Pfeil rechts
20

Pisalisa
Klar, ich kann gerne ein bisschen erzählen, wie ich meinen Teufelskreis alles in allem ganz gut in den Griff bekommen habe
Natürlich ist sowas sehr individuell und jeder muss da seinen Weg finden, aber ich denke die Grundstruktur dieser Angst-Spiralen ist ja schon immer recht ähnlich...
Meiner Meinung nach hilft es, wenn man sich 1. wirklich versucht klar zu machen, was das eigentliche Problem ist.

Wie du ja auch sagst, geht es nicht wirklich um den einen oder den anderen Fleck, sondern um die gefühlt fehlende Kontrolle. Man traut sich selbst nicht, denkt man kann Situationen oder Dinge nicht richtig einschätzen. An sich sagst du ja z.B. selbst, dass du eigentlich nicht denkst, dass dein Fleck wirklich etwas bösartiges ist. Gesunde, also Leute die sich nicht in so einer fiesen Angst-Spirale befinden, würden ihrem eigenen Urteil, also ihrer Wahrnehmung vertrauen und damit gut. Und das ist glaube ich der springende Punkt, da man sich selbst nicht traut, braucht man jemanden, der dies für einen übernimmt. Aber: als erwachsener Mensch begibt man sich damit in eine sehr kindliche Rolle, in eine Abhängigkeit, da man ja immer eine Bestätigung braucht, also wie ein Kind, welches einfach seine Mutter braucht, die sagt dass alles gut ist und nur so ist es dann auch gut.

Meiner Meinung nach ist das der Punkt, dem man sich bewusst machen muss. Und damit komm dann der nächste Schritt, sich aus dieser Rolle rauszuholen. Ich sage mir, dass ich erwachsen und bei (naja einigermaßen ) klaren Verstand bin, und ich die Verantwortung für mich selbst übernehmen kann. Dass ich mir selber trauen kann, und ich über mein Leben bestimme. Also z.B. ich schaue mir einen Leberfleck an und versuche, ihn so gut es geht objektiv zu beurteilen. Wenn ich denke, dass es nicht wirklich schlimm aussieht und es halt das übliche Restrisiko ist, es nicht 100% zu wissen, mache ich dann eine Art Plan. Also z.B. ich warte jetzt genau eine Woche ab, und wenn ich in einer Woche immer noch dieses Angst-Gefühl habe, dann gehe ich zum Arzt. Aber in der Zwischenzeit schaue ich mir den Fleck definitiv nicht an. Das ist sehr schwer und fühlt sich manchmal unaushaltbar an, aber wenn man das ein paar Mal wirklich geschafft hat, das durchzuziehen wird es immer leichter. Also ich denke es ist eine Art Training, und entzieht der Angst den Nährboden.
Das ist natürlich nur ein Beispiel, und man kann das ja auch variieren, vielleicht nimmt man sich in ganz schlimmen Phasen auch erstmal vor, eine Stunde wirklich nicht dran zu denken (und das dann auch wirklich nicht zuzulassen) oder in besseren auch einen Monat oder so. Wichtig ist, dass man sich nur solche Aufgaben stellt, die man auch schaffen kann.
Keine Ahnung ob das jemanden auch hilft, bei mir klappt es jedenfalls ganz gut...


Noch ein Nachtrag dazu: Natürlich ist es auch ein Ansatz, die Wurzel des ganzen zu finden, also woher kommt diese Angst vor Kontrollverlust? Ich hab wirklich viele Jahre Therapie hinter mir, und meine auch zu wissen woher es kommt.
Aber ja, weg ist es davon aber auch nicht. Hilft zu verstehen, aber um dieses Verhaltensmuster abzulegen braucht es meiner Meinung nach wirklich das Training.

21.08.2018 18:16 • x 2 #41


Fuzz
Vielen Dank! Das liest sich sehr schlüssig und nachvollziehbar, damit kann ich gut etwas anfangen, um auch endlich mal einen anderen Ansatz zu versuchen. Wie du schon schreibst - es muss jeder individuell seinen Weg finden, aber die Denkmuster und eben die Grundstruktur der Angst sind weitgehend die selben.
Mit der Einschätzung des Problems beginnt es tatsächlich, denke ich. Wenn ich jetzt z.B. den roten Fleck, der bei mir jetzt Thema ist, ansehe, dann sehe ich... einen roten Fleck. Eine kleine Wunde. Mehr nicht. Zum Problem wird es erst, wenn meine Gedanken dazu wieder in die Bewertungsschiene rutschen und etwas potentiell Bösartiges aus diesem Fleck machen... und schwupp, bin ich wieder drin im Strudel. Die Mechanismen durchschaue ich... dagegen anzugehen ist dann halt der Knackpunkt.
Ich habe schon Leberflecken mit Pflastern abgeklebt, damit sie verdeckt sind und ich nicht ständig nachschauen muss. Doof nur, dass ich eine Pflasterallergie habe, da kann ich das nicht besonders lang durchziehen. Ja, ich müsste lernen, nicht ständig nachzuschauen. Natürlich will ich bei dem roten Fleck jetzt wissen, ob er abheilt, kleiner wird, nicht mehr so rot etc. Das beruhigt mich dann wieder auch bzw. würde das Problem letztlich annullieren. Aber ich müsste dazu auch nicht alle 15 Minuten nachschauen. Es würde reichen, morgens und abends einen Blick draufzuwerfen. Damit könnte ich anfangen. Und wenn mich der Fleck in 2 Wochen immer noch beschäftigt (weil er immer noch da ist, in diesem Fall), dann kann ich immer noch zur Ärztin gehen. Das wäre für mich wohl besser als mir zu sagen: Ich darf überhaupt nicht zur Ärztin gehen.
Und ansonsten wird wohl angesagt sein, mich abzulenken und trotzdem schöne Dinge zu machen. Ich habe immer noch Urlaub. Ich will ihn mir nicht vermiesen.
Einfach wird das nicht... aber ich werde mich dranwagen. Weil besser wird es von alleine nicht.

