App im Playstore
Pfeil rechts
7

So, hallo alle miteinander!

Ich hab mich passend hier zu meiner, ich nenne sie mal Bruchphase angemeldet, in ca. den letzten 3 Wochen.

Ich habe von diesen Ereignissen schon in anderen Posts geschrieben, also hier ganz kurz zusammengefasst:
Ich hatte Corona und nach der vermeidlichen Genesung Lungenprobleme und andere Post-Covid-Symptome. Daraufhin verlor ich in der Metro das Bewusstsein, was in dem Moment so gruselig war, dass es sich bei mir eingebrannt hat (das war übrigens nicht das erste mal, aber es war sehr viel unvorhergesehener).
Danach war auch so schon das Vertrauen weg, allerdings war das nicht alles.
2 Tage später hatte ich eine dreistündige Panikattacke aus dem nichts. Bzw war auch zum Teil meine generelle Kurzatmigkeit in der Zeit, war aber für mich überraschend. Danach war ich nicht mehr dieselbe.
Später war ich dann bei meiner besten Freundin für drei Tage. Da war alles schön und ich hab mich mit ihr sogar in den Bus getraut. Dann musste sie aber weg, und ich musste nach hause.
Zu hause hatte ich dann die Schnappsidee, Citalopram zu nehmen. Nicht nur hatte ich da alle Nebenwirkungen, sondern reagierte plötzlich auf Richtig viel Essen allergisch. Im Sinne, Herzklopfen, Kribbeln in Beinen und Händen, Ausschlag und das nervigste Kratzen im Hals. Und das war bei Tomaten, Sesam, Fisch etc. Ich kam dann darauf dass es am Histamin liegt, und mittlerweile hat es sich wieder normalisiert.

In dieser Zeit ist mein gesamtes Vertrauen in meinen Körper also verschwunden. Ich traue mich nicht mehr raus, bzw ich kann noch in den Laden nebenan wenn ich mich den ganzen Tag über vorbereite und dort schnell mache, aber Bus, Bahn, das ist alles bei mir einfach weg. Das kann ich nicht mehr.

Morgen will ich mich über die psychatrische Klinik informieren und eventuell dort den Notfalldienst anklingeln. Jedoch habe ich das Gefühl, ich werde mich so oder so meiner extremen Angst gegenüber der Fähigkeit meines Körpers stellen müssen.

Das Ding hierbei ist, dass ich auch davor eigentlich psychatriereif war. Mein ganzer Alltag war geformt von meiner Zwangsstörung. Bis jetzt wundere ich mich, wie ich so lange durchgehalten habe. Begonnen hat das mit 12, jetzt bin ich 22. Das ist schon ne lange Zeit. Aber jetzt kann ich einfach nicht mehr. Aller gerät außer Kontrolle. Deswegen hier die Frage, da ich sicherlich nicht die einzige bin, der sowas wiederfahren ist:

Was kann man machen, um zumindest Teilweise das Vertrauen in den Körper wiederzubekommen? Gibt es etwas (außer die Standart-Atemübungen) das man machen kann? Ich wäre gerne wieder in der Lage, z.B. alltägliche Dinge zu tun wie essen ohne die Angst auf eine allergische Reaktion und eventuell in den Bus zu gehen. Ich wäre wirklich über jeden Ratschlag dankbar. Auch wenn er nicht langfristig ist, sondern nur ein Push für zwischendurch. In die Psychatrie will ich so oder so.

11.04.2025 19:57 • 12.05.2025 #1


13 Antworten ↓


Du könntest dich bei so Sachen wir Busfahren rantasten und eine Konfrontation machen.

Erst gehst nur zur Bushaltestelle. Wenn das kein Problem ist, stiegst du ein, fährst eine Station und hältst es aus. Das wiederholst du, bis deine Angst weniger wird und nahezu verschwindet. Dann steigerst du wieder. Fährst mehrre Stationen, hältst es aus und wiederholst es, bis es kein Problem mehr ist.

Das ist nur beispielhaft. Du gehst halt immer in Situationen, die Angst machen und trainierst sie, bis die Angst abebbt. Danach steigerst du den Anspruch wieder.

Ist aber hartes Brot und fordert dir ne Menge ab und Rückschläge mußt du einplanen.

