Pfeil rechts

L
Hallo, ich habe noch nie in dieses Forum geschrieben. Ich versuche, einigermaßen strukturiert mein Problem wiederzugeben. Ich bin 23 Jahre alt und ertrage keine Nähe von Menschen. Von Freunden ist es okay, aber wenn ich weiß, dass die Person mit auf eine verliebte Art mag, kann ich die Nähe einfach nicht ertragen. Ich bin dann einfach kalt wie ein Stein und will einfach nur, dass die Person weggeht und mir mehr Freiraum gibt.
Ich hatte noch nie eine Beziehung. Ich verliebe mich dauernd in Männer aber ich glaube meistens auch nur, weil ich dann weiß, dass sie auf mich stehen. Meistens kann ich mich dann aber schon nicht mit den Männern treffen, weil mir das dann einfach zu viel ist und ich mich unwohl fühle. Aber dann bin ich traurig und muss weinen, weil ich eigentlich so gerne eine Beziehung haben möchte. In meiner Fantasie stelle ich mir gerne vor, dass ich einen Freund habe und wir kuscheln un Händchen halten aber wenn es dann in der Realität dazukommt fühl ich mich als würde ich ersticken und will einfach nur wegrennen.

Ich habe nun schon sehr viele Männer verstoßen. Wenn ich jemanden bei einer Party kennenlerne, wo ich betrunken war, verstehen wir uns gut und es fällt mir dann auch nicht schwer, nett und lustig und locker zu sein. Aber wenn man sich dann nochmal trifft im nüchternen Zustand, dann habe ich schon Reaktionen gehört, dass ich plötzlich ganz anders wäre.

Mein letzter Versuch, mit einem Mann zusammen zu sein, ist gescheitert. Wir haben uns im letzten Jahr kennengelernt, er hat mich ein paar Mal besucht, er wohnt in Spanien. Beim ersten Besuch war es nur freundschaftlich, ich hatte Gefühle für ihn und er auch für mich, was ich insgeheim auch wusste. Wenn er dann kalt zu mir war, warum auch immer, hat mich das sehr verletzt und ich hatte die ganze Zeit in Gedanken vor, ihn zu küssen. Aber das hätte ich nienienie getan. Irgendwann hat er mir im Gespräch über Whatsapp gestanden, dass er mich liebt. Das war ein richtig gutes Gefühl und ich habe diese Gefühle erwidert. Aber ich konnte von anfang an nicht zurückschreiben, dass ich ihn auch liebe. Ich habe nur gesagt, dass ich große Gefühle für ihn habe.
Er war dann für eine Woche bei mir und erst war es nur freundschaftlich, ich konnte keine Nähe zeigen und wenn er es versucht hat, bin ich ihm ausgewichen.
In einer Nacht hat er Initiative gezeigt und irgendwann haben wir dann gekuschelt und uns geküsst, uns gestreichelt,.. wir hatten aber keinen Sex, auch wenn ich ein starkes Bedürfnis danach hatte. Am nächsten Morgen hat er mich nach dem aufwachen geküsst und wir haben quasi da weitergemacht, wo wir aufgehört haben. Aber es hat sich gar nicht mehr gut angefühlt. Ich wollte das irgendwie so gar nicht mehr und als ich dann duschen gegangen bin, habe ich nur noch geweint unter der Dusche.
Als ich wieder ins Zimmer kam, war ich distanziert und hab mich irgendwie nicht so wohlgefühlt. Als wir dann in die Stadt gefahren sind, hat er in der U-Bahn meine Hand genommen und ich habe mich nur erschreckt und meine Hand weggezogen, es hat sich nicht gut angefühlt.

Es lief danach nichts mehr. Ich konnte nicht. Ich habe kein einziges Mal auf sein I love you geantwortet. Er lag neben mir und hat geweint weil ich so eiskalt war aber ich konnte einfach nicht, ich konnte mich nicht bewegen und habe mich einfach nur so schrecklich unwohl gefühlt. Ich habe ihn unglaublich verletzt und das habe ich auch in seinem Blick gesehen, aber ich war immer wie gelähmt und konnte nichts liebes sagen, ihn nicht berühren.

Wir haben uns noch einmal gesehen danach, ich habe ihn in Spanien besucht aber es war.. nicht so schön. Weil er mehr wollte als ich geben konnte.

Danach hatten wir kaum noch Kontakt, ich habe ihm gesagt, dass ich keine Gefühle für ihn habe obwohl es doch am Anfang eigentlich doch so war!? Ich hab mir das doch nicht eingeredet, oder vielleicht doch? Jetzt hat er eine Freundin und ich.. ich weiß, dass ich ihm keine Liebe geben kann. Aber ich ertrage es auch nicht, ein Foto von den beiden zu sehen. Ich bin einfach so unendlich traurig, weil es genau das zeigt, was ich nicht haben kann. Nämlich eine Beziehung.

