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Hallo alle zusammen!

Ich bin neu, 25 Jahre alt, männlich, studiere Informatik. Ich hoffe, dass ich in diesem Forum mit den Menschen reden kann, die ähnliche Probleme und vielleicht Lösungen haben wie ich. Um die Problematik zu verstehen, muss ich erstmal eine kurze Geschichte erzählen.

Ich war circa ein Jahr lang mit meiner Freundin zusammen, seit etwa sechs Monaten haben wir uns getrennt. Der Grund für die Trennung lag - zu dem Schluss bin ich nach ziemlich langer Phase intensiver Überlegungen gelangt - in meiner Unfähigkeit, die Freundin wirklich zu lieben, was letztendlich in der eigenen Minderwertigkeit begründet war.

Nachdem ich zu dieser Erkenntnis gelangt war, habe ich angefangen, aktiv an der Sache zu arbeiten. Der Plan war, zuerst durch regelmäßigen Sport den physischen Zustand des Organismus aufzubessern, dann den ganzen Rest. Mittlerweile fühle ich mich in meinem Körper recht gut, doch das Problem mit dem Rest lässt sich nicht so einfach lösen.

Wenn ich und meine Exfreundin miteinander sprechen, taucht genau wie früher immer wieder das selbe Problem auf: ein Gefühl der Minderwertigkeit bzw. das Gefühl, abgewertet zu werden. Es ist wie Ohnmacht; ich kann es nicht kontrollieren. Ich kann mich zwar beherrschen, verspüre aber stets eine starke Anspannung und Unruhe.

Es beschäftigen mich zwei Fragen: erstens, was kann ich tun, um das Problem loszuwerden? Ich habe festgestellt, dass dieses Gefühl unabhängig von der Einstellung ist, die ich habe. Ich kann mir vornehmen, was ich will, es kommt automatisch. Vielleicht haben einige von Euch sowas schon erlebt und wissen, was man mit sowas machen könnte. Es wäre super, wenn sie dazu was sagen könnten.

Die andere Frage lautet: bringt es etwas, wenn ich den Kontakt mit meiner Exfreundin abbreche und auf diese Weise solche Situationen einfach vermeide? Und hier ist das Dilemma: ich weiß eben nicht, ob es an der Ex liegt oder - was ich für wahrscheinlicher halte - an mir selbt. Sollte ich den Kontakt abbrechen, so befürchte ich, dass es bloß in anderen Situationen wieder auftreten wird, bspw. wenn ich eine neue Beziehung aufbauen will.

Was ist nun besser? Eigentlich sollte ich versuchen, das Problem in den Griff zu bekommen, wenn ich die Möglichkeit dazu habe. Einfach den Kontakt abzubrechen und hoffen, dass es in einer anderen Beziehung funktionnieren wird, halte ich für etwas naiv. Andererseits bin ich schon seit Monaten erfolglos. Was denkt Ihr?

14.06.2010 23:07 • 16.06.2010 #1


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Willkommen hier im Forum Andrey!

Ein Gespräch mit dem/der Ex empfinde ich auch nach 3 Jahren Trennung immer noch als unangenehm. Ich bin sonst ein sehr optimistischer und selbstbewusster Mensch, aber wenn ich mit meinem Ex spreche kommt da ein kleines nagendes Gefühl in mir hoch, das unangenehm ist. Man hat trotz alledem doch irgendwie ein schlechtes Gewissen, weil man Jemanden verletzt hat, irgendwie ein blödes Gefühl, weil man versagt hat und die Beziehung nicht wirklich lange halten konnte. Wirklich neutral und gut wie bei fremden Menschen fühlt sich das meiner Meinung nach nie an. Deswegen finde ich es nicht schlimm, dass du dich jetzt so fühlst wenn du mit ihr redest. Wirklich lange ist eure Trennung ja auch noch nicht her!