A


Vertrauen in den Körper verloren, Selbsthilfe?

x 3


@Drkingschultz hmmmm, ja, kommt mir sinnvoll vor. Hab das tatsächlich mit dem Laden auch ähnlich gemacht. Bin erst in den Park vor dem Laden gegangen, bin dort ein wenig auf der Bank gesessen, dann am nächsten Tag in den Laden selbst.
Wird die nächsten Tage mit dem Bus ausprobiert. Danke dir!
Hoffe nur es kommt zu keiner Panikattacke

Es soll ruhig zu eienr kommen. Du willst es ja trianieren. Du brauchst die Attacke und das Durchstehen, damit ein Trainingseffekt da ist.

Wenn du es nicht aushältst, gehst einen Schritt zurück, übst das vorherige nochmal und machst ein paar Tage später einen neuen Anlauf.

Mit dem Laden hats ja auch geklappt. Das wird schon.

Ich frag mich auch, inwiefern es normal ist, wie schwach ich mich fühle. Ich hab gelesen, das sei normal.... macht ja auch Sinn, der Körper ist gestresst und da kommt es zu einem Schwächegefühl. Aber meine Augen sind schon ganz rot und brennen, meine Hände zittern hin und wieder, und das innere Zittern habe ich quasi durchgängig. Auch Muskeln tun hin und wieder weh, da kann man auch sagen dass ich zu fokussiert bin, aber das war ich davor auch. Fast alle meine Zwänge waren auf meinen eigenen Körper gerichtet, nur nicht vorbereitend auf diesen einen Schwächeanfall, sondern eher andere Körperfuktionen.
Ich hab die ganze Zeit einen Nebel im Kopf, gelegentlich Kopfschmerzen, und die gehen auch in den Nacken.
Mir ist ständig kalt, und es ist ja noch nicht wirklich warm zur Zeit, aber so kalt war mir selbst im Winter nicht.
Es könnte alles psychosomatisch sein, schwer ist es trotzdem. Es ist wie ein Teufelskreis, der einem Stück für Stück jeden Elan und Antrieb wegnimmt. Und wenn ich mir vornehme, etwas zu machen, das mir ein wenig Angst macht, kündigt sich wieder die nächste Panikattacke an. Es fällt so schwer, meinen Körper zu akzeptieren, wenn er so vehement gegen mich arbeitet. Jeder psychologische Ratgeber sagt vertrauen Sie Ihrem Körper, er will nur kommunizieren und dann horche ich in mich rein, will den Grund der Angst erfassen, und ja, er ist dieser Moment vor 3 Wochen in der Metro der puren Hilflosigkeit. Was soll ich mit dieser Information aber machen? Ich mache dann Atemübungen, springe bis mir der Atem schier wegbleibt und darüber hinaus, ruhe mich kurz aus, und wenn ich dann rauswill, fängt es wieder von vorne an.
Ich funktioniere einfach nicht mehr richtig, obwohl ich muss. Ich soll meinen Bruder heute vom Bahnhof abholen und er will mit mir in die Stadt nebenan fahren, aber wie mache ich das? Vor allem macht es mir so ein schlechtes Gewissen, da mir Leute so sehr die Hand reichen, aber ich muss sie immer abschlagen, da es dann doch nicht 100%ige Bemutterung ist. Ich frage mich einfach was ich übersehe und falschmache. Ich will einfach nur irgendwie funktionieren und dankbar für die Hilfe sein.

Zitat von Valivale:
Ich funktioniere einfach nicht mehr richtig, obwohl ich muss

Schon mal ein Fehler dieser Gedanken Gang - Du musst gar nichts. Eins nach dem anderen. Und das geht nicht von jetzt auf gleich.

Ich kann dir nur eines sagen. Ich bin mittlerweile 33 und habe Zwangsstörungen seit ich in der Volksschule war. Komme aus Österreich. Ich dachte immer ich könnte das nebenher bewältigen und es wäre nicht so schlimm. In Wirklichkeit hat es mein Leben bestimmt. Jeder Gedanke, jeder Tritt, jede Bewegung sind nach einem Muster bei mir. Ich muss alles nach gewissen Richtlinien machen. Ich war oft verzweifelt, wenn es an Tagen wieder völlig ausgeufert ist. Ich hatte ständig in den letzten Jahren gesundheitliche Symptome, welche ich auf alles andere schob. Kurzatmigkeit war dabei das schlimmste, das war nur schwierig auszuhalten. Dieses Jahr hat es im Jänner mit Magen-Darm-Problemen begonnen und ging dann in Kurzatmigkeit über und dann schließlich in extrem starke Muskelverspannungen und ein anschließendes Schwächegefühl über. Ich bin ein Mensch, der nie über Schwächen mit anderen redet und alles versucht selber zu lösen.

