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Hallo zusammen, ich weiß nicht genau was ich eigentlich sagen und Fragen will, aber ich fang einfach mal an.
Ich bin 20, seit meinem Schulabschluss mit 17 arbeitslos und weiß nicht genau was ich eigentlich für ein Problem habe. Ich habe eigentlich schon seit ich 13 oder 14 bin für die Schule etc. nur das allernötigste gemacht, um irgendwie durchzukommen. Die täglichen 6-7 Stunden Schule haben gereicht um meine "Batterie" vollkommen zu leeren. Hausaufgaben und alles schulische was sonst zu Hause so angefallen ist, haben mich extremst gestresst und ich hab alles bis auf die letzte Minute vor mir hergeschoben und dann irgendwo abgeschrieben. Zum Ende der Schulzeit hatten andere viele Bewerbungen geschrieben und sich um Abitur oder Ausbildungsplatz bemüht. Ich hatte den Ausbildungsplatz schon relativ früh in der Tasche. Während sich alle darauf gefreut haben, hatte ich Angst weil ich nach den paar Stunden Schule schon vollkommen erschöpft war und (mental) den Rest des Tages Kaum noch Energie für irgendwas hatte. Ich hab den Sommerferien entgegengefiebert weil ich dachte dass ich dann…"frei" bin. Frei im Sinne von das gesetzliche Plichtprogramm überstanden habe. Die letzten 2 Wochen von meinen Ferien hab ich schon mit Herzrasen und Magenschmerzen verbracht, beim Gedanke an die Ausbildung.
Ich bin nach dem ersten Tag (und das war nicht mehr als ein Einführungstag) heulend zusammengebrochen und wusste nicht mal (weiß es bis heute nicht), warum überhaupt. Ich weiß nicht WAS mich so stresst und erschöpft. Ein Punkt ist definitiv die soziale Interaktion mit…allen Leuten halt, aber dass erklärt nicht, wie es mir ging und geht. Die nächsten Tage habe ich nachts mit Herzrasen und Atemproblemen verbracht, beim Gedanke an den nächsten Tag (Die Atemprobleme waren so, dass ich beim normalen einatmen das Gefühl hatte, zu wenig Sauerstoff / Luft zu bekommen und immer tiefer und schneller geatmet habe, so ähnlich wie wenn man ein paar Treppen hoch rennt oder Angst hat). Nach weniger als 2 Wochen habe ich die Ausbildung dann abgebrochen und meine Eltern seitdem mit gefälschten Absagen, angeblichen Praktikas und "ich überlege und suche" bei Laune gehalten. Anfangs (fast 2 Jahre) ging es mir zum ersten mal wirklich relativ gut, weil ich diesen Stress nicht hatte mit "In XY Wochen geht es wieder los…" sondern weil ich jetzt genug Energie hatte um Hobbys und dem Privatleben nachzugehen und alltägliche, kleine Probleme die jeder mal hat, plötzlich zu bewältigen waren, weil mir keine Schule oder Ausbildung meine Energie (mental) nimmt. Ich verschweige den Abbruch der Ausbildung bis Heute meinem gesamten privaten Umfeld (außer der Familie, die es halt mitbekommt).
So ziemlich alles, was eigentlich ganz normal ist (zwecks Terminvereinbarung einen Arzt anrufen, beim Kiosk ein Paket abholen etc.) kosteten mich auch damals schon Kraft und Überwindung in einem Maße das man so niemandem erklären kann. Ich hatte einfach grundlos, ohne an was bestimmtes zu denken was mir Angst macht, permanent Herzklopfen und ein Angstgefühl. Ein bisschen auch den ganzen Tag so ein Adrenalingefühl, was man eigentlich nur in bestimmten Situationen hat.
Seit ungefähr einem Jahr wird aber alles immer schlimmer, was vorher noch okay war…dieses permanente Angstgefühl vor NICHTS (bzw. ich weiß nicht wovor, es gibt eigentlich nichts), Herzklopfen und die Atemprobleme bestehen immer noch den ganzen Tag und nehmen immer mehr zu, meine sozialen Probleme gehen mittlerweile so weit, dass ich schlottrige Beine und Panik bekomme, wenn ich eine Straße überquere, weil ich weiß dass die Leute im Auto mich angucken (ich weiß dass man das nicht verstehen kann, aber es ist so). Ich weiß nicht warum das so ist, es passiert ja nichts, und ich schaue ja selbst auch gelangweilt auf die Fußgänger an der Ampel wenn ich im Auto an der Ampel stehe. Ebenso steh ich minutenlang im Treppenhaus am Fenster und warte, bis vor meiner Haustür Ruhe ist, bevor ich die Wohnung verlasse (ich wohne in einem Industriegebiet wo ständig große Gruppen von Geschäftsleuten vor dem Haus vorbei laufen und krieg Panik wenn mich alle angucken, ich weiß nicht warum). Das alles ist nicht schön, aber die Energie, mit der andere Leute den ganzen Tag arbeiten und Verpflichtungen nachgehen, habe ich halt dazu genutzt um mit schwitzenden Händen einkaufen zu gehen oder ähnliches. Seit einigen Monaten kommt dazu dass es mir generell einfach schlecht geht, ich kann nur nicht beschreiben, wie genau. Ich breche manchmal einfach grundlos schon bei irgendeinem "traurigen" Lied im Radio in Tränen aus und bekomme einfach nichts mehr auf die Reihe. Ich sitze manchmal eine viertel Stunde am Tisch