Hassliebe zu Vater

Hallo

Mich beschäftigt schon sehr lange etwas.
Meine Kindheit war unter anderem sehr schwierig wegen den Dingen, die mein Vater getan hat. Und auch wegen Dingen, die er hätte tun sollen, aber nicht getan hat.
Jetzt mittlerweile hat er eine „neue Familie“ und auf einmal geht alles, was bei uns nie möglich war. Wir wurden auch gefühlt aus unserer Verwandtschaft auf der Seite gekickt, ohne dass wir was dafür konnten. Man muss bedenken, dass ich einen Großteil dieser ganzen Zeit ein Kind war. Wie hätte ich da irgendwas so Schlimmes tun können, dass mich jemand zurecht hasst oder meidet? Vor allem Menschen, die das, was mein Vater gemacht hat, einfach so hinnehmen.

Ich bin die meiste Zeit ganz gut, was das betrifft und versuche, das oft mit Humor zu verarbeiten, aber manchmal trifft es mich so hart, weil ich dann Vater-Tochter Beziehungen sehe und mir schmerzlich bewusst wird, dass ich das nie hatte und ich werde so sauer und ich weiß, dass ich sauer sein darf und bei vielem im Recht bin, aber es fühlt sich an als würde ich schreien und niemand hört mich bzw. alle ignorieren mich.
Ich habe auch schon öfter versucht, das Gespräch mit meinem Vater zu suchen und entweder er hat mich vertröstet oder er hat den Spieß umgedreht und sich als Opfer dargestellt, während ich die Böse war, obwohl er und seine Alte seit Jahren auf mir rumtrampeln.

Ich hatte und habe auch heute noch mit extrem vielen Folgen dieser Kindheit zu kämpfen und meine Krankheiten wurden von denen auch nie wirklich ernst genommen/es hat niemanden interessiert, aber für sein neues Kind kann er auf einmal alles machen und dessen Krankheit ist natürlich wirklich schlimm im Gegensatz zu dem, was ich habe…

Es ist ja schön und gut, wenn man tolle Dinge sagt, aber er redet in die eine Richtung und verhält sich dann genau gegenteilig. So oft ist es wie ein Schlag ins Gesicht, weil er gefühlt die ganzen Jahre nicht da war und wenn man ihn dann einmal um was bittet, sucht er 10000000 Ausreden, weil er anscheinend einfach keine Zeit mit mir verbringen möchte. Er ist auch nicht einfach so vom Charakter her, ich bekomme ja immer mit, wie er für seine neue Familie alles machen kann.
Ich fühle mich sowieso schon von ihm verlassen, aber gefühlt tritt er immer noch nach. Er sucht auch andauernd Entschuldigungen für das Fehlverhalten seiner neuen Familie und wir müssen das dann einfach so hinnehmen, während jeglicher kleiner Fehltritt meinerseits schon dazu führen kann, dass er auf mich losgeht.

Gefühlt wurde mir von dieser Seite seit ich klein war nur Ungerechtigkeit angetan und mir wurden Dinge zugemutet, die kein Kind jemals erleben sollte und trotzdem wird es so hingestellt als wäre ich der Bösewicht. Und es ist ja selbstverständlich, dass ich alles einfach so akzeptiere.
Es wurde dahingehend nie Rücksicht auf mich genommen auch als ich wegen der Situation schon als Kind krank war.
Es ist so als würde er mich hassen, weil ich irgendwas getan habe, obwohl er derjenige ist, der so gut wie alles, was man als Vater machen sollte, verkackt hat und ich wirklich tausend Gründe hätte, ihn zu hassen.
Ich war vor allem auch noch ein richtig ruhiges und liebes Kind und habe immer versucht, alle glücklich zu machen und habe so gut wie immer gefolgt, Hauptsache, meine Eltern waren zufrieden und trotzdem war das nicht genug.

Ich verstehe halt nicht, wie man sagen kann, man liebt jemanden und dann verhält man sich so. Es sind ja nicht nur die Dinge, die von ihm ausgingen/ausgehen, sondern auch das, was er uns ausgesetzt hat und was wir ertragen mussten.

Dann wiederum war er zu egoistisch, um meine Familie generell in Ruhe zu lassen. Er wollte uns nicht, aber er wollte auch nicht, dass wir ohne ihn weiterleben. Wäre er sofort gegangen, wäre es für kurze Zeit hart gewesen, aber auf jeden Fall viel besser als das, was letztendlich passiert ist.

Ich dachte, ich käme gut damit klar und alles, aber dann ist wieder etwas vorgefallen und ich würde ihm so gerne einfach ins Gesicht schreien oder ihm eine Nachricht schicken, aber ich weiß, dass es im Endeffekt nichts bringen wird.