Am Freitag war ich dann bei einer Psycholigin, da meine körperlichen Probleme mittlerweile so hart gewesen sind, dass ich eingesehen habe etwas tun zu müssen. Ich habe seit Ewigkeiten nicht mehr geweint. Dort angekommen fiel das Wort Zwang und ich fing an zu weinen. Seither weiß ich, dass es für meinen Körper offenbar mittlerweile zu viel ist.

Ich versuche jetzt irgendwie die Zwänge zu regulieren und alles andere selbst aufzuarbeiten, was in meinem Leben so passiert. Ich wünschte ich hätte früher Hilfe in Anspruch genommen, vielleicht hätte es mir viel Leid erspart. Aber ich bin glaube ich jetzt am Weg der Besserung, nach Jahren der Probleme. Ich kann dir daher nur raten, such dir Hilfe und sprich darüber, es hilft schon extrem..

Hallo Valivale,

Zitat von Valivale:
Daraufhin verlor ich in der Metro das Bewusstsein, was in dem Moment so gruselig war, dass es sich bei mir eingebrannt hat (das war übrigens nicht das erste mal, aber es war sehr viel unvorhergesehener).
Danach war auch so schon das Vertrauen weg, allerdings war das nicht alles.

dieses Erlebnis hätte mich auch sehr verunsichert. Mir auch Angst gemacht.
Hast Du dieses danach auch mal gründlich mit Deinem Hausarzt besprochen?
Was hat der gesagt? Wurde deswegen etwas untersucht? Was wurde dabei festgestellt?

Zitat von Valivale:
In dieser Zeit ist mein gesamtes Vertrauen in meinen Körper also verschwunden. Ich traue mich nicht mehr raus, bzw ich kann noch in den Laden nebenan wenn ich mich den ganzen Tag über vorbereite und dort schnell mache, aber Bus, Bahn, das ist alles bei mir einfach weg. Das kann ich nicht mehr.

Ein wenig kann ich das glaube ich verstehen.
Dann hol Dir das Vertrauen in Deinen Körper möglichst schnell wieder zurück.
Damit Du wieder frei und unbeschwert die Wohnung angstfrei verlassen kannst.


Zitat von Valivale:
Bis jetzt wundere ich mich, wie ich so lange durchgehalten habe. Begonnen hat das mit 12, jetzt bin ich 22.

Ach je, so lange quälst Du Dich schon damit herum? Hast Du nie so richtig versucht einmal eine
Verbesserung Deiner Gesundheit zu erreichen?

Zitat von Valivale:
Ich wäre gerne wieder in der Lage, z.B. alltägliche Dinge zu tun wie essen ohne die Angst auf eine allergische Reaktion und eventuell in den Bus zu gehen.

Verständlich, bestimmt kann Dir das bald wieder gelingen.

Zitat von Valivale:
Was kann man machen, um zumindest Teilweise das Vertrauen in den Körper wiederzubekommen?

Am Anfang hilft es sicher am schnellsten, wenn Du Dir das Vertrauen in Deine Gedanken und
Deine
Gefühle wieder zurückholst.
Ist Dein Kopf ruhig und entspannt, wird sich Dein Körper mit der Zeit auch ebenfalls entspannen.
Dies solltest Du immer wieder üben.

Anfangs wird Dir das ein wenig fremd vorkommen. Weil Du es seit Jahren ja völlig anders machst.

Zitat von Valivale:
Gibt es etwas (außer die Standart-Atemübungen) das man machen kann?


Bitte sei mir jetzt nicht böse. Bei einer jahrelang anhaltenden psychischen Störung, wie Du
Deine Situation beschreibst, kannst Du mit Atemübungen bestimmt nur wenig Erfolg haben.
Da sind viele andere Dinge viel, viel hilfreicher.

Vielleicht können wir mal genauer darüber sprechen.

