dass ich mich frage, ob die Entscheidungen, die ich in den letzten Monaten und Jahren getroffen habe, nicht schuld daran sind, dass es mir nun so schlecht geht. Also im Grunde habe ich mir das wohl selbst eingebrockt. Ich habe sowieso das Gefühl, dass mein Leben keinen Sinn macht und dass ich es so richtig schön in den Sand gesetzt habe. Es gibt niemanden, der mich braucht oder der mich liebt, ich kann auch niemanden lieben, aber ich muss funktionieren, weil ich zumindest für das Leben meiner beiden Kater verantwortlich bin und für sie Geld verdienen muss. Wow, das klingt extrem traurig und deprimierend, aber es ist leider die Wahrheit. Vermutlich muss ich mich nicht einmal fragen, woher die Angst jetzt gerade wiederkommt, ich sollte mir nur überlegen wie ich sie wieder loswerden kann. Am Dienstag habe ich einen Termin bei meiner Psychiaterin, aber ich weiß jetzt schon, dass sie mir sagen wird, dass ich da nun durch muss und es schon irgendwann besser wird. Ich weiß nur leider nicht, wie lange ich das noch aushalte.
Tut mir leid für den ewig langen Monolog, es gibt mir nun aber das Gefühl, wenigstens mal einen Teil los geworden zu sein von dem Dreck, der meine Synapsen verstopft.
Eigentlich ging es mir nun längere Zeit ganz okay. Nicht immer super, aber man kennt das Theater: Es ist ein Auf und Ab. Nachdem ich schon seit einigen Jahren auf der Arbeit ziemlich überfordert war, weil ich fünf Abteilungen gleichzeitig bedient habe, dann letztes Jahr auch noch Corona zugeschlagen hat und mein Arbeitgeber wirtschaftlich sehr in Schieflage geraten ist, viele Kollegen gegangen sind und ich angefangen habe, meinen Job zu hassen, habe ich mich nach etwas Neuem umgesehen. Soweit ganz normal. Mit dem Prozess habe ich mich etwas schwergetan, weil meine Kollegen eher wie Freunde für mich waren. Jeder bei uns wusste über die Probleme des anderen Bescheid und es war immer jemand zum Reden da. Ich habe mich sehr gut aufgehoben gefühlt in diesem Kollegium, die schlechten Tage, an denen ich mit Angst auf der Arbeit saß, kann ich an einer Hand abzählen. Aber wenn alles andere nicht mehr stimmt und man weiß, dass der Laden kurz vor der Insolvenz steht, dann hilft es nichts, man muss einen neuen Weg einschlagen. ich habe mich also umgehört und hatte wirklich viel Glück, denn durch meine beste Freundin bin ich an einen neuen Job gekommen, der sehr gut bezahlt wird und wesentlich stressfreier ist als mein alter Beruf. Ich muss halt sehr viel neu lernen und fühle mich die meiste Zeit über dumm und überflüssig und habe das Gefühl, dass ich die in mich gesetzten Erwartungen nicht erfüllen kann. Noch dazu arbeite ich nun mit meiner besten Freundin in einer Abteilung und obwohl das eigentlich kein Problem darstellt, macht mein Kopf die ganze Zeit folgendes: du darfst auf keinen Fall versagen, weil sie dann schlecht dastehen könnte. Du darfst sie nicht enttäuschen, weil du ihr schließlich unter die Arme greifen sollst. Du solltest dich von ihr ein wenig zurück ziehen, damit sie nicht bald die Schnauze voll hat von dir. Und so weiter und so fort. Dazu kommt, dass ich nun einen längeren Arbeitsweg habe von circa anderthalb Stunden pro Strecke und meine Agoraphobie lacht sich ins Fäustchen, weil sie so richtig aufdrehen kann während der Zugfahrten. Das alles ist furchtbar anstrengend und schon in der ersten Arbeitswoche Anfang Mai habe ich nach vielen Monaten Ruhe wieder die ersten schlimmen Panikattacken bekommen. Einmal hat mich dabei die komplette Kraft im Körper verlassen und ich bin in der Straßenbahn vom Sitz gerutscht, was mir eine Anfahrt eines Krankenwagens eingebracht hat inklusive extrem vieler neugierige Blicke.
Seit diesem Erlebnis habe ich nun fast täglich wieder mit Panikattacken zu kämpfen. Wenn ich Glück habe, sind es zwei Tage in der Woche, an denen es mir ganz okay geht, den Rest der Zeit kämpfe ich gegen meine inneren Dämonen. Neulich war es so schlimm, dass ich 15 Minuten lang unter meinem Schreibtisch gesessen habe, auf allen Vieren, und einfach nur versucht habe, weiter zu atmen.
Vor etwa zwei Wochen hat mir meine Nachbarin erzählt, dass sie Ende Juli aus der Wohnung über mir ausziehen werden, was mich noch zusätzlich geschockt hat. Ich lebe in einer Stadt, in der ich außer meinen Nachbarn niemanden kenne und zu wissen, dass dieser Anker nun auch bald weg ist, hat mir für zu Hause irgendwie den Boden unter den Füßen weggezogen. Vermutlich klingt das total komisch, aber man muss dazu wissen, dass ich schon sehr lange alleine bin und fast keine sozialen Kontakte mehr habe. Die waren sowieso nie besonders üppig, durch Corona sind sie aber fast auf null zusammen geschrumpft.
Das Schlimmste an der ganzen Sache ist, dass sich meine Ängste nicht nur auf mich beziehen, sondern dass ich regelmäßig wegen meiner Haustiere durchdrehe. Heute Abend zum Beispiel habe ich unglaubliche Angst davor, dass mein Kater schwer krank sein könnte und sterben muss. Ich kann nicht aufhören ihn zu beobachten und Dinge in sein Verhalten zu interpretieren, was mich extrem stresst und mich in eine Angstspirale nach der anderen treibt.
Die Kombination aus funktionieren müssen, Erwartungen erfüllen zu müssen, niemanden enttäuschen und gemocht werden zu wollen, einsam zu sein, immer alles allein schaffen zu müssen, die Panik aushalten zu müssen und nicht aufgeben zu wollen ist so überfordernd für mich, dass ich mich frage, ob die Entscheidungen, die ich in den letzten Monaten und Jahren getroffen habe, nicht schuld daran sind, dass es mir nun so schlecht geht. Also im Grunde habe ich mir das wohl selbst eingebrockt. Ich habe sowieso das Gefühl, dass mein Leben keinen Sinn macht und dass ich es so richtig schön in den Sand gesetzt habe. Es gibt niemanden, der mich braucht oder der mich liebt, ich kann auch niemanden lieben, aber ich muss funktionieren, weil ich zumindest für das Leben meiner beiden Kater verantwortlich bin und für sie Geld verdienen muss. Wow, das klingt extrem traurig und deprimierend, aber es ist leider die Wahrheit. Vermutlich muss ich mich nicht einmal fragen, woher die Angst jetzt gerade wiederkommt, ich sollte mir nur überlegen wie ich sie wieder loswerden kann. Am Dienstag habe ich einen Termin bei meiner Psychiaterin, aber ich weiß jetzt schon, dass sie mir sagen wird, dass ich da nun durch muss und es schon irgendwann besser wird. Ich weiß nur leider nicht, wie lange ich das noch aushalte.
Tut mir leid für den ewig langen Monolog, es gibt mir nun aber das Gefühl, wenigstens mal einen Teil los geworden zu sein von dem Dreck, der meine Synapsen verstopft.
27.06.2021 21:57 • • 27.06.2021 #1
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