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G
Moin,

ich bräuchte mal eine neue Perspektive auf meine Situation: Ich studiere Psychologie, mittlerweile seit 5 Jahren und habe selbst Depressionen und hatte früher eine soziale Phobie. Die Depressionen sind dann irgendwann als Folge der Phobie aufgetreten und sind mir geblieben. Bin 26 Jahre alt und männlich. Ich habe schon länger Zweifel was das Studium betrifft, bin bald im 3 Semester des Masters und daher ist ein Abbruch wohl nicht mehr so sinnvoll, was ich zu Beginn des Masters mal konkret geplant hatte. Bin eigentlich ziemlich stolz auf mich, dass ich den Bachelor geschafft habe, trotz meiner Probleme, die damals ,,größer‘‘ waren und das ich dann sogar einen Masterplatz bekommen habe. In guten Phasen komme ich zurecht, habe auch Praktika gemacht im klinischen Bereich, was ich immer recht ,,surreal‘‘ fand, weil ich selbst schon einen Klinikaufenthalt hatte und Therapie gemacht habe. In letzter Zeit habe ich wieder viele Gedanken ans Abbrechen des Studiums, möchte alles hinschmeißen und einfach nur weg……

Habe auch oft das Gefühl ich lebe meine Leben von Tag zu Tag, oder Monat zu Monat, ohne großes Ziel, Hauptsache es geht weiter. Habe auch das Gefühl, dass ich nicht viel gelernt habe im Studium, was objektiv betrachtet natürlich Quatsch ist. Hatte mal das Ziel später mit Kindern und/oder Jugendlichen zu arbeiten, weil ich mit denen gut zurechtkomme, aber im Moment weiß ich auch nicht, ob das mal was wird. Jetzt fange ich bald einen Nebenjob in einer klinischen Einrichtung für Erwachsene an, was mich auch verunsichert. Mir fällt es oft schwer meine Gedanken zu ordnen, was mir auch jetzt beim Verfassen dieses Textes auffällt. Seit einigen Monaten bin ich in einer Beziehung, meine Freundin ist für ihr Alter ziemlich erfolgreich, was mich verunsichert, weil ich mich mit ihr vergleiche. Allgemein habe ich viel mehr Kontakt zu Menschen, was ich natürlich sehr schätze, wenn es mir schlechter geht jedoch zum Anlass nehme mich mit Ihnen zu vergleichen.

Was will ich mit dem Beitrag eigentlich? Ich denke meine Gedanken ordnen, sicherlich positiven Zuspruch bekommen, was mir in letzter Zeit fehlt und eine neue Perspektive von Leuten die vielleicht einen anderen Blick auf meine Situation haben.

23.09.2016 11:01 • 29.09.2016 #1


8 Antworten ↓


E
Ich verstehe dich gut.
Kenne das selbst, dass man sich irgendwie in einem langen Studium so verliert.
Die Perspektive, was man sich so mal vorgestellt hat, bricht weg.
Bzw je mehr es auf das Ende des Studiums hingeht, desto bedrohlicher wird irgendwie
die Situation, weil der Schutzmantel Studium dann irgendwie weg ist.

Ich sag mal so...es wird besser, wenn man irgendwas macht. Arbeitet.
Regelmässigkeit. Geld.
Da rein kommen, ist manchmal schwer. Aber es lohnt sich.
Hilft dir ein regelmässiger Tagesablauf dich nicht so zu verlieren?
Was weiss deine Freundin über dich...deinen Problemen?
Steht sie dir bei? Führt ihr eine tiefgründige Beziehung?

Treibst du Sport? Einen Ausgleich?
Dass mit der allgemeinen Sinnfrage kenne ich aber, wie gesagt auch.
Antworten darauf habe ich oft selbst nicht.

23.09.2016 11:06 • x 1 #2


A


Neue Perspektive?

x 3


G
Danke für deine Antwort Eraserhead.

So habe ich das noch nicht gesehen, mit dem ,,Studium als Schutzmantel''. Ich denke das mir Struktur und Regelmäßigkeit in einem Job sehr gut tun würden, besonders das ewige auswendig lernen bin ich mittlerweile leid. Aber Angst davor habe ich auch.

Ein Tagesablauf hilft mir definitiv, merke ich gerade stark, denn die letzten 4 Tage hatte ich einen Ablauf, heute jedoch nicht und ich sitze mal wieder nur vorm Rechner und ,,zerfließe in Selbstmitleid'' .

