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DanPanic
Guten Abend allerseits!

Ich habe mich heute hier angemeldet in der Hoffnung mich durch die schier unendliche Beitragsflut wühlen zu können und hilfreiche Erfahrungen im Umgang mit Panikattacken und nachhaltige Wege aus ihr zu finden. Da ist es schon hilfreich, mal etwas zu mir zu sagen...

Abiturient, Mitte der 20er Jahre, Akademiker der BWL, selbst. Unternehmer und seit 6 Jahren (WM 2010 rum) Panikler.

Vor was genau habe ich eigentlich Angst/Panik?

Es fing mal alles an mit dem Essen gehen auswärts, egal wo, egal wann. Mir wurde von einem Moment auf den nächsten beim Essen so übel, dass ich das Zeug in meinem Mund nicht mal runterschlucken konnte... Ein Kampf der Übelkeit, gegen das zwanghafte runterschlucken und danach war das Essen gehen für mich gelaufen. Begleiterscheinungen wie panische Suche nach Fluchtwegen und kreisenden Panikgedanken verhinderten ab diesem Erlebnis in Berlin, dass ich fortan Essen gehen konnte.

In meiner früheren Jugend betrieb ich mal Kraftsport, hatte einen ansehnlichen durchtrainierten Körper und würde mich als allgemein relativ attraktiven Typ bezeichnet haben. Das mit dem Essen war damals kein Problem, egal was, egal wann, was ich essen wollte, ging runter. Ohne Übelkeit, ohne Panik. Das ist jetzt bereits über 7 Jahre her....

Nachdem diese Panikattacken in Verbindung mit dem Essen auftraten, mied ich jegliche Situationen, in denen ich irgendwo Essen gehen musste. Meine Automatismen im Unterbewusstsein regelten sogar so stark ab, dass ich mich nichtmal mehr wagte, Verabredungen zu vereinbaren, bei denen gegessen wurde. Die Panik nahm also überhand. Nachdem ich nachdem Abitur eine Ausbildung begann, waren betriebliche Anlässe, in denen ich Essen musste/konnte/sollte die Hölle und es ging einfach nicht. Hinzu kamen Krankheitstage die durch Übelkeit, Ängste und negative, kreisende Gedanken bestimmt wurden. Mir wurde regelmäßig nach dem Essen, das ich selbstverständlich zurückgezogen und in vertrauter Umgebung tat, schlecht, so dass mein Tag davon abhängig war, ob meine Gedanken mir einen guten Tagesverlauf erlaubten oder nicht.

Die Kreise der Panik wurden im Verlauf der Zeit immer größer, da sie auf andere Bereiche des alltäglichen Lebens überging. Ich vermied Verabredungen die in der Zukunft lagen aus der Angst, zu diesen Zeiten gehe es mir schlecht (Wunder, wer hats erwartet, so war es dann auch), unternahm keinerlei Urlaubsreisen aus der Angst, nicht Flüchten und mich an vertraute Rückzugsorte zurück ziehen zu können und ging natürlich nie wieder essen. Auch Unternehmungen, die eigentlich mordsmäßigen Spaß machen (Achterbahnfahren im Europapark) und ähnliche Dinge wurden für mich eine absolute Herausforderung, die darin bestand, meine Angst in Zaum zu halten. Ich hatte erfreulicherweise im Jahr 2014 eine Lebensmittelvergiftung, die mir einen 2 tägigen Krankenhausaufenthalt einbrachte und natürlich in Verbindung mit der Angst dazu führte, dass sich mein Gehirn diesen Umstand zu nutzen machte, jedes eventuell unsichere Essen seit diesem Tage hinsichtlich seiner Gefahr zu beurteilen, ob ich eine Lebensmittelvergiftung erleiden könne.

Ich begann mit dem Medikament Alprazolam, als meine Angst vor der IHK Prüfung 2013 so groß war, dass ich vor der ersten schriftlichen Prüfung die ganze Nacht durchgereiert habe. Das Zeug nehme ich bis heute, da ich natürlich durch die hohe Abhängigkeit nicht mehr runter komme solange die Beschwerden da sind (Danke an die Pharmaindustrie, ihr habt einen Dauergast gezüchtet). Im Jahr 2014 wurde mein allgemeiner psychischer Zustand so schlimm, dass ich teilweise mehrere Abende hintereinander nach der Arbeit im Bett lag und wie ein sterbenskranker gelitten habe. Symptome: heiße Stirn, Übelkeit, Gliederschmerzen, teilweise eiskalte Hände und Depressionen. Das Leben wäre schön wenn es zu Ende wär war mein Motto.

