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J
Huhu,

ich habe da eine Frage, die beim Lesen eines Buches über Angststörungen und Konfrontationstraining aufkam.

Und zwar ist es in meiner momentanten Situation so, dass ich eigentlich keine Panikattacken mehr habe. Manchmal kommen aber noch leichte Anflüge von Angst auf. Im Moment verfahre ich dann so, dass ich mich gedanklich selbst beruhige. D.h. ich sage mir so Dinge wie: Das sind nur Angstsymptome. Es wird mir in ein paar Minuten besser gehen. Ich habe keinen Schlaganfall und ich drehe auch nicht durch.
Das funktioniert meist sehr gut und die Angst verkrümmelt sich wieder.
Nun habe ich in einem Buch aber gelesen, dass die gedankliche Selbstberuhigung auch nur eine Fprm des Vermeidungsverhaltens ist. Nun, vermeiden möchte ich auf KEINEN Fall, denn ich will ja langfristig panikfrei bleiben.
Aber ist das, was ich beschreibe wirklich als Vermeidungsstrategie anzusehen? Welchen Sinn würde es machen, meinen Katastrophengedanken freien Lauf zu lassen?
Ich muss dazu sagen, dass ich die Situation nicht verlasse und ich mich gedanklich auch nicht ablenke. Ich sage mir lediglich: Du packst das. Das ist nur die Angst.

Darf ich das? Was habt ihr für Erfahrungen gemacht? Hat jemand Erfahrungen durch Therapie?
Mein Therapeut meint, ich darf das so machen, wie ich es tue, aber das Buch, welches ich las, verunsichert mich nun. Als Beispiel für eine Selbstberuhigung wurde folgender Satz genannt: Ich schaffe das. Es ist gleich wieder vorbei und nur eine Übung.
Das ist meinen Gedanken ja nun schon sehr ähnlich.

Langsam habe ich das Gefühl, je mehr ich lese, desto unsicherer werde ich.

18.04.2016 20:32 • 19.04.2016 #1


10 Antworten ↓


Icefalki
Jutschka, du machst das prima. Wenn dir das hilft, dann ist doch alles ok.

Was aber interessant ist, dass du dich von einem Buch so verunsichern lässt. Selbst dein Therapeut findet das ok.

Überlege mal, dass hinter einem Buch auch nur ein Mensch sitzt, der eben seine Meinung und Erfahrung veröffentlicht und was ganz wichtig ist, es führen viele Wege zur Heilung.

Geh deinen, und dann lernst du auch, dir selbst zu vertrauen.

Das wird dein Grundproblem sein, diese fehlende Vertrauen. Aber du hast doch Erfolge, also hör auf dich. Machst das doch prima.

18.04.2016 20:58 • x 1 #2


A


Gedankliche Selbstberuhigung "erlaubt"?

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J
Wow, wie lieb von dir. Danke!

Ja, das Buch waren eben Leitlinien zur Behandlung von Angststörungen für Psychotherapeuten. Das war also eher gar nicht für Betroffene gedacht, sondern eben eine Art Lehrbuch für Psychologie.

Mein Therapeut war auch nicht ganz eindeutig. Er meinte eben, dass es in meinem speziellen Fall sinnvoll ist, wenn ich mich beruhige, weil ich meine Konfrontation meist allein mache und nicht von ihm begleitet werde. Wenn er dabei wäre, würde er schon darauf achten, dass ich das nicht tue.

Er hat aber auch mal gesagt, dass meine Panikattacken einen hohen kognitiven Anteil haben. Vielleicht meint er das mit spezieller Fall. Da frag ich ihn nochmal.

Aber du hast Recht damit, dass jeder seinen Weg finden muss. Ich neige oft dazu alles zu pauschalisieren. Das muss ich mir noch wegimpfen. Ich muss mir einfach einhämmern, dass es um MICH und MEINE Angststörung geht und nicht um die allgemeine Behandlung von allen Angststörungen.