und starre die Spülmaschine an, die ich ausräumen will, obwohl das dann schon längst erledigt wäre, weil ich einfach keine Kraft habe um aufzustehen (nochmal, ja ich weiß dass man sich das nicht vorstellen kann). Ich denke über die einfachsten Dinge (nehme ich den Bus oder laufe ich zum Supermarkt) teilweise zwanghaft eine halbe Stunde nach statt es einfach zu machen. Mir ist einfach alles zu viel, selbst die normalsten Dinge wie Bett neu beziehen oder Wäsche waschen. Dass meine Eltern mich als faulen Messi bezeichnen, weil ich mich vorm Arbeiten drücke und mein Zimmer teilweise tagelang voll mit Pfandflaschen ist, weil die Energie einfach nicht da ist, um sie wegzuräumen, ist wohl selbsterklärend und auch vollkommen verständlich. Hinzu kommt, dass ich seit Wochen nicht mehr richtig schlafen kann. Egal ob ich früh oder spät ins Bett gehe, egal wie müde ich bin, ich liege mindestens 2 Stunden wach und denke ungewollt zwanghaft über irgendwelche Dinge nach, statt einzuschlafen, obwohl ich das nicht will. Dementsprechend bin ich morgens kaputt und schlafe z.T. bis 12 Uhr mittags. Vor den Schlafproblemen und allgemein fällt mir auf dass ich, egal wie viele Stunden ich schon geschlafen habe, vor 9 Uhr überhaupt nicht klar komme. Da reicht es schon einfach nur um 8 aufzustehen (auch nach ausreichend Schlaf) ohen irgendwelche Verpflichtungen zu haben und ich sitze 1-2 Stunden mit zittrigen Händen und grundloser Angst vor …nichts…am Tisch und komm nicht in die Gänge. Meine Eltern drängen mich verständlicher Weise immer mehr zur Jobsuche und ich weiß nicht, was ich machen soll.
Auch wenn "Rede mit deinen Eltern" die erste Antwort sein wird – und das auch logisch ist…meine Eltern verstehen psychische Probleme nicht. Sie sind die "reiß dich zusammen, anderen geht’s viel schlechter"-Typen.
Was ist mit mir los? Was hab ich? Außer meiner starken sozialen Angst? Warum habe ich grundlos vor allem Angst und wieso kosten mich die einfachsten Dinge mehr Kraft, als andere ein Vollzeit-Job?
Depressionen? Aber wen ich z.B. mal am Nachmittag (nachdem ich den ganzen Vormittag gebraucht hab um in die Gänge zu kommen) mit einem guten Freund spazieren gehe, lachen wir und mir geht es soweit gut. Ich habe nicht ansatzweise Suizidgedanken, nicht weniger Appetit als sonst, und wenn ich Hobbys nachgehe, dann macht mir das genauso viel Spaß als früher, also kein Interessensverlust. Kann das eine Depression sein? Wenn Nein, was dann?
Ich hab eigentlich erst im letzten halben Jahr gemerkt dass diese ganzen Dinge keine Faulheit oder Teile meiner Art sind, sondern Probleme gegen die ich etwas tun muss.
Da bin ich schon beim nächsten Problem: Mein ehemaliger Hausarzt ist seit 3 Jahren in Rente und ich habe seitdem keinen HA gebraucht… ohne Überweisung kann ich aber psychiatrische Einrichtungen und Psychiater vergessen. Ich habe starke Angst davor bei irgendeinem neuen Hausarzt, der mich gar nicht kennt, anzurufen und dann direkt mit solchen Themen zu kommen.
Nach Online-Recherchen denke ich, dass ein Psychotherapeut wahrscheinlich der erste, richtige Schritt wäre, um überhaupt rauszufinden was mit mir los ist.
Ein weiteres Problem ist aber die Sache mit dem Job…meine Eltern lassen nicht mehr locker aber ich kann das alles einfach nicht, das soll nicht nach Selbstmitleid oder einfacher Faulheit klingen, aber ich hab Angst meine eigene (ihre/unsere) Wohnung zu verlassen, ich bekomme Panik wenn ich die Straße überquere, ich breche grundlos heulend im Bett zusammen. Ich brauch Hilfe bevor ich langsam an sowas denken kann. Diese riesengroße Angst vor einem Vorstellungsgespräch oder ähnlichem würde ich so, wie es mir aktuell geht, nicht mehr mitmache, und im Sommer eher unter der nächsten Brücke schlafen, so dämlich es auch klingen mag.
Und auch wenn das wahrscheinlich keiner versteht / das viele Leute behaupten: Ich kann mit meine Eltern ohne was "handfestes" nicht reden. Mehr als ein "du willst nur nicht arbeiten!" würde ich da nicht zu hören bekommen.
Was soll ich nur tun? Kann man für sowas überhaupt krankgeschrieben werden? Kann ich erst zum Psychotherapeut um rausfinden zu lassen was überhaupt mit mir los ist und dann mit einer Art Befund zum Hausarzt oder Psychiater für eine Krankmeldung?
Wobei mir das überhaupt nichts hilft, die Krankenkasse macht Druck, meine Eltern wegen Lohnsteuerklasse etc. (weil ich nicht in Ausbildung bin) auch. Arbeitslos melden und dann versuchen eine Krankmeldung zu bekommen, bis ich weiß was mit mir los ist und mir ein Psychiater / Psychotherapeut irgendwie helfen kann?
Ich weiß es nicht…
Verzeiht mir den langen Text. Ich schaue einfach mal, ob jemand darauf antwortet und bedanke mich bei allen, die überhaupt so weit gelesen haben.
Danke