Ich muss dazu sagen, dass wenn das nicht mein Vater wäre, jede normale Person schon längst gegangen wäre, wenn es jemand wagen würde, so mit ihr umzuspringen.
Es ist einfach als würde er sein bestes Leben leben, während meine Familie und ich immer noch die Trümmer aufsammeln und teilweise gar nicht klarkommen.

Ich werde richtig sauer gerade, wenn ich mir überlege, was er uns alles zugemutet hat und wenn wir es gewagt haben, uns zu beschweren, wurde sehr schnell das Opfer-Täter Verhältnis getauscht. Und ich habe nach all den Jahren keinen Bock mehr, zu verstehen, warum er sich verhält wie er es tut. Das habe ich ewig versucht und es bringt nichts…

Ich will einfach, dass er und seine Familie das irgendwann mal richtig bereuen oder dass sie auch nur halb so viel leiden wie wir die ganze Zeit.

Ich glaube, ihm wird das nie was ausmachen, egal ob ich komplett den Kontakt abbreche oder nicht. Ich kann nicht nachvollziehen, wie man so sorglos leben kann, wenn man anderen Menschen sowas angetan hat.

Ich weiß nicht, ob irgendjemand in einer ähnlichen Situation ist oder war, aber vielleicht hat ja jemand einen Tipp für mich. Ich habe an dieser Sache seit zwei Jahrzehnten zu knabbern und es ist nie komplett gut. Ich möchte aber nicht, dass mich das noch mehr in meinem Leben ausbremst oder mir noch mehr verbaut.

Dein Bericht hätte genau so von mir sein können. Ich hab genau das gleiche erlebt und war in genau der gleichen Situation. Er hat uns schon fast verleugnet und wollte nur seine neue Familie. Ich musste mit den Folgen kämpfen welche er meiner Familie und mir angetan hat. Ich kann dir eins raten. Distanzieren dich von ihm. Egal was ist du wirst deinen Vater vermutlich immer hassen und gleichzeitig lieben egal was er dir angetan hat. Das ist einfach so.

Nun sag ich dir noch was was mir meine Mutter damals gesagt hat. Es scheint zwar alles wundervoll aber es kann ganz anders ausgehen. Einige Jahre später hat er die zweite Ehe mit dem Kinder auch in den Sand gesetzt. Die Frau wollte ihn nicht mehr. Da kam er natürlich bei mir wieder an aber ich wollte auch nicht mehr. Nun ist er ganz alleine. Er hat niemanden. So toll das alles aussah war es später doch nicht. Inzwischen hab ich den Kontakt abgebrochen. Auch wenn es schwer ist war das Beste für mich.

Ich wünsch dir alles Gute.

Zitat von Paelsa:

Ich weiß nicht, ob irgendjemand in einer ähnlichen Situation ist oder war, aber vielleicht hat ja jemand einen Tipp für mich. Ich habe an dieser Sache seit zwei Jahrzehnten zu knabbern und es ist nie komplett gut. Ich möchte aber nicht, dass mich das noch mehr in meinem Leben ausbremst oder mir noch mehr verbaut.

Ähnlich, ich knabbere auch schon zu lange, ich dachte ich hätte oder habe schon abgeschlossen.
Jetzt liegt er wieder im Krankenhaus mit 91 Jahren.
Schon die 4.te Woche.
Ich schaffe es nicht ihn zu besuchen.
Wenn ich nur an die Augen / Blicke denke dreht sich mein Magen um.

Aber irgendwie hab ich so ein blödes Gefühl in mir, ich müsste ihn besuchen.

Zitat von Coru:

Inzwischen hab ich den Kontakt abgebrochen. Auch wenn es schwer ist war das Beste für mich.

Der Kontakt ist irgendwie auch abgebrochen, auch wenn es schwer war, ich ertrage ihn nicht mehr.

@boomerine ich glaube so richtig abschließen kannst du nicht. Es wird Tage geben mit Hass, Wut, Trauer aber auch Vermissen und vielleicht auch Gefühle der Liebe. Wir lieben unsere Eltern egal was sie machen. Aber ich denke wir vermissen einen Vater den es einfach so nicht gibt und nicht geben wird.

Mein Vater wird auch älter und ich denk auch manchmal daran was ich mache, wenn er krank wird. Aber ich kann einfach nicht.

Da hilft wirklich nur Distanz. Er wird nie der Vater werden, den du dir wünscht. Ich habe ähnliches mit meiner Mutter durch und das bis zu ihrem Tod und noch jetzt darüber hinaus. Im Nachhinein wünschte ich, ich hätte schon vor einiger Zeit den Kontakt abgebrochen, wie mir vielfach geraten wurde.