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Liebe Community,
ich bin ultra neu hier und suche Antworten. Gibt es hier Menschen, die sich mit dem Phänomen Hikikomori oder ähnlichen Symptomen auskennen?
Konkret geht es um meinen 16-jährigen Sohn, der sich bisher sehr erfolgreich gegen alles wehrt, was ihm helfen könnte, sodass es jetzt in Richtung Zwangseinweisung geht.
Kurz zu ihm: ein liebenswerter, kluger und hübscher Jugendlicher, der seit 2 Jahren kontinuierlich abwärts geht. Das volle Programm: Leistungsabfall, Schulwechsel, dann Schulverweigerung und Rückzug in die absolute Isolation. Seit 1 1/2 Jahren bekommt er psychologischen Beistand, die Schule unterstützt ihn sehr gut, Schulverweigerungsstelle kümmert sich und hat ihm einen erneuten Schulwechsel zu einer speziellen Schule ermöglicht. Auch da geht er nicht hin. Familie und Freunde kommen nicht an ihn heran. Er wiederholt wie ein Mantra: Mir geht es gut, ich will das so. Fertig.
Puhhh, ich bin die Letzte, die das glaubt. Das Kind leidet, wir leiden und finden keine Lösung. Kennt jemand von euch solche Situationen? Über einen Austausch würde ich mich freuen!

LG
Steph

28.04.2025 12:43 • 28.05.2025 #1


12 Antworten ↓


@Steph-MS

Hey du,
ich les da echt zwischen jeder Zeile raus, wie sehr du ihn liebst und wie verzweifelt du gerade bist, weil du ihn einfach nicht mehr richtig greifen kannst. Das ist so menschlich – und tut wahrscheinlich mehr weh als alles andere.

Was ich aber auch direkt sagen muss: Wenn jemand so tief drinsteckt wie dein Sohn, dann „will“ er das nicht bewusst. Dieses „Mir geht’s gut“ ist in dem Fall meistens mehr ein Schutzschild als eine echte Überzeugung. So nach dem Motto: „Wenn ich mir nur oft genug sage, dass alles gut ist, muss ich nicht fühlen, wie schlimm es eigentlich ist.“
Und: Ja, Hikikomori passt da als Begriff ziemlich gut drauf – dieses komplette Zurückziehen, dieses Verweigern jeglicher Anforderungen von außen, oft weil innen einfach alles so überwältigend geworden ist, dass gar nichts mehr geht.

Aber – und das ist wirklich wichtig – du kannst ihn leider nicht rausreden.
Auch nicht „anreden“. Auch nicht „anarbeiten“. So hart das klingt: Manchmal bleibt wirklich nur noch, dass das System von außen eingreift, um überhaupt wieder einen Ansatzpunkt zu schaffen.

Es geht hier nicht darum, ihn zu bestrafen oder „zwangsweise zu therapieren“, sondern darum, ihm Halt zu geben, wo er ihn selbst nicht mehr greifen kann.
Dass du jetzt an der Schwelle zur Zwangseinweisung stehst, ist nicht dein persönliches Versagen als Elternteil.
Es zeigt einfach nur, wie tief/für ihn selber unzugänglich sein Schmerz sitzt, und dass er den Weg allein gerade nicht schafft – und das ist okay. Dafür gibt’s Hilfe.

Gibt's denn irgendwas, was das auslösen könnte in der Familie? Schwere Erkrankungen im engeren Kreis...irgendwas?

Was dir vielleicht ein kleines bisschen Halt geben kann: Auch wenn er das jetzt ablehnt, auch wenn er dich anmotzt oder abblockt – deine Liebe kommt an. Sie dringt vielleicht nicht durch, aber sie ist da.
Und sie wird später, wenn der Nebel irgendwann aufreißt, eines der wichtigsten Dinge sein, an die er sich erinnern kann.

Fühl dich wirklich von Herzen gedrückt.
Du kämpfst gerade für ihn mit allem, was du hast – und auch wenn du’s grad nicht siehst: Das ist verdammt viel wert.