Viele Grüße
Bernhard

@Hotin hallo Bernhard, danke für die Antwort!
Beim Hausarzt war ich, der hat mich untersucht. Er hat bestätigt, dass ich Corona hatte, meine Werte waren allerdings normal. Er hat mich aber aufgeklärt, dass solche Lungenprobleme bis einem Monat nach Erkrankung normal sind und man sich in der Zeit auf keinen Fall körperlich anstrengen sollte. Mittlerweile hat sich meine Lunge auch wieder normalisiert, ich kann normal ein und ausatmen. Sofern ich keine Panikattacke habe, natürlich. Davor konnte ich selbst im Ruhezustand nie richtig einatmen.

Ich denke, jeder versucht irgendwie Hilfe zu bekommen. Jedoch war ich glaube ich viel zu gewohnt an meine Situation, um sie ernst zu nehmen. Ich war da mal beim Hausarzt vor ca. einem Jahr, der schickte mich zu einer Psychaterin in eine neurologische Klinik, die stellte mir vorzeitige Diagnosen, verschrieb mir Citalopram und gab mir eine Liste mit Therapeuten. Da klingelte ich dann einige an, erfolglos. Dann probierte ich es mit ein paar Verteilsservices, die allerdings unmögliche Termine für mich ausmachten. Ohne Auto sind die so gut wie nicht erreichbar, und ich hab keinen Führerschein. Damit meine ich Termine um 8, wo die Reise mehr als 3 Stunden gedauert hätte, die Hälfte davon zu Fuß. So früh fahren dann aber keine Züge, man hätte die Reise also am Abend vorher beginnen müssen. Also das war eine Anmutung die ich einfach unmöglich fand. Familie war zu dem Zeitpunkt auch nicht da sondern im Ausland.
Irgendwann war dann die Luft raus, und ich wendete mich an meine Familie. Da wird aber auf einer Seite angezweifelt oder mir die Schuld gegeben. Eigentlich ist meine Familie sehr unterstützend, jedoch überwiegend sehr slawisch geprägt, also auf pures Überleben getrimmt. Meine Stiefmutter meinte sogar mal In Russland würdest du mit einer Diagnose eine komplette Arbeits- und Ausbildungsunfähigkeit einkassieren, für mich ist diese Mentalität also ein bisschen verständlich. Heißt im Umkehrschluss, dass ich mich weiterhin ranarbeiten muss, was in so einem Tief echt an die Grenze meiner Energie geht.

Ich bin mittlerweile allerdings bei meinen Geschwistern. Ich bin sogar mit meinem Bruder Bus, Zug und Metro gefahren, und dann 2 1/2 Stunden im Auto. Aber das geht nur, wenn jemand dabei ist. Mir ist andauernd schwindelig und ich bin müde und wenn ich alleine bin macht mir das so extreme Angst. Mit anderen kann ich mich beruhigen und schaffe es, wenn auch aus letzter Energie.

Demnächst geh ich mich mal komplett durchchecken, vielleicht sogar in der Notaufnahme, denn so ein plötzlicher Abfall von Motivation und Energie kann natürlich alles Mögliche bedeuten. Blutwerte und -zucker abchecken, Allergietests machen, paar Untersuchungen, vielleicht stellt sich da was raus. Würde ich jedenfalls nicht ausschließen. Wahrscheinlich mache ich das sogar heute.

Und zu den Atemübungen: da hast du recht, heilen wird es mich nicht:) aber in all den Ratgebern zu dem Thema wird sowas immer erwähnt. Ich bin ja kein Einzelfall, und bei spezifisch diesem Thema von sich ans Rausgehen und Vertrauen am eigenen Körper ranhangeln wird von Atemübungen immer geschwärmt, als ersten Schritt. Allerdings kenne ich alle Atemübungen in- und auswendig und weiß, dass ich auf panische Situationen mit ruhigem Atem reagieren kann. In der Vergangenheit hat mir das auch extrem geholfen, ich hatte tatsächlich bis jetzt bestimmt 4 Jahre keine richtige Panikattacke mehr. Mittlerweile hilft das aber nichts mehr, denn auch mit ruhigem Atem wird mir fast schwarz vor Augen, und mein Harz pocht wie verrückt.

Ich werde hier auf jeden Fall Updates dalassen. Danke nochmal für die Antwort!

