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Ein ungebetener Gast

Die Angst wächst und ich werde immer kleiner. Werde so klein, dass ich mich bald selbst nicht mehr wiederfinde. Die Angst hat mich schrumpfen lassen und gut versteckt unter der Decke auf dem Bett abgelegt. Sie hat mich ganz fest eingewickelt unter dieser schweren Decke aus Gedankenspiralen und Selbstzweifeln. Man sollte meinen, dass es unter einer Decke gemütlich und warm ist. Aber ich bin nicht mehr 5 Jahre alt und die Angst ist nicht meine Mutter, die mich behütet zu Bett bringen will.

Die Angst ist mein böser siamesischer Zwilling. Ein Zwilling, der nur für mich sichtbar ist. Er weicht nie von meiner Seite und ich teile alles mit ihm. Die guten und die schlechten Dinge. Doch auf die guten Dinge reagiert der Zwilling allergisch.

In schönen Momenten, kommt die Angst aus dem Hintergrund und erinnert mich daran, sie bloß nicht zu vergessen. Sie gönnt mir keine ruhige Minute. Hat sich ohne Einladung einfach in mein Leben geschlichen.

Laut rufe ich ihr zu: Geh weg Angst, ich brauche dich nicht. Doch das scheint sie nur noch mehr darin zu bestärken, ihren Besuch noch weiter fortzusetzen.

Noch gebe ich nicht auf, ich versuche weiterhin den ungebetenen Gast loszuwerden.
Schließlich muss doch jeder Besuch irgendwann mal ein Ende haben.

18.09.2017 15:25 • 04.10.2017 x 2 #1


Daisho
Hallo Fiore,

Besuch ist wie Fisch - nach drei Tagen stinkt er.
Benjamin Franklin, (1706 - 1790), US-amerikanischer Politiker, Naturwissenschaftler, Erfinder und Schriftsteller

Herausforderung dabei? Momentan machst du es deinem 'Gast' noch verd... gemütlich!

Hintergrund: Wir Menschen, unser Körper wie auch Geist, sind 'eigentlich' ganz simpel gestrickt. Zwei verschiedene Gefühle gleichzeitig? Geht nicht! (Ebenso wenig wie ein Mensch Multitasking kann, Frau auch nicht. Wunschdenken! )
Auch kann unser Körper nicht zwischen Vorstellung und Realität unterscheiden. Wenn du dir etwas vorstellst, erlebst du es, als würde es dir wirklich erleben. Höchstens abgemildert, nachdem dir die Realität doch noch irgendwo mehr oder weniger bewusst ist. (Das Geheimnis von Action und Horrorfilm.... )

Kannst du ganz einfach ausprobieren. Stelle dir mal mit geschlossenen Augen das schönste Ereignis der nahen Vergangenheit vor. So richtig in allen Einzelheiten. Genieße es ruhig einen Moment...
Wie hat sich das angefühlt?

Nun erinnere dich mal den Vorfall, der dich letztens so heftig geärgert hat...
Spürst du die Unterschiede?

Wenn ich nun deine nahezu poetisch abgefassten Zeilen zu deinem 'Gast' sehe, sagt mir dies, du hast dich intensiv mit diesem befasst. Mit allen Gefühlen, allen Einzelheiten, allen Details. Und bist dabei tief in diese angstvolle Gefühlswelt - dem Gast, den du ja eigentlich 'rauswerfen' willst - versunken. Wenn du aber etwas immer wieder machst, immer wieder wiederholst, schleift sich dieses ein. Ähnlich wie Laufspuren im Teppich, oder die Radspuren in einem unbefestigten Feldweg. Und seinen 'Karren' aus diesen Radspuren wieder heraus zu bekommen, wird immer schwerer. Braucht immer länger.

Hast du Lust ein weiteres Spielchen zu versuchen?
Wie dein Text zeigt, hast du ein wundervolles Textverständnis und poetische Fähigkeiten. Nutze sie doch, um Situationen zu beschreiben, was du nach Rauswurf deines 'Gastes' mit deinem Leben machst. Wie du es gestaltest, was du erleben willst. Schließe die Augen, stelle dir vor, was du dabei fühlst, wie sich das anfühlt. Finde deine passenden Worte dazu. Versinke ruhig - während du schreibst - in diesen Vorstellungen. Erlebe sie ruhig als geistigen Film.
Diesen Text; deine neue Poesie brauchst du hier aber nicht einstellen. Auch braucht gute Poesie ständige, regelmäßige Überarbeitung, bis die Worte deine Vorstellungen auszudrücken vermögen. Du wirst also kaum morgen oder nächste Woche fertig sein. Auch macht es Sinn, wenn du dich ihr ähnlich oft widmest, wie deinem Gast.

Wenn du mir aber berichten würdest, was du nach dem ersten Formulieren und niederschreiben, nach dem Zweiten; der ersten Woche, der Zweiten empfunden hast, würde mich das freuen.

04.10.2017 06:59 • #2