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M
Hallo zusammen,

vorab muss ich zugeben, dass es mich viel Überwindung kostet hier zu schreiben. Ich fühle mich dabei nicht wohl und empfinde es als Selbstmitleid. Aber ich kann mich erst Recht nicht dazu überwinden mit Leuten aus meinem direktem Umfeld darüber zu sprechen.

Ich bin 28 Jahre alt und seit sechs Jahren single. Ich bin voll berufstätig und werde in Kürze zusätzlich ein Fernstudium beginnen. Freunde habe ich, aber man kann sie an zwei Händen abzählen. Ich habe Hobbies, die ich interessant finde, die mir aber nur selten Glücksgefühle verschaffen. Außerdem treibe ich regelmäßig Sport und lese viel.

Soweit so gut. Was mir zu schaffen macht ist die Einsamkeit und Sehnsucht nach körperlicher Nähe. Dieses Gefühl ist inzwischen so groß, dass ich antriebslos werde und meine Hobbies nicht angehe. Ich sitze stundenlang am PC, höre Musik und surfe immer die gleichen Seiten ab. Manchmal lege ich mich am Wochenende abends früh ins Bett und versuche einzuschlafen um einfach nichts mitzukriegen.

Zu meinem Umfeld kann ich Folgendes sagen: Ich würde den Kontakt zu meinen Freunden als oberflächlich beschreiben. Man trifft sich in 'nem Café/Restaurant/Pub und unterhält sich über persönliche/berufliche Veränderungen oder gemeinsame Hobbies. Danach gehe ich nach Hause ohne mich besonders gut oder schlecht zu fühlen, einfach leer.

Wenn mal eine Frau, die mir gefällt, häufiger mehr als nur zuvorkommend und höflich nett zu mir ist, spielt sich gleich ein ganzer Film in meinem Kopf ab. Das ist total übertrieben und steht in keinem Verhältnis zu den tatsächlichen Situationen, aber die Sehnsucht nach Nähe bringt mich um den Verstand. Das führt soweit, dass ich bei der Arbeit oder anderen Tätigkeiten starke Konzentrationsprobleme habe. Ich schweife oft minutenlang ab, was auf Kosten von Schnelligkeit und Genauigkeit geht. Insgesamt erhalte ich positive Resonanz für das was ich tue, und Leute fragen mich oft um Rat und erbitten Hilfe. Aber meine Fehler bleiben nicht unentdeckt und auch die Träumerei bleibt nicht verborgen. Zudem kann ich nachts nicht schlafen, weil ich mitunter stundenlang rumphantasiere und jedesmal wenn ich aus dieser Träumerei aufwache, habe ich 'nen dicken Kloß im Hals, weil ich feststelle, dass meine Träumerei weit von der Realität entfernt ist.

Ungewöhnlich an mir ist, dass ich mich gegenüber Leuten, die mir sympathisch sind, sehr loyal verhalte. Ich finde schwer in neue Gruppen rein, wenn man mich nicht bei der Hand nimmt und einführt. Wenn ich von mir aus versuche einen Platz in einer Gruppe zu finden, bin ich entweder zu intro- oder zu extrovertiert, nie genau in der Mitte. Mit einzelnen Leuten entwickeln sich durchaus interessante Gespräche. Small Talk auf Knopfdruck fällt mir schwer, ist aber möglich. Man merkt mir oft sehr direkt meine Stimmungslage an. Ich kann gute oder schlechte Stimmung schlecht verbergen. Außerdem rauche ich nicht und trinke keinen Alk.. Saufgelage sind für mich also keine Beschäftigung.

Ich leide unter Migräne. Zuletzt wurde diese testweise mit Antidepressiva behandelt. Mir ist dabei aufgefallen, dass durch das Medikament nicht nur die Symptome verschwunden sind, sondern, dass ich auch deutlich konzentrierter bei der Sache und deutlich motivierter war. Gleichzeitig ist die Gefühlsduselei aber auch meine Kreativität deutlich zurückgegangen. Die Gedanken tauchten sporadisch zwar immer noch auf, aber sie haben mich innerlich nicht mehr so stark berührt.

Sind Antidepressiva die Lösung meiner Probleme? Verändern Antidrepressiva die Persönlichkeit?

Ich habe ein wenig Angst davor, da man ja ständig Dinge über Verrückte Sachen liest, die dann damit begründet werden, dass da jemand seine Medikamente nicht genommen hat. z.B. Student klaut Traktor und bewirft Rockergruppe mit Eiern, nachdem er Psychopharmaka abgesetzt hat. Das klingt lustiger als es tatsächlich ist und sorgt bei mir für große Bedenken.