@Valivale
du brauchst nicht noch mehr Atemübungen, du brauchst endlich ne klare Entscheidung.
Was du da schreibst, ist kein bisschen „Ich hab gerade mal ne Phase“ – das ist ne Komplettüberforderung von Körper und Kopf, die du seit Wochen durchziehst, obwohl dir längst der Stecker rausgeflogen ist.

Diese ganze Kontrolle über deinen Körper, das Reinspüren, das „oh Gott, was, wenn wieder was ist“ – das ist kein Sicherheitsding mehr, das ist ein System, das komplett in der Überwachungsschleife hängt. Du traust deinem Körper nix mehr zu, weil du gelernt hast: Der macht eh was er will und du stehst daneben und kannst nix tun.

Aber ganz ehrlich? Je länger du da drin hängst, desto schlimmer wird das.
Dein System wartet nicht darauf, dass du wieder „langsam reinkommst“ – das dreht weiter am Rad, wenn du nicht aktiv aussteigst.

Und das geht nicht mit noch mehr Büchern oder klugen Sätzen über Selbstfürsorge – das geht nur über klare Stopps, über richtige Konfrontation, und ja: über Hilfe, die mehr ist als ne Hausarztuntersuchung und n lahmer Termin in 3 Monaten.

Klinik klingt für dich wie Endstation? Sieh’s mal andersrum: Es ist vielleicht die erste Station, wo du nicht mehr alles allein halten musst. Wo du den ganzen Mist – Angst vorm Umkippen, Körper misstrauen, Panik vor dem nächsten Tag – mal abgeben kannst. Nicht um wegzusehen, sondern um neu zu sortieren.

Du fragst, was du machen kannst, um wieder Vertrauen in deinen Körper zu kriegen?
Hier die ungeschönte Antwort: Du wirst es nur zurückkriegen, wenn du aufhörst, ständig was von ihm zu erwarten.
Nicht „ich geh raus, weil ich’s MUSS“, sondern: „Ich guck, was heute überhaupt geht – aber ohne mich danach zu zerreißen.“

Und ja – der Absturz nach so vielen Jahren „irgendwie durchhalten“ fühlt sich sch. an. Aber er heißt nicht, dass du jetzt am Ende bist. Nur, dass du endlich an einem Punkt bist, wo’s ohne Hilfe nicht mehr geht. Und das ist kein Versagen – das ist verdammt nochmal menschlich.

Also: Hör auf, weiter durchzuziehen. Such dir was Festes. Klinik. Stationär. Oder auch Ambulant, wenn’s gut läuft.

Liebe Valivale,

vielen Dank für Deine aufschlussreiche Antwort.
Ich freue mich, dass wir überhaupt mal in ein sachliches Gespräch gekommen sind.
Meistens ist dies bei Angststörungen kaum noch möglich.

Zitat von Valivale:
Beim Hausarzt war ich, der hat mich untersucht.

Zitat von Valivale:
Mittlerweile hat sich meine Lunge auch wieder normalisiert, ich kann normal ein und ausatmen.

Na wunderbar. Körperlich scheinst Du wieder ziemlich gesund zu sein.

Zitat von Valivale:
Ich denke, jeder versucht irgendwie Hilfe zu bekommen.

Dies ist eine hochinteressante Aussage von Dir. Auch andere Menschen sagen dies immer
wieder genau mit den gleichen Worten.

Aber, ich bin sicher. Hier machst Du einen großen Denkfehler, der Dich wertvolle Zeit mit
innerer Ruhe und Zufriedenheit kostet.
Jeder wird Dir gern bestätigen. Natürlich ist es verständlich, wenn Du versuchst
Hilfe zu bekommen.

Für Deinen Kopf funktioniert das aber nicht so, wie Du es Dir vorstellst.
Und damit fängt sehr wahrscheinlich Dein Unglück an.

Ruhe, Sicherheit, Zufriedenheit, Entspannung des Körpers und geistige Kraft werden von
jedem Mensch in Kopf fast nur allein hergestellt.

Nun möchtest Du dafür Hilfe bekommen. Welche Hilfe möchtest Du dafür bekommen?