Ich kann meine Gefühle nicht aussprechen, ich kann nichtmal meiner Mutter sagen, dass ich sie lieb habe. Auch wenn sie mich umarmt, fühle ich mich unwohl. Warum? Sie hat mir nie etwas getan. Sexuellen Kontakt hatte ich nur, wenn ich betrunken war, ebenso Küsse. Ich habe einmal betrunken mit einem Mann geschlafen, auch da habe ich am nächsten Morgen weinen müssen, obwohl es sich in dem Moment nicht schlimm/schlecht angefühlt hat.

Ich will das nicht mehr, ich möchte auch Nähe zu anderen Menschen teilen und eine Beziehung haben. Was ist los mit mir? Was soll ich tun? Ich weiß nicht mehr weiter, das macht mich einfach nur kaputt.

26.10.2015 21:58 • 27.10.2015 #1


3 Antworten ↓


windrunner
Hey Leanke!

Ich muss vorerst zugeben, dass ich dieses Problem nicht habe und von daher nicht genau weiß, wie es sich anfühlt... aber ich kann mich ein wenig in deine Lage hineinversetzen. Vielleicht kann ich dir also trotzdem ein paar Denkanstöße geben.

Zu allererst musst du dich fragen, seit wann du Angst vor Nähe hast. War das schon immer so? Oder kam es irgendwann im Laufe der Pubertät? Wenn ja, was ist passiert, dass du dich inzwischen so verhältst? Was ist die URSACHE?

Zitat:
Ich verliebe mich dauernd in Männer aber ich glaube meistens auch nur, weil ich dann weiß, dass sie auf mich stehen.

Bist du wirklich sicher, dass du dann die Männer liebst, oder liebst du es vielleicht, dass sie überhaupt Interesse an dir zeigen? Wenn du dich dann mit einem Mann triffst, der Interesse an dir zeigt, blockst du plötzlich ab - hast du Angst vor einer Beziehung? Was macht dir an einer Beziehung besonders Angst?

Zitat:
In meiner Fantasie stelle ich mir gerne vor, dass ich einen Freund habe und wir kuscheln un Händchen halten aber wenn es dann in der Realität dazukommt fühl ich mich als würde ich ersticken und will einfach nur wegrennen.

Hast du vielleicht Angst, nicht sofort den Richtigen zu finden? Willst du keine Fehler machen?

Es tut mir Leid, dass der Kontakt mit deiner Bekanntschaft aus Spanien so blöd enden musste... du hast ihm sehr weh getan, ja. Aber das war auch nicht leicht für dich, du bist ja nicht herzlos. Du bist nicht kalt, du hast einfach nur ... irgendwie Angst - jedenfalls aus meiner Sicht. Es ist verständlich, dass du traurig bist, weil er inzwischen eine Beziehung hat. Man fragt sich ja auch, was gewesen wäre, wenn du nicht abgeblockt hättest. Hättet ihr vielleicht gemeinsam glücklich werden können?

Zitat:
Ich kann meine Gefühle nicht aussprechen, ich kann nichtmal meiner Mutter sagen, dass ich sie lieb habe. Auch wenn sie mich umarmt, fühle ich mich unwohl.
Das ist natürlich schon eine Spur härter. Können dich denn deine normalen Freunde umarmen? Geht es bei deiner Angst wirklich nur um körperliche Nähe, oder ist es auch die platonische Nähe, die dir Angst macht?

Meine liebe Leanke, wie gesagt, das Problem kenne ich persönlich nicht... ich kann mir nur gut vorstellen, wie sehr du als Betroffene darunter leiden musst. Du verstehst gar nicht, warum du so bist, wie du bist. Vielleicht kannst du einige meiner Fragen beantworten, vielleicht auch nicht. Letztendlich geht es darum, die Ursache für deine Bindungsangst herauszufinden.

    Haben sich vielleicht deine Eltern getrennt?

    Wie denkst du von dir selber? Denkst du vielleicht, dass du nicht liebenswert bist?

    Hat dir jemand sehr weh getan?
    Hast du Angst vor Gefühlen, besonders: deinen eigenen Gefühlen?

Eventuell kann dir ein Psychologe dabei helfen, aber vielleicht schaffst du das auch alleine. Auf jeden Fall darfst du nicht davor wegrennen, tu etwas - vorallem wenn du doch eigentlich gerne eine Beziehung hättest!
Und Umarmungen sind doch so schön, wenn sie von Freunden und Familienmitgliedern kommen.

Ich wünsche dir ganz viel Kraft und Erfolg dabei! Hoffentlich bekommst du das in den Griff und kannst bald die Nähe von anderen Personen genießen!