Für Ratschläge bzw. Erfahrungsausstauch wäre ich sehr dankbar.

Viele Grüße,

Magnus

30.01.2011 16:48 • 31.01.2011 #1


7 Antworten ↓


B
Immer wieder erstaunlich wenn andere Leute genau das beschreiben was man selber grade durchmacht ...

Zitat von Magnus*:
Soweit so gut. Was mir zu schaffen macht ist die Einsamkeit und Sehnsucht nach körperlicher Nähe. Dieses Gefühl ist inzwischen so groß, dass ich antriebslos werde und meine Hobbies nicht angehe. Ich sitze stundenlang am PC, höre Musik und surfe immer die gleichen Seiten ab. Manchmal lege ich mich am Wochenende abends früh ins Bett und versuche einzuschlafen um einfach nichts mitzukriegen.

Zu meinem Umfeld kann ich Folgendes sagen: Ich würde den Kontakt zu meinen Freunden als oberflächlich beschreiben. Man trifft sich in 'nem Café/Restaurant/Pub und unterhält sich über persönliche/berufliche Veränderungen oder gemeinsame Hobbies. Danach gehe ich nach Hause ohne mich besonders gut oder schlecht zu fühlen, einfach leer.

Zitat von Magnus*:
[...], aber die Sehnsucht nach Nähe bringt mich um den Verstand. Das führt soweit, dass ich bei der Arbeit oder anderen Tätigkeiten starke Konzentrationsprobleme habe. Ich schweife oft minutenlang ab, was auf Kosten von Schnelligkeit und Genauigkeit geht. Insgesamt erhalte ich positive Resonanz für das was ich tue, und Leute fragen mich oft um Rat und erbitten Hilfe. Aber meine Fehler bleiben nicht unentdeckt und auch die Träumerei bleibt nicht verborgen. Zudem kann ich nachts nicht schlafen, weil ich mitunter stundenlang rumphantasiere und jedesmal wenn ich aus dieser Träumerei aufwache, habe ich 'nen dicken Kloß im Hals, weil ich feststelle, dass meine Träumerei weit von der Realität entfernt ist.

Geht mir genauso, habe die selben Probleme. Quäle mich jeden Tag damit ab. Habe auch schon Selbstmordversuche (hauptächlich) deswegen gehabt, weil die Einsamkeit zeitweise einfach nicht mehr auszuhalten war. Nur die Hoffnung, dass es mal besser wird lässt mich noch weitermachen im Leben. Auf die schnelle wird sich allerdings nichts ändern, da habe ich noch viel vor mir.
Normalerweise bin ich gegen Medikamente die die Psyche beeinflussen, aber wenn Antidepressiva tatsächlich auch Einsamkeitsgefühle abschwächen dann werde ich auch um welche anfragen. Besser nichts spüren als diese Quälerei jeden Tag.

30.01.2011 17:19 • #2


A


Sehnsucht zerfrisst mich

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J
Hallo Magnus,

ich finde es toll, dass du den Mut gefunden hast hier über dein Problem zu schreiben. Ich bin noch ganz neu hier und ich muss auch zugeben, dass es mir noch etwas schwer fällt, hier über so persönliche Dinge zu schreiben.
Ich kenne dein Problem sehr gut, denn ich stecke gerade in einer ähnlichen Situation.
Die Gewissheit alleine zu sein, frisst mich genauso wie dich auf. Ich sehe alle (gleichaltrigen) Menschen und Freunde um mich herum, wie sie glücklich sind, wie sie sich verloben und heiraten und die ersten Kinder bekommen. Es ist unerträglich.
Ich bin 27 und auch schon sehr lange Single.
Bis vor einigen Monaten habe ich auch immer geträumt... den lieben langen TAg lang... am Abend vor dem einschlafen....und so weiter... Und die Gewissheit dass eigentlich alles anders ist und (aus eigener Sicht) alles unerreichbar ist tut verdammt weh.
Bei mir ist es mittlerweile so, dass ich gar nicht mehr zulassen kann zu Träumen, weil es mir zu sehr wehtut. Der Nachteil dabei ist aber, dass man sich vollkommen gefühllos fühlt.
Ich stecke (nach meiner Einschätzung) mittlerweile in einer Depression und habe in zwei Wochen einen Termin bei einer Therapeutin.
Ich denke, du solltest auf jeden Fall auch versuchen etwas zu tun, denn wie du an mir siehst wird es von selbst nicht besser sondern eher noch schlimmer.
In wie weit Antidepressiva gut oder schlecht sind, kann ich schlecht beurteilen, da ich noch nie Antidepressiva genommen habe. Aber ich denke es ist besser als nichts zu tun.

