Hallo Leute,
ich wollte mich mal wieder melden. Ich hatte ja vor etwa ein bis zwei Wochen hier geschrieben, dass ich große Angst vor ALS habe und beim Neurologen war. Jetzt möchte ich erzählen, wie die letzten zwei Wochen für mich waren.
Als ich beim Neurologen war, hatte ich schon große psychische Probleme. In der Nacht davor hat mein rechtes Knie die ganze Zeit gezuckt – direkt am Knie, die linken und rechten Muskeln abwechselnd. Das hat mich richtig fertiggemacht, und ich bin am nächsten Tag zum Neurologen. Seine erste Diagnose: Kein ALS.
Klar, das beruhigt einen zunächst, aber die Angst war nicht sofort weg. Der Arzt hat mir Tavor und Escitalopram (10 mg) verschrieben, die ich dann fünf Tage lang eingenommen habe. Ich habe die Wirkung bereits nach zwei bis drei Tagen gemerkt – ich war entspannter, besser gelaunt, redseliger. Aber dann ist mir ein anderes Problem aufgefallen: Sex.
Seit ich Escitalopram genommen habe, hatte ich starke Probleme mit der Sexualität – es ging einfach nichts mehr. Als ich dann im Internet recherchierte, wurde mir klar, dass das eine bekannte Nebenwirkung ist. Und für mich ist das ein echtes Problem – nicht nur, weil ich in einer festen Beziehung bin, sondern weil mir das für mein allgemeines Wohlbefinden wichtig ist.
Außerdem hatte ich das Gefühl, mich mit Tabletten vollzupumpen – und das wollte ich nicht. Ich bin 48 Jahre alt, habe noch nie regelmäßig Medikamente gebraucht und war immer gesund. In den letzten 20 Jahren war ich nicht einmal krankgeschrieben. Das Einzige, was ich hin und wieder nehme, ist eine IBU bei Kopfschmerzen – und selbst das selten.
Da ich keinerlei Suizidgedanken habe – im Gegenteil, ich habe eher Angst, dass mir etwas passiert – dachte ich, dass ich das alles eigentlich nicht brauche. Ich wollte versuchen, meine negativen Gedanken selbst zu bekämpfen.
Aber die fünf Tage auf Medikamenten waren intensiv – ich war plötzlich total gut drauf und gesprächig. Aber irgendwie fühlte ich mich nicht mehr wie ich selbst. Und obwohl ich die Tabletten nur fünf, sechs Tage genommen habe, hatte ich danach zwei, drei Tage lang regelrechte Entzugserscheinungen. Ich hatte richtig das Verlangen, wieder etwas zu nehmen – nicht aus Angst, sondern wegen des Entzugsgefühls. Zum Glück war es nach ein paar Tagen vorbei – ich war stolz auf mich.
Thema ALS...
Ich bereue es bis heute, dass ich Anfang Mai das erste Mal von dieser Krankheit gelesen habe. Davor hatte ich überhaupt keine Ahnung davon. Aber da ich sowieso zu hypochondrischen Ängsten neige – früher hatte ich extreme Krebsängste – hat mich das komplett reingerissen.
Zuerst war es COPD. Ich war nach 28 Jahren Rauchen felsenfest überzeugt, dass ich es habe. Doch beim Lungenarzt stellte sich heraus: 96 % Lungenfunktion – für mein Alter überdurchschnittlich gut. Also: Entwarnung. Danach kam die Angst vor Magenkrebs, weil ich Magenprobleme hatte. Darmspiegelung gemacht – alles in Ordnung.
Aber ALS ist der Jackpot unter den Ängsten. Es ist einfach extrem schwer, da abzuschließen. Selbst wenn man mehrere EMGs und neurologische Untersuchungen macht, hilft es nur für den Moment. Das Problem ist der Input – man liest zu viel, nimmt zu viel auf.
Ein Beispiel: Vor drei Monaten habe ich beim Toilettengang gemerkt, dass ich irgendwie keine Kraft im Arm hatte – ich konnte nicht richtig drücken. Ich habe mir aber nichts dabei gedacht – war wahrscheinlich einfach überlastet oder verkrampft. Ein, zwei Tage später war alles wieder normal.
Aber wenn ich damals schon von ALS gewusst hätte? Ich wäre wahrscheinlich komplett ausgerastet vor Angst. Das zeigt, wie stark die Gedanken uns beeinflussen können.
Ich habe auch mal einen Bericht von einem Darmkrebspatienten gesehen, der meinte, bei ihm sei ein Juckreiz am Bein ein erstes Symptom gewesen. Und was passiert bei mir? Ich bekomme einen Juckreiz – und denke sofort an Krebs. Es ist wirklich der Wahnsinn. Deshalb habe ich beschlossen, meine gesamten Suchverläufe zu löschen. Ohne diesen ganzen Input habe ich deutlich entspannter gelebt.
Wie kam ich zu ALS?
Ich habe schon mein ganzes Leben lang Muskelzucken – seit über 35 Jahren. In den Beinen, Armen, am Schulterblatt, Po – und neuerdings auch am Kinn oder Auge. Doch seitdem ich gegoogelt habe, ist es gefühlt schlimmer geworden. Ich glaube fest, dass das psychisch ist.
Das Neueste war, dass mein Knie vor zwei Wochen den ganzen Abend gezuckt hat. Das hatte ich so noch nie – und es hat mich echt verunsichert.
In den letzten vier, fünf Tagen ging es mir eigentlich recht gut, ich hatte ALS weitgehend verdrängt. Bis eines Morgens mein linker Arm zuckte – den ganzen Tag lang, alle fünf bis sieben Sekunden. Das hat mich wieder stark verunsichert. Es hielt bis zum nächsten Mittag an – und dann war es komplett weg. Seit zwei Tagen ist alles wieder ruhig.
Und trotzdem rutsche ich gedanklich wieder in die ALS-Schiene. Obwohl ich mir sage:
Zitat:„ALS beginnt meist in Händen oder Füßen. Ich habe keine Muskelschwäche, nichts fällt mir aus der Hand. Ich kann auf den Zehenspitzen und den Fersen laufen. Ich habe keine Schluckprobleme…“
Trotzdem überprüfe ich mich ständig im Alltag – ob alles funktioniert, ob ich genug Kraft habe, ob sich etwas verändert.
Es ist wirklich schwer. Aber ich bin mittlerweile weiter als am Anfang. Die Angst ist nicht mehr so extrem – vielleicht noch zu 20 % da. Ich hoffe, dass ich mit der Zeit auch diese letzten 20 % loswerde.
Ich versuche mir immer wieder zu sagen:
Zitat:„Solange du keine Diagnose hast, hast du auch kein ALS. Alles andere ist verschwendete Zeit – verlorene Lebenszeit.“
10.06.2025 23:28 •
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