02.05.2022 23:57 • 03.05.2022 #1


2 Antworten ↓


Lani
@mcdevler ich weiß, dass es dir schwer fallen wird, aber bitte such dir einen neuen Hausarzt und lass dir etwas verschreiben. Ich denke du brauchst etwas, dass dir aus dieser Sozialphobie hilft. Eine zusätzliche Therapie wäre natürlich sehr sinnvoll, aber ich denke gerade in solchen Fällen sollte man auf Medikamente zurückgreifen, die einem die Angst nehmen. Du bist nicht faul, lass dir das nicht einreden. Eine Depression hat viele Gesichter. Natürlich kann man an einer Depression leiden und trotzdem hin und wieder lachen oder etwas unternehmen. An manchen Tagen geht es, an anderen Tagen eben nicht. Wenn es deine Eltern nicht verstehen, suche dir andere Ansprechpartner. Hast du Freunde, mit denen du über deine Probleme reden kannst?

03.05.2022 00:30 • #2


curlsheadd
In vielen Parts, in denen du geschrieben hast, ich weiß das versteht keiner, versteh ich dich. Ich hab teilweise die selben bis ähnliche Probleme und überlege auch, ob Therapie das Richtige für mich wäre.. auch weil ich mich oft unverstanden und alleine fühle.
Wenn du jemanden zum Reden brauchst, kannst du gerne mit mir sprechen.
Ich bin 22 Jahre alt und wohne Nähe Duisburg, kannst mich jederzeit anschreiben, wirklich.

03.05.2022 08:56 • #3





Prof. Dr. med. Ulrich Hegerl