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Liebe alle,

ich schreibe diesen Beitrag aufgrund einer sehr aufwühlenden Woche, die in mir das Bedürfnis auslöst, mich hier einfach mal auszukotzen und mich so präzise wie möglich über meine Gefühlslage auszulassen:

Wenn ich ehrlich sein soll, habe ich schon seit ich denken kann, mit erheblichen psychischen Problemen zu kämpfen. Deswegen habe ich mich 2018/2019 wegen einer diagnostizierten Major Depression einer kognitiven Verhaltenstherapie unterzogen. Diese habe ich - ausweislich der Bestandsaufnahme meiner Therapeutin - zwar erfolgreich absolviert, so richtig glauben konnte ich das nicht. Das hatte auch einen bestimmten Grund: Der Hauptgrund dafür, dass ich mir therapeutische Hilfe geholt habe, besteht nicht lediglich in erhebliche Apathie, Grübelzwang, etc. Mein Problem besteht nicht etwa darin, dass das für eine Depression typische Nichts spüre. Vielmehr fühle ich zu viel, ich scheine aufgrund undefinierbarer Gefühlszustände beinahe zu platzen, was ich in einer schier unerträglichen Daueranspannung manifestiert. Diese treibt mich nicht nur in den Wahnsinn, sondern hindert mich an einer angemessenen Alltagsbewältigung.

Meine Faszien im Rücken-, Schulter- und Brustbereich haben bis vor kurzem derart weh getan, dass ich an mir selbst und einem Ende dieser Qual gezweifelt habe. Die sich körperlich manifestierenden Anspannungszustände sind mitunter so schlimm gewesen, dass sie mir die Luft weggeschnürt haben. Einen klaren Gedanken habe ich auch nicht mehr fassen können. Auch ist immer wieder die Angst davor hochgekommen, dass diese Missempfindungen (Zwangsjackengefühl) nie ein Ende finden würden. Das alles hat bei mir so eine Art Brainfog ausgelöst. Ich bin derart von diesen Missempfindungen überwältigt, dass mein Hirn auf Sparflamme läuft und ich ständig neben mir stehe; generell sind meine kognitiven Fähigkeiten eingeschränkt - zwar nicht so, dass ich gar nichts mehr (z.B. auf der Arbeit) hinbekomme, allerdings aber in einem Ausmaß, dass mich in meiner persönlichen Entwicklung erheblich zurückwirft.

Ich weiß nicht, wie ich das am besten erklären kann:

Jetzt wo ich diese Missempfindungen durch Sport und bewusste Auseinandersetzung mit meinen Emotionen und deren Auslöser in den Griff bekomme, stehe ich vor der nächsten Hürde und extremen Frustration. Ich muss die Umweltsverarbeitungsarbeit jetzt mit fast 30 nachholen, die andere bereits bewältigt haben. Es ist so als müsste ich Frustrationstoleranz und Emotionsverarbeitung tagtäglich üben. Ich zerbreche fast daran. Ich merke dies vor allem auf der Arbeit, denn dort bin ich aufgrund einer immensen Arbeitsbelastung, fast (auch aus Sicht gesunder Kollegen) unlösbaren Aufgaben und das Auf-Mich-Allein-Gestelltsein als Berufsanfängerin einer für mich krassen Überforderungssituation ausgesetzt. Jeden Tag kommt etwas neues und unschönes dazu, das mich fast aus der Fassung bringt. Diese beschissenen Situationen triggern mich, sodass ich wieder mit krass starken Emotionen kämpfen muss. Inzwischen habe ich aber verstanden, dass ich diese nicht unterdrücken darf, sondern

- diese identifizieren (Unterscheidung zwischen Wut, Frustration, Angst, Trauer, . ),
-deren Auslöser finden,
-mir aus der Gesamtschau aller Situation ein Gesamtbild darüber verschaffen soll, welche Situationen in mir welche gefühlsmäßigen Reaktionen hervorrufen,
- einen sinnvollen Umgang/adäquate Handlungsalternativen zur emotionalen Überreaktion suchen und
- das alles integrieren muss.

