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Hier eine kleine Geschichte zum Nachdenken. Vielleicht findet sich der ein oder andere mehr oder weniger stark in dieser Geschichte wieder. Die Geschichte bezieht sich nicht auf mich, sondern handelt von den fiktiven Personen der Junge und der Freund die beide eine Freundschaft pflegen.

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„Ich wünsche mir jemanden der mich an die Hand nimmt. Jemand der mir hilft, mich stützt und mich aufpäppelt. Ich wünsche mir jemanden, der mir in den dunkelsten Stunden hilft, der mir die Hand reicht, wenn ich nicht mehr kann.“, sagte der Junge leise zu seinen Freund, in einem sanften melodischen Ton. Während ständig neue Gäste in das Pub strömten und sich die Live-Band bereit machte ihren ersten Song zu spielen, sah der Junge seinen Freund in die Augen. „Ich habe niemanden. Alleine. Ich bin furchtbar alleine und ausgeschlossen vom Leben. Dabei war ich es immer, der anderen versuchte zu helfen, der immer da sein wollte, wenn andere Hilfe brauchten.“ Der Freund sagte kein Wort, er blickte den Jungen noch nicht einmal richtig an. Dann brach es aus dem Jungen heraus: „Warum hast du dich nicht gemeldet? Warum reihst du dich in die gleiche Reihe mit allen anderen ein. Ich habe dir geholfen, als Einziger. Und der Dank ist nun Ignoranz?“ Das war ungerecht. Klar, der Junge hatte seinen Freund immer geholfen, aber nie für eine Gegenleistung. Noch nicht einmal für eine ungeschriebene Gegenleistung. Und der Junge sollte froh sein, das überhaupt eine kleine Freundschaft dabei herausgesprungen ist. Wenigstens etwas.

Der Freund war still und schien zu überlegen. Leise versuchte er einen Vorschlag zu machen: „Dann geh in ein Verein.“ Sofort zuckte der Junge mit den Schultern. „Verein? Ich kann kein Sport - zu unsportlich. Unmusikalisch bin ich auch. Was soll ich denn tun? Mit Senioren töpfern? Mit Opas Stadtrundfahrten machen? Tanzen? Vergiss es!“ Der Freund räusperte und nippte an sein B.. In den Augen des Jungen wirkte der Freund unheimlich desinteressiert. Das machte ihn nur noch wütender. Eigentlich wollte der Junge nur einen guten Freund, aber das schien wohl doch viel verlangt zu sein. Wieder versuchte der Freund einen Vorschlag zu machen; „Vielleicht mehr weggehen?“ Kurz musste der Junge lachen, aber dann versteinerte seine Miene erneut. „Mit wem? Mit mir selbst... alleine?“, der Tonfall des Jungen war so gelegt, dass sich der Freund angesprochen fühlen sollte. Und das funktionierte auch. Darauf hin nippte der Freund noch schneller an sein B. und sah weg. Er wusste, dass der Junge ihn ansprach. Aber er hatte einfach keinen Bock etwas mit ihm zu unternehmen. Schließlich war der Junge immer alleine... und nie locker. Auf so etwas hatte er keine Lust - absolute nicht. Ab und zu fragte sich der Freund warum er überhaupt noch auf die E-Mails und Anrufe des Jungen reagierte. Er könnte sie auch ignorieren und dann wäre er ihn los. Für immer. Aber irgendwie mochte er diesen Jungen. Und eigentlich konnte er seine Probleme gut beim ihm abladen. Der Junge, der schließlich keine Freunde hatte, nahm dankenswert all seine erlebte schei. auf. Er war - und bei diesem Gedanken musste der Freund kurz lachen- eine Art Schwamm für schei.. Naja, und wer grenzenlos schei. aufnimmt... ja, der ist am Ende ebenfalls schei.. „Du lachst?“, bemerkte der Junge in einem aufgeregten Ton. Der Freund zuckte gleichgütig mit den Schultern, nippte wieder an sein B. und unterdrückte erneut sein Lachen, als er an schei. dachte.