21.08.2018 18:37 • #42


A


Sind das Hautkrebs Anzeichen? Sekundäre Hypochondrie

x 3


kopfloseshuhn
Das klingt doch nach einem Plan.
Und das absurdeste kommt noch...Man darf nicht warten bis es von allein besser wird und man nicht mehr den Zwang verspürt zu googeln oder alle 2 Minuten zu prüfen. Denn das passiert so nicht.
Man muss eben etwas trotzdem machen. Ganz bewusst. Und dann wird es besser.
Wenn ich Angst hab darf ich nicht warten. Ich schlage mich trotzdem durch den Alltag. So schwer es auch ist. Und so groß die Versuchung sein mag zu glauben das der Körper krank ist Weil er zittert und keine Luft bekommt und und und....irgenwann fühlt es sich wieder normaler an Dinge zu tun als sich zu prüfen. Und dann wird es besser.

21.08.2018 18:47 • x 1 #43


Fuzz
... und wie schwer es ist, konnte ich gerade wieder feststellen. Ich ging nochmal zur Terrassentür, um gutes Tageslicht zu bekommen und habe noch einmal möglichst objektiv auf den roten Fleck geguckt. Was zur Folge hatte, dass ich gleich nochmal die Lupe holte, und dann die Taschenlampe. Der Gedanke dazu war, dass es vielleicht doch keine Wunde ist, sondern vielleicht doch ein erhabenes rotes Muttermal, das weiß Gott was ist? JA, so absurd wird das in Nullkommanix. Ich merk's ja selbst. Dann stelle ich im Kopf Regeln auf, die einfach gelten müssen, z.B. dass Wunden deutlich sichtbaren Schorf haben müssen... und weil meine keinen Schorf hat, kann's folglich keine Wunde sein. Ja, so einfach ist die Fuzz-Welt.
Ein perfektes Beispiel dafür, wie es mich immer wieder reinreißt.

21.08.2018 19:01 • #44


Pisalisa
Ja, das klingt doch nach einem guten Plan

Und klar, es soll ja auch nicht das Ziel sein, gar nicht mehr zur Hautärztin zu gehen, aber am Besten halt nicht in Panik-Aktionen
Zur regelmäßigen Kontrolle ist es ja auch gut, hinzugehen, oder auch wenn es einen objektiven Grund gibt.

Und damit holst du dir auch mehr Freiraum zurück! Schau mal, was du alles in der Zeit machen kannst, in der du nicht googelst oder dich verrückt machst! Die kannst du doch wirklich nutzen, um was zu machen, was dir guttut. Und das dann ganz bewusst genießen, also dir wirklich bewusst zu sagen, anstatt mich jetzt eine Stunde lang selber fertig zu machen mit den Angst-Gedanken gönne ich mit jetzt eine Mass. oder ein Eis oder was auch immer
Und das mit dem magischen Denken - auch ganz gemein ist das! Aber auch da muss man sich immer wieder klar machen, dass einem da die Angst einfach nur Blödsinn einredet. Es hat definitiv keinen Einfluss auf bspw. Leberflecke, ob du darüber nachdenkst oder nicht.
Und ganz pragmatisch überlegt, wird es deinem Körper besser gehen, wenn du ihm öfters Entspannung und schöne Gefühle ermöglichst, als immer angespannt zu sein. Damit ist er auch widerstandsfähiger gegen Krankheiten Co. Das wäre dann quasi der Umkehrschluss der Theorie deines magischen Denkens

21.08.2018 19:08 • x 1 #45


Pisalisa
Zitat von Fuzz:
Ja, so einfach ist die Fuzz-Welt.
Ein perfektes Beispiel dafür, wie es mich immer wieder reinreißt.


Nicht aufgeben, klar funktioniert nicht immer alles sofort!

