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Für immer

Es ist der 30. April 2025. Ein Mittwoch, so steht es im Brief geschrieben.

Ich mache eine Tour mit meinem Rad, nehme mir fünfzehn Kilometer vor. Nach einiger
Zeit setze ich mich auf eine Bank, schlage die Beine übereinander und genieße den Wind
in meinen kurzen, grauen Haaren. Sonnenstrahlen wärmen meine Haut, die Luft schön
kühl. Schleierwolken am Himmel. Bäume und Wiesen in sattem Grün. Es ist Frühling.

Für wenige Minuten gelingt es mir abzuschalten. Fahrradfahrer, die vorbeikommen, grüßen mich, obwohl man sich nicht kennt. Lächelnd nicke ich zurück. Es ist ein ehrliches. Lächeln. Ich erfreue mich an diesem kleinen Moment. Ich mache ein paar Bilder.

Kurz darauf werde unruhig, denn ich bin es nicht mehr gewohnt, einfach dazusitzen, allein
mit all den Gedanken, die ich sonst verdränge. Die hölzerne Bank doch zu hart, die Lehne
doch zu schräg. Ich fahre weiter.

Ein Stück weiter, so glaube ich, mache ich eine weitere Pause. Genau das hatte ich mir
doch vorgenommen, eine zweite Pause nämlich. Aber habe ich sie wirklich gemacht? Ich
finde keine Bilder.

Zurück im Ort, an einer Kreuzung – ich erinnere mich deutlich – halte ich bei Rot, nehme
meine Hände vom Lenker und richte mich auf. Heftiger Schwindel überwältigt mich. Druck in meinem Kopf. Weißes Rauschen. Elektrisches Pfeifen.

Als die Ampel grün anzeigt, fahre ich über die Straße, steige vom Rad, lege meine Jacke
auf den Sattel und setze mich auf den Gehweg. Am Boden angekommen vergrabe ich
den Kopf unter meinen Händen, die Ballen an den Wangen, die Finger an den Schädel. Tief durchatmen, denke ich. Tief durchatmen. Es hört auf.

Zweihundert Meter, etwa eine Minute bis nach Hause. Das ist leicht zu schaffen, sage ich.
Und was, wenn mich jemand sieht, hier unten am Boden?

Ich stelle mich hin, ziehe meine Jacke an und steige auf das Rad. In der
Gewissheit, das letzte Stück zu schaffen, fahre ich den Weg entlang, erst rechts, dann
links. Dieser Abschnitt so klar, doch dann kommt nichts. Nicht einmal schwarz wird es.

Ich wache auf. Menschen stehen um mich herum. Was ist passiert, frage ich mich. Wer
sind all diese Leute und was wollen sie von mir? Blut fließt vom Kopf über den Nacken.
Ich sage, ich fahre jetzt nach Hause. Mir geht es schließlich gut, nahezu ausgezeichnet.
Sie lassen mich nicht gehen.

Mehrere Rettungs- und ein Feuerwehrwagen. Ein Hubschrauber, Polizei, die Straße
gesperrt, so erzählt es ein Zeuge. Welch Aufwand für eine einzige Person.

Sie bringen mich in eine Klinik, den Kopf fest gestützt. Es gibt keinen Ausweg. Eine Reise
mit dem Hubschrauber bleibt mir erspart. Nach eineinhalb Wochen werde ich entlassen.
Das rechte Gehör vollständig taub. Für immer.

Vor 48 Minuten • 16.11.2025 x 3 #1


3 Antworten ↓

Irgendwie kann man meine Bilder nicht sehen, glaube ich.

Edit: Okay, geht wohl.

A


Es ist doch nur eine Radtour

x 3


Doch 3 x

Wenn du ein Tagebuch erstellen möchtest. Bist du eventuell in der falschen Rubrik gelandet.
Du hast dann die Möglichkeit das Team zu bitten es in Tagebücher zu schieben. Dann bist du auch in einem etwas geschützteren Raum




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