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Hallo liebe Forummitglieder,

Ich lese schon seit einiger Zeit viele Beiträge auf dieser Seite. Rund um das Thema Agoraphobie, Soziale Phobie und Depressionen...habe bisher aber noch nie einen Beitrag verfasst.
Nun zu mir. Ich bin 19 jahre alt und habe eine sehr stark ausgeprägte agoraphobie. Ich habe sie bzw. Die ersten panikattaken vor rund 3 Monaten bekommen. Mir geht es sehr, sehr schlecht. So wie wahrscheinlich vielen hier.
Ich gehe nicht mehr aus dem Haus, manchmal mehrere tage am Stück nicht und wenn ich rausgehe dann nur um ein wenig frische luft zu schnappen, d.h. ich gehe spazieren und das an Orten wo kaum andere Menschen sind. Ich kann nichts mehr machen. Ich habe sogar meine Ausbildung abgebrochen, da der weg dorthin die reinste qual für mich war. Ich bin immer mit dem bus zur Ausbildung gefahren und musste dann aber teilweise schon viel früher aussteigen weil ich befürchtet habe gleich umzufallen oder einen Herzinfarkt zu bekommen.
Und in der Ausbildung war es dann auch kaum zu ertragen. Ich konnte mit niemanden von meinen Kollegen reden, da es mir immer eiskalt den Rücken runtergelaufen ist, ich Atemnot bekommen habe und angefangen habe zu zittern. Das heißt ich sitze nur noch zuhause und mache nichts mehr. Zusätzlich machen meine eltern ziemlichen Druck weil sie ja verständlicher weise möchten dass ich etwas aus meinem leben mache. Sie verstehen meine Situation leider überhaupt nicht. Ich habe mich bereits nach einem Therapieplatz umgesehen. Es ist aber leider nichts frei. Ich nehme jetzt seit 6 tagen sertralin 50 mg. Aber ich habe das Gefühl dass sie alles nur noch verschlimmern. Ich bin noch viel träger als davor. Ich habr kreislaufprobleme und ich bin innerlich sehr aufgedreht und kann abends nicht vernünftig schlafen.
Abgesehen von dieser Problematik habe ich überhaupt keine Freunde mehr. Ich fühl mich so einsam und würde gerne ein paar menschen um mich rum haben mit denen ich den ganzen mist vergessen kann. Ich will wieder mein Leben leben so wie früher...
Ich kann nicht mehr auf iwelche Menschen zu gehen und sie ansprechen geschweige denn ganz spontan neue Bekanntschaften schließen. Ich bin total verzweifelt und am ende mit meinen Nerven. Diese krankheit zerstört mein ganzes Leben.
Wenn es euch ähnlich geht, dann bitte bitte schreibt mir. Oder wenn ihr eine Möglichkeit gefunden habt dem ganzen zu entkommen und ihr eine Lösung gefunden habt, dann schreibt mir bitte auch.
Ich danke euch jetzt schon allen fürs durchlesen und für hoffentlich schnelle Antworten.

Lg.