21.08.2018 19:18 • x 1 #46


Fuzz
Hallo,

seit heute gilt eine neue Taktik bei mir:

3x am Tag gucke ich mir mein Problem-Hautmal für maximal 15 Minuten an, beleuchte es, gucke mit der Lupe, wenn nötig.... denke drüber nach.... und in der restlichen Zeit zwischen diesen 3 Zeitfenstern mache ich andere Dinge, beschäftige mich nicht mehr damit.
Ich mache das, um diesen Ständig-nachgucken-Kreislauf zu unterbrechen und natürlich auch das Gedankenkarussell.
Bis jetzt klappt das ganz gut. Morgens habe ich kontrolliert und es dann gelassen. Bin Shoppen gefahren und habe mich gut ablenken können. Bisher ist noch kein Drang da, öfter nachzusehen. Das Mittag-Zeitfenster habe ich nicht mal ausgereizt. Ich war auf einer öffentlichen Toilette und habe 1x kurz nachgeguckt und das hat mir auch gereicht.
Ich glaube, dass es nicht schlecht ist, die Gedanken und das Kontrollverhalten zu strukturieren. Es distanziert einen innerlich gleich mal, finde ich. Ob das so anhält, weiß ich natürlich nicht, aber bis jetzt bin ich zufrieden.

Gestern abend vor dem Einschlafen habe ich an die Angst gedacht und zwar darüber, dass sie mich nur schützen will, wie ihr ja schon richtig geschrieben habt. Ich werde versuchen, der Angst beizubringen, dass das nicht ständig bei jeder Kleinigkeit nötig ist. Ich bin regelmäßig in guter Kontrolle und wenn akut was wirklich Auffälliges auftreten sollte (egal ob auf der Haut oder sonst wo am/im Körper), dann würde ich dementsprechend handeln.
Vielleicht kann ich so das Hineinsteigern verhindern und mich gewissermaßen erden/realistisch werden und bleiben.

Einzig blöd: Ich habe mir offenbar eine Erkältung eingefangen und hoffe, dass keine Angina draus wird. Ich hatte im letzten halben Jahr 3x Angina, was in erster Linie daran lag, dass ich mit sehr vielen Kindern gearbeitet habe (nach langer Zeit wieder). Da muss sich das Immunsystem erst drauf einstellen. Nun allerdings habe ich Urlaub und bin nicht mit Kindern zusammen. Auf der anderen Seite fängt man sich auch so hin und wieder mal was ein, und da ich in der Hitze viel schwitze und dann manchmal mit Klimaanlagen konfrontiert bin, kann natürlich schnell was passieren. Meine Gedanken gehen dann in Richtung: viele Infekte - schwaches Immunsystem - Krebs kann schneller entstehen... aber das ist wohl eine Milchmädchenrechnung. Ich versuche es, cool zu nehmen, was halbwegs gelingt. Und wie gesagt: Ich hoffe, es bleibt nur beim Schnupfen.

22.08.2018 15:04 • #47


Pisalisa
Ich finde es echt super, dass du das Thema so strukturiert angehst!

Und ich hab auch eine blöde Bronchitis grade, glaube auch genau aus dem Zusammenhang Hitze - schwitzen - Klimaanlage, das ist glaub ich wirklich kein Zeichen für Krebs, sondern einfach für einen verdammt heißen Sommer

Bei mir im Büro sind auch mehrere mit Erkältung krank, also echt nichts ungewöhnliches grade...

22.08.2018 20:08 • #48


Fuzz
Hitze - Schwitzen - Klimaanlage... das könnte auch der Grund für meine Erkältung sein, aber wenigstens ist es keine Angina, wie ich heute gesagt bekam. Ich hoffe, es bleibt dabei. Aber wenn der Hals zwar gerötet ist, aber das Halsweh schon am Schwinden ist bzw. kaum noch vorhanden, ist das ja eher ein gutes Zeichen.

Ich habe heute meinen roten Fleck in der Kniekehle wieder mit dem durchsichtigen Lineal malträtiert, und ja, er ist so gut wie verschwunden. Das kann dann eigentlich wirklich kein verborgenes Muttermal oder gar amelanotisches Melanom sein. Eine ganz dünne Kruste ist auch mit abgegangen, wie doof, es hat aber nicht geblutet. Ich habe mich ja zuvor noch gewundert, warum keine dicke Kruste entsteht, aber es ist ja eigentlich klar: An der Stelle ist die Haut dünn und reibt immer wieder aneinander, wenn man die Beine anwinkelt... da wird die Heilung erschwert.
Unglaublich, was für ein Drama man wegen eines 2mm-Flecks veranstalten kann.
Aber immerhin, der Drang, zur Hautärztin zu gehen, ist kaum vorhanden und ich halte mich weitgehend an meine Vorgabe, nur 3x am Tag für kurze Zeit zu kontrollieren.

23.08.2018 16:33 • #49





Ähnliche Themen

Hits

Antworten

Letzter Beitrag


Dr. Matthias Nagel