Meine Freundin weiß nur bedingt davon, habe ihr vor kurzem von meiner ,,sozialphobischen Zeit'' erzählt, dass war denke ich ein erster Schritt, von den Depressionen und Zweifeln habe ich ihr nicht erzählt. In manchen Bereichen führen wir eine tiefgründige Beziehung. Da ich Angst habe Sie zu verlieren (was letztlich dazu führen kann, dass ich Sie verliere....Paradox) erzähle ich ihr nicht alles und verstelle mich manchmal, weil ich denke das ich gewisse attraktive Verhaltensweisen zeigen muss, damit es zwischen uns gut läuft.

Sport mache ich sehr regelmäßig. Ist aber meistens Krafttraining, was nicht den besten anti-depressiven Effekt hat.

23.09.2016 12:04 • #3


Hotin
Hallo Gwynplain,

Zitat:
ich bräuchte mal eine neue Perspektive auf meine Situation:

was brauchst Du genau?

Zitat:
Ich studiere Psychologie, mittlerweile seit 5 Jahren


Was wirst Du später mit Deinem Studium anfangen wollen?
Früher dachte ich immer, Psychologie studiert man, um Menschen in erster Linie helfen zu wollen. Heute sehe
ich das etwas anders, mehr als einen Wissenszweig um damit Geld zu verdienen.

Zitat:
Bin eigentlich ziemlich stolz auf mich... In guten Phasen komme ich zurecht...



Zitat:
Habe auch oft das Gefühl ich lebe meine Leben von Tag zu Tag, oder Monat zu Monat, ohne großes Ziel,
Hauptsache es geht weiter.


Da passt etwas überhaupt nicht. Um zufrieden leben zu können brauchst Du mehrere
klare Ziele, die Du verfolgst. Kein Wunder, dass Du depressive Phasen bekommst.
Zitat:
Seit einigen Monaten bin ich in einer Beziehung, meine Freundin ist für ihr Alter ziemlich erfolgreich,
was mich verunsichert, weil ich mich mit ihr vergleiche.


Warum verunsichert Dich das? Es kann Dich auch motivieren, Deine beruflichen
Ziele weiter zu verfolgen.
Zitat:
Ich denke meine Gedanken ordnen, sicherlich positiven Zuspruch bekommen, was mir in letzter Zeit fehlt


Wofür hast Du denn Deine Freundin, wenn nicht für positiven Zuspruch?
Zitat:
In manchen Bereichen führen wir eine tiefgründige Beziehung.


In einer Beziehung sollte man schon sehr, sehr ehrlich miteinander umgehen.
Ehrlich bedeutet, alles was ihr erzählt, sollte möglichst wahr sein.
Aber nicht alles, was wahr ist muss man auch seinem Partner erzählen.
Ich würde fast immer empfehlen, ein paar innerste Gedanken zurück zu
halten in der Partnerschaft. Damit schützt Du Dich selbst.

Zitat:
und verstelle mich manchmal, weil ich denke das ich gewisse attraktive Verhaltensweisen zeigen muss,
damit es zwischen uns gut läuft.

Sich verstellen ist natürlich ziemlich doof. Woher willst Du denn wissen, was Deine Partnerin attraktiv findet?
Vielleicht verstellt sie sich dann auch, wenn sie Dir erklärt, was sie attraktiv findet.
Das wäre dann der perfekte Irrtum. Dann weiß keiner mehr, was los ist.
Merkst Du was?

Viele Grüße

Bernhard

24.09.2016 03:36 • x 1 #4


E
War das denn schon immer so bei dir oder hat sich das hinentwickelt?
Gabs einen Wendepunkt bei irgendwas in deinem Leben?
Ein in ein Loch fallen? Und es ist seitdem so?

Ich frage nur daher, weil, wie ich ja schon bemerkte, ich das ähnlich kenne.
Es gab aber Erlebnisse. Downgrades (gefühlt und echt), die einen dann fühlen lassen,
als ob man wie in Watte gepackt seitdem rumläuft.

Ich hatte Phasen, da hab ich mir selbst beim Leben zugeschaut.
Wie wenn ich mich, eigentlich auf der Couch liegend, selbst auf einem Sessel daneben
beobachtet hätte.
Ich habe mich beobachtet, wie ich den Uni-Abschluss machte und dachte..ach jetzt hast du das auch mal gemacht
und geschafft.
Dann suchte ich einen Job.
Irgendwann saß ich im Job und dachte..echt..krass..dafür bekommst du jetzt Geld?
Was ich da mache? Bei mir ist es alles andere als eintönig. Es ist jeden Tag eine andere Welt und viel und auch interessant.
Klar ist es fordernd und auch anstrengend..aber irgendwie kam das alles nicht (mehr?) an mich ran so wirklich.
Wie im Nebel agiert man. Vorteil ist irgendwie, dass mich gerade auf der Arbeit eigentlich auch garnichts mehr so richtig aufregt.
Was den ironischen Nebeneffekt hat, dass es, seitdem es so ist, irgendwie gut läuft.
Man merkt einem an, dass einen nichts umstoßen kann. Manche würden sagen Gleichgültigkeit..
andere würden sagen Gelassenheit. Ist immer eine Frage der Perspektive.
Ich nehme aber meinen Job sehr ernst.
Doch oft habe ich das Gefühl..wäre ich ganz bei mir, würde ich irgendwie ..wie soll ich das sagen..
noch mehr können? Noch mehr ausreizen?
Ich sehe mir dabei zu, wie ich gefühlt 20% einbringe....aber es reicht hinten und vorne
in diesem verantwortungsvollen Job, bei dem man jeden Tag mit hohen Zahlen zu tun hat.

