Pfeil rechts

M
Ich weiß das hier ist eigentlich ein Panik/Angst Forum, aber immerhin hat es einen Einsamkeitsbereich, also frag ich einfach mal drauf los...

Ich bin 23 Jahre alt und habe so gut wie keine sozialen Kontakte(außerdem hatte ich noch keine Freundin), bislang hat mich das auch nicht wirklich gestört. Mittlerweile weiß ich, dass ich nur ein sehr introvertierter Mensch bin, und nicht an irgendeiner Krankheit leide. Insofern kann man das wohl nicht unbedingt als Angststörung sehen, wobei ich natürlich, wie wohl jeder Einsame Mensch, Angst vor Ablehnung auch habe, es fällt mir einfach endlos schwer mich Jemandem anzuvertrauen bzw jemandem zu vertrauen. (Ich glaube mir sind deswegen schon zwei sehr nette Mädels durch die Finger geglitten, einfach weil ich nicht den Schritt von Freundschaft zu Beziehungen vollbringen konnte, und der wird ja vom Mann erwartet und nicht der Frau...)

Hinzu kommt noch das seltsame Gefühl, in dieser Welt gefangen zu sein. Ich komm zwar problemlos zur Arbeit und zurück nach Hause, kann auch in jedes Geschäft und Termine einhalten(behördliche oder Arzttermine etc). Aber zu sagen hey ich geh jetzt raus in die Welt das schaffe ich irgendwie nicht. Ich hab totale Hemmungen ohne triftigen Grund aus dem Haus zu gehen, maximal treibe ich mich im Garten rum bzw spatziere mal im naheliegenden Wald.

Ich vermute ja, dass das meine Schutzzonen sind in die ich mich zurückziehe, die hat ja jeder, aber ich komme da irgendwie nicht so recht raus auch wenn ich es will, irgendwas hält mich zurück

Gibt es ne Möglichkeit da rauszukommen? Ich möchte das möglichst alleine schaffen, ein Tipp wie geh einfach raus würde mir allerdings nichts bringen, ich weiß selbst dass ich da raus muss aber irgendwas hält mich zurück, das hat nichtsmehr mit rationalem Denken zu tun...

LG. Marcus


*edit* Ich habe mir unter Wikipedia mal etwas recherchiert und bin zumindest auf der englischen Seite(die deutsche geht mit dem thema nicht wirklich detailiert um) auf ne Erkenntnis gestoßen:

Zitat von wikipedia:
Self-sufficiency

Guntrip writes, This introverted narcissistic self-sufficiency, which does without real external relationships while all emotional relations are carried on in the internal world, is a safeguard against anxiety breaking out in dealing with actual people. The more that schizoids can rely on themselves, the less they have to rely on other people and so expose themselves to the potential dangers and anxieties associated with that reliance or, even worse, dependence. The vast majority of schizoid individuals show an enormous capacity for self-sufficiency, for the ability to operate alone, independently and autonomously, in managing their worlds.[9]

[edit]
Sense of superiority

Guntrip states, a sense of superiority naturally goes with self-sufficiency. One has no need of other people, they can be dispensed with... There often goes with it a feeling of being different from other people. The sense of superiority of the schizoid has nothing to do with the grandiose self of the narcissistic disorder. It does not find expression in the schizoid through the need to devalue or annihilate others who are perceived as offending, criticizing, shaming, or humiliating. The meaning and function of the sense of superiority were described by a young schizoid man in the following fashion: If I am superior to others, if I am above others, then I do not need others. When I say that I am above others, it does not mean that I feel better than them, it means that I am at a distance from them, a safe distance. It is a feeling of being vertically displaced, rather than horizontally at a distance


http://en.wikipedia.org/wiki/Schizoid_p ... y_disorder

diese zwei Punkte sind bei mir sehr stark ausgeprägt, die andren punkte nur geringfügig bis garnicht (vielleicht bin ich ja noch zu retten? ^^). Nur 1% der Menschen sollen drunter leiden, naja immerhin würde das 1 von 100 bedeuten und so wenig ist das auch wieder nicht, bin also wohl nicht alleine damit... (hatte zuerst nen schock, weil ich dachte damit ist Shizophrenie gemeint aber hab dann gesehn dass das wohl zwei paar schuhe sind *puh*). Es wäre wirklich super wenn ihr mir sagen könntet was ich dagegen unternehmen soll, immerhin heißt das meine gesamte Lebenseinstellung zu ändern