Ich begann eine Therapie bei einem psychoanalytischen Arzt, der zwar ein von mir aufgrund seiner Intelligenz und allgemeinen Bildung hoch geschätzter Mann ist, jedoch in der Praxis seit 2 Jahren meine Panik nicht lösen konnte. Wie auch, wir sprechen ja nicht darüber, beziehungsweise ist die Kindheit total interessant. Klar wessen Kindheit war das nicht?! Er schätzt Theateraufführungen und musische Künste vergangener Größen der Klassik, was zwar enorm erweiternd ist, faktischerweise aber nicht zu meiner Gesundung beiträgt. Ich bin froh, dass die Krankenkasse zahlt, der gute Mann wäre über die Jahre ganz schön teuer geworden...

Ich habe zahlreiche Bücher gelesen, die bei Amazon zu dem Thema verfügbar waren, schon überlegt, selbst Psychologie zu studieren, aber irgendwie habe ich das Gefühl, hilft bis jetzt nicht wirklich etwas. Ich bin kein Freund von Konfrontationstherapie, das hatte ich im Prinzip in der Ausbildung durch Geschäftsessen, denn da musste ich dann durch. Gegessen habe ich nichts, die Angst wurde größer. Ja ich habe überlebt, tolle Erkenntnis, das nimmt mir aber nicht die Angst und die Übelkeit. Akzeptiere die Angst ist auch nicht so mein Ding, ich akzeptiere sie ja mehr als die geliebten Menschen in meinem Leben und weg geht sie dadurch auch nicht.

Da ich selbständig bin und gleichzeitig Angst vor künftigen Planungen habe (Terminvereinbarungen), versuche ich je nach Tagessituation möglichst flexibel und kurzfristig zu handeln. Klar, viele Menschen mögen spontane Dates mit ihrem Finanzberater nicht unbedingt. Das wirkt sich unter anderem auf mein Einkommen aus und ich kann bei weitem nicht das aus mir heraus holen, was ich gerne haben würde. Das belastet mich unheimlich, auch finanziell ist es manchmal schwierig. Ich kompensiere meine Ängste und schlechten Gefühle teilweise dadurch, dass ich regelmäßig für mehrere Tausend Euro einkaufen gehe. Das klingt erstmal super toll, wenn man aber bedenkt, dass ich das nur aus psychischen Gründen mache, um mich besser zu fühlen und ich dadurch keine Reserven bilde, die mir Sicherheit bieten, ist das bedenklich.

Es ist schade, dass ich mein Leben meiner Krankheit unterordnen muss, da ich nicht weiß, wie ich sie besiegen kann. Ich habe viele Dinge vor, würde gerne wieder selbstbestimmt leben können und das Leben frei gestalten, Reisen unternehmen (würde gerne einmal im Leben in einem Mustang von der Westküste zur Ostküste der USA fahren, so Roadtripmäßig), endlich an Freizeitunternehmungen Spaß haben und mich vielmehr mit Menschen treffen, das Leben genießen und vor allem: Romantisch Essen gehen (gut der weibliche Gegenpart lässt sich noch finden, aber der Gedanke steht!).

Ok das reicht dann auch. Fragen beantworte ich natürlich gerne, wenn sie hilfreich sein können. Ach und.. Danke fürs Lesen!

15.10.2016 21:49 • 17.10.2016 #1


5 Antworten ↓


D
Ach ich weiß auch nicht, aber irgendwie hab ich das Bedürfnis dich mal zu drücken
Es hört sich wirklich sehr leidvoll an und ich kenne es auch von Ängsten sehr eingeschränkt zu sein.
Eine idee hätte ich für dich....eine stationäre Therapie. Natürlich nicht irgendwo. Und die wirklich guten Kliniken haben Wartezeit.
Aber ich muss sagen, dass es mir in 8 Wochen mehr gebracht hat, als all die Jahre ambulant.
Es lag aber eindeutig auch an der Klinik und dass man eben nicht nur 1 mal pro Woche ein Gespräch hat.
Ich konnte dort zum ersten mal seit langem normal essen, wo ich sonst ständig bauchweh hatte.
Konnte plötzlich Kaffee vertragen etc
Und habe viel für mich erkannt und auch mitnehmen können.
Es ist immer noch schwer aber ich versuche es nach und nach im Alltag umzusetzen.
(Mit dem inneren kind sprechen z.b., sich selbst vertrauen, Atemübungen etc)
Lg