A


Hikikomori und Schulverweigerung

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Oh, vielen lieben Dank für deine Worte, das bedeutet mir sehr viel!
Mein Bauchgefühl sagt mir auch, dass dies der richtige / wichtige Weg ist, nur würde ich gerne bei der Ausführung nicht unbedingt dabei sein , bin ich aber natürlich.
Einen Auslöser haben wir nicht gefunden, zum Glück tapern hier alle ganz glücklich durchs Leben, das macht es nicht unkomplizierter. Aber wir geben nicht auf und deine Beschreibungen zeigen mir noch deutlicher, dass er es wirklich nicht kann, auch wenn er sich insgeheim wünscht, dass es anders wäre.

Liebe Grüße
Steph

Soweit ich weiß, ist Hikikomori sehr viel heftiger, als hier beschrieben. Die Betroffenen reagieren überhaupt nicht auf Ansprache und sind geistig völlig abewesend.

@Schlaflose

Das hab ich dazu gefunden:

Als Hikikomori (hiku: sich zurückziehen, komoru: sich verschließen[1]; japanisch ひきこもり, 引き籠もり oder 引き篭り) bzw. als shakaiteki hikikomori (sozialer Rückzug) werden in Japan Menschen bezeichnet, die sich in der Regel freiwillig in ihrer Wohnung oder ihrem Zimmer einschließen und den Kontakt zur Gesellschaft auf ein Minimum reduzieren. Der Begriff bezieht sich sowohl auf das soziale Phänomen als auch auf die Betroffenen selbst, bei denen die Merkmale sehr unterschiedlich ausgeprägt sein können.

Also gibt es wohl in verschiedenen Abstufungen und Formen.

Zitat von WayOut:
Also gibt es wohl in verschiedenen Abstufungen und Formen.

Ah, O.K. Ich habe mal einen Film gesehen, wo einer das hatte. Er saß nur den ganzen Tag da wie eine Statue und und starrte vor sich hin.

@Schlaflose Das sind die extrem Formen und leider genau das Problem wenn ein offensichtlich normaler Mensch sagt ich bin autist.

Bekannte Beispiele sind zb auch:
Anthony Hopkins (Das Schweigen der Lämmer),
Dan Aykroyd (Ghostbusters und Blues Brothers),
Daryl Hannah (Blade Runner und Kill Bill)
oder
Wentworth Miller (Prison Break).
Oder im musikalischen Bereich:
Courtney Love (Sängerin)
Gary Numan (Cars)
Sia (Sängerin)
Thom Yorke (Radiohead)

Autismus hat viele Gesichter, leider werden medial eben nur die richtigen Extremfälle gezeigt was das Bild verfälscht (wie zb im Film Rain Man).

@Schlaflose ok, falscher Beitrag sorry

Bei meiner Tochter fing es mit 14 an, sie ging nicht mehr zur Schule, hospitierte dann an einer anderen wo sie dann später ihre Prüfung schrieb, aber wirklich hingegangen ist sie nicht, kam die Corona-Zeit hinzu und so akzeptierte man das. Sie hatte dann mit 15 die mittlere Reife geschafft und war eigentlich weiterhin schulpflichtig, ging einfach nicht. Probleme mit dem Jugendamt, Kinder und Jugendpsychatrie usw. Sie hatte einige und immer wieder neue Befunde, aber wirklich helfen konnte man ihr nicht. Sie ist jetzt 18 und lebt nur in ihrem Zimmer.

@Denden Hallo,
das klingt hart in diesem jungen Alter. Wie geht Ihr als Eltern damit um?

Also jahrelange Schulverweigerung kenne ich nur von meiner Bekannten, deren Nichte muss nun in die Psychiatrie nachdem die ganzen Hilfen von Schule /Jugendamt/Therapien/ Krankenschule etc.nach Jahren nicht greifen. Wie das weitergeht, keine Ahnung.