Hast du denn gar niemanden dem du dich anvertrauen kannst? Ich weiss dass das sehr schwierig ist, denn ich weiss aus eigener Erfahrung, dass viele Mitmenschen Sorgen solcher Art (also ich meine mit Einsamkeit und Singlesein) nicht so sehr ernst nehmen. Man hört immer wieder Ratschläge, wie der Richtige kommt schon noch.. oder du musst Geduld haben ... oder ich soll nicht immer rumjammern. Nur hilft sowas überhaupt nicht weiter.
Ich habe das große Glück, dass ich sehr großes Vertrauen zu meiner Schwester und ihrem Mann haben kann. Manchmal spreche ich mit den beiden über meine Sorgen und manchmal geniesse ich einfach nur ihre Anwesenheit. Das baut mich dann zumindest ein winzig kleines bisschen auf.
Das müsste dann bei dir natürlich jemand sein, mit dem du nicht nur oberflächliche Gespräche führen kannst. Vielleicht ein alter Freund aus früheren Zeiten?? oder eine gute Freundin??

Ich wünsche dir alles Gute und hoffe dass es dir bald etwas besser geht.

Viele Grüße,
Joeyline

30.01.2011 17:41 • #3


Mercutio
Hallo Ihr!

Ja ich kann mich hier auch einreihen...
bin 30 und auch seid 6 Jahren Single.. nachdem mein damals bester Freund (und mit bester Freund meine ich bester freund.. is nicht nur ne Redensart) hinter meinem Rücken was mit meiner Freundin angefangen hat und schließlich mit ihr abgehauen ist.. zum Glück denn sonst wär ich wahrscheinlich nicht in Freiheit...

Zitat von Magnus*:
Wenn mal eine Frau, die mir gefällt, häufiger mehr als nur zuvorkommend und höflich nett zu mir ist, spielt sich gleich ein ganzer Film in meinem Kopf ab. Das ist total übertrieben und steht in keinem Verhältnis zu den tatsächlichen Situationen, aber die Sehnsucht nach Nähe bringt mich um den Verstand.

auch bei mir so.. allerdings hab ich gelernt (und auch meine angst vor dem wieder verletzt werden hilft mir dabei) die sache distanzierter zu sehen...
allerdings ist es auch diese angst, das gefühl - niemandem mehr richtig und frauen erst recht nicht - vertrauen zu können, das mich davon abhält auch mal ne frau anzusprechen.. nein das stimmt nicht.. das geht prima.. aber nur wenn ich sowas wie liebe oder beziehung ausblende..
dann ende ich aber immer als so eine art bester freund, die schulter zum anlehen, der kerl, der tipps gibt, wenns mit dem neuen (Ar./betrüger-/ichwillnurmitdirinsbett-) Freund nicht so richtig klappt...
und wenn ich mir dann doch mal ein herz fasse ..
ja.. schon klar.. hast mich schon sehr lieb ABER.. ja.. ok.. wasauchimmer..

ich bin seid fast 2 Jahren in Therapie (wegen Depression) und die sache hat sich mehr als nur ein bisschen gebessert.. aber einsam bin ich immernoch und vertrauen kann ich immernoch nicht.. aber es wird.. langsam wirds..

liebe Grüße,

Mercutio

31.01.2011 16:57 • #4


J
Zitat von Mercutio:

ich bin seid fast 2 Jahren in Therapie (wegen Depression) und die sache hat sich mehr als nur ein bisschen gebessert.. aber einsam bin ich immernoch und vertrauen kann ich immernoch nicht.. aber es wird.. langsam wirds..

Mercutio


das freut mich, dass die Therapie dir sehr gut getan hat und dir sehr geholfen hat. Ich hoffe, das wird bei mir auch so sein, weil so gehts echt nicht weiter. GEstern bin ich wieder den ganzen Tag nur rumgehangen, hab nichts zustande gebracht und hab mich meinem Depri-Kummer hingegeben.
Ich find es schon unglaublich, wie so ein ewig langes Single-sein-Ding so fertig machen kann und so verändern kann.... na ja... ich bin guter HOffnung, dass es mir nach der Therapie etwas besser gehen wird.


Zitat von Magnus*:
Wenn mal eine Frau, die mir gefällt, häufiger mehr als nur zuvorkommend und höflich nett zu mir ist, spielt sich gleich ein ganzer Film in meinem Kopf ab. Das ist total übertrieben und steht in keinem Verhältnis zu den tatsächlichen Situationen, aber die Sehnsucht nach Nähe bringt mich um den Verstand.