Das Pub war so richtig voll, die Band fing an einen alten Rocksong zu spielen. Die Gäste summte ein und wippten mit den Beinen mit. Das Lachen über diverse Banalitäten wurde lauter und ungestümer, das Aneinanderstoßen der Bierkrüge ebenfalls. Zweifellos, die Atmosphäre war entspannt und erfüllt mit süffiger Fröhlichkeit. Nur einer, ja nur einer im Raum war so richtig angespannt. Der Junge klammerte sich an sein Bierglas, aus Angst es könnte irgendjemand ihn wegen irgendetwas ansprechen. Nein, für den Jungen zählte nur eines: Er musste die ohnehin zerbrechliche Freundschaften einen erneuten Freundschaftsschwur abverlangen. Während sich der Junge mit aller Raffinesse einen Plan überlegte, wie er seinen Freund, seinen einzigen Freund, einen möglichst verbindlichen Freundschaftsschwur abgewinnen könnte, lehnte sich der Freund zurück und sah zu lachenden Gesichter. Die Musik, die im Hintergrund donnerte, war nach seinem Geschmack. Laut genug um das blöde Geschwafel des Junge zu übertönen. Eigentlich, so dachte der Freund, könnte er von seinem peinlichen One-Night-Stand berichten. Ja, dieses Mädchen, dass er in der Disko kennengelernt hatte - besoffen und unbeherrscht. Gar nicht sein Typ. Aber irgendwie landeten sie doch in der Kiste. Doch er wusste, dass der Junge ein Problem damit hätte. Einmal hatte er ihm erzählt, dass er mit seiner Exfreundin geschlafen hatte. Da fielen ihnen aber die Euglein aus seinen Schädel. Der Junge, der nur ihn als Freund hatte, war eine Art asexueller Zwitter. Unten unheimlich Dauergeil und auf Ausschau nach Sexobjekten und oben vollkommen verklemmt. Unten und oben passten nicht zusammen, sodass diese Absurdität in eine vollkommen gestörte Persönlichkeit gipfelt, die am Rockzipfel der Moral hing und eigentlich am liebsten darunter schauen möchte. Bei diesem Gedanken hätte er sich beinahe am B. verschluckt. Danach folgte er ein herzhaftes Lachen des Freundes, während der Junge irritiert guckte.Zum Glück hatte der Freund das Alibi Alk., ohne wieder kritische Gedanken beim Jungen auszulösen.

Die Musik war nun richtig laut. Da alle in der Lokalität leicht angetrunken waren, störte es auch niemanden, dass der Sänger immer zu schief sang und der Sound nur noch als verzerrtes Etwas aus den Lautsprechern grollte. Ab und zu gab es einen vibrierenden Bass, sodass sich die Gäste daran vergewissern konnten, dass A noch die Musik spielt und B sie sich noch nicht tot gesoffen haben. Inmitten des Trubels saßen diese zwei jungen Männer.

„Nerv ich dich eigentlich“, fragte der Junge geniert. Diese Frage versuchte der Freund geschickt zu überhören, denn die Wahrheit wäre für beide erschütternd. Doch der Junge ließ nicht locker. Der Junge war mittlerweile zu einem richtigen Freundschaftsschwurjunkie geworden. Mindestens einmal im Monat braucht er seinen Kick und eine volle Dröhnung zwischenmenschlicher Absicherung. Als der Freund erkennen musste, dass er dem allseits bekannten Ritual nicht entweichen konnte, wagte er diesmal was neues. Einfach mal die Wahrheit, so grausam sie für alle Beteiligten auch sein möge: „Ja“. Mit groß aufgerissenen Augen starrte der Junge seinen Freund an. In ihm zerbrach eine Welt. Ein Stich von ungeheuerlichen Ausmaß wütete in seinem Herzen. Den Tränen nahe und voller Angst seinen einzigen Freund zu verlieren und damit wieder in das Reich der Einsamkeit (mit dem typischen Samstagsschmerz) geworfen zu werden, sammelte der Junge seine ganze Kraft. Er möchte seinen Freund nicht verlieren und tat das, was immer auf diesen Psychoseiten stand: Sein Inneres nach Außen kehren, seine Gefühle verbalisieren. Während sich der Junge für diesen Schritt sammelte, sah der Freund einer Blondinen auf den Ar.. Im Gedanken versunken, was Man(n) alles mit diesen „gut Gestell“ tun könnte, verpasste er die herzzerreißende Rede des Jungen. Am Ende sah der Junge ganz verstört zu den Freund, in der Hoffnung er möge nun aufstehen, ihn in die Arme nehmen, über sein Kopf streicheln und gemeinsam treue und ewige Kameradschaft schwören. Doch der Freund nickte nur und wusste noch nicht einmal warum. Ach, warum auch... schei. egal... Hauptsache das B. geht nicht alle.

