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W
Ich hatte schon kürzlich hier gefragt, aber ich habe eine für mich grundsätzliche Frage: unter welche Angst kann ich meine Angst einordnen?

Ich habe verschiedene Ängste. Die Hauptangst ist, dass jemand einbrechen könnte und mir was antun könnte, mich umbringen könnte. Vor etwa zwei Jahren kam die richtig schlimm durch, da sah ich schon einen Einbrecher auf der Treppe stehen. Ergänzen muss ich dazu noch, dass mein Mann damals unter der Woche dienstlich weg war, und ich damals schwanger war. Dieses Kind habe ich aber verloren. Haben die Hormone da was hochgeholt?
Wenn mein Mann da war, dann hatte ich die Angst eigentlich nicht mehr, aber später dann trotzdem.
Jetzt bin ich bei jedem Geräusch hellhörig, aber ich bin grad nicht mehr starr vor Angst.

Dann mache ich mir Sorgen, was mit meinen Kinder geschieht, wenn ich tot bin!

Tagsüber habe ich Angst vor der Angst. Auch, dass mir da was passieren könnte. Keine Krankheiten an sich, eher Gewaltgedanken.
Kurz dachte ich auch schon mal, dass ich meinem Baby was antun könnte, aber das ist jetzt eigentlich nicht mehr so.

Ich habe auch Angst, allein zu sein. Dass ich nichts wert bin, dass ich schlecht bin. Dass ich nicht genüge für andere, dass ich fast nichts richtig mache.

Ich habe zudem Angst, dass ich niemals gesund werden könnte.

Zecken machen mich auch ganz ängstlich, aber das ist ja eher dann eine Phobie, die aber nicht so extrem für mich ist.

In meiner Therapie wurden die Ursachen meiner Angst erkannt. Sexueller Missbrauch durch den Großvater mit etwa 4 Jahren, mit 8 J. ein Erlebnis mit dem Nachbarsjungen, der etwa doppelt so alt war, der mich eingesperrt hatte und mich angefasst hat, während er bisschen Sb. (Sein Freund hat zugesehen). Ich habe mich aber in beiden Fällen gewehrt. Gegen die Situation an sich, nicht gegen den Angreifer. Bezüglich meinem Opa hab ich mich aber niemandem anvertraut (heute bin ich übrigens 35), und habe erst nach einiger Zeit nicht mehr bei ihm übernachten wollen. Wie lange dieser Übergriff also war, weiß ich nicht.

Meine Eltern hatten eine sehr schlechte Ehe, mein Vater war Alk. mit sehr großer Gewaltbereitschaft, aber nicht gegen mich. Gegen meine Mutter und Geschwister schon, und ich musste das mit ansehen.
Mit 7 Jahren war das erste Mal von Scheidung die Rede. Als ich 23 war, war es dann so weit.

So, das ist ein kleiner Einblick, um mich besser beurteilen zu können

Vielen vielen Dank schon mal!

Ich möchte noch gerne wissen, welches der beiden Bücher über Angst (Gefühle erkennen oder Angst erkennen) für mich besser wäre, falls man das so sagen kann.
Danke!

07.09.2008 19:32 • 08.09.2008 #1


1 Antwort ↓

B
Hallo Alex,

ich kann verstehen, dass Du irgend einen Begriff für Deine Angst haben möchtest, um das alles besser einordnen zu können, was da seit einiger Zeit mit Dir passiert. Das geht anderen genau so. Das gibt meist ein wenig Sicherheit in einem Meer von Unsicherheit, aber es allein löst kein einziges Problem wirklich.

Diagnosen sind Zusammenfassungen und Etiketten, damit Fachleute besser kommunizieren können - nichts mehr und nichts weniger. Sie sind immer auch Vereinfachungen, weil jeder Mensch und seine Probleme einzigartig sind.

Deshalb halte ich viel mehr davon, die wesentlichen Grundlagen Deiner Ängste zu erfassen, die sozusagen der Sumpf sind, aus dem die vielen unterschiedlichen Ängstlichkeiten bei Dir erwachsen.

Die Ursachen kennst Du - die liegen in Deiner Lebensgeschichte, die damals und in der Vergangenheit - nicht mehr heute ! - geprägt war von realen Gefahren, Gewalt, Übergriffen und keinem Respekt vor Deinen Grenzen.

Dies führt immer zu einer massiven inneren Verunsicherung, meist auch zu einem geringen Vertrauen in Deine eigenen Fähigkeiten und zu einem Infrage stellen, was man selbst wert ist. Dafür bist nicht Du, sondern die verantwortlich, die Dir das angetan haben - die Täter !

Du hast dies auch schon in einem Satz sehr gut selbst zusammengefasst und erkannt: Ich habe auch Angst, allein zu sein. Dass ich nichts wert bin, dass ich schlecht bin. Dass ich nicht genüge für andere, dass ich fast nichts richtig mache.

Dies ist die entscheidende Grundlage, dass immer wieder Ängste entstehen, nicht stark genug zu sein, sich nicht wehren zu können, im eigenen Leben gefährdet zu sein. Das ist aber nicht Deine heutige Realität, sondern immer wieder die innere und unbewusste Reinszenierung
Deiner Kindheitserfahrungen. Deshalb auch meine Empfehlungen, die ich Dir bereits gegeben habe. Habe Geduld, sei freundlich mit und zu Dir und arbeite schrittweise an der Veränderung dieser Einstellungen.

In Bezug auf die Bücher sind beide wichtig. Anfangen solltest Du - weil grundlegend - mit dem Buch Gefühle verstehen, Probleme bewältigen. Das andere Buch ist dann die thematische Ergänzung mit dem Schwerpunkt Angst.

Ich wünsche Dir alles Gute - und wehre Dich möglichst oft, so gut es Dir gelingt, dagegen, dass frühere Erfahrungen Dich heute als erwachsene Frau bestimmen. Nicht leicht, aber möglich, es zu lernen !

Damals warst Du Opfer, das keine Wahl hatte, als all dies zu erdulden und darunter zu leiden. Heute bist Du kein Opfer mehr, sondern kannst Deine erwachsene Persönlichkeit nutzen, Dich dagegen zu wehren, Dich ständig und immer wieder erneut zum Opfer zu machen, das Du längst nicht mehr bist. Steh auf und wehre Dich, lass Dir nichts mehr gefallen, das hast Du lange genug getan. Du bist erwachsen und kannst neue Entscheidungen treffen.

Ganz lieben Gruß

Bernd Remelius

08.09.2008 16:04 • #2