Distanziertes Arbeitsklima

Als ich im Sommer 21 zu meinem Partner gezogen bin und hier eine Arbeitsstelle gefunden habe, war ich sehr froh darüber. Mein Partner lebt in einer Region, in welcher der Arbeitsmarkt für mich nicht unbedingt viel hergibt. Umso glücklicher war ich, dass ich tatsächlich einen unbefristeten Arbeitsplatz gefunden hatte.

Als offener, umgänglicher und kontaktfreudiger Mensch hatte ich noch nie Probleme, auf der Arbeit den Anschluss an Kollegen zu finden. Hier ist es anders. Die meisten Leute sind eher distanziert und stark auf ihre Arbeit fokussiert. Wenn ich versuche, jemanden in ein Gespräch zu verwickeln, kommt meistens eine Reaktion im Stil von: Du sorry, ich hab' keine Zeit, ich muss arbeiten! Wenn jemand zu mir ins Büro kommt, dann nur, um etwas Berufliches zu besprechen. Sobald wir fertig sind, verabschiedet sich die andere Person und geht an ihren Platz zurück.

Wenn ich an der Kaffeeküche vorbeilaufe, steht sie meistens leer. Die Leute gehen nur hin, um sich kurz einen Kaffee zu holen und gehen dann sofort an ihre Plätze zurück. Bei uns sieht man keine Menschen, die auch mal in der Kaffeeküche stehen, Kaffee trinken und über Themen sprechen, die nichts mit der Arbeit zu tun haben.

In den Mittagspausen wollen viele für sich alleine sein, manche haben feste Essenspartner, mit denen sie jede Pause verbringen. Ich vermisse die alten Zeiten, in denen ich jede Pause mit unterschiedlichen Leuten verabredet war.

Ganz ehrlich, sowas habe ich noch auf keinem Arbeitsplatz vorher erlebt und habe so meine Probleme damit, weil mir der Austausch mit den Kollegen sehr fehlt. Was kann man denn machen, um eine Veränderung zu erreichen?

@Kamillenbad Guten Morgen, das Problem hatte ich auch Mal, kein wie geht's oder wie war das Wochenende, kein Witz mal zwischendurch, niemand tauschte sich mal aus. Ich habe mich auch einsam und unwohl gefühlt, zum Glück wurde ich damals gekündigt und habe jetzt seit vielen Jahren einen Job wo das Klima anders ist. Ich glaube da wirst du leider nicht viel ändern können. Wenn du bei einer Person das Gefühl hast, die ist anders, könntest du da ja nochmal versuchen Anschluss zu finden. Ich bin damals immer nur gescheitert. Wäre ein Jobwechsel eine Idee, wenn du da nicht glücklich bist? Ich drücke dir die Daumen das es besser wird!

Liebe Loki,

vielen Dank für deine Antwort.

Bei mir in der Abteilung gibt es eine Kollegin, die ich sympathisch finde und mit der ich auch über nicht-berufliche Themen reden kann. Aber unser Chef sieht das nicht gerne und hat uns deswegen auch schon ermahnt.

Leider kann ich mich mit ihr nicht für die Mittagspausen verabreden, weil sie nur von 8 bis 12 Uhr arbeitet.

Ein Jobwechsel wäre auf jeden Fall ein Thema, wenn es hier in der Gegend Stellen gäbe, die für mich in Frage kämen. Aber wie ich schon in meinem Eingangsposting geschrieben habe, ist das hier nur selten der Fall. Hier in der Umgebung ist der Arbeitsmarkt leider ziemlich dünn.

LG

Zitat von Kamillenbad:

Aber unser Chef sieht das nicht gerne und hat uns deswegen auch schon ermahnt.

Ja das ist ja dann wohl das Problem. Euer Chef.
Vermutlich hat er auch die anderen schon ermahnt weil er den Smalltalk nicht gerne sieht während den Arbeitszeiten.
Und irgendwann wurde es dann wohl ganz still in dem Betrieb.

