
Cbrastreifen
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Zitat von kjabo2:@Cbrastreifen Was treibt einen Menschen dazu, sich in Faulheit und Phlegma zu suhlen, und warum muss sich manch anderer regelrecht zum Nichtstun zwingen, als wäre es eine lästige Pflicht? Ist es möglich, eine Vorliebe für das Nichtstun zu erlernen?
Hm, also in mir wohnt beides, tendenziell bin ich ein unruhiger Geist, vielleicht auch nur auf einigen Gebieten. Faulheit kann ich aber auch genießen, dann kommt der Drang was zu tun von selbst wieder, der m.E. in meinem Charakter überwiegt.
Zuschreibungen von außen gehen bei mir traditionell und in fast allen Bereichen so dermaßen (und verstörend) weit auseinander, dass ich irgendwann damit aufgehört habe, mich darüber zu wundern. So wurde mir bei einer Einarbeitung von einem an sich netten Menschen gesagt, dass er sich (sein früheres Selbst) in meiner Unsicherheit wiederekennen würde (ich fand mich gar nicht sonderlich unsicher oder unruhig), während mir andere eine Bierruhe attestieren (die ich mir nur hoch selten zuschreiben würde).
Ich glaube, dass man den Wert des Nichtstuns schätzen kann - er wird in vielen spirituellen Traditionen betont - wenn man ein wenig hinter die Idee des Tuns blickt, mit der Frage, warum man denn, also ich denn meine, etwas tun zu müssen.
Wir finden natürlich reichlich Begründungen dafür, aber da kann man den expressionistischen Bohrhammer dann wirklich mal ansetzen und sich fragen, ob diese Begründungen sich nicht wesentlich selbst tragen. Klar, um sich zu bilden, der Gemeinschaft zu dienen, Geld zu verdienen, die beste Begründung finde ich die Lust am Wissen.
Vielleicht ist es manchmal eine Flucht vor irgendwas, aber es gibt auch diesen Lustaspekt und den finde ich in seiner Selbtgenügsamkeit sympathisch. Dann würde ich auch sagen, mach' ruhig, wenn es Dich drängt, Du stellst Dir ja ohnehin geügend Fragen, so dass Du auch die von mir erwähnten möglichen Ziele irgendwann hinterfragen wirst, so sie denn überhaupt Deine sind.
Aber anzuerkennen, dass man so gestrickt ist, finde ich erstmal okay, bei mir läuft das seit geraumer Zeit mit der Idee zusammen, von dieser Welt ohnehin nicht zu viel in Sachen Glück zu erwarten - was aber für mich heißt, dass wenn man Glück erfährt, es hoffentlich auch genießen kann - denn auch die schönen Ereignisse tragen den Samen des Leids in sich, da sie wieder vergehen, wir sie aber nicht gehen lassen wollen. Die Grundkonstellation unseres Soseins aus buddhistischer Sicht, in hinduistischer (wobei es da 1000 Varianten gibt) heißt es eher, dass wir zwar zum Glück geboren sind, aber unser Ich dem im Weg steht.
Runtergebrochen: Was immer (mit) uns passiert, ist letztlich nicht so wichtig, weil das Ich und letztendliches Glück inkompatibel sind.
Kurz und gut, wie faul oder gehetzt man ist, man kann es sich verzeihen, mit dem Ich kommt man sowieso nicht an, es ist bezogen auf das letzte Glück stets ein Hindernis. Aber eben das, womit wir alle beginnen müssen und da ist ein wenig Gelassenheit schon okay.
Ich würde dennoch - und neben mir, auch viele andere - eine kalte Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal anderer, von einer entspannten Gleichgültigkeit gegenüber dem Nutzen für das eigene Ich unterscheiden. Denn das Leid anderer mindestens lindern zu wollen gehört ebenso zum Programm des Buddhismus, man sollte das vielleicht nicht zu sehr trennen.
Tja, und Ramana, definitiv, wenn auch erst in jüngerer Zeit, einer meiner Helden, tat tatsächlich über weite Phasen seines Lebens ... nichts. Seine Lehre (er selbst redete nur, wenn überhaupt, wenn er gefragt wurde) bestand großenteils darin zu schweigen. Er ging nicht in die Welt, er warb nicht, er lehrte nicht aktiv.
Er machte auch nicht viel, außer, dass sein Nichtstun irgendwann ein Magnet wurde und er nie allein war, bis auf wenige Stunden des bewusstsen Rückzugs, aber auch in seinem öffentlichen Wirken machte er primär nichts. Er saß einfach da und schwieg, selten schaute er jemanden an, das soll wie ein Feuerwerk gewesen sein. Noch seltener redete er. Er konnte ausführliche und kluge Antworten geben, schrieb Kerneinsichten nieder, oft antwortete er scheinbar nicht auf die Frage, sondern fragte sinngemäß zurück, wer es ist, der das wissen will. Die Antwort ist natürlich immer: 'Ich' und dieses Ich soll man suchen und zu stellen versuchen. Dabei wird es verschwinden, umso schneller, je gewissenhafter man sucht, zurück bleibt das Selbst, das einfach nur ist und weder Denken, Fühlen, noch Handlung braucht.
Eine typische 'Aufsteigergeschichte' sieht so aus, dass ein kluger und eloquenter Professor zu Ramana kommt, den Kopf voll mit tollen Ideen und Projekten, nach einigen Unterredungen setzt er sich vor eine Hütte, von der er sich nie wieder entfernt und stellt das Reden für den Rest seines Lebens weitestgehend ein. Das ist für uns vollkommen unattraktiv, aber letztlich ist es egal, wo man steht, wenn man beim 'Durchbruch' (vom Ich zum Selbst) erkennt, dass es nur Selbst gibt, ist die relative Frage, was mit dem Ich ist, welches denn weiter ist oder sich richtiger verhält, völlig belanglos.
Solange man noch Ich zu sein glaubt, ist man in der Schleife, die Leid erzeugt. Der Feinschliff, ob man sich denn innerhalb dieser an sich irrtümlichen Sphäre weniger irrtümlich verhält als ein anderer, ist eher belanglos.
05.07.2025 17:07 • x 2 #1261