Mein Sohn hat seit 1 Jahr zunehmende Bauchschmerzen bevor er in die Schule gehen soll und ich bin froh über jeden Tag wo er (verspätet) in die Schule geht. Definitiv hat er irgendwelche Darmschmerzen und Kinderklinik hat uns erst im Okt einen Termin trotz Dringlichkeitsüberweisung gegeben. Ich habe bei 2 Ärzten schon alles wichtige abklären lassen bis hin zu Zöliakie und er hat viele viele Nahrungsmittelallergien aber das erklärt nicht die Uhrzeit wann die Bauchschmerzen anfangen.

Er muss nun 1,5 Stunden bevor er die Bahn nimmt aufstehen aber seine Bauchschmerzen kommen 10 Min bevor er gehen sollte (er wird bleich, sitzt dann auf WC usw.) und halten fast eine Stunde an. Wenn er sich weigert in die Schule zu gehen mit Schmerzen dann melde ich ihn auch konsequent ab. In dem Alter kann ich ihn auch nicht aus der Wohnung schubsen . Macht mich auch langsam hilflos wie das weiter geht.
Städtische Schulberatung hat ihn schon früher betreut und die will ich erneut kontaktieren. Therapeuten etc. hat er auch schon jahrelang gehabt aber da er nicht redet (selektiver Mutismus, Verdacht auf Autismus) , kommt eine Gesprächstherapie nicht in Frage. SPZ war in Vergangenheit auch keine grosse Hilfe ausser das der Arzt uns auf einen mentalen Einbruch in der Pubertät hingewiesen hat und das ist nun der Fall.

Ich bin echt froh wenn er noch 4 Jahre bis zur 10ten Klasse durchziehen kann. Sitzenbleiben gibt es zum Glück an der Gesamtschule nicht. Schulbegleitung will er nicht und in der Klasse sind schon 3 (!) Schulbegleiter.

Ich habe eher Angst das es auch schon eine für ihn unbewusste Form der Schulverweigerung (er ist unterfordert an der integrierten Schule aber er schafft kein eigenständiges Lernen an einem Gymnasium daher war eine Schule ohne Hausaufgaben eine Vorrausetzung für ihn). Seine Freunde in der Klasse sind Home Zocker und der Einfluss ist natürlich suboptimal. Wenn die sich treffen am Wochenenden, dann wird nur gezockt aber die 2 Freunde können wir ihm nicht verbieten. Er hat sonst keine sozialen Kontakte ..und organisierte Spieltreffen von Müttern klappt seit der Grundschule nicht mehr. Schulwechsel kommt nicht in Frage da er schon auf einer integrierten Schule ist. Schon vieles festgefahren.

Ich mache mich aber nicht mehr so verrückt wegen ihm. Haben schon ganz schlimme Zeiten durchgemacht aber es ist wahnsinnig lästig weil jeder wünscht seinem Kind natürlich den optimalsten Start ins (Schul- und Berufs-)leben.

@blue1979 das war bei uns fast identisch, Bauchschmerzen sind nie wieder aufgetreten. Wir vermuten das es in der Schule Mobbing gab, auch von Seiten der Lehrer, waren richtig krasse dabei. Ich bin zuversichtlich das die Kinder sich irgendwann aufraffen und dann loslegen, so ist auch der Lauf, wie man uns in der KJP gesagt hat.

@Denden Ja ich wünsche Dir das es bei Euch bald aufwärts geht. 18 Jahren ist noch jung und da ist noch alles möglich was Ausbildung, Schulabschluss oder auch Studium angeht. Nur die Schulzeit ist halt vorgegeben und SPZ hat uns damals auch schon gesagt das die Schulzeit besonders sensible Kinder nicht gut auffangen kann und das wichtigste ist sein Kind irgendwie gut durch die Schulzeit zu bringen. Später stehen die Wege ja offen mit Praktikum, Ausbildung usw. Man braucht aufjedenfall starke Nerven.

@blue1979 ja, das wird schon!

A


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Dr. Reinhard Pichler
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