Danke dir nochmal...

18.04.2016 21:11 • #3


Daisho
Zitat von Jutschka:
Huhu,

ich habe da eine Frage, die beim Lesen eines Buches über Angststörungen und Konfrontationstraining aufkam.

Und zwar ist es in meiner momentanten Situation so, dass ich eigentlich keine Panikattacken mehr habe. Manchmal kommen aber noch leichte Anflüge von Angst auf. Im Moment verfahre ich dann so, dass ich mich gedanklich selbst beruhige. D.h. ich sage mir so Dinge wie: Das sind nur Angstsymptome. Es wird mir in ein paar Minuten besser gehen. Ich habe keinen Schlaganfall und ich drehe auch nicht durch.
Das funktioniert meist sehr gut und die Angst verkrümmelt sich wieder.
Nun habe ich in einem Buch aber gelesen, dass die gedankliche Selbstberuhigung auch nur eine Fprm des Vermeidungsverhaltens ist. Nun, vermeiden möchte ich auf KEINEN Fall, denn ich will ja langfristig panikfrei bleiben.
Aber ist das, was ich beschreibe wirklich als Vermeidungsstrategie anzusehen? Welchen Sinn würde es machen, meinen Katastrophengedanken freien Lauf zu lassen?
Ich muss dazu sagen, dass ich die Situation nicht verlasse und ich mich gedanklich auch nicht ablenke. Ich sage mir lediglich: Du packst das. Das ist nur die Angst.

Darf ich das? Was habt ihr für Erfahrungen gemacht? Hat jemand Erfahrungen durch Therapie?
Mein Therapeut meint, ich darf das so machen, wie ich es tue, aber das Buch, welches ich las, verunsichert mich nun. Als Beispiel für eine Selbstberuhigung wurde folgender Satz genannt: Ich schaffe das. Es ist gleich wieder vorbei und nur eine Übung.
Das ist meinen Gedanken ja nun schon sehr ähnlich.

Langsam habe ich das Gefühl, je mehr ich lese, desto unsicherer werde ich.


Hallo Jutschka,
schön von dir zu lesen.
Selbstberuhigung ist in Ordnung und vielfach sogar notwendig. Wenn ich in eine für mich schwierige Gesprächssituation gehe, mache ich das regelmäßig. Sei es, dass ich mir einen angstmachenden Gesprächspartner in Unterwäsche des ausgehenden 17. Jahrhunderts vorstelle, in einer peinlichen Situation oder was auch immer.

Allerdings kommt es auch auf die Form der Selbstberuhigung an, wenn du dich mit Worten selber beruhigen willst.

Du kennst es bestimmt: DENKE JETZT NICHT AN EINEN ROSA ELEFANTEN!
Und was tust du? Du denkst an den....

Und wenn du jetzt statt dessen sagen würdest: Ich denke jetzt NICHT an Angst! Was würde passieren? ...
Die Angst kommt dir in Erinnerung, du denkst an das, was du eigentlich gar nicht haben möchtest.

Wie wäre es denn, wenn du einfach umformulierst? Zum Beispiel: Ich bin in der Situation stark und mutig. Ich bleibe sicher und ruhig.
Wenn du konkret die Situation so beschreibst, wie sie deinen Vorstellungen nach passieren soll?

Hintergrund: Das Unterbewusstsein, mit dessen Hilfe du hier arbeitest, hat gewisse Probleme mit der Umsetzung von 'nicht', 'Kein', etc. Mit begierenden Formulierungen. (Vergleiche meine Beispiele 'nicht rosa Elefant' und 'ich bin...') Es arbeitet mit einfachen und klaren Bildern. Gib ihm diese einfach, formuliere positiv.

Die Formulierung, wie du sie aus dem Buch zitiertest, würde ich selber recht ähnlich verwenden. Würde ihr eher noch ein wenig Kraft verleihen. Zum Beispiel: Ich schaffe das. Diese Übung bringt mich näher an mein Ziel!