Ich komme da schwer runter.
Ich weiß selbst nicht, wie man aus diesem Nebel wieder auftaucht.
Woher er kam. Was er soll.
Ich versuche mich zu zwingen bewusst zu leben. Aktuell die Dinge wahrzunehmen,
die um mich herum passieren.

Doch manchmal habe ich einfach das Gefühl, dass eine 1b Version von mir das Leben irgendwie schmeißt
und die 1a Version hinterm Vorhang hockt und wartet.
Auf was?

Was ich damit insgesamt sagen will...ist..das fühlende Menschen und auch sensible Menschen
mehr wahrnehmen. Mehr denken. Mehr durchdenken.
Sich mehr beeinflussen lassen und auch mehr irgendwie erleben.
Eine größere Bandbreite mitbekommen. Die Gefühlsskala ausnutzen.

Ich habe es selbst noch nicht erlebt, dass ich ein Gegenüber gefunden hätte,
der ich das so mitteilen kann. Die das versteht, ohne mir (wieso auch?) einen Strick daraus zu drehen.
Es ist ja alles gut.
Mir geht es gut.
Nur bewegt einen einiges.
Und ich finde es schade, wie auch bei dir, dass du da nicht eins werden kannst mit deiner Partnerin.
Dachte immer, dafür sind Partnerschaften da.
Nicht, um jeden Müll zu teilen.
Durch manche schei....muss man halt als Mensch alleine durch..
Prüfungen, OPs...etc. Das nimmt dir keiner ab.
Also es legt sich keiner unters Messer für dich.
Aber der Weg dahin kann man begleiten..
und auch sonst, finde ich es wichtig in einer Partnerschaft,
sein Innerstes zumindest in wesentlichen Teilen zu offenbaren.

24.09.2016 09:31 • #5


G
Danke für deine Antwort Bernhard.

Zitat:
was brauchst Du genau?

Der Smiley drückt es gut aus, was ich gerade brauche.........Aber letztlich brauche ich ein Ziel, etwas das mich motiviert.

Ich denke ich habe das Studium auch begonnen, weil ich selbst psychische Probleme hatte bzw. habe, weil sehr wichtige Menschen in meinem Umfeld ebenfalls psychische Probleme haben und ich diesen helfen wollte. Habe aber schon seit längerer Zeit eingesehen, dass dies nicht meine Aufgabe ist und ich das nicht leisten kann...........Ich denke damit habe ich viel Motivation für das Studium verloren.

Zitat:
Was wirst Du später mit Deinem Studium anfangen wollen?


Im Moment bin ich mir da unsicher........Früher wollte ich Kindern und Jugendlichen helfen, sodass Ihnen erspart bleibt, was ich in meiner Jugend erlebt habe. Ihnen dabei helfen einen guten Start in das Erwachsenenleben zu haben, was mir nicht gut gelungen ist. Letztlich Menschen dabei helfen selbstbewusster zu sein, eine Person für Sie zu sein, die ich damals gebraucht hätte. Jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher, ob ich da nicht emotional zu involviert bin.

Zitat:
Warum verunsichert Dich das? Es kann Dich auch motivieren, Deine beruflichen Ziele weiter zu verfolgen.


Guter Punkt.

Zitat:
Woher willst Du denn wissen, was Deine Partnerin attraktiv findet? Vielleicht verstellt sie sich dann auch, wenn sie Dir erklärt, was sie attraktiv findet.


Letztlich weiß ich nie mit absoluter Sicherheit, was Sie attraktiv findet. Gehe nur von meinen Erfahrungen aus und nutze ihr Verhalten, ihre Reaktionen als Indikator. Und natürlich das was Sie mir in Gesprächen erzählt.

Zitat:
In einer Beziehung sollte man schon sehr, sehr ehrlich miteinander umgehen.


Da hast du recht.


@Eraserhead

Also Depressionen habe ich schon länger, wahrscheinlich nachdem ich nach der 10 Klasse die Schule gewechselt habe und dort nie Anschluss gefunden habe und Jahre lang nur einen guten Freund hatte. Seit dem ist es ein auf und ab, mal gibt es gute Phasen, dann wieder schlechte........