Und noch was gesehn diesmal auf der deutschen wiki seite:

Zitat:
Es ist umstritten, ob die schizoide Persönlichkeitsstörung als Krankheit gewertet werden soll oder nicht. Oft leiden weder Betroffene selbst noch Angehörige, oder sie nehmen es nicht wahr. Es ist außerdem unklar, ab wann deren Verhaltensweisen als krankhaft oder als sonderbar zu bezeichnen seien. Nicht selten werden Verhaltensweisen nur aus dem Grund abgelehnt, weil sie in dem jeweiligen Kulturkreis, in dem diese Personen leben, eine geringe Verbreitung haben. Tatsächlich aber können abweichende Verhaltensweisen durchaus Sinn ergeben oder, wenn dies nicht der Fall ist, zumindest völlig harmlos sein.


Also ich für meinen Teil kann offen sagen, dass ich das nichtmehr mit mir rumschleppen will, und für mich ist das ne psychische Krankheit, da bin ich mir absolut sicher, dass ich das in meiner Kindheit abbekommen habe weiß ich auch, Meine Mutter hat meinen älteren Bruder(9 jahre) verloren als ich ein Jahr war und ab dem Zeitpunkt war sie über Jahre hinweg absolut depressiv und hat damit wohl auch auf mich abgefärbt, immerhin entwickelt man in den jungen Jahren ja seine Persönlichkeit...

Sorry für den ganzen Text, ich weiß ich hätte mich kürzer halten sollen, aber das Thema lässt mich momentan einfach nicht los...

23.07.2008 10:03 • 28.07.2008 #1


1 Antwort ↓

B
Hallo Marcus,

schön, dass Du den Mut hattest, Dich wegen Deiner Probleme hier ans Forum zu wenden. Das, was Du schreibst, zeigt, wie intensiv Du Dich mit Dir beschäftigst und dass Du zunehmend einen Leidensdruck verspürst, weil Du Dich mit Deinen zentralen Denk-, Gefühls- und Verhaltensmustern nicht mehr wohlfühlst. Wenn ich richtig auch zwischen den Zeilen lese, so ist Dir der Zugang zu einem wichtigen menschlichen Bereich - zu erfüllenden sozialen Bindungen und Beziehungen - derzeit verschlossen, obwohl Du Dir das anders wünschst.

Vielleicht liegst Du ja mit Deiner Vermutung einer sog. Persönlichkeitsstörung gar nicht so daneben. Dieser Begriff soll im Gegensatz zu spezifischen Angststörungen oder anderen konkreten Diagnosen im psychischen Bereich darauf hinweisen, dass die gesamte Persönlichkeit eine Entwicklung in eine bestimmte Richtung genommen hat. Dadurch stehen stabile Muster zentral im Mittelpunkt des Alltags, die nicht immer Probleme bereiten müssen, die nicht immer zu einem Leidensdruck führen müssen, aber doch sehr einseitig, dominierend und dadurch einschränkend sind.

Ich habe Dir - ohne einer ordentlichen und fachlich von mehr Informationen gestützten Einschätzung vorgreifen zu wollen - nochmals die offiziellen Kriterien einer Persönlichkeitsstörung nach dem in Europa angewandten Diagnoseschlüssel ICD 10 zu Deiner Information zusammengestellt:

Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen

Dieser Abschnitt enthält eine Reihe von klinisch wichtigen, meist länger anhaltenden Zustandsbildern und Verhaltensmustern. Sie sind Ausdruck des charakteristischen, individuellen Lebensstils, des Verhältnisses zur eigenen Person und zu anderen Menschen. Einige dieser Zustandsbilder und Verhaltensmuster entstehen als Folge konstitutioneller Faktoren und sozialer Erfahrungen schon früh im Verlauf der individuellen Entwicklung,...