Die Musik wurde noch lauter, aber so genau vermag man dies auch nicht mehr zu sagen, denn der Lärm anstoßender Krüge, lachender Gäste und besoffenes Gebrüll, vermengte sich zu einer eigenen Klangwolke die der eigentlichen Musik in nichts mehr nachstand. Es war Stimmung, dachte sich der Freund. Es ist furchtbar, dachte hingegen der Junge. Zu laut um ein Gespräch zu führen, glaubte der Junge und zupfte nervös an das T-shirt des Freunds. „Lass uns gehen, zu laut hier!“, schrie der Junge.
Der Freund lächelte den Junge an und klopfte ihn an die Schulter. Er hatte kein Wort verstanden. Aber schei.. Auf der anderen Seite nahm der Junge das bedingungslose Lächeln seines mittlerweile besoffenen Freundes als Zeichen der Freundschaft und freute sich über die erfolgreiche Bestätigung der Freundschaft...

10.06.2012 02:17 • 15.06.2012 #1


5 Antworten ↓


Dubist
wow, sag ich nur, klasse geschrieben und na klar fand ich mich zwar bin ich eine weibliche person in vielem wieder.Absolut treffend und toll geschrieben. du solltest ein buch schreiben, mein ernst.
bist du der junge in der geschichte?dubist

10.06.2012 08:50 • #2


A


Eine Geschichte zum Nachdenken

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Zitat von Dubist:
wow, sag ich nur, klasse geschrieben und na klar fand ich mich zwar bin ich eine weibliche person in vielem wieder.Absolut treffend und toll geschrieben. du solltest ein buch schreiben, mein ernst.
bist du der junge in der geschichte?dubist


Hmm... also ganz so krass wie dieser Junge in meiner Geschichte bin ich nicht, aber ich habe eine Freundschaft, bei der ich schon ganz gerne wissen würde, ob ich der Person noch irgendwie noch was wert bin. Aber ich selbst würde nie jemanden einen Freundschaftsschwur abverlangen, glaube aber, dass dieses oftmals ein Verlangen von vor allem einsamen Menschen ist.

Der Junge und der Freund wurden extra so konstruiert, dass sich e auch weibliche Personen ein bisschen wieder finden können.

Ja, das mit dem Buch haben schon viele gesagt. Ich bin auch gut im zeichnen, bin gut in Mathe und Programmieren usw. Habe viele Talente, aber nur mit Menschen fällt es mir schwer .

10.06.2012 19:18 • #3


N
Hi Divio,
auf die art kannst du menschen super erreichen, da brauchst du dir keine sorgen zu machen. ich habe seit heute früh viel und schwer überlegt - die geschichte finde ich genial, weil sie durch die nicht-polarität der zwei akteure (keiner von ihnen ist der gute) vielleicht sogar allgemein ein gedankenkarussell auslösen kann, zumindest bei mir ist es der fall gewesen. ich denke die zwei kerle hat im ansatz jeder in sich, denen aber eine chance zu geben, wäre nicht ratsam.. ich überlege die ganze zeit wie die geschichte richtig klingen würde, weißt du, als gegenpol: Null Illusion. ich glaube es ist schwer so etwas zu beschreiben. eine freundschaft ohne stumpfheit und arroganz auf der einen, und dem anklammern an illusionen auf der anderen seite kann man leben, aber wie das in worte fassen, ohne dass sie täuschend wirken?

ich wünsche dir, dass deine freundschaft für dich gut ausgeht, ich denke mit dem wissen um das elend kannst du selbst kaum etwas falsch machen.

na wie auch immer... sehen wir, was das leben mit sich bringt... jedenfalls:

vielen dank für die geschichte und alles gute!
lieber gruß

10.06.2012 23:45 • #4


N
Ach, vergessen.. hat mich sehr an das mittlere gedicht von Tagore erinnert.. kennst du?



http://www.parabaas.com/rabindranath/ar ... rtin2.html

gruß

11.06.2012 00:02 • #5


Dubist
Du bist ein taffer kerl, und ich kann mir vorstellen, das du bei manchen gut ankommen würdest.
du scheinst nur sensibel und bißchen künstler zu sein und erspürst viel und mehr.
Das macht es nicht so einfach. Warum, weil du dann wahrscheinlich dünnhäutiger bist, wenn dir jemand blöd kommt oder so.
Auf jeden fall kannst du super schreiben und solltest das mal nutzen für dich und damit kannst du auch menschen erreichen.
Ich finds super.

15.06.2012 13:47 • #6





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