Das mit der Gleichgültigkeit kenne ich gut. Bin in meinen schlechten Phasen auch oft sehr Gleichgültig, was Andere dann mit Gelassenheit verwechseln.

Also ,,eins werden'' möchte ich nicht mit meiner Partnerin, aber ich glaube ich verstehe was du damit sagen willst. Man möchte halt jemanden haben, der einen bedingungslos annimmt, mit allen Schwächen und Stärken, bei dem man so sein kann, wie man ,,wirklich' ist. Dafür muss man natürlich wissen, wer man denn ist.

Aber letztlich sind Menschen ,,getrennt'' voneinander, jeder hat sein eigenes Leben und seine eigenen Gedanken, man kann nur versuchen den oder die Andere ohne Vorurteile zu akzeptieren, dass kostet Kraft, diese Kraft hat man manchmal nicht und das ist okay.

24.09.2016 13:07 • #6


Hotin
Hallo Gwynplaine
Zitat:
Der Smiley drückt es gut aus, was ich gerade brauche.........Aber letztlich brauche ich ein Ziel, etwas das mich motiviert.


Da stimme ich Dir voll zu. Alle Menschen brauchen das gleiche, um zufrieden zu werden.

Zitat:
Ich denke ich habe das Studium auch begonnen, ... weil sehr wichtige Menschen in meinem Umfeld ebenfalls psychische Probleme haben und ich diesen helfen wollte. Habe aber schon seit längerer Zeit eingesehen, dass dies nicht meine Aufgabe ist und ich das nicht leisten kann...........Ich denke damit habe ich viel Motivation für das Studium verloren.


Dann suche Dir eine neue Motivation für Dein Psychologiestudium. Wie wäre es mit verdienen Deines Lebensunterhaltes?

Zitat:
Man möchte halt jemanden haben, der einen bedingungslos annimmt, mit allen Schwächen und Stärken, bei
dem man so sein kann, wie man ,,wirklich' ist. Dafür muss man natürlich wissen, wer man denn ist.


So ist es. Nur musst Du nicht nur wissen, wer Du bist, sondern es auch Deiner Partnerin und auch in der
Öffentlichkeit deutlich zeigen, wofür Du im Leben einstehst.
Erst das macht zufrieden.

Viele Grüße

Bernhard

24.09.2016 21:43 • #7


G
Zitat:
Dann suche Dir eine neue Motivation für Dein Psychologiestudium. Wie wäre es mit verdienen Deines Lebensunterhaltes?


Das wäre auch ne Möglichkeit.

Zitat:
So ist es. Nur musst Du nicht nur wissen, wer Du bist, sondern es auch Deiner Partnerin und auch in der
Öffentlichkeit deutlich zeigen, wofür Du im Leben einstehst.
Erst das macht zufrieden.


Ja und da bin ich im Moment etwas verloren. Vor nicht allzu langer Zeit war ich mir mal sicherer, dass bin ich im Moment nicht mehr so. Wie hast du herausgefunden wofür Du im Leben stehst? Bzw. wie findet man das heraus? Eigentlich wusste ich das mal........

29.09.2016 10:46 • #8


E
Ja wusste ich auch mal.
Muss man das wissen?
Ist das nicht ein Luxus, den sich kaum einer bedienen kann?

Mach dich mal von deinem Druck frei.
Lebe.
Mag zwar die Extrem-Menschen auch nicht so, die sagen,
Lebe jeden Tag als wenns dein letzter wäre (too heavy)..
aber gerade was Gesundheit an sich usw. angeht..
sei froh, dass du alle Sinne hast und einige Möglichkeiten.

Finde einfach raus!

Kästner hat glaube ich mal gesagt:
Es gibt nichts gutes, außer man tut es.

Einfach machen.
Und wenns der Ablenkung von der Frage dient,
die du dir gerade so stellst.

Ich lernte auch mal 2 Musikinstrumente,
machte Leistungssport.
Entschied mich dann für ein anstrengendes Studium, mit einem immerwährenden Kampf,
weil die Branche da so ist.
Und verbunden dann mit sehr viel Arbeit und Undankbarem in der Arbeitswelt.
Ich habe aufgehört mir in den Ar. zu beissen.
Raus aus dem Jammertal!

Einfach machen.
Vieles von dem ich mal dachte, es würde mich ausmachen,
kann ich heute, auch aus Zeitmangel nicht mehr machen.
Aber im kleinen kann man sich darauf besinnen.
Kleine Schritte.
Es ist fast egal was.
Hauptsache es macht dich, auch im Kleinen, zufrieden und glücklich..

29.09.2016 11:03 • #9






Prof. Dr. med. Ulrich Hegerl