Ich glaube aber auch, dass man nach einer Trennung eine gewisse Zeit des kompletten Kontakt abbrechen muss, um wirklich mit sich selbst ins Reine zu kommen und sich emotional komplett vom Partner zu lösen. Danach kann man gut wieder miteinander reden, aber in den ersten Monaten danach hab ich mich immer zurück gezogen. Aber vielleicht bist du als Mann da ja anders als ich als Frau. Ich könnte jedenfalls nicht weiterhin regelmäßigen Kontakt haben, nicht vom Moment der Trennung an. Das hatte ich einmal gezwungenermaßen (weil ich ihn in der Schule täglich gesehen hab) und da bekam ich genau solche Schuldgefühle und schlechten Gefühle wie du es beschreibst, jedes Mal wenn ich ihn gesehen habe. Weil ich keine Möglichkeit hatte mich emotional zu distanzieren. Wenn dir der Kontakt nicht gut tut, dann brich ihn ab. Nur aus Höflichkeit brauchst du nicht mehr mit ihr zu reden. Denk auch an deine eigenen Gefühle.

Ich hab ein paar Fragen an dich:
Fühlst du dich denn generell minderwertig oder hast du diese Gefühle nur in der Beziehung gehabt? Was meinst du damit, dass du sie nicht richtig lieben konntest? Hattest du das Gefühl, es nicht verdient zu haben oder haben deine Gefühle irgendwann nachgelassen? Die Art und Intensität der Zuneigung verändert sich im Laufe der Beziehung ständig. Gerade nach den ersten Monaten verschwindet dieses Gefühl der intensiven Verliebtheit auch nach und nach und macht anderen Gefühlen Platz, weil der Körper diesen Wolke-Sieben-Zustand einfach nicht ewig aufrecht erhalten kann. Will damit sagen: Wenn dieses Gefühl nach und nach erst aufkam, dann wohl nicht als Zeichen deiner Unfähigkeit, sondern einfach als normale nachlassende Reaktion des Körpers. Oder als Zeichen dafür, dass ihr vielleicht doch nicht so perfekt zusammen gepasst habt. Du musst nicht für Alles dich selber verantwortlich machen oder davon ausgehen, dass da was nicht mit dir stimmt Vielleicht hat's einfach nicht gepasst mit euch?
Wie schaut's eigentlich aus mit einer anderen Art von Liebe. Also Liebe von Geschwistern, Eltern, Freunden? Fühlst du dich da auch minderwertig?

Ich denke, wenn du dich jetzt selbstbewusster fühlst als früher und von dir selber sagst, dass du dich wohl in deinem Körper fühlst, dann kannst du diese derzeitigen Gefühle auf die Trennung schieben. Ich hab noch von Keinem in meiner Altersklasse (22) gehört, der nach der Trennung sofort auf neutrale Freundschaft umschalten konnte. Das dauerte schon ein paar Monate - mindestens. Und das unangenehme ungute Gefühl, das du beschreibst, das bleibt meistens. Finde nicht, dass du dir darüber Gedanken machen musst. Ich würde es jedenfalls nicht machen.

Und dann finde ich es auch nicht unwahrscheinlich, dass sie mit ihrer Art unterbewusst dafür gesorgt hat, dass du dich so fühlst. In Beziehungen nimmt der Partner oft eine gewisse Rolle ein, ganz unbewusst meist. Aber das kann dafür sorgen, dass es den Anderen einengt oder belastet. Mein erster Freund etwa hatte von Anfang an die Rolle eines Beschützers angenommen. Der wusste von meiner langen Krankheitsgeschichte und hatte großes Mitleid mit mir - was dazu führte, dass ich bald das Gefühl hatte, dass er mir gar nichts zutraut. Ich selber kam mit meiner Krankheit damals eigentlich ganz gut klar, aber er hat mich unbewusst oft in die Rolle einer Invaliden gedrängt, was mir nicht gut tat. Mein zweiter Freund hat genau das beherrscht, was du auch ertählst: Er hat oft dafür gesorgt, dass ich mich minderwertig gefühlt habe oder ein schlechtes Gewissen hatte. Das muss gar nicht bewusst geschehen sein, aber er war sehr oft sehr unzufrieden. Und er hat es regelmäßig geschafft, dafür zu sorgen, dass ich mich schuldig fühlte - obwohl ich keine Schuld an seinen Misserfolgen hatte. Demnach beherrschte unsere Beziehung diese unterschwengliche Schuld und ich hab mich bald eingeengt und oft traurig gefühlt. Erst in meiner jetzigen Beziehung bin ich einfach ich selbst und er auch. Da gibt es keine Rollenverteilung oder unbewusste indirekte Einflussnahme. Jeder ist er selbst, und deswegen klappt es auch so gut.

