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hallo. ich habe insgesamt fünf diagnosen, von denen mich zwei so massiv beeinträchtigen, dass ich seit oktober 2017 schulunfähig bin. und das ist meine ausgeprägte emetophobie und die damit verknüpfte zwangsneurose. ich war bereits in der jugendpsychiatrie, in einer tagesklinik, bei unzähligen psychologen und zwei mal stationär in der psychosomatik, aber letztendlich hat mir all das langfristig nicht helfen können. eine therapeutin hat mal zu mir gesagt, dass sich alles nur noch verschlimmern wird, wenn ich nicht mehr zur schule gehe. damals habe ich das belächelt. heute weiß ich, dass sie recht hatte.

ich bin jetzt seit etwas mehr als einem jahr zuhause und mache von dort meine abschlüsse. die mittlere reife habe ich bestanden und jetzt lerne ich für mein abi im april 2019. das ist die einzige aufgabe, die ich mittlerweile noch habe. und das lässt mich langsam aber sicher wahnsinnig werden.

jeder gottverdammte tag ist absolut gleich. ich habe die meiste zeit über den gedanken im kopf, dass doch irgendwann etwas passieren muss, das mich aus diesem ewigen kreislauf ausbrechen lässt. wenn ich mittags bei meiner oma bin und am abend wieder nachhause fahre, wird mir richtig übel, weil ich diese wohnung einfach nicht mehr sehen kann. ich empfinde vor allem jetzt in der dunklen winterzeit andauernd eine tiefe verzweiflung und fühle mich absolut unreal. wie in einem film, der einfach nicht aufhören will.

wirklich traurig bin ich im klassischen sinn aber eher selten. ist das trotzdem eine depression? was denkt ihr?

14.11.2018 20:58 • 14.11.2018 #1


1 Antwort ↓

banane2016
Hallo!
Ich kenne deine Situation zu gut, mir ging es vor ein paar Jahren genauso.

Erstmal zu deiner Frage - es ist schwierig dir von fern den Stempel Depression aufzudrücken. Es gibt laut ICD einige Punkte bzw. Symptome, welche auf eine Depression schließen lassen.
Ich möchte dir gerne erzählen, wie es mir damals erging.
Ich war insgesamt 3 Jahre schulunfähig, war auch stationär, Psychologen kann ich nicht mehr an zwei Händen abzählen. Homöopathie, Hypnose, hab sogar mit Indianern getanzt und mich von Engeln begutachten lassen. Die emetophobie war immer noch da. Ich habe so arg an mir gezweifelt. So sehr meinen Sinn im Leben in frage gestellt.
Und das klingt jetzt so banal, aber ich habe für mich entdeckt, dass der Sinn des Lebens das Leben selbst ist. Das ausleben seiner selbst. Mal geht das - mal nicht und ich befand mich damals in dem Modus es nicht zu können. Das war für mich keine Depression, das war eine ungeheuere wut und ein Gefühl der Hilflosigkeit gegenüber meiner emetophobie. Ich liebte das Leben eigentlich, aber die Angst hat alles zerstört.

So weit so gut. Mittlerweile studiere ich soziale Arbeit, strebe die Ausbildung zur KJP an. Auch mit Angststörung. Es gibt kein Patentrezept. Das wichtigste in egal welcher Erkrankung auch immer ist meiner Meinung nach, der Friede in dir selbst. Du kannst nichts für deine Angst und deine Situation. Du bist nicht schuld. Dennoch darfst du nicht tatenlos zusehen. Mache dir kleine Ziele, rechne mit Rückschlägen, versuche dir Unterstützung zu holen.

Der Sinn des Lebens ist leben und es liegt in deiner Hand, wie du es lebst. Mit all seinen Macken, Höhen und tiefen, träumen und Ängsten.
(Wow so poetisch )

Was mir damals geholfen hat war, dass ich mir pro Tag ein Ziel gesetzt habe. Diese Ziele können so klein und banal sein wie sie nur wollen, es ist trotzdem ein Ziel und wenn dies geschafft ist, kann man stolz auf sich sein. Sei es die Wäsche waschen, sei es, eine Runde spazieren zu gehen, einkaufen zu gehen, sich ein neues Oberteil gönnen, all sowas. Wenn du merkst, dass das gut klappt, setze dir nocj mehr kleine Ziele. Es sind die vielen kleinen Schritte.

Gib dir die Chance, Erfolge zu erleben. Und wenn die Erfolge nun erstmal klein erscheinen, werden sie irgendwann das Fundament für größere Erfolge sein. Glaub mir.

Gerne bin ich für Gespräche jederzeit da ich weiß genau wie du dich fühlst.
Fühl dich gedrückt!

14.11.2018 22:15 • x 1 #2





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Prof. Dr. med. Ulrich Hegerl