15.10.2016 22:19 • #2


A


Autobiografisches Kurzwerk ohne langwierige Sätze

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DanPanic
Danke dir, für deine Idee mit der stat. Therapie. Auch darüber habe ich nachgedacht... Mir fällt es auf der einen Seite echt schwer, mich dazu zu bewegen, einen solchen Schritt zu gehen, habe aber auch schon von vielen Betroffenen gehört, die wie du auch, sagen, dass es ihnen sehr viel geholfen hat.

Meine Gedanken dazu sind: Unwohlsein, weil fremde Umgebung, keine Wohlfühloase stattdessen Klinikambiente - Panikangst; Wer kümmert sich um meine geliebten Raubtiere zu Hause (2 unheimlich gefährliche Tiger mit scharfen Krallen, die mich bisher noch nicht als lukrative Beute ausgemacht haben); wie stemme ich die Kosten, die trotzdem anfallen; kann ich mich vorher schon festlegen, welche Therapieansätze ich gehen möchte? (am liebsten natürlich den Weg des geringsten Leids)

Das mit dem Kaffee ist faszinierend... Ich vertrage auch keinen Kaffee weil mir davon schlecht wird... aber nur an schlechten Tagen, weshalb ich notorischer Nicht-Kaffee-Trinker bin. Letztlich ist auch das eine Folge psychischer Überreaktion auf körperliche Symptome die der Kaffee mit sich bringt, ich denke nicht, dass wir eine Kaffee-Unverträglichkeit haben, die biologisch begründbar ist.

Wie lange ist denn dein Aufenthalt her? Hast du zwischen vorher nachher einen nachhaltigen Effekt mitgenommen?

15.10.2016 22:31 • #3


D
Hey, ja besonders eine Erkenntnis war für mich prägend. Nämlich die, dass ich mir und meinem bauchgefühl trauen kann!
2. Dass ich anders Menschen zum reden brauche
Und zwar und das ist entscheidend, authentische!
Ich selbst übe ehrlich und authentisch zu sein, mich nicht zu verstellen für andere.
Ist teilweise anstrengend, aber eben auch gesünder.
Dadurch musst du dich auch weniger zurück ziehen.
In der Klinik wo ich für 8 Wochen war konnte man die Therapie mitbestimmen. Natürlich ist das Kriterium nicht wenig leid, da muss ich dich enttäuschen
Sondern was passt und sinnvoll ist.
Aber es ist schon so, dass traumatisierte instabile Menschen dort nicht zu stark belastet wurden sondern mehr stabilisierende Therapie bekamen.
Aber für mich war klar, ich gehe dadurch, egal wie hart. Ich habe nichts zu verlieren, ich will gesund werden.
Das war meine Einstellung.
Natürlich muss man sich eingewöhnen das ist normal und die ersten Tage, besonders der erste waren schlimm. (Kleiner heul-zusammenbruch) aber dann konnte ich die Therapie gut annehmen, was aber sicher auch an der besagten Einstellung von mir lag.
Die klinik musst du sehr gut auswählen und die Wartezeit in kauf nehmen.

15.10.2016 22:46 • #4


Daisho
Hallo DanPanic,

ich gestehe, deinen Bericht mit einem mehr als breitem Schmunzeln gelesen zu haben. Nicht nur wegen vieler Parallelen der Erfahrungen, auch wegen deines Humors, der daraus spricht. Ein Wechsel auf dein Profil - tja, was wollte ich wohl dort? Als Partner falle ich eh aus; ich kann's lesen - und iiih, ein BWLer. Da muss wohl irgendwo oi Nescht soi....

Jedoch überrascht mich eines: Dein Wege aus der Angst durch Umkonditionierung und dann dieser Statusbericht. Du postest eine verflixt mächtige Waffe. Kann es aber sein, dass du dir deren Möglichkeiten noch gar nicht vollumfänglich bewusst wurdest?

Allerdings weiß ich nicht, in wie weit du aktuell noch unter Medikamenten stehst. Die von dir gepostete Methodik wird durch Medi's erheblich ausgebremst. Auch, wenn man sie allein mit der Ratio bewältigen will...