Ein kleines Spiel um die Kraft von Worten erspüren zu können? Du hast sicher ein Ziel, dass du gerne erreichen möchtest. Was es ist, ist eigentlich gleich. Du musst es dir nur vorstellen können. Zum Beispiel, wenn es ein Urlaub ist, wie du durch den Urlaubsort flanierst.
Stelle dir nun dein Ziel mit geschlossenen Augen vor und sage dir mehrfach hintereinander: Ich hoffe, dass ich dieses Ziel erreichen werde!
Horche nun deinen Gefühlen dazu nach.
Stelle dir nun dein Ziel mit geschlossenen Augen vor und sage dir mehrfach hintereinander: Ich weiß, dass ich dieses Ziel erreichen werde!
Horche nun deinen Gefühlen dazu nach.
Spürst du den Unterschied.
Wird jetzt meine Bitte, auf die Formulierung zu achten, verständlich?

Noch eines: Am Anfang, wenn du deine Formulierungen umstellst, kann es zu gefühlten Unsicherheiten kommen. Das ist normal. Wenn du etwas Neues beginnst, wird es am Anfang immer zu kleinen Unsicherheiten kommen. Das liegt aber meist nicht an der Methode, sondern einfach daran, dass es Neu ist.

Viel Spass beim Probieren.

18.04.2016 21:40 • x 1 #4


J
Vielen Dank für diese Tipps. Ich werde sie beherzigen. Das unser Unterbewusstsein Negationen nicht versteht, habe ich auch schon gehört. Nur habe ich dieses Wissen bisher nur ungenügend angewendet... ( Ob mein UB gerade aus dem ungenügend ein genügend gemacht hat?.... )
Ein kleines Bisschen haben mich deine Schilderungen auch das Konzept des NLP erinnert.

19.04.2016 13:34 • #5


Daisho
Zitat von Jutschka:
Vielen Dank für diese Tipps. Ich werde sie beherzigen. Das unser Unterbewusstsein Negationen nicht versteht, habe ich auch schon gehört. Nur habe ich dieses Wissen bisher nur ungenügend angewendet... ( Ob mein UB gerade aus dem ungenügend ein genügend gemacht hat?.... )
Ein kleines Bisschen haben mich deine Schilderungen auch das Konzept des NLP erinnert.


NLP oder 'neurolinguistische Programmierung' baut unter Anderem auf Hypnose- und Suggestivtechniken auf. Es handelt sich dabei eigentlich um eine 'Sammlung von Werkzeugen'. Und wie bei allen Werkzeugen kommt es darauf an, was man damit macht oder erreichen will.
Über NLP als 'Stilrichtung' weiß ich leider zu wenig um mir ein wirkliches Bild zu machen.

Auf der anderen Seite wirst du die Techniken auch bei Dr. Joseph Murphy (positives Denken durch Affirmationen, Autosuggestionen) oder bei seinen Schülern finden. Nicht zuletzt beim einfachen klinischen Hypnotherapeuten.

Und ganz zum Schluß: Ein bisschen Positivität tut auch in der Sprache einfach gut.
Was klingt denn in deinen Ohren besser? Hey, das war nicht schlecht! Oder: Hey, das war gut!
(Bin auch am üben... )

19.04.2016 13:46 • #6


J
Ja, natürlch klingt der zweite Satz besser. Da steckt mehr Kraft drin.

So ein ähnliches Thema hatte ich letztens auch mit meinem Männlein: Wenn dich der Kellner fragt, ob es geschmeckt hat und du sagst Ja, dann kann das Essen ok gewesen sein oder unter Ümständen, wenn du ungern aneckst, sogar schlecht.
Wenn du aber auf dieselbe Frage mit Es war richtig lecker antwortest, dann hat es auch wirklich geschmeckt.. (Es sei denn, man ist Ar. und sagt diesen Satz mit sarkastischem Tonfall )

19.04.2016 14:01 • x 1 #7


Daisho
Zitat von Jutschka:
Ja, natürlch klingt der zweite Satz besser. Da steckt mehr Kraft drin.

