Zitat von User_0815_4711: Warum suchen die Leute? Um dem Leiden zu entfliehen.
Ja.
Oft wissen sie es nicht.
Zitat von User_0815_4711: Was suchen sie konkret? Deine Beschreibung klingt alles andere als einladend für mich.
Für mich klingt sie auch nicht einladend. Ich erlebe mich ja auch als Ich und in den Cocktail Ich ist immer eine bittere Note beigemischt, so erkannte es der Buddha.
Sagt man dann: Okay, alle Kraft in die andere Richtung? Nein. Man sagt, dass es so schlimm doch auch nicht ist, dass man schöne Momente, Stunden und Tage erlebt. Dass man immer wieder und weiter leben möchte, dass die Gesamtrechnung trotzdem aufgeht und so weiter.
Also das, was Du und ich auch denken.
Zitat von User_0815_4711: Ich tue gerne, mit den Händen, manchmal auch mit dem Kopf in dem mir möglichen engen Rahmen. Wieso sollte ich das zurücklassen? Mir persönlich reicht es für mein Glück, dass ich akzeptiere, dass von einer Sekunde auf die andere alles weg sein kann, sich das Leben komplett ändern kann.
Ja, aus solchen Erlebnissen kann man Dankbarkeit keltern und auch eine gewisse Angstfreiheit. Es könnte alles noch viel schlimmer sein, danke, dass es mir so gut geht.
Ich habe dieses Gefühl in letzter Zeit öfter, wenn ich einige Schicksale hier im Forum lese. Ich weiß, wie sehr sich einige durch den Tag quälen, weil ich es auch gemacht habe. Ich erlebe im Kontrast, wie gut es mir geht, wenn ich sehe, dass es anderen schlecht geht, auch wenn das ebenfalls kein gutes Gefühl ist.
Ich bin genau so von meiner Hypochondrie befreit worden, weil ich - damals im Krankenhaus arbeitend - erlebt habe, was Du beschrieben hast: Es kann so schnell vorbei sein und es gibt im Grunde keinen Schutz.
Sport, gut Essen und Vorsorge, alles nett, aber keine Garantie. Ich habe Menschen sterben sehen, die noch gar nicht genug Zeit hatten, um viel falsch gemacht zu haben.
Das kann sicher auch zerstören, mir hat es geholfen.
Zitat von User_0815_4711: Ich denke da z.B. an einen sehr schweren, aber nicht tödlichen Schlaganfall. Diese Erkenntnis ist für mich Erleuchtung genug: Lebe jeden Tag wie deinen letzten.
Das ist super und hilft mir auch immer wieder, wenn ich mich im Alltagswahnsinn doch wieder verheddere. Kurz durchatmen, sich klar machen, dass keiner gestorben ist, im Grunde alles in Ordnung ist, ich mich kurz mit dem Moment verbinde, anstatt meinen irren Gedanken darüber, was sein sollte nachzugehen.
Ich habe in letzter Zeit allerdings noch eine weitere Erfahrung gemacht, etwas hat sich unter diese Empfindung gemischt. Ein gewisser Überdruss, eine Unlust die nächste Runde im Tanz noch mitzumachen, weder resignativ, noch depressiv, einfach so ein Gefühl von 'brauch ich nicht mehr'. Man streift so ein wenig die Anklammerung an die Welt ab.
In mehreren Situationen ist die emotionale Bindung, so scheint es mir, etwas gelockert. Zugleich sehe und erlebe ich, dass auch Glückserfahrungen einen Preis haben. Ich weiß gar nicht, was das genau mit mir macht. Ich beiße trotzdem noch in den Apfel, er schmeckt auch, aber irgendwas ist anders.
Ich winke nicht ab und ziehe mich nicht zurück, ich bin bei weitem aktiver, als in den Jahren davor, auch was neue Erfahrungen angeht. Vielleicht ist es so, dass ich lerne, alles nicht so ernst zu nehmen, vor allem mich selbst nicht, was recht heilsam ist.
Aber attrakttiv ist der Rückzug von der Welt und vom Ich für mich ebenfalls nicht. Ich muss mich immer wieder erinnern, zwingen, weiß oft nicht, wie es sich anfühlen sollte, wenn ich mich allein meiner Existenz (und sonst nichts weiter) vergewissern soll, ob ich das also 'richtig mache'.
Naja, mit dem Ich ankommen zu wollen, ist ohnehin illusionär, so viel habe ich verstanden. Aber alle Deine ... sagen wir Bedenken, kann ich nachvollziehen, ich erlebe sie ebenso.