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T
Liebes Forum,

ich bin neu hier und hoffe Gleichgesinnte zu finden, denen es vielleicht ähnlich geht .

Kurz zu meiner Geschichte:
Vor etwa neun Jahren hatte ich einen ziemlichen Zusammenbruch, da ich mich in einer toxischen Beziehung befand (ehemaliger Partner, Narzisst; ausgeprägte psychische und zum Teil physische Gewalt; Dauer der Beziehung, vier Jahre). Dort wurde ich dann stationär wieder aufgepäppelt, da ich weder Essen noch am Leben teilhaben konnte. Direkt nach der Klinik habe ich dann eine Schematherapie gemacht, in der ich erstmal erkennen musste, was mir eigentlich passiert ist. Aufgrund der Regelungen der Krankenkassen hatte ich dann Therapiepause und anschließend eine psychoanalytische Therapie. Wirklich helfen konnte mir das aber bei meinem Problem nicht.

Zu meinem Problem:
Seit meiner Kindheit habe ich mit einem diffusen Bauchgefühl zu kämpfen. Mein Vater hat mich früher mit Liebesentzug gestraft und damit ging es mir sehr schlecht bzw. hatte ich dann immer dieses Bauchgefühl, was ich als schlechtes Gewissen eingeordnet hatte, da ich annahm etwas falsch gemacht zu haben. Bis zu dieser toxischen Beziehung konnte ich mit diesem Bauchgefühl aber an für sich sehr gut leben. In der Beziehung hatte ich dann die letzten eineinhalb Jahre 24/7 dieses schlimme Gefühl und aber versucht dagegen anzukämpfen, weil ich ja, wie erwähnt gar nicht wusste, was da eigentlich mit mir passiert ist und ich unbedingt an der Beziehung festhalten wollte.

Die Symptome zum Bauchgefühl sind:
- ständige Erregung
- Herzrasen
- Zittern
- Ameisenlaufen auf der Haut
- Gedankenreisen
- nicht schlafen können
- nicht essen können
- Übelkeit
- wie in Watte gepackt sein
- nicht wirklich anwesend sein, neben sich stehen
- nichts anderes mehr empfinden können außer dieses Gefühl
- Unruhe
- nicht entspannen können
- nicht konzentrieren können

Insgesamt stehe ich dann ständig unter Strom und es geht nicht vor und zurück, ich befinde mich in einem totalen Ausnahmezustand und versuche nur noch irgendwie zu funktionieren bzw. zu überleben. Das habe ich tatsächlich eineinhalb Jahre durchgemacht, bis zum totalen Zusammenbruch.

Seit neun Jahren habe ich nun das Problem (Angsstörung/Traumatisierung?), dass wenn ich einen Mann kennenlerne und gegenseitiges Interesse besteht, ich in genau diesen Zustand verfalle. Hat der Mann kein Interesse und ich auch nicht, empfinde ich es zwar als schade, aber mir geht es gut. Wird gegenseitige Zuneigung empfunden, macht mein Körper völlig zu und ich habe keine Möglichkeit mehr diesen Menschen wirklich kennenzulernen und sozusagen selbst zu entscheiden, ob es passen könnte oder nicht. Manchmal schaffe ich es dann diesen Zustand eine gewisse Zeit durchzuhalten, in der Hoffnung da irgendwie herauszukommen, muss den Kontakt dann aber leider immer beenden, weil ich dies körperlich nicht mehr durchhalte (dies ist auf Dauer einfach unmöglich). Dabei habe ich keine Angst vor (körperlicher) Nähe, mir ist bewusst, dass ich mich verletzbar machen kann und auch, dass es ggf. ein Ende gibt bzw. diese Konstellation eben nicht funktioniert bzw. passt. Mein Körper gibt mir aber gar nicht die Möglichkeit das überhaupt auszuprobieren und überlässt mir da keine Entscheidung. Ich MUSS das sozusagen aufgeben, weil ich diesen Zustand nicht länger schaffe auszuhalten.

Wie erwähnt habe ich seit neun Jahren dieses Problem, wünsche mir sehr eine Partnerschaft, schaffe es aber nicht aus dieser Traumatisierung? (K-PTBS?) heraus und es konnte mir bisher auch niemand helfen. Das macht mich Verzweifelt und sehr traurig! Ich habe bereits sehr viel aufgearbeitet, bin sehr reflektiert, habe an mir gearbeitet etc. stoße hier aber an meine Grenzen.

