Zitat von sonnenblume!:Ja peppermint und novemberrain, genau das meinte ich. Und sowas soll man gut heissen und unterstützen! Geht gar nicht!
Du
sollst das weder gut heißen noch unterstützen. Und es wurde ja auch nicht einmal von den Kirchenoffiziellen gut geheißen. Es ist ein furchtbarer Fehler passiert. Warum meinen eigentlich alle, die sich sonst darüber empören, dass die katholische Kirche in manchen Dogmen Unfehlbarkeit beansprucht, sie müsse es in allen Dingen auch wirklich sein und regen sich dann auf, wenn sie sich als fehlbar erweist?
Das verstehe ich nicht. Mir erscheint diese Diskussion hier wie ein dem Cyber-Zeitgeist entsprechender Reflex und man lässt eine Art mist über die Kirche los, ohne auch nur zu versuchen mit gerechtem Maß zu messen. Und das von Leuten, die sich als tolerant und aufgeklärt bezeichnen.
Von den Gefühlen anderer Menschen, die ihr damit verletzt und der guten und professionellen Arbeit anderer Menschen, die ihr damit in Abrede stellt, einmal ganz abgesehen. Der Druck, den ihr damit ausübt, unterscheidet sich nicht von dem angeblichen Druck, der in einem oberbayrischen Dorf auf ein austrittswilliges Kirchenmitglied ausgeübt wird. Zwar droht ihr nicht damit, dass man unter einer Brücke beerdigt wird (was schon aus Wasserschutzgründen nicht möglich ist), ihr diffamiert aber Kirchenchristen als unmodern, hinterwäldlerisch, naiv, evolutionär zurückgeblieben und was man sich - natürlich etwas weniger zugespitzt - sonst noch so anhören darf.
Wieviel Unrecht wurde schon im Namen unseres Staates begangen (und ich rede jetzt von der Bundesrepublik), wieviele Fehlbehandlungen oder Fehleinschätzungen mit tödlichem Ausgang in säkularen Krankenhäusern, wieviel Geld von hochgepriesenen Wohlfahrtseinrichtungen für dubiose Dinge ausgegeben - zuletzt über Menschen für Menschen zu lesen? Während das alles schnell vergessen ist und unter mist happens! verbucht wird, hält man der Kirche - völlig anachronistisch und der Geschichtsschreibung widersprechend - menschliche Verfehlungen von 2000 Jahren vor ohne auch nur einen Moment all das Gute und Schöne, das durch sie und in ihrem Namen geschaffen wurde und immer noch wird, zu erinnern.
Es ist jedem freigestellt, sich für oder gegen die Kirche zu entscheiden. Ich achte diese Entscheidung, mache keinen glaubend, er würde durch mich irgendwelche Nachteile erfahren. Ich grüße ihn noch, rede mit ihm, wenn er will, und wenn seine Familie es will und er sich zu Lebzeiten nicht entschieden dagegen ausgesprochen hat, wird er sogar kirchlich bestattet auf einem kirchlichen Friedhof.
Tolerant wäre es, wenn man die Entscheidung derer, die sich für eine Kirchenmitgliedschaft entscheiden auch achtet und diese nicht lächerlich macht und wenn man die Masse der Mitglieder und die ganze Institution nicht für die Verfehlungen eines einzelnen Mitgliedes verantwortlich macht.
Und ja, ich kenne die bayrischen Verhälnisse. Ich bin in der Nähe von Passau aufgewachsen und weiß zumindest wie es ist, von der anderen Fraktion zu sein, kirchlich wie politisch.
Auch die Verflechtungen von Staat und Kirche sind eine wohlgesteuerte Fehlinformation von Parteien, die sonst wenig zu sagen haben oder der kirchenfeindlichen Humanistischen Union nahestehen oder sogar mit dubiosen fränkischen Sekten im Bund stehen.
Zu Zeiten Napoleons hat die Kirche sehr große Besitzungen verloren, die auch nach der Niederlage Napoleons nicht an die Kirche zurückgegeben wurden, sondern die sich die Landesfürsten unter den Nagel rissen. Das fiel solange nicht ins Gewicht, wie diese auch gleichzeitig Bischof ihrer Kirche waren (denn Staat und Kirche waren damals nicht getrennt, die Kirche stand unter staatlicher Leitung) und der Staat eben für die Bedürfnisse der Kirche aufkam, katholische Landesherren schufen entsprechende Stiftungen. Als mit der Weimarer Republik die Monarchie stürzte und die Trennung von Kirche und Staat verabschiedet wurde, erhielt die Kirche ihre Besitzungen allerdings immer noch nicht zurück. Stattdessen vereinbarte man eine Ausgleichszahlung, die im Grunde genommen einer Pacht entspricht. Diese ist im Laufe der Jahre entsprechend heutiger Grundstückspreise angewachsen. Dafür kann Kirche nun aber nichts. Schon in den 60er Jahren hatte sie um Ablöse dessen gebeten, Kommunen haben es im Laufe der Zeit auch vielfach gemacht, die Länder und der Staat jedoch nicht, auch weil man die Summe, die dazu nötig wäre gar nicht aufbringen könnte.
Zwar sind die Rufe der Linken laut, einfach ein Gesetz zu erlassen und die Ablösungssumme auf ein Minimum des Wertes zu reduzieren. Aber wir sind ja netterweise ein Rechtsstaat. Auch wenn meine Familie 200 Jahre denselben Acker von derselben Familie gepachtet hat, heißt das nicht, der ist in meinen Besitz übergegangen oder ich kann die Pachtzahlungen vergangener Jahre auf seinen jetzigen Wert anrechnen und mir den Acker nun für nen Appel und n Ei unter den Nagel reißen.
Und ja, der Staat zieht für die Kirche die Steuer ein, darf für diese eine Rechenoperation des Computers aber auch einen Teil der eingezogenen Kirchensteuer - in Hessen glaube ich 5% - behalten. Hier finanziert Kirche also Staat.
Und zum letzten Beitrag: kein Staat und kein Unternehmen würde sich als Chef jemanden aussuchen, der mit der bisherigen Firmenpolitik im Clinch liegt. Google würde sich auch keinen Chef suchen, der den Menschen erzählt schickt euch wieder papierene Briefe, statt Mails oder sucht mit Bing.