@Kamillenbad tja das ist dann echt schwer, wahrscheinlich ist bei euch dann das Teamklima einfach vergiftet, wenn ein Chef das unterbindet, traut sich auch irgendwann keiner mehr zu reden. Bei uns fehlt der Chefin auch komplett die Wertschätzung und Anerkennung und irgendwann flüchten die Leute dann immer in andere Abteilungen. Es kann leider sehr vieles negativ durch Arbeitgeber beeinflusst sein und dagegen ankommen ist sehr schwer, wir sind jetzt zum Beispiel einige die dagegen versuchen anzugehen, aber haben auch nen guten Stand im Unternehmen und es ist ein Großkonzern. Dir da etwas zu raten ist sehr schwer, man will ja auch nicht vom Regen in die Traufe. Besteht die Möglichkeit vielleicht mit der Kollegin über Teams oder Outlook sich auszutauschen ohne das Gefahr droht ärger zu bekommen? Das machen wir halt untereinander viel, je nachdem ob chef da ist oder nicht.

Ich möchte jetzt nicht behaupten, dass unser Chef die Ursache für das Arbeitsklima ist. Er ist noch nicht lange bei uns und bei seinem Vorgänger lief es auch nicht anders. Ein interner Wechsel in eine andere Abteilung würde mir auch nichts bringen. Wenn Kollegen aus anderen Abteilungen zu mir ins Büro kommen, geht es immer um etwas Berufliches. Wenn ich ihnen die gewünschte Auskunft erteilt habe, bedanken sie sich und gehen an ihre Arbeitsplätze zurück. Niemand kommt zu mir, um einfach mal nur zu quatschen. Es geht immer nur um die Arbeit.

Es ist auch sehr merkwürdig, dass es auf den Gängen so still ist wie auf einem Friedhof. Von anderen Arbeitgebern kenne ich es so, dass man auf den Gängen immer wieder Kollegen begegnet, die sich gerade unterhalten. Bei uns gibt es das nicht. Dasselbe gilt für die verwaisten Kaffeeküchen.

Für mich ist das keine Option, mich per E-Mail mit der Kollegin auszutauschen. Sie sitzt nur ein Büro weiter. Bei so kurzen Entfernungen spreche ich lieber mit den Menschen persönlich. Außerdem wäre mir das zu riskant. Wenn mein Chef mal mit mir etwas besprechen möchte, kann es durchaus sein, dass er sich direkt neben mich stellt und meine E-Mails auf dem Bildschirm zu sehen bekommt.

Zitat von Kamillenbad:

Wenn mein Chef mal mit mir etwas besprechen möchte, kann es durchaus sein, dass er sich direkt neben mich stellt und meine E-Mails auf dem Bildschirm zu sehen bekommt.

Ich habe leider auch mal an so einem Ort gearbeitet.
Zum Glück gab es damals schon WhatsApp, weshalb ich auch auf der Arbeit mit Freunden durch Sprachnachrichten in Kontakt sein konnte. Natürlich musste ich auch immer aufpassen, dass es die Chefin nicht mitbekommt.

Nun, ich persönlich sehe das etwas anders. Solange zwei Voraussetzungen erfüllt sind, finde ich ein distanziertes Arbeitsklima sogar sehr positiv: 1. Es herrscht ein höfliches Klima untereinander. 2. Es gibt keine Grüppchen von Mitarbeitern, die das anders praktizieren!
Ich persönlich vermeide aufgrund meiner persönlichen Erfahrung enge Beziehungen in der Arbeit. Ich habe mal mehrere Jahre mit meinem Trauzeugen zusammengearbeitet. Ich kann keinen konkreten Grund nennen, warum es letztendlich nicht funktioniert hat, aber wir haben seitdem kaum mehr Kontakt. Deshalb bin ich kein Freund von „befreundeten Arbeitskollegen“. Ich persönlich gehe sogar soweit (ich weiß, dass ich da sehr extrem bin, ich selbst betrachte es als konsequent), dass ich sämtliche Einladungen von Kollegen Kolleginnen zu Festen aus persönlichen Anlässen ablehne und auch an Weihnachtsfeiern nicht teilnehme.

Oh, ich glaube hier liegt ein Missverständnis vor: Mir geht es definitiv NICHT um potenzielle Freundschaften mit Kollegen. Ich bin in einer Beziehung und habe auch wirklich gute Freunde, privat bin ich alles andere als einsam.

Trotzdem ist es mir wichtig, mich am Arbeitsplatz auch über andere Themen zu unterhalten als über die Arbeit. Weihnachtsfeiern und andere Feste besuche ich natürlich gerne, weil das die einzigen Gelegenheiten sind, um mal mit Kollegen ins Gespräch zu kommen. Leider gibt es bei uns aber nur selten eine Feier.