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Y
Hallo Experten,

ich habe hier schon desöfteren gelesen und geschrieben und habe konkret 1,5 Fragen:
Ich bin zur Zeit in einer psychotherapeutischen Behandlung wegen einer generalisierten Angststörung. Beides brach erst so richtig anfang 2010 aus, aber angebarnt hat es sich über 4 Jahre. Es entstand durch eine Mobbingsituation im Beruf, woraufhin das Reizdarmsyndrom entstanden ist. Hierbei habe ich über 4 Jahre in der Angst vor Schmerzen, Angst vor der Blamage und des Schams gelebt. Ich habe mir ständig Sorgen gemacht, wann wieder das nächste Unglück passieren wird. Ich habe gelernt jedentag eine permanente Anspannung des Körpers und der Seele zu empfinden.
Ich möchte nicht allzusehr ausholen, das habe ich bereits in einem Unterthema gestern gemacht .

Die Beschwerden des Reizdarmsyndroms sind nun blitzartig vorrüber gegangen. Die Angststörung hat sich dadurch aber erst so richtig rauskristalisiert.


Mein momantenes Leben ist sehr auf den Kopf gestellt. Ich kann aufgrund des Befindens nicht weiter studieren und versuche den Tag irgendwie zu überstehen, ich war in 2 Kliniken gewesen, die total unfähig waren mir zu helfen. Die Gründe hierbei spielen nun keine Rolle. Wenn es mir sehr schlecht geht, also die Depressionen (konrekt auch Suizidgedanken) starke Kraft haben liegt daran, dass ich starke Angst verspühre. Diese Angst verspühre ich durch permanentes Gedankenkreisen im Kopf, was wäre wenn, hoffentlich wird es nichtmehr so wie damals am xy oder Du hast eine Angstörung, Medikamente, Kliniken, Erfahrungen etc. etc. Ich mache mir also permanent Sorgen und Gedanken (meist negativ behaftet) über Dinge die eintreten könnten.

Meine Frage lautet nun: Wenn ich mich in viele Dinge hineinrenne (Beispielsweise war mein Auto kaputt, ich habs selber repariert, es war ein riesen Aufwand von mehrern Tagen) schaffe ich es nicht an diese Dinge sehr bewusst zu denken! Eigentlich gut könnte man meinen. ABER!: 1. Fühle ich mich in diesem momenten nicht gut, ich bin trotzdem unruhig, angespannt, aggressiv, ungeduldig und fahrig. Aber eine AKUTE Angst merke ich nicht, denn mein FOKUS ist auf eine andere Sache gelenkt. 2. SOBALD wieder Ruhe einkehrt, habe ich das Gefühl es geht mir schlechter als vorher. Alles kommt wieder, denn die Angst läuft immer hintermir, obwohl ich die ganzen Tage z.b. weggerannt bin. Und sie holt mich wieder ein. Was ist also richtig? Sich auf einen Stuhl setzen und 24h sich SORGEN? Das ist ja genau die Krankheit selbst! Oder sich in soviele dinge hineinrennen, dass man nur am weglaufen weglaufen weglaufen ist. Das Leben ein einziger Marsch. Nie zur Ruhe kommen?
In dem Expertenratvideo von Ihnen wurde 1) gesagt, dass durch Ablenkung bei einer GAS die Sorgen wieder kommen, aber auch 2) das man sich ablenken soll, damit die Gedanken nicht die überhand bekommen. Vermeidung oder Stellen?

Ich habe noch eine kleine 2. Frage:
Ich bin wie oben beschrieben z.Zt. in psychotherapeutischer Behandlung. Überall wird gesagt Verhaltenstherapie sei die Beste. Mein Therapeut, mit dem ich mich aber super verstehe, er sich sehr viel Mühe gibt, auch nicht genau nach 50 Min Schluss macht und immer ansprechbar ist, wenns kriselt, viele Dinge sagt, die ich für richtig empfinde, ist Gesprächspsychotherapeut! Ist es denn zwingend erforderlich das der Therapeut ein Verhaltenstherapeut ist und ansonsten kann man die GAS nie heilen? Ich frage deshalb, weil es mir zeitweise noch sehr schlecht geht und ich öfters mal nicht sagen, ob er mir stück für stück hilft. Auch hier villeicht gekennzeichnet für meine Erkrankung, das mangelnde Vertrauen, aber dennoch, die Verunsicherung.