Deswegen mein Tip: Häng dich nicht an der Sache auf, versuch nicht, alle Schuld bei dir zu suchen. Eine Beziehung führen immer zwei Menschen und diese zwei Menschen haben auch immer beide Schuld, wenn es nicht klappt. Niemals ist nur einer schuld. Kann gut sein, dass sie unbewusst Signale aussendet und du sehr empfänglich dafür warst.
Aber du hast an dir gearbeitet, fühlst dich jetzt wohler.
Dass du dich nicht gut fühlst, wenn du sie siehst, finde ich gerade mal 6 Monate nach der Trennung überhaupt nicht bedenklich oder gar seltsam.


Liebe Grüße,
Bianca

P.S.: Rechtschreib- oder Sinnfehler bitte verzeihen, ich bin gerade erst aus dem Bett gekrochen.

16.06.2010 07:19 • #2


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Dillema

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Hallo Bianca!

Vielen Dank für deine ausführliche Antwort!

Ja, das was du beschreibst, ist bei mir genauso. Auch ich bestand gleich nach der Trennung darauf, dass man für mindestens einen Monat den Kontakt völlig vermeidet. Zum Glück war es auch möglich, da wir uns nicht in der Schule oder auf der Arbeit sehen mussten.

Was das Minderwertigkeitsgefühl angeht: wenn ich jetzt zurückblicke, so sehe ich, dass ich es in einer solchen Intensität nur in der Beziehung hatte. Alles andere war in Vergleich dazu nur sowas wie ein trauriger Gedanke. Irgendwie hat meine Ex oder ich es geschafft, dass ich mich mies fühle, bewusst oder unbewusst. Und ich denke, meine Ex fühlte sich dadurch ebenfalls schlecht. Nicht unbedingt minderwertig, aber jedenfalls war sie nicht glücklich.

Und das ist der Punkt, warum ich sage, dass ich in der Liebe gescheitert bin. Das Quintessenz des Problems oder des Auslösers für die Trennung war folgende: wir haben uns immer seltener gesehen, obwohl wir überhaupt nicht weit voneinander wohnen. Wir haben auch immer seltener telefoniert. Es hat mir nicht gefallen, ich wollte, dass wir uns öfter treffen oder zumindest miteinander sprechen, sei es nur einander gute Nacht zu wünschen. Ich habe auch unterschiedilches versucht: ich habe mich nicht gemeldet, weil ich dachte, dass sie ihre Ruhe braucht, was zur Folge hatte, dass wir zwei Wochen lang überhaupt keinen Kontakt miteinander hatten. Dann habe ich versucht, es ihr irgendwie zu zeigen, dass ich sie wirklich mag, und sie nocht stärker zu unterstützen, auch wenn ich nicht recht wusste, was ich noch machen konnte (was unter anderem für das dieses unangenehme Gefühl gesorgt hat, unfähig zu sein). Und selbst als ich bspw. angerufen habe, um gute Nacht zu wünschen oder ihr mitzuteilen, dass ich sie lieb habe, war nichts. Einmal war die Antwort sogar: Uhu. Ok. Deswegen hast du mich angerufen? Ich habe auch versucht, ihr mitzuteilen, dass es mich stört und ich die Situation gerne ändern würde. Ärgerlich fand ich es immer, wenn ich ihr vorgeschlagen habe, uns zu treffen, sie aber oftmals absagte, weil sie sich mit ihren Freunden treffen wollte, von denen ich keinen einzigen je gekannt habe, weil sie sie mir einfach nie vorgestellt hatte. So war sie auch am Silvester einfach weg, ohne mir zu sagen, wo und mit wem. Als ich dann fragte: Joaaaa, ich habe viele Freunde. Es war für mich völlig Ok, dass sie ihre eigene Sache macht, nicht Ok war, dass sie für unsere Beziehung nichts tat.