Ich mache das schon seit drei Tagen und es ist erheblich anstrengend und frustrierend, da ich mir meinen Umgang mit alltäglichen Problemen erst mühsam erarbeiten muss und über kein bekanntes Repertoire wegen jahrelangem Brainfog verfüge. Aufgrund der Situation auf der Arbeit und meinem Versuch damit umzugehen, erlebe ich diese Frustration über meine fehlende Übung in Sachen Emotionsbewältigung erneut. Es ist echt zermürbend und ich glaube, ich verzweifle in jedem Moment. Leider kann ich mit niemandem so richtig darüber sprechen, weil es für viele wahrscheinlich gar nicht nachvollziehbar ist. Ich hoffe, dass sich hier jemand mit mir identifizieren und Input geben kann.

Vielen lieben Dank

11.05.2023 00:11 • 12.05.2023 x 5 #1


1 Antwort ↓

Nicci95
Hallo @dk94

Das was ich da lese is wirklich 1:1 mein akueller Zustand.
Ich bin von Natur aus hochsensibel und hab seit meiner Coronaerkrankung 2020 dadrauf noch Postcovid mit Brainfog und starke PMDS bekommen. Auch ich kämpfe jeden Tag mit diesem Gefühl der Daueranspannung. Ich schwebe eigt jeden Tag in diesem Vorstadium der Panikattacke. Also ich habe keine richtige Panikattacke, aber mir geht die Luft weg wie bei einem Asthmanfall und alles tut plötzlich weh, ganz schlimm sind Muskel und Gelenkschmerzen,v.a in Rücken und Fingern. Ganz schlimm ist es dann wenn noch die PMDS draufkommt. Ich bin auch noch in dem Stadium Berufseinsteigerin und hatte seit 2020 viele Jobversuche gehabt, von Aushilfe bis zu meiner Fachrichtung, aber immer läufts aufs selbe raus. Wenn ich ne hohe Arbeitsbelastung hab, dann hier oder da noch harsche Kritik kommt; irgendjemand dann noch sagt, dass ich zu nichts zu gebrauchen bin, dann geht gar nichts mehr und ich hab den totalen Brainfog; teilweise steh ich dann nur noch rum wie in einem Schockzustand. Abends kommt nach so einem Tag dann erhöhte Temperatur und Schüttelfrost dazu, Bauchschmerzen und mir tut von Kopf bis Fuß jeder Millimeter weh als würde ich die Grippe kriegen. Als ich bei meiner ersten richtigen Arbeit gekündigt wurde, kamen bei mir danach auf der Toilette auf der Arbeit alle Emotionen gleichzeitig hoch...Wut, Trauer, Enttäuschung, Unsicherheit...alles was andere eventuell erst nach und nach erleben. Auf'm Heimweg bin ich dann vor ein Auto gelaufen; nicht etwa extra, sondern weil nach dieser emotionalen Überladung auf der Toilette sich dann mein Hirn einfach komplett ausgeschaltet hat. Ich weiß bis heut nichts mehr von diesem Heimweg. Damals hat mich eine Freundin am Bahnhof gesehen und mich mitgenommen, sie meinte dass ich neben ihr saß wie hirntot; ich konnte auch auf keine ihrer Fragen mehr antworten.


Das einzige was mir jetzt einfällt was mir hilft ist zum Einen ein Tagebuch, ich schreibe alles rein, was mich an dem Tag getriggert hat und warum es mir so zugesetzt hat, auch um mein Hirn zu trainieren sich an alles wieder zu erinnern. Und ich höre mir seit einiger Zeit so eine 40Hz Gammamusik an, auch wenn ich draußen unterwegs bin, dass fährt meine Emotionen etwas runter und ich bin nicht so ganz auf 180. Ich bin aber auch wie du ein bisschen planlos wie ich an dem Brainfog was ändern kann...es ist echt frustrierend. Ich hoffe irgendjemand hier hat vielleicht ein paar Tipps.

12.05.2023 21:21 • x 1 #2





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Prof. Dr. med. Ulrich Hegerl