... sind tief verwurzelte, anhaltende Verhaltensmuster, die sich in starren Reaktionen auf unterschiedliche persönliche und soziale Lebenslagen zeigen. Sie verkörpern gegenüber der Mehrheit der betreffenden Bevölkerung deutliche Abweichungen im Wahrnehmen, Denken, Fühlen und in den Beziehungen zu anderen. Solche Verhaltensmuster sind meistens stabil und beziehen sich auf vielfältige Bereiche des Verhaltens und der psychologischen Funktionen.

und spezifisch


Schizoide Persönlichkeitsstörung

Eine Persönlichkeitsstörung, die durch einen Rückzug von affektiven, sozialen und anderen Kontakten mit übermäßiger Vorliebe für Phantasie, einzelgängerisches Verhalten und in sich gekehrte Zurückhaltung gekennzeichnet ist. Es besteht nur ein begrenztes Vermögen, Gefühle auszudrücken und Freude zu erleben.

Das wenige, was Du aus Deiner Lebensgeschichte erzählst, könnte durchaus die Grundlage für eine solche Entwicklung bei Dir gewesen sein. Wir wissen heute, dass depressive Muster bei Müttern in frühen Phasen bei Ihren Kindern - wenn keine Kompensation durch andere Menschen stattfinden konnte - oft zu sog. unsicher-vermeidenden Bindungsmustern schon bei Kindern führen, die bis ins Erwachsenenalter die Beziehungsmuster weiter dominieren können.

All diese diagnostischen Einschätzungen helfen zwar in der Einordnung bestimmter Probleme, führen aber nicht automatisch zur Antwort auf die Frage: was tun? kann ich diese Entwicklung überwinden? kann ich neue Denk- und Gefühlsmuster entwickeln, die es mir auch leichter machen, mich anders gegenüber anderen Menschen zu verhalten?

Gleich, welches diagnostische Etikett bei Dir vergeben werden könnte, eine Erkenntnis ist wichtig - es ist für Menschen immer möglich, sich weiter zu entwickeln und ihrer Persönlichkeit neue Facetten hinzu zu fügen !

Damit ist nicht gesagt, dass es leicht ist. Und es geht sicherlich nicht nur über Einsicht. Wenn Muster sehr dominierend sind, gut eingeübt und stabil, in einer langen gleichförmigen Entwicklung entstanden, dann ist es eher schwer als leicht, sie zu verändern. Aber das Ziel muß ja nicht sein: 100% anders werden, sich um 180 Grad zu drehen und die eigene Identität zu wechseln - was ich so und so nicht für möglich halte, weil erlernte Muster immer auch einen Sinn haben oder hatten - meist den, den eigenen inneren Kern zu schützen.

Und jetzt will ich Dir etwas sagen, was Dir vielleicht nicht so gefallen wird. Es ehrt Dich, dass Du schreibst, ich möchte es möglichst alleine schaffen. Aber gerade diesen Ansatz halte ich bereits für einen Teil Deines Musters, Dich nicht - verletzlich wie Du bist in eine therapeutische Beziehung einlassen zu müssen, offen zu werden, Dich zu zeigen und einem anderen Menschen Vertrauen entgegen zu bringen. Deshalb wäre der erste wichtige Schritt, der bereits etwas Neues darstellen und einen Unterschied zum Bisherigen machen würde, dass Du eine Psychotherapie in Anspruch nimmst. Auch Dein Entwicklungshintergrund spricht dafür, dass Du nicht weiterhin alles mit Dir alleine ausmachen solltest, sondern die menschliche Gemeinschaft, das soziale Wesen in Dir, zuerst einmal in Form einer (geschützten) therapeutischen Beziehung an Dich heran läßt, um zu erfahren, dass es keine Katatstrophe ist, andere mit ins Boot zu lassen, sondern neue und auch schöne Erfahrungen ermöglicht, dass aber auch Verletzungen, die dazu gehören, heute nicht mehr die negative und bedrohende Bedeutung haben müssen, die sie für Dich als Kind hatten (und haben mussten).

Ich möchte Dir alles Gute auf Deinem Weg wünschen. Du hast mit 23 Jahren die Möglichkeit, neue Erfahrungen zu machen und Deine Persönlichkeit zu erweitern. Nutze sie !

Herzliche Grüße von

Bernd Remelius

28.07.2008 18:38 • #2





Ähnliche Themen

Hits

Antworten

Letzter Beitrag