26.10.2015 23:13 • #2


A


Ich kann so nicht weiterleben

x 3


L
Liebe windrunner, danke für deine Antwort! Ich versuche mal, auf deine Fragen einzugehen..

Zitat:
Zu allererst musst du dich fragen, seit wann du Angst vor Nähe hast. War das schon immer so? Oder kam es irgendwann im Laufe der Pubertät? Wenn ja, was ist passiert, dass du dich inzwischen so verhältst? Was ist die URSACHE?


Puh, gute Frage. Also, in der Pubertät bzw vielleicht auch schon davor war ich richtig schlimm schüchtern, ich hab mich für alles geschämt und hab mich nicht mal getraut aufzuzeigen geschweige denn im Unterricht zur Toilette zu gehen. Dann hat sich das mit der Zeit eig ein bisschen gelegt, also ich konnte auch mal alleine durch die Cafeteria laufen. Aber wenn ich jemanden kennenlerne, bin ich noch immer schüchtern und kann auch nicht so super ein Gespräch aufbauen mit Männern, da weiß ich einfach nicht was ich sagen soll. Seit wann ich Nähe nicht mehr angenehm finde, kann ich gar nicht so genau sagen, ich denke, das kam so mit 18/19!?
Ich denke, mir ist eigentlich nie etwas schlimmes passiert, ich wurde nie von einem Typen verarscht. Mi 12/13 hatte ich einen Freund, den ich aber quasi nur einmal gesprochen habe, sonst nur sms und einmal telefoniert, dann hat er Schluss gemacht. Aber das war ja keine wirkliche Beziehung.. ansonsten hab ich niemanden an mich rangelassen.

Zitat:
Bist du wirklich sicher, dass du dann die Männer liebst, oder liebst du es vielleicht, dass sie überhaupt Interesse an dir zeigen? Wenn du dich dann mit einem Mann triffst, der Interesse an dir zeigt, blockst du plötzlich ab - hast du Angst vor einer Beziehung? Was macht dir an einer Beziehung besonders Angst?


Das habe ich auch schon gedacht, dass ich mich vielleicht nur darin verliebe, dass man mich interessant findet. Vielleicht war es auch beim Spanier so? Aber ich hatte so ein starkes körperliches Bedürfnis nach ihm, dass ich vorher noch nie erlebt habe.
Ich verstehe diese Ängste auch nicht, eigentlich wünsche ich mir ja eine Beziehung, ich stelle mir mit dem Mann auch immer schnell vor wie es wäre, ihn zu heiraten, Kinder mit ihm zu haben, einfach mit ihm zusammenzuleben.. aber in echt fühle ich mich dann einfach unwohl, es fühlt sich einfach schrecklich unangenehm an.


Zitat:
Hast du vielleicht Angst, nicht sofort den Richtigen zu finden? Willst du keine Fehler machen?

Ich will allgemein nichts, was nur kurzfristig ist, glaub ich. Über Fehler denke ich eigentlich nicht so nach, zumindest nicht bewusst. Vielleicht hab ich eher das Gefühl, nicht die Richtige zu sein. Als mit der Spanier gesagt hat, dass er mich liebt, war ich beinah überrascht, dass man mich liebt. Und als er es dann im Gespräch ausgesprochen hat, war ich erstaunt, dass er so über seine Gefühle sprechen kann, weil ich es einfach überhaupt nicht kann.

Zitat:
Man fragt sich ja auch, was gewesen wäre, wenn du nicht abgeblockt hättest. Hättet ihr vielleicht gemeinsam glücklich werden können?


Ja, ich hab mir gerne vorgestellt, wie ich zu ihm nach Spanien ziehe und ich dort einfach ich bin und mir nicht dauern überlege, was wohl die anderen über mich oder ihn denken oder dass es mir dann egal ist, weil ich die Leute ja eh nicht kenne.. vielleicht denke ich auch immer direkt viel zu weit und viel zu viel

Zitat:
Können dich denn deine normalen Freunde umarmen? Geht es bei deiner Angst wirklich nur um körperliche Nähe, oder ist es auch die platonische Nähe, die dir Angst macht?


Ja, meine normalen Freunde kann ich umarmen, auch meinen Arm um sie legen. Das finde ich bei meiner Familie auch seltsam und ich mache es vielleicht einmal im Jahr bei meiner Mutter. Ich fühle mich meiner Mutter aber auch nur oberflächlich nah, vielleicht ist es mir deswegen zu viel? Meinte Mutter hat mir vor zwei Monaten einmal gesagt, dass ich mich nach dem Abitur sehr verschlossen habe und gar nichts mehr erzähle. Das stimmt auch, ich weiß aber auch einfach nie was ich erzählen soll und wenn, muss man es doppelt und dreifach erzählen und um über Gefühle zu sprechen, schäme ich mich einfach viel zu sehr. Das fällt mir auch bei meinen Freunden sehr schwer und ich tu es meist erst, wenn ich Alk. getrunken habe.