Das ist so ungefähr, wenn man nicht kochen kann. Dann möchte man Hilfe haben.
Die gibt es auch, Kochbücher und Kochkurse!
Aber wenn man nicht kochen kann, dann geht man doch nicht zum Arzt und fragt nach
einem MRT. Weil irgendwo muss doch im Kopf ein Grund sein, dass ich nicht kochen kann.

Verstehst Du, was ich damit sagen will?
Wenn Du Hilfe haben möchtest, dann frage bitte nach Hilfsangeboten, wie Du Kochen lernen kannst.

Zitat von Valivale:
Heißt im Umkehrschluss, dass ich mich weiterhin ranarbeiten muss, was in so einem Tief echt an die Grenze meiner Energie geht.

Das ist nach meinen jahrelangen Erfahrungen nicht so. Energie geht nie verloren.
Sie wechselt nur von hier, nach dort.
Das wird bedeuten. Du verwendest Deine Energie vermutlich überwiegend dafür, um Deine Ängste
zuzudecken. Aber überall kriecht Deine Angst wieder unter der Decke hervor.

Zitat von Valivale:
Mir ist andauernd schwindelig und ich bin müde und wenn ich alleine bin macht mir das so extreme Angst.

Nun das liegt daran, dass Du fast nur Deine Gefühle, also Dein Unterbewusstsein zum Denken
benutzt. Wer das macht wird sich schnell krank fühlen. Dann man hat den Eindruck.
Ich kann meine Gedanken und damit mein Leben nicht mehr kontrollieren.
Was ich auch mache - Ich kann es nicht steuern.

Zitat von Valivale:
Mit anderen kann ich mich beruhigen und schaffe es, wenn auch aus letzter Energie.

Das ist einfach zu erklären. Andere Menschen sprechen glücklicherweise meistens ohne
viele Gefühle mit Dir. Auch ich versuche möglichst sachlich zu schreiben.
Mal gelingt mir das gut. Manchmal auch nicht.
Und Du merkst sofort, wie schnell Dich das im Moment beruhigt.

Du solltest dies selbst trainieren. Rede zwischendurch immer mal sachlich mit Dir selbst.
Möglichst ohne Deine Gefühle, ohne Deine Ängste.
Dann hat das denselben Effekt, als wenn Du mit einem anderen Menschen sprichst.
Es sollte Dich beruhigen.

Zitat von Valivale:
Ich bin ja kein Einzelfall, und bei spezifisch diesem Thema von sich ans Rausgehen und Vertrauen am eigenen Körper ranhangeln wird von Atemübungen immer geschwärmt, als ersten Schritt.

So ist es. Angststörungen haben sich in den letzten Jahren zu einer Art Volkskrankheit entwickelt.
Das schwierige daran scheint mir allerdings zu sein. Von drei Angststörungen sind nach meiner
Erfahrung etwa zwei gar keine Krankheit.
Aber alle drei werden wie eine Krankheit angesehen und behandelt. Welche Folgen hat das,
wenn man etwas wie eine Krankheit behandelt, obwohl es gar nicht so behandelt werden müsste?

Zitat von Valivale:
Demnächst geh ich mich mal komplett durchchecken, vielleicht sogar in der Notaufnahme,

Dann geh Du mal in die Notaufnahme. Die dort beschäftigten Spezialisten beherrschen auch
alle die beruhigende sachliche Gesprächsführung. Für ein paar Stunden wirst Du Dich dann
bestimmt auch wieder beruhigt fühlen.
So lange, bis es zuhause wieder von vorne anfängt.

Dir wünsche ich eine schönen Tag.