Derzeit ist es nun so, dass ich wieder jemanden kennengelernt habe und ich gerade in genau diesem beschriebenen Ausnahmezustand bin. Das Problem ist nämlich auch, dass es gar keine Rolle spielt, ob die Person anwesend ist oder nicht, ich befinde mich einfach konstant in diesem Zustand und kann nicht mehr wirklich am Alltag teilhaben (ich funktioniere nur noch wie ein Roboter).

Ich hoffe ich habe nun nicht zu diffus geschrieben und es ist ein wenig nachvollziehbar, was die Problematik angeht. Ich bin wirklich sehr verzweifelt und würde mich daher über eine Rückmeldung, Austausch, selbst gemachte Erfahrungen diesbezüglich etc. freuen.

Vielen lieben Dank schonmal und ganz liebe Grüße

09.06.2023 13:09 • 11.06.2023 #1


13 Antworten ↓


P
Liebe @Traurig83, herzlich willkommen und auf einen guten Austausch hier.

Deine Suation klingt verzwickt. Mir fällt da nur ein, dass du dir aus diesem Muster heraushelfen lassen musst, wenn es immer und immer wieder auftritt und du nichts dagegen ausrichten kannst.
Vielleicht hilft hier auch eine Verhaltenstherapie.

Eine gesunde Beziehung baut man am besten mit gesunder/stabiler Psyche auf.

09.06.2023 13:29 • x 2 #2


A


Trauma, Angststörung, Beziehung Bitte um Hilfe!

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T
Liebe Pauline,

herzlichen Dank für die Antwort!

Im großen und ganzen geht es mir im Normalzustand eigentlich ganz gut. Wie gesagt, habe ich viel an mir gearbeitet. Kann besser alleine bleiben und mache auch eigenständig Aktivitäten, habe ein tolles soziales Netzwerk, einen Hund der mir viel Kraft gibt, kann Grenzen setzen etc.

Nur dieses eine Problem bekomme ich nicht in den Griff! Ich Date, weil ich doch merke das mir etwas fehlt und kann auch sehr gut entscheiden, ob ich Interesse an jemanden habe oder nicht. Will damit sagen, dass ich mich nicht jedem an den Hals werfe, weil ich unbedingt eine Beziehung haben möchte. Aber wie gesagt, sofern ein beidseitiges Interesse besteht, verfalle ich in genau den oben beschriebenen Modus

09.06.2023 13:38 • #3


P
Gerne

Zitat von Traurig83:
merke das mir etwas fehlt


Deswegen solltest du an dem Problem arbeiten.

09.06.2023 13:54 • x 2 #4


Kruemel_68
@Traurig83

Ich beschäftige mich zwar auch erst kurz mit dem Thema, aber für mich hört sich das sehr nach Trauma an. Einiges von dem, was Du geschrieben hast, kommt mir sehr vertraut vor.

Vielleicht magst Du mal das Buch Was der Körper zu sagen hat von Dr. Isa Grüber lesen. Da ist sehr gut beschrieben, was ein Entwicklungstrauma und ein Schocktrauma mit dem Körper macht. Vielleicht findest Du Dich da drin wieder. Wenn ja, würde ich an Deiner Stelle mal gezielt nach einer Traumatherapie schauen.

09.06.2023 17:55 • x 3 #5


T
@Kruemel_68

Herzlichen Dank für deine Antwort und die Literaturempfehlung

Darf ich fragen, inwieweit die das selbst bekannt vorkommt?

09.06.2023 17:58 • #6


Kruemel_68
Zitat von Traurig83:
@Kruemel_68 Herzlichen Dank für deine Antwort und die Literaturempfehlung Darf ich fragen, inwieweit die das selbst bekannt vorkommt?

Mein Vater hat auch durch Liebesentzug gestraft. Er hat mir unterbewusst sehr erfolgreich vermittelt: Ich liebe Dich nur, wenn Du nach meinen Werten und Normen funktionierst. Ich war nie wirklich frei in meinen Entscheidungen. Ja, er hat mich geliebt, aber er hat mir ein Entwicklungstrauma verpasst. Es hat mich 2 Jahre Therapie gekostet, zugeben zu können, dass meine Kindheit nicht eitel Sonnenschein war.