Zitat:
Haben sich vielleicht deine Eltern getrennt?


Ja, sie haben sich getrennt, als ich 16 oder 17 Jahre alt war.

Zitat:
Wie denkst du von dir selber? Denkst du vielleicht, dass du nicht liebenswert bist?


Ich weiß es nicht. Soweit kann ich gar nicht denken. Ich kann aber nicht verstehen, warum man sich in mich verlieben könnte.

Zitat:
Hat dir jemand sehr weh getan?


Nein, ich denke nicht. Die Trennung war sehr schlimm für mich, ich habe meine Mutter oft weinen hören, habe meinen Vater beschimpft aber letztendlich war ich machtlos.

Zitat:
Hast du Angst vor Gefühlen, besonders: deinen eigenen Gefühlen?


Ich schäme mich irgendwie für meine Gefühle

Ich würde gerne eine Therapie machen, weil ich so nicht für immer leben will und weil ich schon oft diesen Moment hatte, in dem ich einfach unglaublich traurig und fertig war, wenn ich wieder jemanden abblitzen lassen habe oder eine Chance nicht wahrgenommen habe.. aber dann habe ich auch einfach Angst, dass mir der Therapeut sagt ich hab gar nichts, was therapiert werden müsste, das wäre mir so unangenehm..

27.10.2015 11:51 • #3


windrunner
Hey, ist doch schon super, dass du die Fragen gut beantworten konntest. Kopf hoch, das wird wieder!
Wenn du sehr unter der Trennung deiner Eltern gelitten hast, kann das natürlich schon die Ursache für dein Problem sein! Sowas hinterlässt natürlich Spuren und ich kenne sogar mehrere, deren Eltern sich getrennt haben und die nun irgendwie Angst haben, sich binden zu müssen. Die sind dann auch locker drauf, wenn sie getrunken haben und wünschen sich eigentlich eine Beziehung, aber sobald es ernster wird, ziehen sie sich lieber zurück... du bist damit nicht alleine.
Je nach dem, wie du die Beziehung deiner Eltern erlebt hast, kann sich das auf dein Verhältnis zu Beziehungen ausprägen...

Du verstehst nicht, warum man sich in die verlieben könnte... das zeigt schon, dass du ein recht angeknicktes Selbstbewusstsein hast, weswegen es durchaus sein kann, dass du es dann LIEBST, wenn man an DIR Interesse zeigt - du liebst dann aber nicht zwangsläufig die Person, die dir Interesse schenkt. Du erhältst für einen Moment Bestätigung und Aufmerksamkeit. Das tut dir gut, aber sobald du befürchten musst, einen Teil von dir vielleicht aufgeben und über Gefühle sprechen zu müssen, wird es unangenehm.
Du musst dich nicht für deine Gefühle schämen... jeder hat welche! Du musst lernen, mit deinen richtig umgehen zu können und das es okay ist, Gefühle zu zeigen - und dazu gehört auch Schwäche (man sagt ja auch, dass man bei einer Person schwach geworden ist ).

Klar ist, dass man in einer Beziehung nehmen, aber auch geben muss. Vielleicht hast du auch einfach Angst davor, dass du dann Sachen machen musst, auf die du eigentlich keine Lust hast - und dann wiederum Angst davor hast, deinen Partner verletzen zu müssen, weil du einen bestimmten Wunsch nicht erfüllen kannst/möchtest.

Ich denke, kein Therapeut würde dir wörtlich sagen: Du hast nichts, du kannst wieder gehen. Man muss nicht psychisch krank sein, um eine Therapie machen zu dürfen. Es ist gut, dass du dir schon eingestehst, dass du ein Problem hast, mit dem du momentan nicht selber fertig wirst - und deswegen hast du es auch verdient, dass man dir hilft. An deiner Stelle würde ich mich mal umhören, welche Psychologen in deiner Nähe in Frage kämen. Gib aber nicht auf, wenn nicht direkt der Erste der Beste ist!
Ganz wichtig ist auch, dass du dein Selbstwertgefühl stärkst! Denn nur durch Alk. locker und witzig und offen zu sein, das ist ja keine Lösung! Denk daran, dass jeder das Recht hat, Wünsche und Grenzen zu haben, immer und überall (also auch in einer Beziehung). Ich bin mir sicher, wenn du dir selbst viel gutes tust, ein gesundes Selbstvertrauen aufbaust und vielleicht einige Sitzungen mit einem netten Psychologen sprichst, wirst du dich sehr bald viel besser fühlen.

27.10.2015 12:09 • #4





Dr. Reinhard Pichler