Da das Thema schon sehr lange offen ist, scheint es ja immer mal wieder auf Interesse zu stoßen. Ich selbst habe 2x den Vorstoß gemacht, einmal, als die Therapieform noch sehr neu war (vor Corona) - und einmal 2022/2023. Beim ersten Mal habe ich nach einer Sitzung abgebrochen - die Therapeutin hatte zwar die Erstanamnese gelesen (diese findet als Doppelstunde bei niedergelassenen Therapeuten statt), daraus aber völlig falsche Schlüsse gezogen und mich mit Zielsetzungen bombardiert. Da ich recht viel Therapieerfahrung habe, fand ich ihr Verhalten übergriffig und ungeschickt. Unprofessionell. Da zum damaligen Zeitpunkt auch noch eine unglückliche Formulierung in den AGB stand, welche implizierte, nach 14 Tagen sei man verpflichtet, den gesamten bewilligten Block wahrzunehmen - bekam ich Druck, mit der benannten Therapeutin am Ende die ganzen Stunden absitzen zu müssen - deswegen habe ich das dann tatsächlich in dieser Frist auch beendet.
Ab 2020 habe ich dann jahrelang erfolglos nach einer Präsenztherapie gesucht - mein Alter war explizit ein Hinderungsgrund, meine Chronifizierung - jedenfalls wollte mich niemand auch nur auf eine Warteliste nehmen. Die über die 116 117 vermittelten Therapeuten machten immer nur eine Anamnese und schickten einen dann zurück zum Vermittlungsservice. Irgendwo habe ich locker 10 oder 12 von diesen Formblättern PTV11 - bis mir dann wirklich klar wurde, dass eine Präsenztherapie für mich unrealistisch geworden war. So kam ich dann wieder auf MindDoc zurück. Sie hatten kräftig umgestaltet, zwar fand das Erstgespräch wieder in der Region und face to face statt, aber inzwischen hatten sie TherapeutInnen, die aus ihren Wohnungen heraus arbeiteten - beim ersten Anlauf saßen die noch alle versammelt in einem Münchner Bürogebäude. Dadurch wirkte die Therapeutin entspannter. Ich habe dann 1,5 Blöcke mit ihr gearbeitet - das mögen um die 50 Stunden gewesen sein. Danach sah ich keinen Sinn mehr darin.
Die Therapie ist ganz sicher eine Alternative und auch eine Chance in Zeiten von Therapeutenknappheit. Allerdings bleibt das Verhältnis seltsam distanziert, fast virtuell. Sehr verkopft. Gerade mit Angstproblematiken wird man als Patient aus meiner Sicht nicht ganzheitlich wahrgenommen. Weil eben Expositionen gar nicht stattfinden - ich gerate in meinem Arbeitszimmer mit Ventilator viel weniger unter Stress als in einer Begegnung in einer Praxis oder einer Klinik. In meinem Fall hat die Therapie nicht mehr viel gebracht, vielleicht aber auch, weil ich tatsächlich austherapiert bin. Das Problem ist ja manchmal: man möchte einfach nur reden, Beistand bekommen, Trost - die TherapeutIn hingegen setzt sich Ziele und will etwas bewegen. Da allein schon können die Erwartungen auf beiden Seiten ganz unterschiedlich sein.
Auch hatte ich übrigens den Eindruck, dass der Punkt mit der Virtualität umgekehrt ebenfalls greift: die Therapeutin erschien mir distanzierter und persönlich weniger engagiert, weil ich eben nicht real vor ihr saß - ich denke, was nonverbal geschieht in einer realen Begegnung, fällt da weg. Sie hat mir viele Male (auf jeden Fall 6) Ihrerseits den Termin wegen Krankheit abgesagt, kurzfristig, manchmal sogar kurz vor dem Termin - wahrscheinlich, weil die Distanz eben auch das Pflichtgefühl und ein schlechtes Gewissen geringer ausfallen lässt.
Insgesamt also mein Fazit: kann bei mäßig schwer erkrankten jungen Menschen eine gute und hilfreiche Angelegenheit sein, Therapieerfahrene werden vielleicht eher enttäuscht, aber eben auch: heute kann man froh sein über jede Intervention, auch wenn sie suboptimal ist. Ich will es weder loben noch verteufeln.
Vor 11 Minuten •
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