Dann sah ich keine andere Möglichkeit, als über das Problem ernsthaft zu reden und Entscheidungen zu treffen. Drei mal habe ich versucht, dass wir es wie vernünftige Menschen ausdiskutieren. Ich habe auch stets versucht, ihre Sicht der Dinge zu erfahren. Doch irgendwie hat es mit dem Gespräch nicht geklappt, sie hat immer die Arme verschränkt und sich verteitigt, obwohl ich ihr klar machen wollte, dass ich ihr keine Vorwürfe mache, sondern versuche, über die aktuelle Situation auszutauschen, um irgendwas zu machen, denn so konnte es für mich nicht weiter gehen.

Beim vierten Mal hat sie gesagt, dass sie es nicht in Ordnung finde, dass ich sie mit diesen Themen unnötig belaste, dass sie solche Diskussionen nicht will. Das war für mich der engültige Auslöser, Schluss zu machen. Wenn ich in der Situation machtlos bin und nicht mal die Möglichkeit habe, darüber zu kommunizieren - das ist keine Beziehung, sondern Entwürdigung.

Nun, das mag alles vielleicht verständlich sein, doch lag die wirkliche Ursache des Problems in meiner Erwartung, die sich nicht erfüllt hat. Ich wollte sie öfter sehen und übersah, dass es für sie doch eventuell wichtigere Sache gab. Anstatt die Wirklichkeit zu akzeptieren, habe ich krampfhaft versucht, irgendwas zu ändern, auch wenn es meiner Ex nicht gut tat. Und auch das Gefühl, nichts ändern zu können, das sich dann in einer Unruhe und Angespanntheit resultiert hat (ich wollte zumindest nichts schlimmer machen, und achtete auf jedes kleinste Detail), hat sie natürlich mitgekriegt, was die ganze Sache noch letztendlich noch verschlimmert hat: ein Teufelskreis. Soviel zum Scheitern der Liebe.

Was andere Liebesarten angeht: da gibt es solche Probleme nicht. Geschwister habe ich keine, die Beziehung zu den Eltern war niemals optimal, aber das stört mich mittlerweile nicht. Freunde habe ich nur wenige, aber gute, da gibt es also auch keine große Probleme. Bei mir dreht sich vieles irgendwie um Beziehungen zu Frauen, und es beeinflusst sehr stark meine Leistungefähigkeit auf der Arbeit und der Uni usw. Aber ich denke, es ist in Ordnung.

Ja, ich sehe es genauso wie du: an einer gescheiterten Beziehung sind entweder beide oder keiner schuld. Ich persönlich würde den Kontakt mit meiner Ex noch nicht abbrechen, und zwar aus folgendem Grund: es gibt mir jedes Mal die Chance, über mich und meine Gefühlswelt zu reflektieren. Es stimmt: eine Bezeihung kitzelt aus die alle Aspekte deiner Persönlichkeit heraus. Und sie wird niemals komplett sein, wenn du irgendwas davon unterdrückst oder ignorierst. Und das ist auch das gute an einer Beziehung, sie gibt dir die Chance, an dir zu arbeiten, und selbstveständlich gehört Schmerz dazu. Aber bevor ich ins Philosophische abschweife, möchte ich dir nochmal für deine Antwort danken und dir viel Erfolg wünschen!

