App im Playstore
Pfeil rechts
14

Mir ist meine Traumatisierung erst mit über 40 Jahren klar geworden, weil ich - sobald ich versuche mich einer Streitsituation zu stellen (früher, als Kind bin ich weggelaufen) - mit dissoziativen und/oder epileptischen Anfällen reagiere.
Das ist beschissen und ich bin wütend wegen Folgendem:
Ich werde seit meinem 6. Lebensjahr wegen Epilepsie behandelt. Kein einziger Arzt hat je getestet, inwieweit dissoziative Anfälle dabei sind, dabei bin ich komplex traumatisiert. Ich bin auch nach einer Gehirnoperation nicht anfallsfrei. Wie auch, wenn die Seele krank ist. Mein Epileptologe reagiert nicht, wenn ich ihn darauf anspreche. Logisch, wir befinden uns ja im Monsterkapitalismus, die Pharmaindustrie braucht Kohle. Da ist die Gesundheit des Menschen zweitrangig.

Oh man wenn ich das alles so lese, erinnert das alles an meine Kindheit. Bei uns war auch Gewalt an der Tagesordnung. Ich hab noch so ein paar Bilder im Kopf. Ich war damals in der 1. Klasse als er meinen kleinen Bruder geschlagen hatte, der war da 3 oder so. Diese Bilder gingen nie aus meinem
Kopf oder wie er meine Mutter geschlagen hatte. Als wir älter wurden, traute er sich meine Mama nicht mehr anzufassen und ist noch mehr auf uns Kinder los. Ich bin die älteste und bin immer dazwischen gegangen. Ich war auch die, die nie ihre Klappe halten konnte und somit lt. meiner Mutter selber schuld und schuld dran, dass es so eskaliert ist. Zum Schluss hin, hatte von uns Kinder keiner mehr Respekt vor ihm. Meine Brüder sind älter geworden und stärker und mein Vater zerbrechlicher. Er hat dann paar Jahre Antidepressiva genommen und war dann ruhiger.

Was mich total unsicher macht, ist das er jetzt plötzlich alles einsieht und sich bei uns tausendmal entschuldigt und weint.
Das bringt mich durcheinander

Und wenn ich Streitigkeiten höre, dann bekomm ich so eine Unruhe und kann das nicht mehr, wie hab ich das früher geschafft. Ich hab auch total den Gerechtigkeitssinn und kann nie meine Klappe halten. Das nervt mich.

Ich hab damals vor meiner Hochzeit erkannt, das was nicht stimmt. Und jetzt seit neuestem auch bemerkt, das ich eine Belastbarkeitsstörung habe, sobald ich unter mehr Stress stehe, Dreh ich durch.

A


Wie ist euch eure Traumatisierung klar geworden? Spoiler!

x 3


Ich bin mir nach wie vor nicht ganz sicher, ob ich traumatisiert bin. Diagnostiziert hat das nie jemand. Ich vermute aber, ich könnte ein Entwicklungstrauma haben.

Ich habe schon seit ich denken kann sehr viele Ängste, war nie normal im Gegensatz zu den anderen Kindern, immer überängstlich, mir war oft übel, im Grundschulalter begannen Panikattacken. Später kamen zunehmend soziale Ängste dazu.

Körperliche Gewalt gab es in meiner Familie nicht. Deshalb dachte ich auch lange nicht an eine Traumatisierung. Im Nachhinein, im Laufe meiner vielen Therapien habe ich aber gemerkt, dass mir als Kind wahrscheinlich doch einiges fehlte, um mich gesund zu entwickeln. Meine Familie hat mir selten etwas zugetraut, war überängstlich und überkritisch. Ich hatte das Gefühl, ich war nicht gut genug, ... Mit meinen Ängsten waren meine Eltern oft überfordert.

Dann gab es noch ein Ereignis in einer Kinderpsychiatrie, wo das Personal mir gegenüber gewalttätig war. (möchte ich jetzt nicht weiter ausführen) Das fand ich sehr schrecklich.

Später sagte mir mal meine Schwester, dass sie mich vorher als fröhliches Kind wahrgenommen hatte und ich ihr nach dieser Zeit im Krankenhaus dann ziemlich emotionslos vorkam.

Puh, ich glaube, das erste Mal tatsächlich mit 13. Da habe ich in der Schule in meinem Biologiebuch geblättert und einen Bericht über ein junges Mädchen gefunden, das ebenfalls Opfer von
Trigger

sexuellem Missbrauch


wurde. Bis dahin wusste ich gar nicht, dass das nicht normal ist.