Zusätzlich habe ich durch sehr dramatische Tage nach der Geburt meines Sohnes anscheinend ein weiteres Trauma erlitten - das kam jetzt gerade erst wieder hoch. Ich bin noch dabei zu realisieren, was mir da eigentlich widerfahren ist.

Die von Dir geschilderten Symptome habe ich auch 1:1 wenn es mir schlecht geht. Ich habe es bisher immer als Angst interpretiert - konnte aber nie erklären, wovor ich eigentlich Angst habe.

In dem Buch ist sehr gut erklärt, wie die Übererregung eines nicht verarbeiteten Traumas im Körper gehalten wird. Der Körper bringt sie immer wieder hoch, damit sie verarbeitet werden kann. Das was Du da beschreibst, passt zu 100% dazu.

09.06.2023 18:14 • x 2 #7


T
@Kruemel_68

Danke, dass du deine Erfahrungen geteilt hast und es tut mir natürlich leid, dass es dir so ergangen ist. Das Buch werde ich auf jeden lesen!

Darf ich fragen, wie du da raus gekommen bist?

09.06.2023 19:44 • #8


Kruemel_68
Zitat von Traurig83:
@Kruemel_68 Danke, dass du deine Erfahrungen geteilt hast und es tut mir natürlich leid, dass es dir so ergangen ist. Das Buch werde ich auf jeden lesen! Darf ich fragen, wie du da raus gekommen bist?

Noch gar nicht. Ich sitze jetzt seit gut zwei Jahren in der Achterbahn - immer wenn es ein bisschen besser ist, stürze ich kurze Zeit wieder ab. Bisher konnten der Therapeut und ich uns das nicht erklären. Das mit dem Entwicklungstrauma und mit dem Schock nach der Geburt meines Sohnes ist jetzt erst in den letzten Stunden aufgeploppt (wobei wir an der Sache mit meinem Vater schon länger dran sind) nachdem ich im Urlaub derart abgestürzt bin, dass ich ihn nur mit Tavor überstehen konnte und wir zwei Tage vor Ende abbrechen mussten weil es nicht mehr ging.

Deswegen schrieb ich, dass ich mich erst kurz mit dem Thema Trauma beschäftige. Ich muss mich gerade auch erst mal gedanklich neu sortieren.

Ich mache seit gut zwei Jahren eine Körperpsychotherapie, und ich denke, dass das ein guter Weg ist, um da rauszukommen. Mein Therapeut ist einfach klasse und hat diese Themen (plus Depression) auch selber durch, er weiß also, worum es geht. Bei ihm habe ich es zum ersten Mal geschafft, mich wirklich zu öffnen und den Dingen auf den Grund zu gehen.

09.06.2023 19:55 • x 2 #9


T
@Kruemel_68

Danke für deine Nachricht!

Und ich freue mich, dass du zumindest einen gute Therapeuten an der Hand hast. Das ist immerhin schon viel Wert.

Was für eine Körpertherapie machst du denn? Ich habe darüber auch schon schon nachgedacht, weil es eben so stark körperlich ist und ich das Gefühl habe, dass ich mit nur reden nicht weiter komme.

10.06.2023 11:37 • #10


Kruemel_68
Zitat von Traurig83:
@Kruemel_68 Danke für deine Nachricht! Und ich freue mich, dass du zumindest einen gute Therapeuten an der Hand hast. Das ist immerhin schon viel Wert. Was für eine Körpertherapie machst du denn? Ich habe darüber auch schon schon nachgedacht, weil es eben so stark körperlich ist und ich das Gefühl habe, dass ich ...

Mein Therapeut hat eine Ausbildung in der Integrativen Laib- und Bewegungstherapie nach Hilarion Petzold. Er hat lange in Reha-Kliniken der BfA und in Psychiatrischen Einrichtungen gearbeitet, bevor er sich selbstständig gemacht hat. Da er nicht studiert hat, ist er nur Heilpraktiker für Psychotherapie - allerdings hat er mehr Erfahrung, Menschenkenntnis und Empathie als alle Therapeuten, die ich bisher kennengelernt habe.

https://www.eag-fpi.com/online-akademie...ie-online/

Was für mich ganz wichtig ist: der Patient ist bei ihm nicht nur eine Nummer oder ein Fall, sondern er sieht den ganzen Menschen und lässt sich komplett auf ihn ein. Ich kann ihn jederzeit per WhatsApp kontaktieren und wir tauschen uns auch mal über ein gemeinsames Hobby aus (Garten) und ich bringe ihm immer meine Bilder mit, die ich male, die wir dann gemeinsam betrachten.