So ein ähnliches Thema hatte ich letztens auch mit meinem Männlein: Wenn dich der Kellner fragt, ob es geschmeckt hat und du sagst Ja, dann kann das Essen ok gewesen sein oder unter Ümständen, wenn du ungern aneckst, sogar schlecht.
Wenn du aber auf dieselbe Frage mit Es war richtig lecker antwortest, dann hat es auch wirklich geschmeckt.. (Es sei denn, man ist Ar... und sagt diesen Satz mit sarkastischem Tonfall )


Das würde ich dann aber nicht mehr als Suggestivtechnik empfinden, sondern eher als Rhethorik. ('Es sei denn, man ist Ar... ', dann wäre es Rabulistik? )

Wäre 'Männlein' nicht ebenso ein Wort, dass sich mittels diverser Betonungen sehr vielschichtig formulieren ließe? ....

19.04.2016 15:07 • #8


J
Jupp, als Suggestion würde ich das in diesem Fall auch nicht empfinden, aber man sieht eben auch an diesem Beispiel, wie unterschiedlich Worte wirken oder bewertet werden, die im Grundkern denselben Inhalt haben.

Ich musste jetzt erstmal das Wort Rabulistik nachschlagen Also, ja ich denke im Falle des Ar. wäre es Rabulistik...

Jupp, das Männlein lässt sich sehr vielfältig auslegen, selbst wenn die Betonung neutral wäre. Es kommt wohl auch darauf an, wie der gemeinte Mann dieses Wort interpretiert. Der eine versteht es vielleicht als liebevoll gemeinten Kosenamen, während der Andere sich seines Testosterons beraubt fühlt

19.04.2016 17:22 • #9


M
@Daishō Sei es, dass ich mir einen angstmachenden Gesprächspartner in Unterwäsche des ausgehenden 17. Jahrhunderts vorstelle so cool

19.04.2016 17:45 • #10


Daisho
Zitat von Jutschka:
Jupp, als Suggestion würde ich das in diesem Fall auch nicht empfinden, aber man sieht eben auch an diesem Beispiel, wie unterschiedlich Worte wirken oder bewertet werden, die im Grundkern denselben Inhalt haben.

Ich musste jetzt erstmal das Wort Rabulistik nachschlagen Also, ja ich denke im Falle des Ar. wäre es Rabulistik...

Jupp, das Männlein lässt sich sehr vielfältig auslegen, selbst wenn die Betonung neutral wäre. Es kommt wohl auch darauf an, wie der gemeinte Mann dieses Wort interpretiert. Der eine versteht es vielleicht als liebevoll gemeinten Kosenamen, während der Andere sich seines Testosterons beraubt fühlt


Sorry, wenn ich dir ab und an Worte vor die Füsse werfe, bei denen ich mir eigentlich denken können sollte, dass du sie nachschlagen musst. Ist ein wenig Absicht dahinter: Wenn es mir gelingt dich zu interessieren; dein Interesse so zu wecken, dass du beginnst selber nach zu forschen, werden dir selber manche Zusammenhänge bewusst werden, die nur du erkennen kannst. Denn es gibt nur einen, der dich wirklich kennt. Und das bist du selber.
Ich kann nur auf deine Fragen reagieren, die für dich richtigen Fragen kannst nur du stellen...

@Molly69
Ist ein uralter Trick. Angst wird zwar durch Trigger (Auslöser) von außen ausgelöst, die kommt aber nicht von außen. Sie entsteht ausschließlich in dir. Auch die Trigger werden erst zu Solchen gemacht, in dem du sie so siehst. So empfindest. Und die gleichen Methoden, mit denen deine Angst dich überwältigt, kannst du auch nutzen, um die Angst zu besiegen...

19.04.2016 19:20 • x 1 #11


A


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Dr. Christina Wiesemann