17.10.2016 07:11 • x 1 #5


DanPanic
Zunächst mal guten Morgen!

Ja, um erstmal einen Einblick zu verschaffen, wie ich überhaupt den persönlichen Weg des Leidens gehen musste, bevor ich an einen Punkt kam, der in mir eine innere Kraft weckte, sich selbst aus dem Trübsalsee zu fischen, anstatt den Arm aus dem Wasser zu halten und die untalentiertesten Fischer der Welt es versuchen zu lassen, brachte mich zu diesem Statusposting.

Auf der einen Seite ist natürlich darin zu sehen und zu entnehmen, welchen Umfang die Belastung für sich eingenommen hat, auf der anderen Seite erzeugt es natürlich die Wirkung, ich bin da etwas hoffnungslos. Mein Gedanke, ein bisschen Humor aufs Brot schmieren, macht die Sache dann nicht ganz so traurig, kommt aber, wie ich an deiner Antwort spüre, durch Das ist schön zu lesen, danke! Durch meinen fortlaufenden Prozess der Umkonditionierung leide ich allerdings schon länger nicht mehr an vieler dieser Symptome, klar es gibt mal Flashbacks, aber einen Weg raus. Dennoch verfolge ich die Ziele, die dort oben stehen noch alle, denn erreicht habe ich sie noch nicht und es ist schön, Wünsche zu verfolgen. Durch die Umkonditionierung werde ich sie auch erreichen, es braucht aber Zeit und Arbeit. Ohne Fleiß kein Preis und so.

Die Waffe der Umkonditionierung (ich habe vor etwa einem Jahr dieses Werkzeug kennen gelernt und einige Monate gebraucht, bis ich damit erste innere Erfolge erzielen konnte, da eine Bewusstseinsebene, sowie innere Einstellung im Körper geschaffen werden muss, die vom Normalo-Menschen nie benutzt wird (sehr schade eigentlich - eine Klammer in der Klammer, falls es auffällt)) ist sehr umfänglich, auch wenn sie, wie du selbst sehr gut weißt, falsch eingesetzt, gefährlich sein kann.

Ich möchte aber die Erfahrungen und sich seit Monaten bei mir verbessernde Struktur aus den Techniken gerne jedem zukommen lassen, der sich bereit erklärt, sich zu verändern und auf dieses Werkzeug einzulassen. Auch ich bin noch lange nicht am Ziel und freue mich daher über jeden Erfahrungsbericht derer, die es ausprobieren. Du glaubst gar nicht, wie ich im Kreis hüpfe, wenn es auch nur einen gibt, der sich der Methodik annimmt und dadurch selbst heilt. Einem Menschen geholfen zu haben sein Leben zu retten ist unbezahlbar. Daher kam ich auf die Idee aus all den gekauften Büchern und wissenschaftlichen Arbeiten, die ich mir über meine Uni besorgt habe, aus den Überschneidungen, persönlich getesteten und hilfreich empfundenen Methoden, sowie anderen Sparten eine Methodik zusammen zu rühren, die es ohne Wirkung zu verlieren oder Werbung zu beinhalten aufs Wesentliche bringt. Ich glaube, viele Panikbetroffene geben hunderte, manche tausende Euros aus, ohne wirklich weiter zu sein und dabei steckt alles was sie brauchen kostenlos in ihnen drin. Sie haben alles was sie brauchen, nur fehlt ihnen die Anleitung dazu. Ich habe zum Beispiel für all die Bücher in meinem Regal zu diesem Thema rund 300 Euro ausgegeben, einige davon waren absoluter Schrott. Ich denke, wenn ich fertig bin mit meinem Umkonditionierungsthread, hat jeder die Chance, kostenlos und effektiv eine Welt zu schaffen, in der er gerne leben möchte. Und für Einzelfragen und so weiter, stehe ich mit bestem Rat und meinen Erfahrungen zur Seite.

Zu den Medis: Ja ich nehme noch mein Alprazolam, habe allerdings vor Monaten schon sehr reduziert über einen längeren Zeitraum und auch nicht mehr hochgefahren seitdem. Ganz ausschleichen werde ich, wenn ich denke, es größtenteils geschafft zu haben, denn es braucht auch eine unheimliche Stärke, seinem Körper in solchen Phasen zu vertrauen.

LG

17.10.2016 10:49 • #6