So, kleines Update, fast schon wie ein Tagebuch:
Ich hatte sehr starke Schmerzen in meinem linken Arm und Bein und bin dann tatsächlich in die Notaufnahme gegangen und war dort für eine Nacht. Ist natürlich klar, dass es nichts akutes war. Meine Ärzte klärten mich dann mal über Post-Covid auf, und alles macht jetzt ein wenig mehr Sinn. Mein Hausarzt hat mir das zwar auch beiläufig gesagt, jedoch ist es da nicht wirklich an mich rangekommen. Jedenfalls:
Es soll normal sein, dass man bei Post-Covid körperlich und psychisch schwach wird, bis zu drei Monate. Ängste und Depressionen stehen sogar an der Spitze der Symptome, mit dem 'foggy brain' und Lungenproblemen. Meine Ärzte meinten, ich falle GENAU in die Diagnose. Die Werte waren alle optimal, außer dem Lungenvolumen, das war leicht unter dem normalen Niveau. Das hat mich ein wenig zuversichtlicher gemacht. Ich merke auch, dass mein Kopf wieder klarer und klarer wird. Post-Covid wirkt sich stark auf das Nervensystem aus, sprich ich hatte alles mögliche. Gliederschmerzen, Sehschwäche und teilweise habe ich ganze Flecken nicht gesehen, häufiges Fiepen in den Ohren, mein Körper ist komplett heruntergefahren auf das mindeste. Im Gegensatz zu vor zwei Wochen geht es mir so viel besser. Seit einigen Tagen bin ich sogar entspannt. Davor haben mich ständig verschiedene Ängste geplagt, hauptsächlich um die, ich sage mal, Endlichkeit des Körpers.
Jedes körperliche Symptom hieß für mich dass ich gleich auf die Intensivstation komme und im Sterben liegen würde. Ich hatte auch unglaubliche Angst vor allergischen Reaktionen und hab sehr selektiv gegessen. Und Zwangsgedanken in dieselbe Richtung, ich hatte richtig Angst vor mir selbst, beim Aufstehen, beim Einschlafen, und eigentlich die ganze Zeit zwischendrinnen.

Jetzt esse ich wieder fast normal. Ich kann wieder von Herzen lachen, hab weniger Angst vor körperlicher Erschöpfung nach Aktivität. Hierzu jedoch: ich nehme da ein wenig die Schuld von mir. Es war tatsächlich so dass ich nach jeder leichten Anstrengung komplette Atemnot hatte, teilweise legte die sich nach ner Stunde nichtmal. Mein Herz pochte auch wie verrückt, bis es schmerzhaft wurde. Treppen die ich davor hochgeflitzt bin waren plötzlich eine riesige Herausforderung. Deshalb: vielleicht wollte mich mein Körper wirklich schützen.

Ich bin aber noch Welten von der Norm. Mit dem Rausgehen tu ich mir immer noch recht schwer, bin immer noch nicht selbstständig sondern brauche immer jemanden bei mir. Deshalb besteht mein Ziel, mich in psychatrische Behandlung zu begeben. Und wenn es die nächsten Tage besser wird. Das werd ich dann nächste Woche mit meinem Papa angehen.

Mag alles sein mit Long-Covid usw. Ich glaube aber trotzdem, dass es eine psychische Sache war/ist.

Long-Covid würde ja nicht besser werden, wenn dir ein Arzt sagt, dass du LC hast.

Du bist jetzt (erstmal) beruhigt, weil du in der Notaufnahme warst und nichts Dramatisches festgestellt wurde.

Aber das wird nicht allzu lange anhalten, dann kommen (andere) Symptome und das Spiel startet erneut.

Daher schon richtig, dass du dich in behandlung begeben willst.

Weiteres Update:

Ich hab jetzt einen Psychologen! Mir fällt wirklich ein Stein vom Herzen.

Aktuell wohne ich bei meinem Papa. Das ist beruhigend und es macht mich extrem glücklich und dankbar, in einem unterstützenden und liebenden Umfeld zu sein.

Mir wurde jetzt Angststörung diagnostiziert, mit Panikattacken. Agoraphobie ist aktuell mein Problem. Das kommt für keinen überraschend, für mich am wenigsten. Nach ewiger Suche hatte ich jetzt meine erste Psychotherapie und beginne mit dem Psychologen jetzt eine Kurzzeittherapie. Zudem lasse ich mich demnächst von meiner Psychaterin über Antidepressiva aufklären und mir etwas anderes als Citalopram verschreiben. Mein Hausarzt meinte, dass sogar Escitalopram bei manchen weniger Nebenwirkungen hat als Citalopram. Ob ich die letzt endlich nehme, ist noch nicht entschieden. Abgeneigt bin ich jedoch nicht.

