Das klingt wirklich nach einer schwierigen Situation für alle Beteiligten.
Ich habe ambulant, aber vor allem auch stationär, viele herausfordernde Situationen in Gruppen erlebt. Manchmal sind daraus aber auch gute Lernerfahrungen für alle Beteiligten herausgekommen. Hier zum Beispiel sehe ich hauptsächlich ein Problem in der Art und Weise der Kommunikation untereinander, und zwar auf viele verschiedene Arten und Weisen ( die einen zu laut, die anderen zu leise, zu viel Kommunikation hinter den Kulissen, zu wenig offene Kommunikation, mangelnde Leitung und Vermittlung durch die Therapeutin, Patienten, die ohne vorherige Kommunikation mit einer unerwarteten Situation konfrontiert werden, unklare Regeln usw.... dazu später mehr).
Ich habe viel an Gruppen teilgenommen, in denen es so einige Patienten wie Birgit gab. Und wenn die Gruppenleitung gut war, war das kein Problem. Es gab klare Regeln, es wurden alle Seiten gehört und berücksichtigt, und dann haben die verschiedenen Charaktere viel voneinander lernen können.
Gerade bei schwereren Erkrankungen, die z.B. Kommunikation, Emotions-Regulation und Impulskontrolle betreffen, ist ein klarer Rahmen und vor allem Fairness sehr wichtig.
Ja, Birgit ist mit ihrer Art der Kommunikation übers Ziel hinausgeschossen, aber sie wurde auch ohne Vorwarnung mit einer für sie sehr schwierigen Situation konfrontiert, die aus ihrer Sicht total unfair war und in der sie nicht das Gefühl hatte, dass man ihre Meinung dazu berücksichtigt. Man hat sie ungefragt vor vollendete Tatsachen gestellt. Sie hat sich vermutlich ziemlich ohnmächtig gefühlt, und wenn Patienten wie sie das Gefühl bekommen, dass ihre Meining nicht gehört und berücksichtigt wird, werden sie oft von einem Gefühl von Ungerechtigkeit und Hilflosigkeit förmlich überrollt, und dann kommt es zu überschießenden Reaktionen.
Ich hatte mal eine Gruppe, da wäre das wie folgt geregelt worden:
Die Gruppenleitung hätte ein klar gelenktes Gruppengespräch mit allen Beteiligten geführt, in dem jeder seine Position darstellen darf und muss, inklusive der Emotionen, die dabei hochkamen.
Da hätte man Birgit dann kommunizieren können, dass ihre Meinung zu der Situation ja durchaus berechtigt ist, dass sie nur eine andere Form der Kommunikation hätte wählen sollen.
Und dann wäre ein (von vielen Patienten gefürchtetes ) Rollenspiel gemacht worden,
in welchem jeder Patient mal in die Rolle von Birgit geschlüpft wäre, und dann hätte man verschiedene Möglichkeiten durchgespielt.
Birgit hätte sich dann gesehen gefühlt und hätte sich bei anderen Patienten abgucken können, wie man ein ruhiges und sachliches Gespräch über die Situation führen könnte, und die anderen Patienten hätten Birgits Hilflosigkeit selber erleben und fühlen können.
Und abschließend hätte man sich nochmal über die Gruppenregeln unterhalten können, in diesem Fall vielleicht
- kein Geläster über andere Patienten, auch nicht auf WhatsApp
- bei einer so gravierenden Änderung wie dem Hund müssen zuerst alle Gruppenmitglieder gehört werden, niemand wird einfach mit Änderungen überfallen
- alle Gruppenmitglieder müssen ihre Meinung sagen und sich an dem Gespräch beteiligen
Und ich habe es als wichtig erlebt, dass die Gruppenleitung in solchen Situationen eingreifen und die Sitzung deutlich leiten muss, dann können auch verschiedene Charaktere in einer Gruppe gut koexistieren und voneinander lernen.
Wie sich dann langfristig die Situation mit dem Hund klärt, muss man dann natürlich sehen, aber man kann zumindest davon ausgehen, dass Birgit, wenn sie sich gehört und gesehen fühlt, sehr viel aufgeschlossener reagieren wird.
Und von den anderen Patienten, bei denen vielleicht viele schüchterne und ruhigere Patienten dabei sind, könnten lernen, sich zu beteiligen, den Mund aufzumachen, die eigene Meinung einzubringen, sich für andere einzusetzen und auch mal die Position des anderen ganz persönlich selber zu erleben.
Und so können alle einen guten therapeutischen Profit aus der Situation mitnehmen.
Je nach schwere der Allergie muss dann geklärt werden, ob sich eine Lösung finden lässt oder ob jemand gehen muss,
aber wer gehen muss bzw. evtl. die Gruppe wechseln muss, sehe ich eher als eine Sache zwischen der Gruppenleitung, Birgit und der Patientin mit dem Hund.
Aber die grundsätzliche Situation in Bezug auf die Kommunikation untereinander geht alle an.
Das ist jetzt aber natürlich nur meine persönliche Erfahrung, in anderen Gruppen wäre die Situation bestimmt auch anders gelöst worden.
Ich bewerte das auch gar nicht, es ist nur ein Erfahrungsbericht.
Ich habe es so kennengelernt und habe es erlebt, dass auf diese Art und Weise schnell wieder Frieden in der Gruppe war und alle etwas daraus lernen konnten.
Aber es gibt bestimmt auch ganz viele andere Lösungsmöglichkeiten und Erfahrungen dazu.
Vor 22 Minuten •
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