Ich bedanke mich schonmal vielmals im Vorraus für den Expertenrat und wünsche einen schönen Tag!

Liebe Grüße
André

08.01.2011 06:59 • 12.01.2011 #1


1 Antwort ↓

B
Hallo yash,

eine Angststörung ist immer ein sehr individuelles und komplexes Geschehen. deshalb kann ich zu Deiner ersten Frage auch nur grundsätzlich und allgemein handeln. ich habe diese Frage vor kurzem schon einmal bei einer anderen Anfrage beantwortet. Hier meine damalige Antwort:

Grundsätzlich verlängert Ablenkung bei einer Konfrontation mit der Angst den Lernprozess. Es ist deshalb besser, man konfrontiert sich sehr bewusst so lange mit der Angst, bis sie abnimmt. Andererseits gibt es Menschen, die so heftig reagieren, dass ein schrittweises Vorgehen sinnvoll ist. Dann kann Ablenkung in der ersten Zeit durchaus sinnvoll sein, um sich überhaupt in die Angst auslösenden Situationen hinein zu begeben.

Bisherige Untersuchungen zeigen, dass eine Konfrontation in der Vorstellung UND nach dieser Vorbereitung unbedingt auch in den tatsächlichen, realen angstauslösenden Situationen unerlässlich ist, um eine Angststörung zu bewältigen. Um welche Situationen es sich dabei handelt und wie man genau vorgeht, hängt dann wieder von den sehr individuellen Bedingungen des einzelnen Patienten ab (Lebens- und Lerngeschichte, Stärke und Automatisierungsgrad ungünstiger Einstellungen und Verhaltensmustern, inneren Bewertungen und zusätzlichen beeinflussenden Randbedingungen, die nicht unbedingt und direkt mit den Ängsten selbst zu tun haben müssen (z.B. sekundärer Krankheitsgewinn, der oft erst im Laufe der Problementstehung entstanden sein kann: Einfluss der Ängste auf soziale Beziehungen
, Vermeidung von schwierigen Entscheidungen durch die Ängste u.a.m.)

Ich möchte Dir deshalb raten, Dich in Form von Selbsthilfematerialien einmal - mit Deinem Therapeuten oder zusätzlich - mit dem verhaltenstherapeutischen Ansatz zu beschäftigen, um Zu sehen, ob dies zusätzlich hilfreich sein könnte:

- Dr. Doris Wolf, Ängste verstehen und überwinden

und darauf aufbauend den Selbsthilfematerialien:

- https://www.psychic.de/generalisiert-angststoerung.php

Damit sind wir schon bei Deiner zweiten Frage: Grundsätzlich gilt, gut ist was hilft ! Und das kann im psychotherapeutischen Bereich sehr unterschiedliches sein. Trotzdem zeigen wissenschaftliche Untersuchungen, dass Verhaltenstherapie in Angstbehandlungen die besten Resultate zeigt, weil sie neben der Selbstbeobachtung, dem therapeutischen Gespräch besonders auf die Eigenverantwortung des Patienten mit vielen Übungen und Handlungen setzt, die ein Neulernen in vielen Bereichen ermöglicht. Dabei ist die Konfrontation mit Angstauslösern und das lernen des richtigen Umgangs dabei nur ein, aber ein sehr wichtiger Teil.

Ich wünsche Dir eine baldige Besserung auf Deinem Veränderungsweg und grüße Dich herzlich

Bernd Remelius

P.S. Solltest Du Dich noch einmal für eine stationäre Therapie interessieren bzw. entscheiden, dann solltest Du nur in eine Fachklinik gehen, die mit der Therapie von Angststörungen viel Erfahrung hat. In vielen meiner Antworten hier im Expertenforum habe ich immer wieder auch Adressen von solchen Kliniken genannt.

12.01.2011 17:47 • #2





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