Bevor er in die eigentliche Gesprächstherapie/Seelenarbeit einsteigt, hat er mit mir erst mal Atem-, Wahrnehmungs- und Achtsamkeitsübungen gemacht, damit ich mich wieder spüre und meinem Körper vertraue. Aktuell machen wir viel Energieübungen aus dem Chi Gong, er leitet mich bei der Meditation an sowie Energiearbeit im Liegen (ähnlich wie Reiki). Sein Konzept ist, den Körper wieder ins Spüren zu bringen und der Seele die Sicherheit, dass sie Alten x. loslassen kann. Die Dinge, die weg sollen, kommen dann ganz automatisch hoch. Bei mir hat das funktioniert.

Das schwierigste dabei ist, dem Prozess zu vertrauen. Wir Europäer kennen diese Denkweise nicht und sehen unseren Körper nur als Hochleistungsmaschine, die nur repariert wird, wenn sie kaputt ist. Es geht bei uns nur darum, schnell wieder leistungsfähig zu werden. Er hat mir Geduld beigebracht, und dass Vertrauen, dass der Körper und die Seele sich heilen können, wenn wir sie unterstützen.

Ganz detailliert habe ich es hier beschrieben und immer mal wieder Updates verfasst:

erfolgserlebnisse-f59/mein-tipp-koerper-psychotherapie-bei-somatoformer-stoerung-t106750.html

10.06.2023 12:08 • x 2 #11


T
@Kruemel_68

Danke für die detaillierte Beschreibung!

Ich muss zugeben, dass ich auch immer sehr skeptisch von körperorientierten Ansätzen war, merke aber eben, dass ich mit Gesprächen nicht mehr weiter komme.

Um mir selbst zu helfen habe ich angefangen zu meditieren und mache Übungen vom neurogenen zittern. Bin da aber erst ganz am Anfang. Derzeit suche ich nach einer Traumatherapie die Reden und auch Körper integriert. Nur leider sind die Wartelisten sehr lang ...

Das Buch habe ich bestellt und Montag wird es auch schon da sein. Ich bin sehr gespannt.

Ich schicke dir ganz viel Kraft!

10.06.2023 14:29 • #12


Kruemel_68
@Traurig83

Zitat von Traurig83:
Ich muss zugeben, dass ich auch immer sehr skeptisch von körperorientierten Ansätzen war, merke aber eben, dass ich mit Gesprächen nicht mehr weiter komme.


Wenn Du das Buch gelesen hast, wirst Du wissen, warum Du über den Verstand und das Reden nicht weiterkommst. Manchmal kann das sogar kontraproduktiv sein.

Ich habe bzgl. des körperorientierten Ansatzes auch lange mit mir gerungen (so lange ich dachte, ich hätte eine Angststörung) - ich merkte, dass es mir gut tat, aber fast jeder aus meiner Familie und meinem Bekanntenkreis (die sich allerdings noch nie mit dem Thema beschäftigt haben) versuchten, mir das auszureden. Bei Ängsten konfrontiert man sich, sonst wird es nicht besser. Und ewig in der Kindheit rumwühlen kann doch auch nicht gut sein. Und überhaupt, dieser ganze esoterische Kram ist doch Humbug und führt nur dazu, dass es Dir immer schlechter geht (von außen betrachtet sieht das auch so aus).

Zitat von Traurig83:
Übungen vom neurogenen zittern

Sei da ein wenig vorsichtig mit - bei Youtube, Instagramm Co. wird das immer angepriesen mit dem Zusatz, dass das bei Trauma kein Problem sein und eine Retraumatisierung nicht möglich. Ich habe mal mit meinem Therapeuten darüber gesprochen, er wurde dann richtig wütend. Er sagte, dass diese Übungen super sind, aber nur in den Händen eines erfahrenen Therapeuten. Allein angewandt kann der Schuss da gewaltig nach hinten losgehen.

Ich wünsche Dir auch, dass Du Deinen Weg findest und es Dir bald besser geht!

10.06.2023 15:06 • x 2 #13


T
Hat hier jemand vielleicht auch noch solche oder ähnliche Erfahrungen? Würde mich sehr über einen Austausch freuen

11.06.2023 19:27 • #14


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Youtube Video

Dr. Christina Wiesemann