Gruß,

Andrey

16.06.2010 10:20 • #3


P
Hey Andrey,

Wenn deine Beziehung so gelaufen ist, wie du schreibst, wundert es mich nicht, dass du dich dabei schlecht gefühlt hast. Eine funktionierende Beziehung sieht für mich anders aus. Deine Erwartungen finde ich keinesfalls zu fordernd oder zu viel. Scheinbar ging sie ständig davon aus, dass du dich meldest, wenn du es nicht tatest, habt ihr einfach gar nicht geredet? WTF?
Es klingt für mich so, als hättest du ganz viel Energie reingesteckt aber zu wenig zurück bekommen. Zu ernsthaften Gesprächen war sie scheinbar auch nicht bereit/fähig, das ist aber wichtig, dass man sich da nicht sofort angegriffen fühlt, sondern versucht, den Anderen ernst zu nehmen. Andernfalls ändert sich nichts, aber Beide wissen, dass was nicht stimmt. Und das macht auf Dauer unglücklich und kostet zu viel Kraft. Von daher würde ich nicht sagen, dass DU gescheitert bist. Eure Beziehung ist gescheitert, es hat halt einfach nicht geklappt, ihr habt euch auseinander gelebt. Man darf sicher keine unerfüllbaren Erwartungen mitbringen, aber ein paar Erwartungen darf man doch schon haben, meine ich. Und dass deine Freundin am Tag wenigstens mal ein paar Minuten Zeit zum Telefonieren hat oder sich von sich aus bei dir meldet finde ich nicht unbedingt zu viel verlangt. Das kann jeder Mensch leisten wenn er sich bemüht.

Ich und mein Freund führen eine Fernbeziehung und sehen uns eh nur jedes Wochenende bzw. seit er promoviert nur noch jedes zweite, und uns ist es ganz wichtig, dass wir eine gewisse Routine haben. Also uns regelmäßig sehen und uns jeden Tag mindestens 15 Minuten Zeit füreinander nehmen, für ein Telefonat. Wenn man nicht zusammen wohnt, dann kriegt man vom Anderen ja gar nichts mit. Das heißt, wenn wir nicht telefonieren, dann weiß ich nicht, wie es ihm geht, wie sein Tag war, was er erlebt hat, was ihm zu denken gegeben hat. Ich finde es aber wichtig, dass ich zumindest ein bisschen an seinem Leben teil haben kann, obwohl wir uns nicht so häufig sehen. Und wenn er mir bloß was von den Laborratten erzählt oder ich ihm beichte, dass ich in der Vorlesung eingepennt bin und wir gemeinsam drüber lachen - dann ist das auch schon schön. Es müssen ja keine Liebesschwüre sein jeden Tag, aber man muss doch irgendwie am Leben des Anderen teil haben können. Wenn man das nämlich nicht tut, entfernt man sich immer mehr voneinander. Hast du ja leider selber erleben müssen. Dann wird die Bindung zum Anderen schwächer, weil man nichts Gemeinsames erlebt und auch nichts voneinander erfährt. Das kann auf Dauer bloß zum Beziehungsaus führen, wenn man sich nicht trotz allem Alltagsstress regelmäßig Zeit füreinander nimmt.
(Wenn man jetzt 5 mal am Tag anruft, das kann nerven. Aber einmal am Tag ein paar Minuten Zeit, so viel sollte man für den Partner übrig haben.)

Das heißt jetzt nicht, dass man IMMER auf sein Recht zum Telefonieren bestehen muss. Als ich für's Abi gelernt hab haben wir z.B. nicht jeden Abend miteinander telefoniert, und im Moment ruf ich ihn z.B. nur an wenn die E3-Live-Übertragung (ist dir bestimmt ein Begriff) Pause macht. Am Abend telefonieren wir derzeit nicht, weil er da mit Kumpels zockt. Dafür ruft er mich halt dann Nachmittags an wenn ich aus der Uni komme und so weiter und so fort. Die Bedingungen in denen man seine Beziehung lebt ändern sich ja auch andauernd, und Menschen ändern sich auch ständig. Aber trotz aller Veränderungen und trotz aller Flexiblität muss eine Beziehung auch irgendwas Beständiges haben, ein gutes Fundament aus vertrauten Regeln, eine standfeste Basis halt. Sonst geht's meiner Meinung nach nicht.

Aber ich denke, Beziehungen, gerade die gescheiterten, sind zum Lernen da, wie du auch sagst. Meine erste Beziehung etwa hat gerade mal 6 Monate gehalten, meine Zweite ein Jahr, und meine dritte und jetzige funktioniert schon seit 3 Jahren und 5 Monaten Aus der ersten Beziehung hab ich mitgenommen, dass ich mich nicht mehr in eine Rolle drängen lassen darf, aus der Zweiten, dass ich den Mund aufmachen muss, wenn mich etwas stört, anstatt es zu erdulden bis es nicht mehr geht, und die ganzen Sachen die ich vorher falsch gemacht hab hab ich dann in der dritten Beziehung vermeiden können. Da hab ich dann zwar auch noch viel dazu gelernt (z.B. das Klammern zu lassen und mich mehr mit mir selber zu beschäftigen, nicht abhängig zu sein von meinem Freund und vieles vieles mehr) und hab mich wirklich nochmal weiter entwickelt, aber ich hatte schon eine bessere Basis als vorher.
Der Mensch lernt halt nie aus, und in Beziehungen kann man viel über sich selbst lernen.