21.11.2013 14:14 • 21.11.2013 #1


1 Antwort ↓

Hi! Du wirst hier viele Menschen kennenlernen, die ähnliche Erlebnisse haben oder hatten. Sieh deinen Zustand und deine Gefühle als etwas an, was dir deine Psyche mitteilen will.
Du lebst noch bei deinen Eltern (?) und befindest dich mit der Ausbildung in einem Lebensabschnitt, der für viele Menschen viel bedeutet. Abnabelung von den Eltern, selbstständig und selbstverantwortlich leben und handeln- das alles ist echt ziemlich beängstigend und belastend. Das drückt dir aufs Gemüt.
Deine akuten Ängste KÖNNTEN ein Ausdruck dieser Zukunftsangst sein. Jedesmal, wenn gezielt etwas mit dem Thema Zukunft zu tun hat, kommen deine Ängste hoch.
Zuhause ist dein Nest, dein sicherer Bereich der bitte so bleiben soll wie es ist. Das wird nicht immer so sein und das ist beängstigend. In so einer extremen Phase, in der ich auch schon gewesen bin zieht man sich oft erstmal extrem zurück. Ich konnte eine zeit lang kaum einkaufen gehen, nicht autofahren, nicht mit anderen Menschen sprechen, nicht telefonieren- alles, was mit Kontakten zu tun hatte hat mich völlig fertig gemacht.
Ich hatte den Überblick verloren, hab nur noch das große Monster Zukunft gesehen und das jetzt vergessen. Mir hat geholfen, mich wieder auf das jetzt zu konzentrieren. Vielleicht hilft dir das auch.
Ich hab mir wnizig kleine Aufgaben gestellt- für die ich teilweise den ganzen Tag gebraucht habe. Heute bringe ich den Müll raus- teilweise hab ich den ganzen Tag geschlafenm gedöst, Internetsurfen...und erst abends um 20.00 hatte ich mich genügend aufgerafft, den Müll rauszubringen. Ein Weg von 30 m über den Hof. Und dann hab ich wieder einen Tag Pause gebraucht. So winzig kleine Projekte und Aufgaben hab ich mir mehr und mehr gestellt und irgendwann sogar 2 (!) Aufgaben am Tag, oho. Usw usw, dann auch Dinge, die mich mehr geängstigt haben, z.B. zur Sprechtherapie gegangen, Tanken gefahren..beim EInkaufen in zwei Geschäfte gegangen nicht nur in eins...
Mir hat es geholfen und ich hab es geschafft, aus dem Loch wieder herauszukommen. Ich gebe wieder unterricht (spreche also und werde direkt dafür entlohnt, muss also Leistung bringen), ich habe meinen Haushalt wieder im Griff, ich habe gerade jemanden kennengelernt wo gegenseitiges Interesse besteht, ich lerne wieder neue Dinge, ich besuche wieder FOrtbildungen, ich denke über einen Geschäftsgründung nach.
Sich der Zukunft zu stellen und sich selbst zu vertrauen, dass man das packt kostet unglauiblich Mut und Kraft. Das kann man trainieren und du kriegst das auch hin, wenn du dein Training dem anpasst, was du schaffst. Kleine Schritte, kleine Aufgaben werden zu mehr Schritten und mehr Aufgaben. Und wenn das klappt, dann machst du mal eine größere Aufgabe, einen großen Schritt. Du selbst legst fest, was leicht und was schwer ist, aber versuch dich zum handeln zu zwingen, sonst wird sich der Zufall oder das Leben eine Aufgabe für dich ausdenken, die dir nicht gefällt. Denk dir leiber selbst was aus, was du machen, schaffen kannst. (Kleiderschrank aufräumen, Kleidung sortieren, neu falten, neu einräumen. Schuhe putzen und in Kartons packen. Bücher alphabetisch sortieren. oder nach Thema oder nach Farbe. CD´s sortieren. Küchenschränke ausräumen, auswischen und wieder einräumen....)


Ach ja: und sprich es aus, dass du eine soziale Angst hast! Sag den Leuten: ich habe ein großes Problem damit, mit fremden Menschen zu sprechen, bitte nicht wundern, wenn ich mich irritierend verhalte, ich übe das. Du kannst mir dabei helfen. Ich hab niemanden bisher erlebt, der da nicht drauf angesprungen ist. Wenn man direkt um Hilfe bittet sagen die wenigsten Leute nein. Ok, man hat natürlich einen gewissen Ruf weg, aber getratscht wird immer und wenn man sich weiter und weiter hervorarbeitet wird das auch bemerkt und dann heißt es: mensch, dass die sich so gut gemacht hat
Man ist nicht der Mittelpunkt des Universums anderer Leute und so schnell wie man selbst Thema war ist man auch wieder vergessen- also mach dir keinen Kopf darum, dass die anderen dich vielleicht für schwach oder blöd halten. Die meisten Menschen haben sich schon mal furchtbar und ängstlich und schwach gefühlt, es redet bloß keiner drüber. Ist man selbst der/die erste, hört man auf einmal ganz ganz viele solcher Geschichten. Du schaffst das schon.





Dr. Reinhard Pichler
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