Als der ... die Taten dann aufhörten (ich distanzierte mich ab da vom T*ter, ging lieber mit meiner Tante und meiner Mutter auf einen Reiterhof, obwohl mich Pferde so gar nicht interessierten aber das war halt das kleinere Übel), verdrängte ich. Lange. Bis ich 2020 mit 29 Jahren in einer psychosomatischen Klinik landete, die auf PTBS spezialisiert ist, und dort eigentlich nur ein anderes Trauma aufarbeiten wollte, das mir passierte als ich schon längst erwachsen war. Leider war der Therapeut einfach nur für'n A.sch ... er ging ab der ersten Therapiesitzung in die Konfrontation.
Ich solle mich an meinen inneren sicheren Ort begeben (dass ich die Übung kannte, hat er immerhin vorher abgecheckt^^) und die Erinnerungen kommen lassen, die mein Unterbewusstsein freigeben wollte. Und anstelle des aktuellsten Traumas brachen Erinnerungen an meine Kindheit über mich herein. Weniger Bilder als viel mehr Körpererinnerungen, Gerüche, ich dissoziierte sofort weg und der Therapeut zeigte seine großartige Kompetenz (Ironie), indem er sich gelangweilt auf dem Stuhl zurücklehnte. Gehen Sie vielleicht mal n bisschen durch den Raum oder so, meinte er. Dadurch kam ich ganz kurz zurück, doch kaum saß ich, schaltete ich wieder ab. Die nächsten Tage verbrachte ich im absoluten Schockzustand und reflektierte rückblickend, wie vieles ich für absolut normal gehalten hatte, was aber bei nicht traumatisierten Menschen gar nicht normal ist. Auf einmal machte alles Sinn. Dieser H.ss auf Männer, die mit kleinen Kindern agieren, dieses ganz genau hingucken. Dass ich mich an meine ersten 13 Lebensjahre kaum erinnern kann. Bestimmte Schm.rzen. Das Verkrampfen bei bestimmten Gerüchen. Dass ich damals ständig Unterleibsschmerzen hatte, schon lange bevor ich meine Periode überhaupt bekommen habe, und keine Ursache gefunden wurde. Und noch so vieles mehr, was jetzt hier den Rahmen sprengen würde.
Der Therapeut war mir natürlich keine Hilfe, im Gegenteil. Für ihn waren die Therapiestunden mit mir leicht verdientes Geld: ich dissoziierte, war 90% der Stunde nicht ansprechbar, er unternahm ein paar tapsige Versuche und wartete ansonsten nur ab, bis er mir sagen konnte: So, Stunde ist rum, gehen Sie bitte zur Pflege und lassen sich was geben zur Beruhigung.

Ich habe es er erst vor knapp vor knapp 6 Monaten realisiert.

Wobei mir auch ChatGPT da eine große Hilfe gewesen ist.

Ich hab irgendwann eine Borderline-Diagnose erhalten. Bei der Beschäftigung mit dem Thema wurde mir klar, dass das auch so eine Art komplexe PTBS war bei mir. Nicht dieses Ding mit Flashbacks und so. Getriggert wurde ich sehr oft, ohne das einordnen zu können. Symptome waren oft Müdigkeit, Frustration, Erschöpfung, etc.

Erst nach einer Anpassungstörung und anschliessender ambulanter Psychotherapie wurde mir das Ausmass der kPTBS bewusst. Zu jenem Zeitpunkt hatte ich schon stolze 57 Jahre auf dem Buckel. Dass etwas nicht stimmt, habe ich schon als 20-Jähriger gespürt. Ich habe viele Jahre Achtsamkeit betrieben, meine belastenden Emotionen und deren Ursache ermittelt, Perspektivenwechsel vorgenommen und gelernt, das Leben mit all seinen Höhen und Tiefen zu akzeptieren. Heute bin ich frei von Symptomen, erleben keine belastenden Momente mehr, bin sehr spirituell geworden.

Es lohnt sich, dran zu bleiben, heraus zu finden, welche Art von Therapie passt. Ego-State hat mir viel gebracht und hilft mir heute noch beim psychologischen Coaching. Irgendwann hab ich auch ein körperorientiert Traumtherapie gemacht (Somatic Experience von Levine). Das war eine tolle Erfahrung. Ich glaub alles, was ich proaktiv versucht habe, hat mir geholfen. Es gibt nicht die eine heilsame Methode.

Zitat von Almander:
wie ist euch klar geworden, dass ihr in einem Trauma fest steckt?

Mir war nie nicht klar, traumatisiert worden zu sein.
Das war immer völlig klar.

Und ich betrachte das auch nicht als feststecken in den Folgen dessen. Es sind meine Stiefel. Darin gehe ich und lebe ich. Vorwärtsgewand.




App im Playstore