In diesem Sinne: Mach dir nicht allzu viele Gedanken. Wenn's mit der einen nicht klappt, klappt's halt mit der nächsten. Und wenn nicht mit der, dann mit der Übernächsten. Und jede Beziehung, auch wenn sie scheitert, bringt einem wieder einen Haufen an Erfahrungen und Erkenntnissen. Und Informatiker sind eh die heimlichen Gewinner bei der Frauenjagd Von unseren Anglistinnen sind erstaunlich viele mit Informatikern oder Naturwissenschaftlern zusammen. (Ich ja auch.) Der typische Informatiker verkörpert irgendwie genau diese standhafte Sicherheit, die man sich als Mädel so oft wünscht. Bloß traut er sich leider viel zu selten, welche anzusprechen, so dass frau kaum weiß, was sie da verpasst. Meine Freundin sagt oft zu mir: Also, mir kommt nur noch ein Naturwissenschaftler ins Haus!
Von daher stehen deine Chancen ja nicht allzu schlecht, bald ein neues Glück -und dann vielleicht ein bleibendes- zu finden.

Übrigens noch was zum Thema Zeithaben und so: Als mein Freund sein Diplom geschrieben hat haben wir uns nur ganz selten gesehen, was mich oft zum Wahnsinn getrieben hab. Ich dachte dann, die Arbeit sei wichtiger als ich. Ist sie aber nicht, es gibt keine Dinge, die wichtiger sind als der Partner. Es gibt aber Dinge, die dringender sind. Diese Forlumierung hat mir sehr dabei geholfen, entspannter damit umzugehen, wenn er mal wieder das Wochenende durcharbeiten musste und keine Zeit hatte.


Liebe Grüße,
Bianca

16.06.2010 13:34 • #4


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Hallo Bianca,

sehr beruhigend und motivierend, was du da sagst. Und du hast in allen Punkten recht. Man lernt nie aus. Genaugenommen war es meine erste Bezeihung überhaupt, insofern ist es Ok, dass man Fehler macht, vorausgesetzt man lernt daraus. Und so habe auch ich gelernt (oder bin gerade dabei zu lernen), dass Beziehung nicht zur Abhängigkeit werden darf, dass man sich mit sich selbst beschäftigen muss, dass in einer Beziehung alle Charakterzüge und Eigenschaften zum Vorschein kommen - insbesondere die, die man gerne verstecken und loswerden würde, wobei das Loswerden viel Schmerz, Energie und Geduld erfordert und der Versuch zu verstecken stets scheitern und letztendlich die Beziehung kaputtmachen wird. Vor allem die Erkenntnis, dass man reift und alles seine Zeit braucht; so mag man zwar körperlich und intellektuell gut entwickelt sein, emotional aber noch auf der Stufe eines Kindes bleiben. Deine Geschichte wirkt auf mich auf jeden Fall motivierend und dafür bin ich dir dankbar.

Gruß,

Andrey

16.06.2010 14:48 • #5


P
Schön, das freut mich
Gerade wenn's deine erste Beziehung ist wundert es mich nicht, dass die Gefühle dir noch immer nachhängen. Die erste Beziehung ist immer etwas Besonderes und bleibt es auch, egal wie sie endet. Und da macht man sich meist noch lange Zeit Gedanken darüber, auch, wenn sie schon längst vorbei ist.
Ich hoffe du hast jetzt nicht mehr das Gefühl in einem schlimmen Dilemma zu stecken.

Ganz liebe Grüße,
Bianca

16.06.2010 15:52 • #6





Dr. Reinhard Pichler