Ich habe jetzt viel Zeit, auf mein Leben zu schauen und zu überlegen, was aktuell falsch läuft. Ich weiß nicht, ob ich das erwähnt hatte, aber ich nehme zur Zeit ein Urlaubssemester. Mir ist aufgefallen, dass ich seit Beginn des Studiums nie zufrieden war mit dem, was ich mache. Ich habe tolle Freunde auf die ich mich verlassen kann, und die Studienfächer an sich interessieren mich auch mehr oder weniger. Allerdings gibt es zwei Dinge, die mich stören: erstens hasse ich die Struktur. Dieses 'frei nach Schnauze' Ding ist einfach nicht meins, und das hat man automatisch an einer staatlichen Uni. Das hätte mir früher auffallen können: allein im ersten Semester stieg mein Alk. extrem, ich trank viel alleine. Es war wirklich die Vorstufe von Alk.. Teilweise trank ich so viel alleine in meinem Zimmer, dass ich am nächsten Tag mit Kater in die Uni ging. Es war einfach nicht erfreulich. Zum Glück konnte ich das normalisieren, jedoch macht mit weniger Alk. auch das Studium weniger Spaß. Die Noten waren aber trotzdem okay, ich bin keine schlechte Studentin. Aber die Struktur des Studiums ist einfach nicht meins, und der Inhalt ist doch zu langweilig dass er mich überzeugt.
Ich recherchiere also zur Zeit, was ich alternativ machen könnte. Nicht, dass ich definitiv schmeißen werde, ich wäre jetzt im vierten Semester. Ich will nur die Alternativen kennenlernen, ohne mich dafür zu schämen. Aktuell intetessiere ich mich für das Konzept eines dualen Studiums, da ist die Auslastung für mich einfach viel besser. Da ist demnächst eine Online-Schnupperveranstaltung, an der ich teilnehmen werde.

Zudem kann ich nicht alleine wohnen. Ich vereinsame schnell. Alleinsein und einsam sein sind zwei grundverschiedene Dinge, und das musste ich auf die harte Tour lernen. Wie ich das ändern kann, weiß ich noch nicht. Das wird sich zeigen. Angenommen, ich würde mein Studium abbrechen und ein neues anfangen. Dann wäre das natürlich leichter. Aber das wird sich zeigen.

Zusammengefasst sehe ich zur Zeit, dass ich mein Leben nicht für mich lebe. Ich hatte in den letzten zwei Jahren selten Spaß. Ich bin immer ängstlicher geworden, und alles, was ich fürs Studium und den Minijob nebenbei tat, tat ich aus einer Angst heraus. Angst war das Gefühl, was mich immer begleitet hat, und jetzt muss ich lernen, mich damit anzufreunden und die Angst zuzulassen. Danke an meinen Therapeuten und die Selbsthilfe-Optionen an der Stelle

Es ist alles etwas viel zur Zeit, und es ist extrem schwer, hin und wieder doch herauszugehen, auch alleine. Aber ich mache es immer öfter. Es ist natürlich auch eine komplette Überforderung, den Weg zu sehen, dein ich jetzt gehen muss. Ich bin z.B. stark abhängig von dem öffentlichen Nahverkehr, es ist aber zur Zeit mein schlimmster Alptraum. Manchmal fange ich mich in solchen Gedankenkarussels. Und, so sehr ich auch positiv sein will, es fällt wirklich schwer. Es tut weh zu sehen, was ich aktuell nicht mehr kann, was aber vor noch zwei Monaten einfach Gang und Gebe war. Ich glaube, das ist eine kleine Trauerphase durch die ich einfach muss, damit es wieder besser werden kann. Es tut zur Zeit einfach ein bisschen weh.

Es ist auch schwierig, den Bezug zur Realität zu wahren. Natürlich ist es für mich leicht zu sagen, dass mein Studium einfach nicht passt und ich deswegen unzufrieden und ängstlich bin. Aber selbst wenn das stimmt, ist damit nichts getan. Die Probleme mit der Angst haben jetzt überhand genommen, und träumen von einem anderen Leben hilft da nur wenig, denn ich bin jetzt hier und bleibe vorerst auch hier, egal in welchen Umständen ich mich befinde.

Aber der Grundgedanke ist natürlich Optimismus. Ich muss jetzt langsam ein Leben bauen, das mir Spaß macht. Ich muss mir dabei Zeit lassen, die Angst loslassen. Denn ich will ein schönes und unbeschwerteres Leben. Ich mag mich selbst und will mein Leben lieben. Und dieser Gedanke schenkt mir Zuversicht.

A


x 4





Youtube Video

Dr. Christina Wiesemann
App im Playstore