Das kenn ich auch.... Wenn ich jemanden kennen lerne, dann fang ich sofort an zu spinnen. Ich denke sofort an Beziehung und dass er der Richtige sein könnte. Nur leider werde ich immer wieder sehr hart auf den Boden der Tatsachen zurück geholt. Deswegen möcht ich auch schon gar niemanden mehr kennen lernen.
Tja... leider haben halt immer nur die anderen Glück.
Mich quält die Frage schon sehr, wann ich denn endlich mal dran bin??
Oh mann, ich zweifle echt grade an allem

Viele Grüße,
Joeyline

31.01.2011 19:53 • #5


M
Nochmal Hallo zusammen.

Danke für eure Beiträge. Allein das Problem mal zu formulieren hat mir schon was gebracht. Zu sehen, dass es Menschen mit ähnlichen Problemen gibt führt zumindest zu er Erkenntnis: Gemeinsam einsam.
Trotzdem ist für mich heute mal wieder einer von diesen Tagen, an denen ich lieber gefühlstaub wäre.

Joey, das ist klingt natürlich schon gravierend. Ich habe mich bisher niemandem anvertraut. Gegenüber einem alten Freund habe ich mal Andeutungen gemacht. Das hat dazu geführt, dass er mich vor versammelter Runde bloß gestellt hat.
So wie ich ihn kenne, ging's ihm dabei weniger um Selbstprofilierung, als vielmehr um die Aussage: Reiss Dich zusammen, Junge! Jedenfalls hat das gesessen und ich habe mich seither niemandem mehr anvertraut.

Bär, nach Selbstmordversuchen würde ich Medikamente durchaus als eine Möglichkeit in Betracht ziehen und zwar sogar recht dringend!

Mercutio, tut mir Leid, wenn man von den beiden Nächsten derart verarscht wird. Das ist aber nicht der Normalfall. Bringt Dir wenig, aber es ist doch unwarscheinlich, dass so etwas ständig passiert. Du sagst, dass Du seit zwei Jahren in Therapie wärst. Nimmst Du im Rahmen dieser Therapie Antidrepressiva und welche Veränderungen haben sie bewirkt?

Für weiter Antworten wäre ich nachwievor dankbar.

31.01.2011 20:00 • #6


J
Hallo Magnus,

ja das ist schon sehr schwierig sich jemandem anzuvertrauen.
Das war ja schon sehr kontraproduktiv, was dein Freund da gebracht hat.
Ich finde, man kann sich schon eine Weile zusammen reissen. Mir gings auch 2-3 Jahre ohne Mann ganz gut. Aber irgendwann reichts einfach. Irgendwann kann man sich nicht immer nur noch zusammen reissen.
Ist schon schade, dass du niemanden hast, dem du dich anvertrauen kannst.
Aber ich denke hier im Forum kannst du immer deine Sorgen loswerden und wirst immer auf ein offenes Ohr treffen.
Ich finde, das gute hier am Forum ist, dass ich mich nicht dafür schämen muss, dass es mir schlecht geht. Im meinem Umfeld fühle ich mich immer so klein und schwach, im Vergleich mit meinen Freunden.... und dann erst recht, wenn ich oft erzähle, dass es mir schlecht geht. (Obwohl ja bis auf meine Schwester gar keiner weiss, dass es mir schon so schlecht geht, dass ich mich entschieden habe mir Hilfe bei einer Therapeutin zu suchen)

Alles Gute und Kopf hoch....
Joeyline

31.01.2011 20:14 • #7


Mercutio
Nein ich nehme keine Medis.. ich mag auch keine nehmen.. aber war auch nicht notwendig...

hab meine soll-ich-mich-umbringen-phase überstanden (offensichtlich )
komischerweise (nicht wirklich komisch) weil ich dachte, dass kann ich meinen eltern ja nicht antun... (die einsamkeit und das verlassenwerden ist nicht der einzige grund für die depression)

was medikation betrifft, das wird dir ein psychater sagen können (und sollen) und wenn da nebenwirkungen sind.. naja.. musst halt abwägen was für dich überwiegt... i

ch für meinen teil mag die dinger nicht nehmen... ich bin der meinung, dass mein hirn spinnt, weil ich bestimmte erfahrungen gemacht hab und nicht weil was biologisches nicht richtig funktioniert und daher kann ich das durch gute erfahrungen bzw. einer erneuten verarbeitung dieser wieder hinbekommen und nicht durch etwas biologisches...

31.01.2011 22:36 • #8





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